Zum Inhalt der Seite

Another Life

Another World, another Wesker
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 14: Nenn es weibliche Intuition


 

Als sie wieder erwachte, wusste sie sofort, dass sie zurück im Krankenhaus war, und das mit hoher Wahrscheinlichkeit bedeutete, dass sie immer noch nicht in ihrer Welt war. Etwas presste auf ihren Kopf, der nur noch etwas dumpf war. Blumenduft stieg in ihre Nase, das war zumindest fast wie zu Hause.

Sie öffnete die Augen. Die einfache weiße Decke über ihr und das einfallende Sonnenlicht durch die Fenster verrieten ihr zumindest, dass sie nicht mehr bei Umbrella eingesperrt war. Sie waren alle entkommen – das ließ sie zufrieden seufzen. Im selben Moment bewegte sich jemand im Zimmer und trat neben ihr Bett. Es wunderte sie gar nicht, dass es Albert war, deswegen lächelte sie ihn sofort erschöpft an. »Hey.«

Er wirkte müde, als hätte er eine Weile nicht richtig geschlafen, aber er hob einen Mundwinkel. »Gleichfalls hey. Wie fühlst du dich?«

»Groggy. Hast du das Kennzeichen von dem Laster, der mich überfahren hat?«

»Dein Humor ist wenigstens noch intakt. Also kann es dir nicht so schlecht gehen.«

Mit seiner Hilfe setzte sie sich vorsichtig aufrecht hin, um sich besser umzusehen. Sie hatte ein Einzelzimmer, in dem sogar ein Sofa stand, auf dem eine Decke und Alberts Jackett lag. Hatte er hier etwa geschlafen?

Von den anderen war nichts zu sehen. Während sie den Kopf drehte, bemerkte sie noch mehr, dass etwas darauf drückte. Ihre Hand ertastete einen dicken Verband. »Was ist passiert?«

Er erzählte ihr, dass sie nach ihrem letzten Ohnmachtsanfall direkt ins Krankenhaus gekommen war, wo man festgestellt hatte, dass sie eine Hirnblutung aufwies. »Deswegen bist du sofort operiert worden. Aber die Ärzte sagen, es ist alles gut gelaufen.«

Nach den Schmerzen bei der Flucht wunderte es sie gar nicht, dass da eine größere Verletzung dahintergesteckt hatte. Sie war nur froh, dass es gut ausgegangen war. Nicht, weil sie sich Sorgen um ihr Leben hier machte – immerhin bestand die Chance, dass sie einfach zu Hause wach wurde – aber sie wollte nicht, dass der anderen Jill etwas Schlimmes zustieß, das hatte sie nicht verdient.

»Du brauchst jetzt etwas Bettruhe, dann sollte es dir bald wieder besser gehen.«

Bettruhe, großartig. Genau wie in ihrer Welt. Warum war sie überhaupt noch hier? Nachdem das mit Chris geklärt war, könnte sie jetzt versuchen, irgendwie nach Hause zu kommen, zu ihrem Chris, der sich hoffentlich nicht wundern musste, was mit ihr los war.

»Was ist mit deiner Verletzung?«, fragte sie.

»Ach, nur eine angebrochene Rippe. Ich habe jede Menge Schmerzmittel intus, um nichts mehr zu spüren. Ich darf keine anstrengenden Arbeiten verrichten oder schwere Dinge heben. Also erst einmal keine Aktenarbeit mehr für mich.« Er schmunzelte.

Sie atmete erleichtert auf. Nachdem sie ihn gegen die Wand hatte fliegen sehen, hatte sie wirklich befürchtet, dass ihm etwas Schlimmes zugestoßen wäre.

Ihr Blick wanderte zu den zwei Blumensträußen, die auf ihrem Nachttisch standen. Albert folgte dem, um direkt eine Erklärung zu liefern: »Der eine ist von Barrys Frau. Der andere von Carlos Oliveira.«

Bei dem letzten Satz runzelte er die Stirn. »Er sagte, du sollst ihn als Entschuldigung sehen, weil er dir nicht sofort geglaubt hat und du deswegen einiges mitgemacht hast. Aber ich glaube dir ja, daher kannst du es mir sagen: Kann es sein, dass du ihn aus deiner Welt schon kanntest und ihm deswegen eine so wichtige Aufgabe gegeben hast? Das hätte nämlich echt schief gehen können.«

Sie lächelte schelmisch. »Ja, tatsächlich. Er sieht anders aus, aber ich hab Carlos getroffen, als ich damals aus Raccoon City geflohen bin. Wir haben uns gegenseitig geholfen, um zu entkommen. Darum wusste ich, dass er eigentlich ein guter Kerl ist.«

Er sah immer noch unzufrieden aus, aber ihr war nicht danach, ihn damit aufzuziehen, dass er anscheinend eifersüchtig war. Vielleicht machte er sich wirklich nur Gedanken darüber, was alles hätte schiefgehen können, wenn Carlos nicht zu ihm gekommen wäre.

»Was ist mit den anderen?«, fragte sie. »Geht es allen gut?«

Er lächelte ihr beruhigend zu. »Ja, keine Sorge. Billy und Brad durften nach einer ambulanten Behandlung direkt nach Hause, die anderen sind mit Schrammen davongekommen. Chris liegt im Zimmer nebenan. Dafür, dass er so lange bei Umbrella war, hat er sich echt gut gehalten.«

»Ja, das habe ich auch schon gedacht.«

»Wenn Dr. Hamilton später die Erlaubnis gibt, sorge ich dafür, dass alle dich besuchen kommen. Jeder von ihnen hat sich Sorgen gemacht.«

Wahrscheinlich könnte sie erst glauben, dass wirklich alles in Ordnung war, wenn alle versammelt wären, deswegen nickte sie dazu. Vor allem, da sie noch etwas anderes interessierte: »Was ist jetzt mit Umbrella?«

Er ging zum Sofa und förderte unter seinem Jackett eine Zeitung zutage, die er ihr reichte. »Ist heute rausgekommen. Alle sind in heller Aufregung deswegen.«

Die Schlagzeile kündete von Umbrellas unzähligen Lügen und erklärte das direkt am Beispiel des Arklay-Anwesens-Zwischenfall, für den Alyssa nun Beweise vorlegen konnte. In ihrem Artikel berichtete sie von all den Zusammenhängen, die sie auch im Büro entdeckt hatten, von den unmenschlichen Experimenten und den darin verwickelten Politikern, insbesondere Bürgermeister Warren und Polizeichef Irons, unerwähnt blieb auch nicht der Überfall auf J's Bar und die Infizierte. Sie endete mit der Explosion des R&D Centers, das bedauerlicherweise weitere Beweise vernichtet habe, aber sie kündigte bereits an, in Gesprächen mit Leuten zu stehen, die darüber berichten könnten, was im Inneren geschehen war. Bestimmt meinte sie Chris oder sonstige Mitglieder von S.T.A.R.S.

Albert wartete geduldig, bis sie mit dem Lesen fertig war. Erst als sie ihn wieder ansah, sagte er etwas: »Umbrella ist erledigt. Da können sie sich nicht mehr rausreden, sogar die Regierung hat bereits angekündigt, sich der Sache anzunehmen. Einige der Funktionäre sollen schon das Land verlassen haben.«

Und das alles ohne dass Raccoon City dem Erdboden gleichgemacht oder einer von ihnen von Nemesis verfolgte wurde. Es war gut gelaufen in dieser Zeit. Die andere Jill könnte sich glücklich schätzen, sobald sie zurück wäre.

Sie atmete auf. Die Erleichterung brachte aber auch eine bleierne Müdigkeit mit sich, deswegen legte sie sich vorsichtig wieder hin.

»Die Narkose wirkt vermutlich noch nach«, sagte Albert. »Ruh dich etwas aus, ich bleibe hier. Dir wird nichts passieren.«

Tatsächlich glaubte sie ihm das. Er war sogar gekommen, um sie zu retten, also fühlte sie sich in seiner Anwesenheit sicher. Er war nicht Wesker, er war Albert, und er würde ihr nie etwas antun. »Danke.«

»Nichts zu danken«, wehrte er ab. »Du hast uns so viel geholfen, da ist dies das mindeste.«

Sie schloss die Augen, zufrieden über ihre Ergebnisse und voller Erwartung, was noch käme.

 

Am Abend war sie wieder wach, hatte Untersuchungen hinter sich gebracht und die Erlaubnis bekommen, größeren Besuch zu empfangen, solange sie das Bett nicht verließ. Albert hatte sein Versprechen gehalten und alle S.T.A.R.S. in ihrem Zimmer versammelt, sowie Claire – und eine riesige Auswahl an Fast Food, die vor allem von Chris mit leuchtenden Augen begutachtet wurde. Die Pepperoni-Pizza hatte Party-Größe, es waren genug Burger und Pommes für jeden von ihnen, dazu Chicken Wings und sogar Donuts. Keiner von ihnen würde hungrig enden.

»Ist das überhaupt gut für die beiden?«, fragte Enrico und nickte zu Chris und Jill.

»Ja«, stimmte Rebecca zu, »da sind nicht viele Nährstoffe enthalten, aber genau das brauchen die beiden eigentlich gerade. Vor allem Chris.«

»Komm schon«, sagten Billy und Kevin gleichzeitig, nur um sich dann einen finsteren Blick zuzuwerfen.

Albert lächelte mild. »Das ist nur eine kleine Aufmerksamkeit von mir als Ex-Chef. Die beiden haben es sich verdient.«

Alle Augen hefteten sich sofort auf Albert. Er hob die Schultern ein wenig. »Ich hab den Anruf vorhin bekommen. Alex ist noch da draußen, man befürchtet, dass unsere Verwandtschaft mich in dieser Sache beeinflussen könnte.«

»Das ist echt unfair«, sagte Claire. »Warum müssen die Verwandten immer unter so etwas leiden?«

»Also wenn du eine Schurkin wärst, würde ich dich auch nicht verhaften«, erwiderte Chris. »Ich würde dir nur ins Gewissen reden, bis du damit aufhörst.«

Claire lachte und klopfte ihm auf die Schulter. »Touché.«

Enrico wandte sich von dieser rührenden Szene ab, um wieder Albert anzusprechen: »Ich traue dir durchaus zu, dass du deine Pflicht von ihr trennen kannst. Sollen wir alle gemeinsam noch einmal mit den Verantwortlichen sprechen?«

Chris, Barry und Brad stimmten direkt zu und versicherten, ein gutes Wort für ihn einzulegen. Doch Albert schüttelte mit dem Kopf. »Das ist schon in Ordnung. Ich übergebe die S.T.A.R.S. in deine fähigen Hände, Enrico, bis Alex gefasst ist. Ihr schafft das bestimmt auch ohne mich.«

Die anderen schwiegen bedauernd. Jill konnte derweil nur daran denken, dass es auch schlimmer hätte enden können – indem die S.T.A.R.S. komplett aufgelöst wurden, zum Beispiel. Aber das erwähnte sie lieber nicht.

»Es ist wirklich in Ordnung«, beteuerte Albert. »Ich vertraue darauf, dass ihr das schnell hinbekommt und dann kann ich auch wieder zurückkommen.«

Die anderen nickten entschlossen. Jill lächelte. Jeder von ihnen hatte Interesse daran, dass Albert sie weiter anführte. So, wie es sein musste.

Zufrieden bediente sie sich an einem der Burger, was für Chris offenbar auch das Signal war, sich endlich von der Pizza zu nehmen. Die anderen folgten ihrem Beispiel und schnappten sich ebenfalls etwas. Auch wenn Rebecca immer noch leise bemerkte, dass das Essen nicht genug Nährstoffe für Chris hätte.

Nach einigen Bissen fiel ihm dann noch etwas ein: »Ach ja, Jill, du hast mir noch nicht geantwortet, woher du die Schwachstelle dieses Tyrants kanntest.«

Stimmt, das war sie ihm schuldig geblieben. Sie hatte gehofft, er würde sich nicht daran erinnern, aber offenbar nagte das noch an ihm. Aber jetzt wollte sie ihm noch weniger von ihrer Vergangenheit erzählen, während alle anderen zuhörten. Deswegen hob sie die Schultern. »Nenn es weibliche Intuition.«

Albert sah sie schmunzelnd an, sie lächelte nur. Chris runzelte derweil die Stirn. »Na ja, das Herz hat sehr auffällig geglüht, also … hast du wohl geschlussfolgert.«

»Ja, so wird es gewesen sein«, stimmte sie zu.

Während er seine Pizza aß, musterte er sie misstrauisch. Barry schüttelte aber nur mit dem Kopf. »Ist im Endeffekt doch auch egal, oder? Hauptsache, wir sind alle hier. Und wir sorgen auch dafür, dass Wesker wieder unser Captain wird.«

Albert lächelte ihm zu. »Danke, Barry. Ich schätze mich wirklich glücklich, euch als Team zu haben. Auch dich, Billy. Du hast uns gestern wirklich sehr geholfen.«

Er zuckte mit den Schultern, wandte aber ein wenig den Blick ab. »Das war doch gar nichts. Ich hab schon Schlimmeres durchgemacht.«

»Ich hoffe«, fuhr Albert fort, »dass wir irgendwann wieder so als Team zusammenarbeiten können. Wir werden nicht zulassen, dass uns noch einmal jemand so kalt erwischt wie Umbrella. In Zukunft werden wir die Jäger sein, und unsere Feinde die Beute.«

»Hört, hört«, sagten sie alle und hoben dabei ihre Gläser.

»Das war kein Toast«, erwiderte er lachend. »Aber schön, dass ihr mir zustimmt.«

»Können wir jetzt die schwere Stimmung hinter uns lassen?«, fragte Kevin. »Wir wollten doch alle feiern, dass wir noch leben!«

Billy deutete in seine Richtung. »Ausnahmsweise gebe ich ihm recht.«

Albert lachte noch einmal, ein Geräusch, das die Bruchstücke der anderen Jill freudig vibrieren ließ. Allgemein herrschte nun dieses warme Gefühl in ihrer Brust vor, das sie so zuvor noch nie gespürt hatte – außer wenn sie an ihren Chris dachte, den sie gerade wieder mehr vermisste als zuvor. Er würde sie niemals so misstrauisch ansehen wie dieser Chris, das hatte er nicht einmal getan, als sie eine Feindin wider Willen gewesen war.

Trotz der ausgelassenen Feierlaune, die nun vorherrschte, während sie aßen und tranken und sich über alles mögliche unterhielten – wobei Rebecca gern betonte, wie oft Billy inzwischen ihr Leben gerettet hatte und Claire wieder darüber sprach, wie Chris ihr das Schießen beigebracht hatte, und sie dennoch nicht bei der Rettung helfen durfte, was sie immer noch übelnahm, obwohl Enrico wieder erklärte, dass es einfach zu gefährlich für Zivilisten geworden wäre – fühlte Jill sich einfach nur noch fehl am Platz. Das alles hier, der Moment, gehörte eigentlich der anderen Jill, und sie hätte ihr diesen zu gern einfach abgegeben. Deswegen war sie stiller als die anderen, lauschte ihnen einfach nur und hoffte, dass die Erinnerung an all das hier in ihrem Gedächtnis gespeichert wurde, damit die andere Jill, wenn sie irgendwann zurückkam, all das abrufen könnte.

Innerlich glaubte sie, eine leise Stimme zu hören, die ihrer ähnelte und leise seufzend ein verträumtes Danke ausstieß. Die andere Jill war glücklich, seit langer Zeit endlich einmal wieder, und das nicht zuletzt durch Albert, der neben ihrem Bett saß, redete und lachte, bis er ihren Blick bemerkte und sie anlächelte. Die Wärme in ihrer Brust wuchs bis ins Unermessliche – und dann waren da keine Bruchstücke mehr. Die einzelnen Teile hatten sich zusammengefügt, zu einem großen Ganzen; auch ohne eine wissenschaftliche Erklärung dafür zu kennen, wusste sie, dass ihr nächster Schlaf sie endlich wieder in ihre eigene Welt zurückbrächte. Und obwohl sie die S.T.A.R.S.–Mitglieder und vor allem Albert vermissen würde, freute sie sich bereits darauf, ihren Chris wiederzusehen, und ihm dann endlich das zu sagen, was sie schon seit einer Ewigkeit tun wollte.

Vorher würde sie aber den restlichen Abend noch mit allen hier verbringen und es genießen, in einer Welt zu sein, in der Albert Wesker ein guter Mann war, in der Raccoon City noch existierte und in der es keinen derart ausgeprägten Bio-Terrorismus gab, wo sie alle so jung waren, zusammensitzen und lachen konnten.

Für diesen Moment war alles gut. Alles war perfekt. Und Jill liebte es.
 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück