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Another Side

Another World, another Wesker 1.5
von

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Kapitel 7: Es ist keine lange Geschichte


 

Eine Stunde später saß Albert auf einer Liege in der Notaufnahme des Krankenhauses und starrte auf den Boden. Er hatte darauf bestanden, mit Jill ins Krankenhaus zu fahren, wo sie immer noch bewusstlos angekommen war. Sie war sofort untersucht worden, dann hatte man ihm Papiere vorgehalten, ihm von einer Gehirnblutung erzählt, die nur mit einer Operation behoben werden könne und ihn in Kurzfassung über mögliche Risiken aufgeklärt. Er hatte einfach unterschrieben, sie gebeten, sich gut um Jill zu kümmern und sich dann in einen Behandlungsraum führen lassen, wo er selbst noch untersucht werden sollte.

Das Krankenhaus gehörte nicht zu Umbrella, hatte aber viele Spenden des Unternehmens bekommen und mindestens im Forschungsbereich waren sicher auch viele von ihren Mitarbeitern beschäftigt. Er konnte also nicht mit aller Bestimmtheit sagen, dass Jill nichts geschehen würde – aber er konnte natürlich auch nicht im OP-Saal neben ihr stehen, egal, wie gern er genau das getan hätte. Ihm blieb nur zu hoffen, dass alles gut ginge.

Als sich die Tür öffnete, trat Dr. George Hamilton ein, der sich bereits um Jill gekümmert hatte, als sie vor einigen Tagen hier gewesen war. »Ah, Mr. Wesker, ich darf Ihnen ausrichten, dass Ihre Kollegen auch eingetroffen sind. Ich nehme an, das war wieder eine Mission?«

»Kann man so sagen.«

Hamilton lag nicht sehr viel am Small Talk, deswegen ging er direkt zur Untersuchung über, die auch eine Röntgenaufnahme beinhaltete, die wiederum das bestätigte, was er bereits geahnt hatte.

»Eine der Rippen ist gebrochen«, erklärte Hamilton, während er sich etwas notierte. »Ich schreibe Ihnen ein paar Schmerzmittel auf und stelle Ihnen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Die nächste Zeit sollten Sie es ein wenig ruhiger angehen und vor allem nichts Schweres hochheben.«

Albert nickte nur. Sobald Irons – der auch auf Umbrellas Gehaltsliste stand, wie sie aus Chris' gesammelten Beweisen wussten – erfuhr, was sie unter seiner Anleitung getan hatten, würde er ohnehin suspendiert werden. Und wenn die Innere Abteilung erst einmal mit ihm fertig wäre, hätte er gar keinen Job mehr. Also würde er sich ohnehin erst einmal ausruhen müssen.

»Eine stationäre Aufnahme ist nicht notwendig«, erklärte Hamilton weiter, als er ihm das Rezept für das Schmerzmittel überreichte. »Haben Sie noch Fragen?«

Vielleicht war das seine beste Gelegenheit, jemanden zu finden, dem er in dieser Situation vertrauen konnte. »Arbeiten Sie für Umbrella?«

Hamilton runzelte seine Stirn, sichtlich irritiert über diese für ihn seltsame Frage: »Nein. Das Mittel, das ich Ihnen aufgeschrieben habe, ist von Umbrella, aber nur, weil es so ziemlich das Günstigste ist. Wenn Sie wollen, ändere ich das noch, aber die Wirkstoffe wären die gleichen.«

Albert hatte sich das Rezept nicht einmal genauer angesehen, aber unter diesen Umständen verzichtete er wirklich gern auf das Medikament. Er erklärte Hamilton nicht, warum er gefragt hatte, sondern kam zu seiner eigentlichen Frage: »Wäre es möglich, dass Sie mir Blut abnehmen und es untersuchen lassen? Ohne dass es an Umbrellas Mitarbeitern vorbeigeht?«

Hamilton zögerte. Ein wenig nervös tippte er mit dem Kugelschreiber auf die offene Akte, bis mehrere blaue Punkte neben seinen Notizen zu sehen waren. »Gibt es dafür einen bestimmten Grund?«

»Eine Sicherheitsmaßnahme«, erklärte Albert. »Ich würde die Tests auch selbst bezahlen. Seit dem Vorfall im Arklay-Anwesen bin ich einfach misstrauisch.«

Jeder in Raccoon City wusste von diesem Vorfall. Man hatte die schrecklichsten Details nicht öffentlich gemacht, aber es war allgemein bekannt, dass eine ansteckende Krankheit im Anwesen ausgebrochen war und alle dort Forschenden infiziert hatte.

Hamilton schien sich davon überzeugen zu lassen. »Ich verstehe. Natürlich, ich kann Ihnen Blut abnehmen und es an ein anderes Labor schicken.«

Vermutlich bedeutete das viel Papierkram, Albert beneidete ihn nicht darum, aber es war ihm nun einmal wirklich wichtig.

Nach der Blutabnahme erklärte Hamilton ihm, wo er am besten auf Ergebnisse von Jills OP warten könnte. Albert ging direkt dorthin, auf dem Weg zerknüllte er noch das Rezept und warf es in einen Mülleimer. Nach den heutigen Ereignissen hatte er erst einmal genug von Umbrella.

Der Wartebereich lag etwas abgelegen, mehrere Stühle waren in diesem fensterlosen Raum aufgestellt, Zeitschriften lagen auf einem Plastiktisch, falls es länger dauern sollte. Albert hatte kaum einen Blick dafür übrig, da die Sorgen ihn zu sehr ablenkten. Glücklicherweise waren Enrico, Barry und Kevin bereits hier, sie standen auf, als er hereinkam.

»Alles okay, Albert?«, fragte Enrico ihn sofort.

Er setzte sich erst einmal, was die anderen ihm nachahmten. »Ja, alles gut. Nur eine gebrochene Rippe, nichts weiter Wildes. Wie sieht es bei euch aus?«

»Brad und Billy lassen ihre Verletzungen gerade behandeln«, erklärte Enrico. »Und Chris wird richtig durchgecheckt. Er war so lange bei Umbrella …«

Und hatte dort offenbar an diesen Testläufen teilgenommen. Dass er all das überlebt hatte, war für Albert wie ein kleines Wunder. Gleichzeitig überraschte es ihn auch nicht, Chris war zäh und wenn er entschlossen war, etwas zu erreichen – in diesem Fall zu überleben – dann schaffte er das. So wirklich glauben, dass sie ihn gerettet hatten, könnte er aber erst, sobald er ihn hier im Krankenhaus vor sich sah.

»Wir anderen sind in Ordnung«, führte Enrico weiter aus. »Aber man hat uns gesagt, dass Jill operiert wird, also wollten wir hier warten, bis sie fertig ist.«

»Wir hätten sonst sowieso keine ruhige Minute«, bestätigte Barry.

Irgendwann musste S.T.A.R.S., ohne dass Albert es gemerkt hatte, zu einer kleinen Familie geworden sein. Der Gedanke war schön, und er tröstete ihn etwas darüber hinweg, dass er Alex derart hatte abweisen müssen. Er machte sich allerdings keine Sorgen, dass er damit seine letzte Chance, sie wiederzusehen, verpasst hätte, schließlich ging er davon aus, dass sie nicht einfach aufgab. Sobald sie erst einmal wusste, dass er noch lebte, sähe er sie bestimmt wieder – auch wenn dieses Wiedersehen dann bestimmt auch nicht positiv verlaufen würde. Egal, darum machte er sich Gedanken, wenn es soweit war.

»Ich bin nur froh, dass wir da alle lebend rausgekommen sind«, merkte Kevin an. »Also, klar, wir sind die besten und so, aber wenn da mehr Widerstand gewesen wäre, hätte das auch ganz anders enden können.«

»Warum gab es eigentlich so wenig Widerstand?«, fragte Barry.

Kevin schien etwas sagen zu wollen, doch da öffnete sich die Tür des Wartezimmers und die Agenten Morgan und Cooper kamen herein, gemeinsam mit Claire, die sich besorgt umsah.

»Wo ist Chris?«, fragte sie rastlos.

Enrico erklärte ihr, dass er eine schlimme Zeit hinter sich hatte und deswegen untersucht werden musste, Albert ging derweil zu den Agenten hinüber, die ihn zu sich baten. Cooper nickte zu Claire hinüber. »Als wir gehört haben, dass ihr Bruder hier ist, dachten wir, es wäre ganz nett, sie auch herzubringen.«

Albert bedankte sich für diese Umsicht. »Sie haben aber schnell davon erfahren.«

Morgan tippte sich gegen die Schläfe. »Wenn mitten in Raccoon City eine Einrichtung von Umbrella explodiert, werden wir natürlich darüber informiert. Besonders nach den Ereignissen im Arklay-Anwesen.«

»Und da konnten wir uns bereits denken, dass Sie etwas damit zu tun haben«, ergänzte Cooper. »Und kaum wurde Mr. Redfield als Patient hier aufgenommen, war die Sache klar.«

Das konnte noch gar nicht so lange her sein. Hatten sie Claire einfach sicherheitshalber schon im Auto gehabt, als sie auf dem Weg hierher gewesen waren?

Morgans Blick wanderte über die erschöpften Gesichter der versammelten S.T.A.R.S., die Claire gerade beruhigend erklärten, dass es Chris gut ging und sie ihn wirklich bereits gesehen hatten. »Ich denke, wir verzichten heute auf eine Befragung.«

»Wir behaupten einfach, wir hätten Sie nicht angetroffen«, bestätigte Cooper. »Sie werden ja sicher niemandem erzählen, dass wir hier waren.«

»Natürlich nicht.« Er war froh, wenn sie erst einmal wieder verschwanden.

Bevor sie wieder gingen, griff Morgan noch in seine Tasche und holte etwas heraus, das er Albert reichte. Es war sein Pieper.

»Den müssen sie im Büro vergessen haben«, meinte Morgan gut gelaunt. »Jetzt haben Sie ihn ja wieder, dann können wir uns bei Ihnen melden, sobald wir Fragen haben.«

Albert bedankte sich dafür. Dann verließen die Agenten den Wartebereich wieder, dabei unterhielten sie sich darüber, wie erpicht sie beide auf einen Kaffee wären und dass man unbedingt den im Krankenhaus probieren müsste.

»Die zwei sind komisch«, kommentierte Claire, nachdem sie fort waren. »Ich bin froh, wenn sie nicht mehr dauernd in meiner Nähe sind.«

Sobald sich erst einmal herausstellte, dass Chris kein Bio-Terrorist war und auch nie derartige Pläne gehegt hatte, würden sie den Fall bestimmt abschließen und Claire ihre Ruhe zurückbekommen. Albert konnte kaum erwarten, dass das auch für ihn galt.

Brad, Billy und Rebecca kamen wenige Minuten später zu ihnen. Billys Wunde an seinem Oberarm war verbunden worden, Brad bekundete, dass sein Fußknöchel lediglich verstaucht sei.

»Ich hatte Glück«, sagte er.

»Vielleicht hätten wir dich im Hintergrund behalten sollen«, meinte Enrico. »Du hast nicht so viel Kampferfahrung wie wir andere.«

Brad schüttelte direkt mit dem Kopf. »Nein, das war in Ordnung! Ich wollte ja unbedingt mit – und außerdem hätte sonst niemand die Beweise von den PCs der Forschern sichern können.«

Triumphierend zog er eine MO-Disk aus seiner Tasche. Kevin sprang sofort von seinem Platz auf. »Nicht wahr! Das hast du also gemacht!«

Brad nickte ihm zu und erklärte in knappen Worten, wie genau er das getan hatte. Albert blendete seine Worte vollkommen aus, während er auf die Disk starrte. Sie hatten Chris und Jill gerettet und sogar noch weitere, absolut eindeutige Beweise bekommen. Es war zu schön, um wahr zu sein. Albert hoffte, dass es nicht nur ein Traum war – und dass Jill nicht doch noch während der OP etwas zustieß. So wirklich glücklich könnte er erst sein, wenn die Beweise übergeben wurden und sie alle zusammen darüber reden konnten.

»Gut gemacht, Brad«, sagte Albert lächelnd, als Brad ihn schließlich ansah. »Das wird ein wichtiger Schritt sein, um Umbrella zu Boden zu bringen.«

Zufrieden und stolz über dieses Lob, salutierte Brad, dann fiel ihm offenbar wieder auf, dass sein Fuß schmerzte, deswegen setzte er sich. Kevin nahm neben ihm Platz, um ihn weiter über seine Fähigkeiten auszufragen und zu betonen, wie fantastisch das ausgesehen hatte.

Billy hatte sich bereits mit Rebecca hingesetzt. Als zwei der neuesten Mitglieder, die kaum etwas von Jill mitbekommen hatten, überlegte Albert, ob er sie darauf hinweisen sollte, dass sie nach Hause gehen könnten, wenn ihnen das lieber wäre. Aber Barry legte eine Hand auf Billys Schulter, um ihm zu danken, dass er Rebecca gerettet hatte, und Enrico beruhigte derweil Rebecca, die sich offenbar Vorwürfe machte, dass sie Jill zu früh hatte aufstehen lassen. Sie waren eine Familie, er konnte sie in dieser Situation nicht auseinanderreißen.

Lediglich Claire saß ein wenig abseits von ihnen – nur um sofort aufzuspringen, als die Tür ein weiteres Mal aufging. »Chris!«

Sie umarmte ihn stürmisch, worauf er lachend einen Schmerzenslaut von sich gab. Entschuldigend ließ sie ihn los und betrachtete ihn genauer, so dass auch Albert, der wie die anderen wieder aufgestanden war, einen Blick auf ihn werfen konnte. Er trug immer noch seine abgewetzte Uniform, in der er damals geschnappt worden war. Durch die zerfetzten Risse waren Verbände zu sehen.

»Darfst du wirklich schon rumlaufen?«, fragte Claire. »Du siehst aus, als bräuchtest du eher Bettruhe. Oder eine Dusche.«

»Eine Dusche wäre echt eine tolle Idee«, stimmte er zu. »Und Schlaf wäre auch schön. Aber erst will ich sicherstellen, dass es Jill gut geht.«

Ein kurzes, eifersüchtiges Stechen wühlte Alberts Brust auf. Vielleicht war es bei seiner Jill anders, aber sobald die andere Jill wach wurde, wollte sie bestimmt nur wissen, wie es Chris ging und ihn sehen. Sie und er hatten viel miteinander zu tun gehabt, da wunderte es ihn nicht. Aber es schmerzte dennoch.

Chris wandte sich an seine Kollegen, die ihn schweigend ansahen. Er lächelte schräg. »Was ist? Ihr seht aus, als hättet ihr einen Geist gesehen.«

Enrico sah zu Albert, der ihm zunickte. Ihm war lieber, wenn sein Vize zuerst mit Chris sprach. Er konnte immer noch nicht so recht glauben, dass das hier real war – und außerdem müsste er sich erst entschuldigen, davor könnte er kein Wort an ihn richten. Also übernahm Enrico das: »Wir sind einfach nur froh, dass du noch am Leben bist. Und kein Terrorist.«

»Ja«, stimmte Kevin zu, »wir dachten, du würdest uns irgendwelche komischen Monster auf den Hals hetzen. So wie dieses Tyrant-Ding.«

»Ich persönlich bin erstaunt, dass du das alles überlebt hast«, sagte Billy, der Chris' Fähigkeiten immerhin nie live gesehen hatte. »Ich hab gehört, dass du einen Monat bei denen warst.«

Chris winkte grinsend ab. »Ach, das, was die mir da vorgesetzt haben, war ein Witz. Alles kein Problem für mich. Und der Tyrant, den sie auf mich und Jill gehetzt haben, wurde ja von Jill fertiggemacht.«

Bewunderung klang in seiner Stimme, seine Augen glitzerten ein wenig. Schlagartig wurde er wieder ernst. »Aber dass sie meine Ergebnisse dafür benutzt haben, ihre Waffen zu verbessern, gefällt mir überhaupt nicht.«

»Keine Sorge«, sagte Kevin. »Wir sind dabei, Umbrella richtig fertig zu machen. Die werden nicht lange was von ihren Ergebnissen haben.«

Barry und Brad nickten.

»Wir müssen darüber auf jeden Fall nochmal reden, Albert«, sagte Enrico in seine Richtung. »Ich will genau wissen, was ihr ermittelt habt und woher die Beweise kamen.«

Es überraschte ihn ohnehin, dass Enrico geduldig genug gewesen war, bis jetzt zu warten, um mehr zu erfahren. Das sprach aber auch nur dafür, wie viel Vertrauen Enrico ihnen allen entgegenbrachte. Albert schätzte sich glücklich, ihn als seinen Vize zu haben. »Natürlich.«

Plötzlich war Chris' Blick auf ihn gerichtet. Derart ernst und erwartungsvoll, dass Albert der Überzeugung war, dass Chris ihm nie vergeben könnte. Immerhin war es seine Schuld, dass er von Umbrella geschnappt werden konnte, dass er derart lange dort sein musste. Wenn Albert nur ein besserer Anführer wäre, wenn er besser zugehört hätte, dann wäre es niemals so schlimm geworden.

Doch noch bevor er etwas sagen oder mehr darüber nachdenken konnte, trat Chris auf ihn zu. Er machte sich auf einen Schlag gefasst – nur um überrascht zu werden, als der andere ihn in eine Umarmung zog. Solche emotionalen Bekundungen sahen Chris nicht ähnlich, aber das alles überlebt zu haben, musste ihn derart glücklich machen, dass er einmal sein sonstiges Verhalten ignorierte. Ihn so nah bei sich zu spüren, dass sogar seine Rippe neu schmerzte, ließ Albert sofort glauben, dass das hier kein Traum und keine Einbildung war. Chris war wirklich zurück. Alles war gut – jetzt musste nur noch Jill wieder aufwachen.

Albert erwiderte die Umarmung erleichtert. »Ich bin froh, dass du wieder da bist.«

»Ich auch«, sagte Chris und klopfte ihm auf den Rücken.

Dann löste er die Umarmung wieder und trat einen Schritt zurück, den Blick erneut so ernst wie zuvor. »Jetzt musst du mir aber etwas beantworten.«

Das hörte sich nicht gut an. Schon allein, weil Chris selten derart ernst wurde. Er nickte, erwartete etwas, das ihn aus der Bahn werfen würde – und diesmal tat Chris ihm den Gefallen: »Die leitende Forscherin, Alex Wesker, ist sie wirklich deine Schwester?«

Die Anspannung im Raum stieg sofort so sehr an, dass Albert glaubte, sie mit einem Messer schneiden zu können. Billy, Rebecca und Kevin wirkten nicht überrascht, immerhin hatten sie die Übertragung in der Kampfhalle gehört, für Enrico, Brad und Barry war das vollkommen neu. Deswegen schüttelte sein Vize auch direkt den Kopf. »Das kann nicht sein. Das muss-«

Albert hob die Hand und brachte ihn damit zum Verstummen. Für ihn gab es eine Frage, die gerade wichtiger war: »Was hat Alex dir gesagt?«

»Dass mich niemand retten käme, selbst wenn ihr wüsstet, wo ich wäre, weil du zu deiner Schwester und Umbrella halten würdest. Ich glaube, sie haben versucht, mich zu brechen, was natürlich nicht funktioniert hat.« Er schmunzelte kurz. »Ich will jetzt nur wissen, was da dran ist.«

Obwohl er auch bei der Übertragung in der Kampfhalle dabei gewesen war, hatte er Alberts Antworten nicht hören können. Es war deutlich, dass Alex ihn nicht hatte brechen können, aber der Zweifel war gesät worden, nicht zuletzt durch Alberts eigenes Verhalten im Vorfeld. Er war es Chris schuldig, ihm zu antworten, vorher setzte er sich aber und wies die anderen an, das ebenfalls zu machen. »Es ist keine lange Geschichte, aber wir sind alle müde.«

Chris setzte sich neben Albert, den Oberkörper vorgebeugt. Die anderen folgten dem Beispiel.

Albert atmete durch. Wo sollte er anfangen?

»Alex Wesker ist wirklich meine Schwester. Jedenfalls soweit ich das beurteilen kann. Ich habe heute nur ihre Stimme gehört, sie nicht gesehen. Aber es ist gut möglich.«

»Jill hat gesagt, dass du dachtest, sie sei tot«, führte Chris aus.

»Richtig.« Dann erzählte er den anderen von dem Tod seiner Eltern, seiner Zeit im Waisenhaus – und Alex' Adoption. »Wir haben nie wieder von den Adoptierten gehört, weil es Regeln gab, dass sie sich nicht bei uns melden dürfen. Aber ausgehend von den Geldern, die Umbrella dem Waisenhaus gespendet hat, sind alle Adoptierten wohl als Forschungssubjekte bei ihnen gelandet. Und ich dachte, das gilt auch für Alex.«

Die anderen schwiegen betroffen, besonders Barry wirkte bedrückt. Gerade als Familienmensch musste es eine schlimme Vorstellung für ihn sein, von der geliebten Familie getrennt zu werden.

Nur eine Person ließ sich von der Stimmung nicht beirren – und es war ausnahmsweise nicht Kevin.

»Wo ist das Problem?«, fragte Claire. »Wenn Alex noch lebt, kann er sie jetzt doch einfach wiedersehen, oder?«

»Ganz so einfach ist das nicht«, erwiderte Albert. »Schon allein, weil ich mich heute gegen sie gestellt habe. Und Umbrella wird jetzt vermutlich noch besser auf sie aufpassen.«

Er bezweifelte, dass er sie davon überzeugen könnte, nicht mehr für das Unternehmen zu arbeiten, aber warum sollte Umbrella dieses Risiko dennoch eingehen? Wenn sie leitende Forscherin war, musste sie kostbar genug sein, um sie unter allen Umständen halten zu wollen. Vielleicht wurde es leichter, wenn Umbrella am Boden war – zumindest wäre sie dann vermutlich im Gefängnis und dort könnte er sie besuchen, wann immer es ihm erlaubt wurde. Nicht, dass er unbedingt wollte, dass sie verhaftet wurde, aber alles war besser, als zu wissen, dass sie Bio-Waffen entwickelte.

Claire brummte etwas, das sich ganz danach anhörte, dass man es sich einfach machen könnte, wenn man wollte. Er beneidete sie ein wenig für diese Naivität, die auch Chris manchmal auszeichnete. Im Moment wirkte dieser aber eher ernst und nachdenklich, so hatte Albert ihn noch nie zuvor gesehen, außer es war um das Arklay-Anwesen gegangen. Vielleicht glaubte er ihm nicht, was seinen fehlenden Kontakt mit Alex anging, und Albert könnte ihm das nicht einmal verübeln, nachdem er ihm bei der Umbrella-Sache nicht geglaubt hatte. Wenn sie unter sich waren, müsste er sich unbedingt entschuldigen und hoffen, dass sein Freund das auch annahm.

Da Chris nichts mehr dazu sagte, verfielen sie alle in Schweigen. Die Zeit kroch langsam dahin, während sie warteten, ohne dass eine Nachricht für sie käme. Auch sein Pieper blieb glücklicherweise still. Vielleicht hatte die Innere Abteilung noch nichts von den neuesten Ereignissen mitbekommen – oder sie ermittelten gerade noch an einer anderen Front.

Es ging auf den Abend zu, als sie alle unruhig zu werden begannen. Hunger und Müdigkeit setzten ein, besonders bei Chris, der immer wieder wegzunicken schien, nur um direkt aufzuwachen, sobald sein Kopf von seiner Hand rutschte. Albert überlegte bereits, ob er den anderen vorschlagen sollte, irgendwo etwas zu essen zu besorgen, als die Tür sich erneut öffnete, diesmal war es eine Krankenpflegerin. Sie standen alle sofort auf, was die junge Frau in Erstaunen versetzte, wenn er ihren hochgezogenen Augenbrauen glauben konnte. Nichtsdestotrotz war ihre Stimme vollkommen ruhig, als sie fragte, ob es sich bei ihnen um die S.T.A.R.S. handelte.

Als sie alle nickten, blickte sie auf das Klemmbrett hinunter, das sie mit sich führte. »Ich soll Ihnen allen ausrichten, dass die OP von Ms. Valentine erfolgreich verlaufen ist. Sie ist stabil und jetzt im Aufwachraum – wenn Sie sie sehen wollen.«
 



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