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Smallville-Expanded - 09

Legerdemain
von

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PROLOG

„Dass Alicia ausgerechnet jetzt die Windpocken bekommen musste ist mehr als ärgerlich“, grummelte Christian von Falkenhayn und sah seine Begleiterin mit einem finsteren Blick an. Gemeinsam fuhren er und Samantha Collins in der schwarzen Limousine, die mittlerweile standesgemäß zu seinem Fuhrpark gehörte, in Richtung des Opernhauses von Metropolis, wo heute Abend ein Benefiz-Konzert zugunsten Krebskranker Kinder gegeben wurde. Er selbst hatte es initiiert und finanziert, und natürlich erwarteten die Veranstalter, dass er zu dem Konzert erschien.

Im schwarzen Abendanzug saß er mit Samantha im Font der Limousine. Dabei musterte er die junge Frau an seiner Seite gelegentlich. Sie trug ein marineblaues, ärmelloses Abendkleid, mit farblich passenden Handschuhen die beinahe bis zu den Ellenbogen reichten. Er selbst hatte es für sie gekauft. Doch es war Alicia, mit der er eigentlich heute zu diesem Konzert hatte fahren wollen.

Dieses gelegentliche Mustern fiel zu Christians Zufriedenheit aus. Samantha hatte sich dezent geschminkt, so wie es ihre Art war, und sie sah in der Robe beeindruckend aus. Dabei harmonierten ihre blonden Haare mit der Farbe des Kleides wunderbar.

Für einen Moment sinnierte Christian über eine Frage, die ihm Alicia vor Jahren einmal gestellt hatte. Nämlich ob er mit Samantha zusammen wäre, wenn er sie anstatt ihrer aus der alten Gießerei gerettet hätte. Er hatte das damals rundheraus verneint, doch inzwischen war er sich in dieser Hinsicht nicht mehr ganz so sicher. Je länger sie sich kannten desto bessere Freunde waren sie inzwischen geworden. Dabei war sich Christian seiner Gefühle für Alicia jedoch ganz sicher.

Alicia selbst hatte ihm vorgeschlagen mit Samantha zu dem Konzert zu gehen. Im Anschluss des Konzertes fand der eigentliche Spendenball statt und es wäre unpassend gewesen, wäre der Initiator der Veranstaltung ohne Begleitung erschienen. Obwohl Christian seine Freundin darauf vorbereitet hatte, dass die Presse einige Kommentare dazu schreiben würde, wenn er statt mit ihrer mit Samantha zu dieser Veranstaltung gehen würde.

„Ich hatte wirklich angenommen, dass Alicia diese Kinderkrankheit nie bekommen würde“, rissen Samanthas Worte Christian aus seinen Überlegungen. „Als ich sie mit zehn Jahren bekam da hatten wir damit gerechnet, dass Alicia sie auch bald bekommen würde. Doch das passierte nicht. Sieht sie immer noch so geküsst aus?“

„Ich sage nur: Streuselkuchen“, spöttelte Christian. „Sie ist zwar nicht mehr ansteckend, wie ihre Mom mir versicherte, doch in dem Zustand konnte sie nicht mit.“

„Na, wenn ihr in drei Wochen nach Deutschland fliegt dann wird sie wieder fit sein. Kein Grund also so betrübt drein zu blicken.“

Christians Miene heiterte sich wieder auf. „Du sagst es. Ich werde meine kleine Schwester zum ersten Mal leibhaftig sehen und auf dem Arm halten können. Paps und Christina bombardieren meinen Mail-Account zwar mit Bildern von ihr zu doch das ist nicht Dasselbe. Ich bin schon ganz hibbelig.“

„Das kann ich mir lebhaft vorstellen.“

Mit etwas veränderter Stimme erkundigte sich Christian nach einem Moment: „Was sagt eigentlich Neil dazu, dass du mich zu dem Kontert begleitest? Ich hoffe, du hast ihn ebenfalls vorgewarnt, in Bezug darauf was die Regenbogenpresse schreiben wird, weil ich mit dir und nicht mit Alicia dort erscheinen werde. Die werden uns nämlich tatsächlich zum neuen Traumpaar hochstilisieren. In dieser Hinsicht habe ich nicht übertrieben.“

Samantha lachte verzweifelt. „Oh ja. Neil war zwar gar nicht erbaut über dieses kleine Detail, doch er kennt dich ja. Außerdem kennt er die Wahrheit. Ist kein Problem.“

Christian atmete erleichtert auf: „Ich will auf keinen Fall Unruhe in eure Beziehung bringen. Darum habe ich vorher darauf hingewiesen.“

Samantha legte lächelnd ihre Linke auf seinen Unterarm. „Das wissen wir doch. Mach dir deswegen keine Gedanken. Damit werden wir fertig.“

Christian nickte dankbar und erst nach einem langen Moment nahm Samantha ihre Hand wieder von seinem Unterarm.

Endlich erreichte der Wagen sein Ziel. Der Schlag des Wagens wurde von einem Bediensteten des Opernhauses geöffnet und bedachtsam verließ Samantha den Font der Limousine. Gefolgt von Christian, der ihr seinen Arm anbot.

Das Blitzlichtgewitter der Fotoapparate der Paparazzi, auf dem Weg zum Eingang des Opernhauses, ließ sie kaum etwas erkennen. Erst im Innern der Oper ließ der Trubel nach und erleichtert sagte Samantha zu Christian: „Das ist ja unglaublich. Wenn ich daran denke, dass Filmsternchen so etwas permanent mitmachen, dann verstehe ich jetzt warum so viele von denen sich in Alkohol und Drogen flüchten. Das ist doch Wahnsinn.“

„Da sagst du was“, stimmte ihr Christian zu und sah sich in der Menge der bereits anwesenden Ehrengäste um. „Nur gut, dass ich das ausschließlich bei solchen besonderen Anlässen über mich ergehen lassen muss. In solchen Momenten denke ich einfach daran, dass es einem guten Zweck dient. Da sind solche Aasgeier ein notwendiges Übel.“

Sie wurden abgelenkt, als der Leiter des Opernhauses durch die Menge zu ihnen trat und erfreut sagte: „Guten Abend, Mister Von Falkenhayn und Miss Collins. Ich bin Frank Perkins. Ich freue mich sehr über Ihr Hiersein.“

„Die Freude ist ganz auf unserer Seite“, antwortete Christian galant. „Wir freuen uns bereits sehr auf das Konzert.“

„Darf ich Sie zu ihrer Loge begleiten?“

Christian nickte dezent. „Natürlich, Mister Perkins.“

Der etwa Fünfzigjährige ging voraus Christian und Samantha folgten ihm gemessenen Schrittes, wobei ihm Samantha heiser zuflüsterte: „Ich komme mir gerade wie eine große Dame vor. Das ist beinahe unheimlich.“

„Ich passe auf dich auf“, raunte Christian belustigt zurück.

Als sie in der Loge endlich wieder unter sich waren, meinte Samantha, wieder etwas ruhiger: „Ich weiß nicht, aber das ist nicht meine Welt, Chris. Ich komme mir irgendwie deplatziert vor.“

„Das wäre nicht der Fall, wenn du zwischendurch einmal in einen Spiegel gesehen hättest“, konterte Christian ernsthaft. „Falls es dir nicht bewusst sein sollte: Du siehst auch so aus, wie eine große Dame. In einem kostbaren Kleid, das dir wirklich fabelhaft steht, und wunderschön. An der Seite eines sehr reichen Mannes. Keinesfalls deplatziert. Also genieße den Abend und denke nicht zu viel darüber nach.“

Samantha nickte schließlich „In Ordnung, ich versuche es.“
 

* * *
 

Samantha genoss das Konzert in vollen Zügen und als sie sich schließlich, gemeinsam mit Christian, zum Applaus erhob, da standen ihr Tränen in den Augen. Begeistert sah sie zu Christian und sagte: „Du hattest Recht. Die Musik war wunderschön und ich habe es genossen. Sehr sogar.“

Christian erlaubte sich ein Schmunzeln und erkundigte sich ironisch: „Dann steht die Verabredung zum nächsten Konzert also?“

Samantha lachte hell auf. „Nein, dazu wirst du dann gefälligst Alicia mitnehmen. Aber ich bin mir sicher, dass ich demnächst auch mal Neil mit in die Oper schleifen werde.“

„Der wird sich freuen“, schmunzelte Christian vergnügt. Damit reichte er seiner Begleiterin seinen rechten Arm und verbeugte sich leicht. „Darf ich bitten?“

Samantha legte die linke Hand auf den Arm ihres Begleiters. Gemeinsam schritten sie die Treppen zum Ballsaal hinunter in dem bereits ein lebhaftes Kommen und Gehen herrschte. Zu Samanthas Überraschung schritt Christian mit ihr direkt auf die Tanzfläche, wobei er unterdrückt raunte: „Ich hoffe, du hast fleißig geübt.“

„Pass du nur mit deinen Quadratlatschen auf“, konterte Samantha betont grob. „Wenn du mir auf die Füße trittst, dann kann ich für Nichts garantieren.“

Ein leises Lachen war die Antwort des Blonden. Gekonnt führte er Samantha beim Tanz, wobei er ihre erstaunte Miene kaum zur Kenntnis nahm. Natürlich konnte er tanzen, das war bei der gesellschaftlichen Stellung seiner Familie unerlässlich.

Nach zwanzig Minuten bat Samantha dennoch um eine Pause. Nicht weil ihr das Tanzen keinen Spaß gemacht hätte, sondern eher, weil es ihr ausgesprochen Spaß machte.

Christian machte sich mit ihr auf den Weg zur Bar. Unterwegs wurde er unerwartet angesprochen. Der Mann war schwarzhaarig und von athletischer Statur. Es dauerte einen Moment bis Christian ihn wiedererkannte und erfreut feststellte: „Bruce Wayne, wenn ich mich nicht irre. Ich freue mich, dass du der Einladung gefolgt bist.“

„Das lasse ich mir doch nicht entgehen“, gab Bruce Wayne zurück. „Zumal es um einen guten Zweck geht. Wer ist übrigens deine zauberhafte Begleiterin?“

Christian wandte sich zu Samantha und erklärte: „Darf ich vorstellen: Bruce Wayne, Multimilliardär und CEO von Wayne-Enterprises. Bruce – das ist Samantha Collins, die beste Freundin meiner Freundin.“

Bruce Wayne wandte sich Samantha zu. „Sehr angenehm. Ich darf doch Samantha sagen?“ Gleichzeitig führte er die behandschuhte Hand der jungen Frau zu sich heran und hauchte einen Kuss auf ihre Finger.

Während Samantha auf seine Frage hin zustimmend nickte und den Mann interessiert ansah, wandte sich Wayne an ihren Begleiter und meinte grinsend: „Du hast deine Freundin wieder nicht dabei? So langsam halte ich die Dame für einen Mythos.“

„Diesmal sind die Windpocken daran schuld. Aber woher…?“

„Oliver Queen. Wer sonst?“

„Richtig. Ich ahnte nur nicht, dass Alicia und ich bereits einmal das Gesprächsthema zwischen dir und Oliver gewesen sind.“

„Nun ja, du hast mir damals eine Eroberung vermasselt, als du mit der Rothaarigen zusammengestoßen bist und aus dem Ungeschick erstaunlich schnell noch etwas gemacht hast“, erklärte Bruce Wayne und sah gespielt finster drein.

„Ich erinnere mich“, erwiderte Christian. „Aber da war nicht mehr, als eine Unterhaltung und ein Interview, dass sie etwas später bekam. Sie wohnt und arbeitet übrigens ebenfalls in Gotham, falls es dich interessiert.“

Ein Glitzern trat in die blauen Augen seines Gegenübers. „Und wie mich das interessiert, mein Herr.“

Christian lachte amüsiert. „Dann interessiert es dich vielleicht auch, dass sie Victoria Vale heißt und dass sie vermutlich immer noch für die GOTHAM GAZETTE arbeitet?“

Das Gesicht des Schwarzhaarigen sprach Bände. Gleichzeitig wandte er sich zu Samantha und erkundigte sich: „Darf ich Sie zum Tanzen auffordern, Samantha?“

Samantha Collins erwiderte zustimmend: „Sehr gerne, Bruce.“

Wayne zwinkerte Christian beinahe spitzbübisch zu und führte Samantha zurück auf die Tanzfläche.

Christian sah ihnen sinnend nach bevor er in Gedanken versunken seinen Weg zur Bar fortsetzte. Er fragte sich, ob es nur Einbildung gewesen war, oder ob sich tatsächlich etwas zwischen ihm und Samantha verändert hatte. Eine positive Veränderung zweifellos aber eine, die ihn dennoch nachdenklich stimmte.
 

* * *
 

Drei Wochen später lehnte sich Christian in seinem Privatjet, den er seit mehr als zwei Jahren besaß, im Sessel zurück und sah zu seiner schlafenden Freundin hinüber. Dabei ließ er das Konzert und den Ball nochmal Revue passieren. Mehr denn je war er sich dabei sicher, dass sich tatsächlich etwas verändert hatte, zwischen Samantha und ihm.

Diese Veränderung hatte vermutlich an jenem Abend begonnen, als Samantha angeschossen worden war und sie ihr Baby verloren hatte. So schien es ihm zumindest. Ihre freundschaftliche Bande war seitdem stärker geworden. Sehr viel stärker sogar.

Dabei hatte Samantha ihn anfangs gar nicht mehr leiden können, nachdem er sich von zwei Schulkameradinnen hatte verführen lassen. Erst später erfuhr das Mädchen, dass er unter dem Bann einer mit rotem Kryptonit verseuchten Rose gestanden hatte.

Sie hatten sich später, an Alicias siebzehnten Geburtstag, ausgesprochen und seitdem waren sie langsam aber sicher gute Freunde geworden.

Christian fuhr sich über Schnurr- und Kinnbart, die er seit einem halben Jahr trug. Er seufzte schwach und sah dabei zu seiner Freundin hinüber. Sie lag zusammengerollt in ihrem Sitz und schlief friedlich, was ihm ein leises Lächeln entlockte. Denn bei ihrem ersten Flug über den Atlantik war Alicia viel zu aufgeregt dazu gewesen.

Wie schnell man sich an neue Umstände gewöhnt, dachte der hochgewachsene, blonde Deutsche und beobachtete sie, wobei ihn ein wärmendes Gefühl durchströmte. Eigentlich war sie längst seine Verlobte, denn er hatte ihr bereits vor Jahren einen Antrag gemacht. Nun, im Grunde war es wohl eher sein älteres Ich gewesen. Doch damit immer noch er.

Sie hatten beide jedoch beschlossen, mit der offiziellen Verlobung zu warten, bis sie beide 21 Jahre alt waren. Denn dann durften sie auch in Amerika ganz offiziell mit Champagner darauf anstoßen.

Christian dachte mit einem zufriedenen Gefühl daran, dass auch Alicia in zwei Monaten endlich dieses Alter erreicht haben würde. Er selbst war bereits im letzten November so alt geworden. Am 3. April war es dann für Alicia so weit.

Jetzt, Anfang Februar, flogen sie nach Deutschland um bei der Taufe seiner kleinen Schwester Thora dabei zu sein. Seine Stiefmutter hatte das erste Kind verloren. Damals waren er und Alicia umgehend über den Atlantik geflogen, um Christina Trost zuzusprechen.

Christian lächelte in der Erinnerung daran, dass sein Vater ihnen Beiden unheimlich dankbar gewesen war. Mehr denn je hatte er dabei den Eindruck gewonnen, dass sein Vater Alicia inzwischen als eine Art Tochter betrachtete. Nicht als die Freundin seines Sohnes.

Das Jahr 2008 hatte also sehr gut angefangen und Christian hoffte, dass es so bleiben würde. Zumindest waren die Aussichten nicht schlecht. Er und Alicia verstanden sich besser denn je und ihre Liebe zueinander wurde immer noch intensiver. Etwas, das Christian zuvor kaum für möglich erachtet hatte, denn seine Gefühle für Alicia waren von Beginn an sehr stark gewesen.

Er grübelte darüber nach, ob er Alicia von der Veränderung zwischen ihm und Samantha erzählen sollte. Doch zum Schluss entschied er sich dagegen, denn im Grunde war es gut möglich, dass diese Veränderung am Ende vielleicht gar nicht der Rede wert war. Wozu unnötig schlafende Hunde wecken?

Christian schüttelte diesen Gedanken ab und konzentrierte sich darauf, was vor ihnen lag. In weniger als einer Stunde sollten sie in Deutschland landen und danach würden sie seine Eltern und später auch endlich seine kleine Schwester sehen. Zum ersten Mal, seit sie auf der Welt war. Sein Vater und Christina hatten ihm zwar Bilder per E-Mail geschickt, doch das war nicht dasselbe.

Dass er, durch den Seelentausch mit seinem älteren Ich, hingegen bereits seit vor ihrer Geburt wusste, wie hübsch seine kleine Schwester als Zwanzigjährige aussehen würde, fand der Blonde bei genauerer Überlegung schon etwas schräg.

Dabei war Smallville in den letzten achtzehn Monaten wirklich nicht arm an schrägen Ereignissen gewesen. Zuerst war Clark Kent endlich mit seiner Jugendliebe, Lana Lang, zusammengekommen, nur um sie anschließend an Lex Luthor zu verlieren. Darüber war die ehemalige Freundschaft zwischen Clark und Lex endgültig zerbrochen.

Mittlerweile waren sie wieder zusammen, nachdem Lana ihren Tod vortäuschen musste, um anschließend für eine Weile in Shanghai unterzutauchen. Gegenwärtig schwiegen sie sich überwiegend an, nachdem Clark erfahren hatte, dass Lana mit seinem Doppelgänger Bizarro geschlafen hatte ohne zu merken, dass nicht er es gewesen war. Christian hatte Clark darauf angesprochen, doch der hatte sich ungewohnt zugeknöpft gezeigt. Er hatte eine seltsame Veränderung durchlaufen, wie Christian fand. Vielleicht lag das aber auch zum Teil daran, dass ihm vor mehreren Monaten der Kragen geplatzt war, als er Clark vorgeworfen hatte sich auf der Farm vor dem realen Leben zu verstecken.

Chloe Sullivan ihrerseits hatte einen gleichsam seltsamen Wandel durchlaufen. Irgendwie schien ihr nicht mehr so wichtig zu sein, wie ihre Karriere als Reporterin verlief. Etwas, das Christian zuvor nie für möglich gehalten hatte. Beide schotteten sich in demselben Maß vor ihren Freunden ab. Dass Clark eine kryptonische Cousine besaß hatte er dabei nur am Rande erfahren, was ihn aufgrund aller anderen Entwicklungen kaum noch wunderte.

Von Lois Lane wusste Christian derweil lediglich, dass sie nun als Reporterin beim DAILY PLANET beschäftigt war. Offensichtlich hatte sie ihr Studium aufgegeben.

Christian schmunzelte bei dem Gedanken an die junge und etwas neurotische Frau. Denn momentan konnte er gerade Lois Lane, von allen Freunden, die er in Amerika gefunden hatte, mit am besten leiden.

Noch einmal einen Blick auf Alicia werfend schloss der junge Mann schließlich die Augen und machte sich von allen Gedanken frei. Bis auf jene die Alicia und ihn betrafen.
 

* * *
 

Nach der Landung umarmte Christian von Falkenhayn seine Stiefmutter herzlich, bevor er seinen Vater auf dieselbe Art und Weise begrüßte. Alicia hielt sich bei Christians Vater etwas mehr zurück. Christina begrüßte sie hingegen ganz ähnlich, wie Christian es getan hatte. Bei ihrem letzten Besuch waren sie und Christina sich noch näher gekommen, als es bis dahin ohnehin bereits der Fall gewesen war.

Nachdem sie die Falkenhayn-Villa erreicht hatten und das Kindermädchen verkündete, dass die kleine Thora friedlich schlief, machte Christian ein so enttäuschtes Gesicht, dass Christina lachend meinte: „Auf ein paar Stunden kommt es doch jetzt auch nicht mehr an. Dann wirst du sie immer noch früh genug im Arm halten können. Aber zumindest ansehen kannst du sie dir ja jetzt schon. Aber sei leise.“

Christian nickte begeistert und folgte seiner Stiefmutter, die zugleich seine Tante war. Alicia schloss sich ihnen an.

Im geräumigen Kinderzimmer betrachteten sie das Baby eine Zeitlang, bevor sich Alicia flüsternd entschuldigte. Sie wollte sich im Gästezimmer einrichten und auspacken.

Allein mit Christina im Kinderzimmer flüsterte Christian nach einer Weile: „Alicia und ich haben es noch Keinem gesagt. Wir wollen uns im April verloben. Direkt im Anschluss an Alicias Geburtstag.“

Christina von Falkenhayn sah Christian überrascht an und erwiderte ebenso leise: „Das ist ja eine überraschende Idee.“

Christian sah seiner Stiefmutter in die Augen und deutete zum Fenster hinüber. Dort konnten sie reden, ohne so sehr aufpassen zu müssen. Hinaus in den Park sehend erklärte Christian: „So überraschend kam uns diese Idee nicht. Im Grunde habe ich nämlich Alicia bereits vor fast zwei Jahren einen Antrag gemacht. Allerdings kamen wir zu dem Schluss, dass es besser wäre, mit der offiziellen Verlobung zu warten, bis wir beide 21 Jahre alt sind. Außerdem wissen wir jetzt, dass wir das wirklich wollen.“

Christina brauchte einen Moment, bevor sie auf das Naheliegende zu sprechen kam: „Hast du schon mit deinem Vater darüber gesprochen?“

Christian schüttelte den Kopf. „Nein, ich wollte zuerst deine Meinung dazu hören. Weißt du, es ist nicht so, dass du Mama ersetzen könntest. Doch wir haben schon immer ein sehr gutes Verhältnis zueinander gehabt und inzwischen nimmst du in meinem Herzen denselben Platz ein wie sie, als sie noch lebte.“

Die Augen der Frau schimmerten feucht, als sie erwiderte: „Das bedeutet mir sehr viel, Christian. Du weißt, dass du immer schon mehr für mich warst, als nur Neffe. Als du damals geboren wurdest, da habe ich mich fast auch so gefühlt, als wäre ich Mama geworden. Natürlich war mir damals nicht klar, wie es ist wirklich Mutter zu sein.“

„Na, das hat sich inzwischen ja geändert“, schmunzelte Christian bevor die Situation zu emotional werden konnte. „Mir ist jedenfalls sehr wichtig, wie du zu mir und zu Alicia stehst. Auch, weil du Alicia von Anfang an gemocht hast und ihr euch so gut versteht.“

„Alicia zu mögen ist auch nicht schwierig“, erwiderte Christina. „Sie ist eine beeindruckende junge Frau und sie passt sehr gut zu dir.“

Sie wurden abgelenkt, als einige leise Töne aus Richtung des Baby-Bettes kamen. Gemeinsam schritten sie zu dem Bett und das Gesicht des jungen Mannes begann förmlich zu strahlen, als er sah, dass seine kleine Schwester wach war.

Christina hob ihre Tochter behutsam aus dem Bettchen und meinte beinahe schadenfroh, nachdem sie prüfend die Luft eingesaugt hatte: „Sieht ganz so aus, als hättest du Glück. Vielleicht möchtest du dich ja gleich mal nützlich machen und deiner kleinen Schwester die Windeln wechseln?“

Im ersten Moment etwas überrumpelt, sah Christian seine Stiefmutter fragend an, bevor er sich straffte und entschlossen meine: „Ja natürlich. Warum denn nicht?“

Sie schritten hinüber zum Bad und Christina legte das Baby vorsichtig auf den Wickeltisch. Dabei fragte sie schmunzelnd: „Kommst du klar, oder soll ich dir Schritt für Schritt erklären was gemacht werden muss?“

„Kein Problem, ich habe das vor Jahren mal bei der Nichte von Leonie gemacht.“

Etwas zögerlich begann Christian damit, Thora aus ihrem Strampelanzug zu schälen, ohne zu bemerken, dass Alicia ins Zimmer trat. Während er ganz bei der Sache war, warfen sich Christina und Alicia vielsagende Blicke zu.

Inzwischen ließ Christian sich jedoch nicht beirren. Mit einem sauberen Teil der vollen Windel dem Baby den Po abwischend meinte er dann zu dem Baby: „Puh, wie kann so eine kleine Maus wie du einen solchen Riesengestank produzieren?“

Nachdem Christian das kleine Mädchen fachmännisch mit Öltüchern gereinigt hatte, griff er zum Babypuder. Hinter seinem Rücken nickte Christina Alicia anerkennend zu, als er Thora schließlich eine neue Windel unterschob und sich schnell und sicher verschloss. Nachdem er ihr einen neuen Strampelanzug angezogen hatte, hob er das kleine Mädchen behutsam auf seine Arme und drehte sich um. Erst jetzt bemerkte er Alicias Anwesenheit und stolz etwas die Brust herausstreckend meinte er: „Um den ganzen Baby-Kram wird viel zu viel Tamtam gemacht. Das ist keine Zauberei.“

Thora, die ganz ruhig in seinen Armen lag, ansehend meinte er leise: „Habe ich Recht, meine Kleine? Aber ja. Hör zu, wenn du etwas größer bist, wirst du mich regelmäßig in Amerika besuchen. Dann gehen wir im Kratersee schwimmen und ich bringe dir Muay-Thai und Fechten bei. Schließlich musst du lernen, wie man sich freche Kerle vom Hals hält.“

„Oh ja“, flüsterte Christina ironisch. „Die frechen Kerle sind ein echtes Ärgernis.“

Gemeinsam gingen sie zurück ins Kinderzimmer. Dabei meinte Christina: „Ich denke, ich kann euch beide für einen Moment mit meiner Tochter allein lassen. Sie scheint sich ja bei ihrem Bruder ziemlich wohl zu fühlen. Aber gib sie Alicia auch einmal.“

Nachdem die Frau das Zimmer verlassen hatte, legte Christian, wenn auch mit leisem Bedauern, das Baby in die Arme seiner Freundin.

Zuerst blieb das Kind ruhig und sah nur zu Christian. Doch nach einer Weile wurde Thora unruhig und streckte ihre kleinen Arme zu Christian aus. Dabei machte die Kleine Anstalten sich aus den Armen von Alicia winden zu wollen.

Etwas irritiert entfuhr es Alicia: „Sie scheint wieder zu dir zu wollen.“

Schmunzelnd nahm Christian das Baby wieder auf seine Arme. Sofort wurde Thora ruhiger, wobei sie zu Alicia sah. Dabei schien es fast so, als würde die Kleine lächeln.

„Unsichtbare Familienbande“, erklärte Christian bei dem etwas enttäuschten Blick seiner Freundin, beinahe entschuldigend.

„Ja, die Kleine ist ja ganz vernarrt in dich“, schmollte Alicia. Dabei hätte ich sie gerne etwas länger gehalten. Sie ist so niedlich.“

Um seine Freundin zu trösten, rückte er mit Thora etwas näher und sagte beruhigend zu Alicia: „Ich bin mir ganz sicher, dass unsere beiden Töchter mindestens genauso niedlich sein werden. Ganz bestimmt.“

Alicia rückte etwas von Christian ab und erst bei ihrem prüfenden Blick durchfuhr es ihn siedend heiß, dass er ja gar nicht wissen konnte, wie viele Kinder sie haben würden und ob es keine Jungen sein würden.

Zu demselben Ergebnis war Alicia offensichtlich ebenfalls gekommen, denn sie fragte fast in demselben Moment: „Du scheinst dir ja sehr sicher zu sein, dass es zwei sein werden und dass wir nur Mädchen bekommen?“

Christian überlegte fieberhaft und meinte dann: „Na ja, ich wollte immer zwei Kinder haben. Und Mädchen sind eher Papa-Kinder. Ist das zu egoistisch gedacht?“

Alicias Miene entspannte sich und zur Erleichterung des jungen Mannes schenkte sie ihm ein warmes Lächeln. „Nein, ich finde das irgendwie sogar beruhigend. Also werde ich dir vielleicht den Gefallen tun.“

Sie hörten Christina aus der unteren Etage der Villa rufen: „Legt bitte Thora wieder in ihr Bett. Sie hat letzte Nacht weniger geschlafen, als üblich.“

Alicia drückte Christian einen raschen Kuss auf die Wange und sagte leise: „Das kriegst du hin, denke ich.“

Etwas verwundert sah Christian seiner Freundin nach, als sie das Kinderzimmer verließ. Dann blickte er grinsend zu seiner kleinen Schwester und flüsterte ihr zu: „Oh ja, Alicia wird mir diesen Gefallen sogar ganz sicher tun. Dass du ihr vorhin fast vom Arm gesprungen bist hast du übrigens absichtlich gemacht, nicht wahr? Braves Mädchen.“

Thora gähnte herzhaft, so als ginge sie das Alles nichts an. Ganz behutsam wurde sie von Christian wieder in ihr Bettchen gelegt und zugedeckt.

Für eine Weile blieb Christian noch an ihrem Bett stehen und dachte an all das, was er als sein älteres Ich über sie erfahren hatte. Dann wandte er sich mit einem versonnenen Lächeln ab und verließ leise das Kinderzimmer.



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