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Neon Genesis Evangelion vs. Brain Powerd vs. Candidate for Goddess

Auflage 2.0
von

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"Und dann war da noch die Sache mit dem Sarg..."

Zero langweilte sich. Er langweilte sich schrecklich. Er langweilte sich zu Tode. Und es gab nichts, aber auch absolut gar nichts, das seine Langeweile vertrieben hätte. Er brauchte unbedingt eine Beschäftigung - oder zumindest etwas Ähnliches; von sinnvoll gar nicht zu sprechen, so anspruchsvoll wollen wir gar nicht erst sein. Also beschloss er kurzerhand, ein wenig das HQ zu erkunden, nachdem er bis jetzt immer nur von irgendwelchen Leuten geführt worden war, denn er hatte große Lust, endlich einmal selbst die Räumlichkeiten auszukundschaften, in der Hoffnung, vielleicht zufälligerweise die Cages wieder zu finden und nebenbei seine geliebten Göttinnen bewundern zu können. Doch wie wir unseren lieben Zero ja alle kennen hatte er sich schon nach den ersten zwei Schritten hoffnungslos verlaufen...
 

"Sir Hellsing, kann ich Sie einen Augenblick sprechen?"

Integral schaute mit desinteressiertem Blick vom Computerbildschirm auf und in Ritsukos teils vorsichtiges, teils aber auch erwartungsvolles Gesicht. Auf dem Bildschirm standen Angaben über ihre Person - Alter, Geburtstag, Beruf usw. - kurz, die Daten, die sie eben noch einem der Mitarbeiter des NERV-HQ gegeben hatte und jetzt noch einmal auf ihre Richtigkeit prüfte und die prinzipiell sowieso recht nichts sagend waren, wenn man Integrals Person, die Komplexität ihrer Existenz betrachtete.

Ein kurzes Nicken beantwortete Dr. Akagis Frage und ließ diese gleich zum Grund des Gespräches kommen.

"Ich wollte Sie eigentlich nur kurz fragen, ob denn alles zu Ihrer Zufriedenheit ist, ich meine die Unterbringung... Vor allem, da ich ja nicht weiß, welche Ansprüche Ihr, ähm, Begleiter in Sachen seiner Schlafmöglichkeit stellt..."

"Oh, es ist schon alles in Ordnung, vielen Dank. Alucard hat den Sarg in der letzten Nacht sowieso noch nicht gebraucht" erwiderte die blonde Frau mit dem Anflug eines Lächelns, wobei man Anflug betonen musste. Ritsuko verkniff sich die Frage, was Alucard denn stattdessen gemacht hatte - sie war sich auch nicht so sicher, ob sie es denn wirklich um jeden Preis wissen wollte.

"Das... freut mich. Und es tut mir im übrigen Leid, dass Sie Ihr Frühstück heute erst hier im Hauptquartier haben einnehmen können... Ich hatte leider meine Pflichten und konnte mich nicht darum kümmern."

"Das ist doch kein Problem" unterbrach Sir Hellsing, die Ritsukos Verhalten irritierte. "Wie schon gesagt, ich habe keine großen Ansprüche und bin es sowieso nicht unbedingt, nun, ich sage mal gewöhnt, früh morgens zu essen, da meine Arbeitszeiten eher in der Nacht liegen."

Dr. Akagi zog kurz verwirrt die Augenbrauen hoch, bis ihr wieder einfiel, welcher Arbeit Integral denn im Allgemeinen nachging.

"Das bringt mich zu einer persönlicheren Frage – nicht, dass wir Ihre Hilfe hier nicht zu schätzen wissen, aber haben Sie in Ihrer eigenen Dimension nicht Pflichten, denen Sie nachgehen sollten?" Integral, in der Zwischenzeit schon wieder auf den Bildschirm fixiert, schaute noch einmal auf.

"Das habe ich in der Tat, aber ich bin der Meinung, dass meine Leute in meiner Welt weitaus besser ohne mich zurecht kommen, als es hier den Anschein hat, sollte es erneut zu einem Übergriff der Ghouls kommen, und so lange die Umstände um diese... Dimensionslöcher nicht geklärt und behoben sind, denke ich, ist es besser, noch eine Weile hier zu verbleiben."

"Dann stünde es ihnen also jederzeit frei, wieder in ihre eigene Welt zurückzukehren?"

"Dank Alucards besonderer Fähigkeiten, ja."

"Ich verstehe" sagte Ritsuko nachdenklich und wandte sich wieder zum gehen. "Dann will ich nicht weiter stören. Wenn Sie irgendwelche Wünsche haben oder es Probleme gibt sagen Sie mir einfach bescheid. Ich kümmere mich dann darum." Sie nickte sich mit Sir Hellsing noch einmal höflich zu und ließ Integral dann weiter ihrer aktuellen Tätigkeit nachgehen. Aus dem Schatten im Gang blinzelten der Cheftechnikerin noch zwei blutrote Augen hinterher, bis sie sich zu amüsierten Schlitzen verengten und kurz darauf wieder mit der Dunkelheit verschmolzen.
 

Rei und Asuka gingen schweigend nebeneinander her - man konnte meinen, sie wären sich total fremd und wüssten einfach nicht, was sie miteinander reden sollten, was faktisch, eigentlich rein theopraktisch ja auch irgendwo so war - und erreichten auch in diesem Zustand die Cages. Da Shinji in letzter Zeit bei den Arbeiten in der Schule nicht besonders gut abgeschnitten hatte, war er von seinem Lehrer zwecks Nachhilfe dabehalten worden, weshalb der Junge am heutigen Tag bei den üblichen Synchrotests fehlte. Folglich war es in Anbetracht der derzeitigen Situation relativ ruhig im Hauptquartier und das steigerte die Langeweile einer gewissen Person nur noch mehr. Diese gewisse Person hatte es mittlerweile zumindest geschafft, den dunklen und unheimlichen Gängen zu entkommen, durch die sie soeben noch gestreift war und die nicht unbedingt danach aussahen, als seien sie des Betretens wegen für Unbefugte erlaubt. Dabei half natürlich vor allem die Tatsache, dass besagte Gänge im verstecktesten aller versteckten Teile des HQs lagen, gar nicht erst auf irgendwelchen Plänen eingezeichnet, durch abgeschlossene Türen und "Betreten Verboten!"-Schildern hermetisch abgeriegelt waren und nicht einmal Leute vom Range Misatos von ihnen wussten. Doch so etwas stellte für jemanden wie Zero ja keinerlei Hürde dar.

Wieder im Zivilen Bereich angekommen - nur durch Zufall, offen gesagt - erkannte der Junge an einer Tür zwar fälschlicherweise den Weg zur Kantine, kam aber zumindest ebenso zufällig in der Nähe des Trainingsraumes der Evangelion wieder heraus, in welchem gegenwärtig die Synchrotests abgehalten wurden. Rei und Asuka hatten in diesem Augenblick ihre Tests schon wieder beendet und begaben sich nun zurück zum Umkleideraum, der, wie so ziemlich alle Räume des HQs, mit einem Code gesichert war. Kaum, dass sie den Raum betreten hatten, wurde die Tür von außen zugeworfen. Die beiden Mädchen hörten ein gedämpftes "Ups, sorry..." und dann ein Piepen, als versuche der Besitzer des 'Ups, sorry...' die Tür wieder zu öffnen. Sofort ertönte ein Kreischen in Stereoton, er solle das lassen und dass die Tür durchaus von drinnen zu öffnen sei, doch leider war es in diesem Moment auch schon zu spät. Zero hatte in der Annahme, der Code sei derselbe wie der für das Zimmer, das er sich mit Hiead teilte, ebenselbigen gerade drei Mal eingetippt - sich gewundert, warum er nicht funktionierte - und damit das Sicherheitssystem NERVs in Gang gesetzt, welches die Tür, ähnlich hilfreich wie unser heißgeliebtes Dummy-Plug-System, nun endgültig verschloss, undurchdringbar abriegelte und sie daher auch von innen nicht mehr öffnen ließ. Verzweifelt rannten die beiden, mittlerweile also eingesperrten, Mädchen zur Tür, sodass es auf den ersten Blick schien, als wollten sie diese einrennen, und versuchten es dann, sich offenbar eines Besseren besinnend - denn wer rennt gerne gegen eine mehrere Zentimeter dicke Stahltür, in dem vergeblichen Versuch, sie zu öffnen? -, noch einmal mit dem richtigen Code, der, wie zu erwarten, jetzt nicht mehr angenommen wurde. Asuka wurde natürlich postwendend zum Berserker - wie eigentlich immer, wenn irgendetwas nicht nach ihrem Sinn und Befehl geschah - und brüllte und schlug gegen die Tür und verfluchte nebenbei noch ziemlich schamlos Zero, der, nachdem er die Tür nicht aufbekam nur mit den Schultern zuckend seinen Weg fast gleichgültig fortsetzte. Das Second Child gab schließlich, nachdem sie fast heiser und ihre Hände beinahe aufgeschlagen waren, auf und beschränkte sich darauf, resigniert und leicht gequält zu seufzen - sie hatte die Situation in ihrer Dramatik bereits vollends erkannt -, als sie sich an der Wand neben dem Türrahmen herabsinken ließ.

"Und jetzt?" fragte sie mehr sich selbst als Rei und schlang ihre Arme um die an die Brust gezogenen Beine. Das weißhaarige Mädchen sagte nichts dazu, irgendwann würde schon jemand das Fehlen der beiden Pilotinnen bemerken - sie waren immerhin nicht völlig unwichtig oder gar ersetzlich -, und schließlich war das Sicherheitssystem ja auch in Betrieb und hatte die NERV-Crew gewiss schon informiert. Dumm für sie, dass in der Zentrale gerade gar keiner war...
 

Letztendlich hatte es Zero doch wieder in die Zivilisation geschafft und befand sich jetzt bei den Unterkünften, die den Gästen NERVs zugeteilt worden waren. Er klopfte an jeder Tür, doch niemand öffnete ihm. Oder es war schlicht und einfach niemand da - aber das werden wir, die Autoren mit eingeschlossen, wohl nie erfahren, weil es zum Storyverlauf nichts beiträgt und daher vernachlässigt werden kann; kurz: wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht.

Zero seufzte, und die Langeweile überkam ihn nur noch stärker, als ihm zwei wohlbekannte Personen ins Auge fielen, die soeben aus der Kantine am Ende des Ganges gekommen waren und nun sicheren Schrittes ihren Weg ins Ungewisse nahmen. Da der Pilotenanwärter sowieso nichts Besseres zu tun hatte, beschloss er, den beiden zu folgen, um den Größeren von ihnen nun endlich nach seinem - hoffentlich patentierten - Rezept für die tollen weißen Zähne zu fragen; nicht zu vergessen, dass er einfach neugierig war, wo die beiden hinwollten. Dummerweise legten sie eine Schnelligkeit an den Tag, die schon fast an Hast grenzte - vielleicht lag es ja auch einfach nur daran, dass sie eben ein gutes Stück längere Beine hatten als er - weshalb er sie, nachdem er die GeoFront verlassen hatte und planlos die nächstbeste Straße entlanglief, wieder aus den Augen verlor. Zu seinem Glück sah er sie wieder, als sie eben ein Haus ganz in der Nähe der GeoFront betraten und war gerade noch schnell genug, einen Blick auf den Fahrstuhl zu erhaschen, auf dem das Stockwerk, zu dem er sich gerade hinbewegte, angezeigt wurde. Zero nahm also kurzerhand die Treppe und rannte dann den langen Korridor, auf dem er schließlich heraus kam, entlang, um die gerade erst zufliegende Tür zu Ritsukos Wohnung ganz an seinem Ende aufzuhalten. Keuchend und stolz auf seinen neuen Rekord im 70-Meter-Sprint blieb Zero kurz im Eingang stehen, um nach dem Sprint wieder zu Atem zu kommen und betrat daraufhin die auf den ersten Blick ziemlich schlicht eingerichtete Unterkunft der Chef-Technikerin, wobei die Schlichtheit der Wohnung auch auf den zweiten Blick erhalten blieb.

Zero hielt sich nicht lange mit dem Wohnungsbeschau auf, ganz einfach, weil es nichts zu sehen gab, sondern folgte den Stimmen Integrals und Alucards, die von einem Zimmer am anderen Ende des Flures herrührten. Vorbei am durch dicke Vorhänge verdunkelten Wohnzimmer und der Küche, die verdächtig danach aussah, als würde sie nie benutzt, kam er schließlich zur geschlossenen Zimmertür, hinter der Alucard gerade dabei war, seinen heutigen Schlafplatz auszuprobieren. Der Sarg aus schwarzlackiertem Mahagoni war mit weinrotem Samt ausgekleidet und passte nur allzu gut zu den Klamotten des Vampirs, der sich genüsslich in seinem 'Bett' räkelte, soweit es der recht knappe Platz erlaubte, und seinen Meister freudig anstrahlte.

"Hier drin fühl ich mich fast wie zu Hause" verkündete er der nicht sonderlich interessierten Integra, die ebenso gleichgültig dreinschaute wie immer. "Auch wenn es etwas zu warm für meinen Geschmack ist..."

Eigenartig, vor allen Dingen, wenn man bedachte, dass die Wohnung dank der geringen Nutzung ziemlich kalt war.

"Oh, guck mal, hier ist sogar alles mechanisch!" Integral seufzte bewundernswert beherrscht, Alucard tat es schließlich nur, um sie zu ärgern. Zumindest redete sie sich das schon seit längerer Zeit äußerst erfolgreich ein. Wie ein kleines Kind, das seine Neugier kaum, oder sagen wir eher gar nicht zügeln konnte ließ der Vampir über gewisse Schalter im Inneren des Sarges den dazugehörigen Deckel immer wieder auf- und abfahren, machte jedes Mal "Buh!", wenn er Integras entnervtes Gesicht erblickte und kicherte dann wie verrückt. Sir Hellsing musste sich ernsthaft fragen, ob ihm die Luft in dieser fremden Welt einfach nicht bekam oder er vielleicht irgendwas Falsches gegessen - oder eher getrunken - hatte. Und beim fünften Mal, dass sich der Deckel mit einem leisen Klick schloss, danach wieder hochfuhr und Alucard dümmlich bei ihrem Anblick aufkreischte, verlor sie ihre Beherrschung. Sie wollte ihrem Untergebenen gerade ziemlich lautstark und im Notfall auch mit angedrohter Gewaltanwendung zeigen, wo er sich sein verdammtes Spielzeug hinstecken konnte - falls sie es ihm nicht gleich persönlich an diesen Ort stecken würde -, als hinter ihr die Tür mit einem unerwarteten Ruck aufgestoßen wurde, die hochgewachsene Frau, als sich die Tür in ihr Kreuz drückte, ihr Gleichgewicht verlor, gegen den Sargrand stieß und in selbigen, egal, wie sehr sie dies zu verhindern versuchte, hineinstolperte - gerade noch, bevor sich der Deckel wieder schließen konnte. Sir Hellsing und Alucard verschlug es vor Schreck erst einmal die Sprache, nachdem sie in der Dunkelheit im Prinzip – und nicht nur da, auch in der Praxis – in einer recht ungünstigen Position aufeinander lagen.

Zero sah sich im Zimmer um, konnte allerdings nichts außer einem großen schwarzen Holzkasten erkennen, was ihn verwunderte, da er bis eben noch die Stimmen Integrals und Alucards vernommen hatte, und wandte sich enttäuscht wieder zum Gehen, die gedämpften Geräusche, die nach der ersten Schocksekunde hinter ihm ertönten, total überhörend.

Als die beiden unglücklichen Gefangenen die Zimmertür wieder zuschlagen hörten, wurden sie einen Moment sehr still - ja, eigentlich totenstill , wenn man diesen Wortwitz erlauben möchte. Zuerst warteten beide auf die Rückkehr des vermeintlichen Übeltäters, doch zu ihrem - soll heißen, eigentlich nur Integrals - Missgefallen geschah das nicht.

"Alucard, kommst du an den Schalter ran?" fragte die Blonde so beherrscht wie in dieser Situation eben möglich – tatsächlich aber bebte sie vor Wut und konnte diese kaum noch unterdrücken. Der Vampir sah sie grinsend an, was Integra in der Dunkelheit natürlich nicht sah, und das Alucard wiederum davor bewahrte, von ihr vermutlich eigenhändig in Stücke gerissen zu werden, egal, wie eng es momentan war, sie würde schon Mittel und Wege finden.

"Na ja... Eigentlich finde ich es hier drin ganz gemütlich..." sagte Alucard und kicherte kurz, was ihm Sir Hellsing, hätte sie die Möglichkeit dazu gehabt, wahrscheinlich mit einer schallenden Ohrfeige - oder doch lieber gleich dem silbernen Pflock... - heimgezahlt hätte. Stattdessen begnügte sie sich erst einmal vorläufig damit, Alucard wie eine wild gewordene Bestie mit allen obszönen Wörtern, die sie kannte, und das auch noch in mehreren Sprachen, zu beschimpfen - was ihn nicht sonderlich störte, da er eh nur die Hälfte davon verstand - und wie eine Furie rumzuzappeln, was in dem wenigen vorhandenen Raum im Sarg natürlich schwerer war, als es sich anhört. Alucard lachte nur und hütete sich, Integral zu sagen, dass ihm dieses Rumgezappel gar nicht mal so unangenehm war...
 

An einem anderen Ort ging es da schon weit weniger lustig zu, je nachdem, aus welcher Perspektive man das Geschehende betrachten wollte. Die Leute aus Gaia hatten es sich im Aufenthaltsraum gemütlich gemacht, soweit dies möglich erschien; allerdings war trotz allem nicht viel los. Da es auf Gaia so etwas nun mal nicht gab und Allen, Van und Co. sich ihre Zeit daher meist mit allem außer Computerspielen vertrieben, herrschte zurzeit ziemlicher Überdruss, da sie noch gar nicht wussten, welche unglaublichen Vorzüge eine Computerkonsole haben konnte. Hime und Yū hatten sich vor einer Viertelstunde verabschiedet und waren zur Novice Noah zurückgegangen und Gareas und die anderen waren auch vor einer Weile spurlos verschwunden. Infolgedessen hatten es sich nun Van und Merle zur Aufgabe gemacht, die ganzen eigenartigen Geräte, die sich im Aufenthaltsraum befanden, zu inspizieren. Allen war mit Hitomi in die kleine Küche – eigentlich war es nur eine Kochnische, aber trotzdem nachträglich durch eine augenscheinlich selbstgebastelte Holztür, wohl wegen der Essensgerüche, abgetrennt - nebenan gegangen, um nach etwas nahrhafterem als Brot und Wasser zu suchen, und beide hörten beunruhigt die eigenartigen Laute, die aus dem angrenzenden Raum drangen.

"Was zum Teufel treiben die beiden da?" fragte Hitomi aufgebracht, nachdem der Fernseher nun schon augenscheinlich - oder besser ohrenscheinlich - zum vierten Mal in Folge an- und ausgeschaltet worden war.

"Jetzt hast du's wieder kaputt gemacht...!" flüsterte der Schwarzhaarige zu dem Katzenmädchen, das, mit in Falten gelegter Stirn, die vielen Knöpfe auf dem eigenartigen langen schwarzen Kasten in ihrer Hand beäugte.

"Ach, sei still!" fauchte sie zurück und drückte wahllos auf den Tasten herum. Mit einer deutlich hörbaren statischen Entladung sprang der ebenfalls eigenartige, etwas größere schwarze Kasten vor ihnen an und zeigte nach ein paar Sekunden irgendeinen Tunnel, von dessen Decke irgendein Mensch hing und sich die Seele aus dem Leib schrie, während unter ihm 5 weitere Menschen standen und saßen und auf den Gaianern weitgehend unbekannten Instrumenten spielten. Van und Merle starrten geschockt auf das Schauspiel vor ihnen und der Junge riss der Katze den mit Knöpfen übersäten Kasten aus der Hand, um nun seinerseits wild auf das arme Ding einzuhämmern. Aus einem ihm unerklärlichen Grund wurde der große Kasten plötzlich Lauter, und die Schreie, die nun von ihm ausgingen, fast unerträglich - Van befürchtete schon, der Typ auf dem platten Glas würde gerade gefoltert. Hitomi wurde es nun zu bunt, weswegen sie zu Van und Merle rannte, ersterem die Fernbedienung wegnahm und den Fernseher wieder abstellte.

"Ah, schon wieder kaputt!" rief Van überrascht und zeigte aufgeregt auf das ihm noch immer unbekannte Gerät.

"Er ist nicht kaputt!" tobte Hitomi und konnte nur schwer das mittlerweile extrem unbändige Verlangen unterdrücken, ihrem vermeintlichen Freund sein neues Spielzeug gegen den Kopf zu werfen. Dann holte sie ein paar Mal tief Luft und legte die Fernbedienung neben dem Apparat auf einem Schrank ab.

"Das nennt man Fernseher" erklärte sie ihren Freunden mit gestelzt deutlicher Aussprache, als Allen gerade mit einem Teller Schnittchen in der Hand zur Tür hereinkam.

"Fährnsähr?"

"Fern-seher!" wiederholte das Mädchen. "Damit kann man... Theaterstücke gucken. Oder Nachrichten."

"Ach, damit kann man in die Zukunft sehen?"

"Nein! Die Filme und Nachrichten werden mit einer Kamera aufgenommen und dann über die entsprechenden Sender gesendet... Ach, vergesst es einfach." fügte Hitomi resigniert hinzu, als sie die verwirrten Blicke ihrer Freunde sah. Van schaute sie enttäuscht an, aber Merle hatte schon gleich ein neues Opfer gefunden. Sie hatte die Dinger mittlerweile schon öfter im HQ gesehen und war ziemlich überzeugt, dass sie irgendeinen höheren Sinn haben mussten.

"Was ist das?" fragte sie deshalb und hielt einen weiteren Kasten - diesmal in weiß und mit komischen Auskerbungen und Löchern und einer Schnur dran - in die Höhe.

"Ein Verteiler" antwortete Hitomi. "Eine Steckdose. Damit werden zum Beispiel die Computer, die ihr in der Kommandozentrale gesehen habt, und der Fernseher hier mit Strom versorgt. Ansonsten würden sie nicht funktionieren." Allens Blick hellte sich auf.

"In der Küche gibt es das auch, oder?" fragte er, begeistert, auch mal etwas beitragen zu können. Das Mädchen nickte.

"Alle elektrischen Geräte brauchen so etwas. Deswegen werdet ihr denen hier wohl noch öfter begegnen." Hitomi seufzte.

"Kommt ihr hier mal ein paar Minuten ohne mich aus? Ich werde mal Katsuragi-san suchen, vielleicht kann die uns ja sagen, was wir hier tun können..."

Sie wartete die Antwort gar nicht erst ab sondern drehte sich auch schon auf dem Absatz um und rauschte aus der Tür heraus, froh, etwas Abstand zwischen sich und dem Wahnsinn - eher den Wahnsinnigen - zu bringen. Die drei Verbliebenen schauten dem Mädchen noch eine Weile hinterher - was de facto bedeutete, sie starrten stupide auf die geschlossene Tür - bis sie bemerkten, dass sie wohl nicht so schnell zurückkommen würde. Also mussten sie eine neue Beschäftigungen finden, jetzt, wo niemand mehr da war, um ihnen irgendetwas zu erklären. Van schaute lange Zeit gedankenverloren auf den großen schwarzen Kasten - ihm war der Name des Teils schon wieder entfallen - und fasste dann den Entschluss, einfach mal ein Bisschen diese ganzen anderen elektrischen Geräte auszuprobieren, wo sie schon einmal die Gelegenheit dazu hatten. Vielleicht fand sich unter ihnen ja etwas Interessantes...

Kurzerhand schickte er Allen in die Küche, damit dieser dort nach allem Ausschau halten konnte, was in irgendeiner Form eine Schnur und eine gehörnte Schwanzspitze - zumindest beschrieb er so Kabel und Stecker - besaß und machte sich selbst mit ausgesuchtem Eifer im Hauptraum zu schaffen. Das Resultat dieser Bemühungen waren neben Fernseher und dazugehörigem Video- und DVD-Player sowie einigen Spielekonsolen, ein Radio und ein CD-Player, Mikrowelle, Toaster, Sandwichmaker, Pürierstab, Wasser- und Reiskocher und Mixer aus der Küche, ein Fön aus dem Bad, den Merle angeschleppt hatte, sowie eine elektrische Zahnbürste, die jemand dort vergessen haben musste, der schon am Stromnetz angeschlossene Computer und noch ein paar weitere Verteiler, die Van kurzerhand von anderen elektrischen Geräten - die seiner Ansicht nach nicht sonderlich interessant waren, wie eine alte Stehlampe - nahm, schließlich wollten sie ja etwas spannendes Erleben. Allen brachte zudem noch eine weiße Tüte mit, auf der neben dem Schriftzug "Popcorn" auch das Wort Mikrowelle mit einem entsprechendem Symbol abgebildet war, was den blonden Hünen zu dem Schluss führte, dass es offenbar nötig für das Plastteil mit den Glasscheiben war, damit es funktionierte. Nach einigem Probieren und mehrfach eingeklemmten Fingern schaffte er es sogar, die Mikrowelle zu öffnen und das Popcorn hineinzulegen, während Van und Merle äußerst eifrig damit beschäftigt waren, die ganzen gehörnten Schwanzspitzen in die weißen Kästen zu stecken. Zwar hatten sie einige Verständigungsschwierigkeiten, da jeder eine andere Beschreibung für die unbekannten Geräte erfand, aber letztendlich saßen sie doch mit sich und der Welt zufrieden vor ihrem verkabelten Kunstwerk und wischten sich erschöpft von der vielen Kleinarbeit den Schweiß von der Stirn.

"So, dann lasst uns doch mal gucken, ob die Dinger auch so 'ne magischen Anschalt-Knöpfe haben!" rief Van voller Elan und machte sich auch sogleich an der Mikrowelle zu schaffen. Nach und nach brachten es die Gaianer irgendwie fertig, sämtliche Gerätschaften zum Laufen zu bringen, als ohne jegliche Vorwarnung plötzlich alles gleichzeitig kaputt und das Licht im Raum ausging - kurz, es gab einen ganz ordentlichen Kurzschluss; unangenehm nach verschmorter Plaste riechender Rauch stieg aus den meisten Gehäusen auf und sämtliche vorhandenen elektronischen Sicherungen sprangen heraus. Merle schrie erschrocken auf und suchte den Raum nach potentiellen Angreifern ab, sah allerdings im ersten Moment nichts außer Schwärze - Kunststück in einem Raum ohne Fenster, wenn das Licht nicht mehr funktioniert. Van klopfte im Dunkeln ein paar Mal auf den Monitor des Computers, um ihn 'wieder ganz zu machen' und entschied sich dann doch dafür, einfach auf Hitomi zu warten. Sie würde schon wissen, wie man die Dinger reparieren konnte.
 

Hitomi war allerdings gar nicht in der Lage, zu den Gaianern zurückzukehren und ihnen zum hundertsten Male zu erklären, dass die Geräte nicht einfach so 'kaputt' gingen, wobei sie dieses Mal vielleicht sogar eine weitaus farbenprächtigere Sprache genutzt hätte. Sie war nämlich gegenwärtig in einem Fahrstuhl eingesperrt, der aufgrund eines das gesamte HQ erfassenden Stromausfalls - Oh, warum gab es den wohl? - stecken geblieben war und leistete damit Kaji, Misato, Shinji samt Schulsachen, Hiead, Gareas und Rio unfreiwillig Gesellschaft. Nicht genug, dass es aufgrund der vielen dort eingeschlossenen Personen sehr eng war - nein, als der Fahrstuhl unergründlicherweise so plötzlich zum Halt gekommen war, waren die Insassen erst einmal ziemlich durchgeschüttelt worden und lagen nun mehr oder weniger ineinander verkeilt auf dem Boden des Aufzuges herum, was die Stimmung nicht unbedingt anhob; ganz zu schweigen davon, dass das Licht ebenfalls erloschen war. Hitomi konnte ihre Freude darüber wirklich kaum unterdrücken, was dazu führte, dass ein leises Knurren den beschränkten Raum des Fahrstuhls erfüllte und die Insassen unbehaglich von seiner Quelle wegrutschten. Dabei war es unumgänglich, dass sie sich alle gegenseitig im Weg saßen, standen, oder lagen und schon mal gegeneinander stießen, was die in diesem Moment diesbezüglich ohnehin ziemlich empfindliche Misato fälschlicherweise für einen erneuten anstößigen Versuch Kajis, ihr auf den Leib zu rücken, hielt und postwendend dem eigentlich doch in diesem Falle recht unschuldigen Gar eine schallende Ohrfeige verpasste. Der zuckte deshalb auch prompt zusammen, stieß einen kurzen Schrei aus und hielt überrascht die Luft an, während er sich die nun ziemlich schmerzende Wange hielt und in der Dunkelheit nach dem Absender dieser schlagkräftigen Rüge suchte. Der eigentliche Übeltäter kicherte leise, ohne dass es zunächst bemerkt wurde, und ließ es sich dann natürlich nicht nehmen, jetzt, wo die Gelegenheit so günstig war, die tatsächliche Schandtat nach ersten, sehr kurzen und ihn nicht wirklich überzeugenden Zweifeln nun doch auszuüben, weswegen Misato schließlich, einer leibhaftigen Furie gleich, aufsprang und anfing, ihren vermeintlichen Kollegen und Ex-Freund aufs übelste zu verwünschen und zu beleidigen. Kaji jedoch lachte nur schallend, versteckte sich gekonnt hinter all den anderen, bedauernswerten, mit ihnen hier eingesperrten Kreaturen und konnte in diesem Moment wahrlich froh sein, dass er - ausnahmsweise mal dank der Dunkelheit - vor praktischen Verdeutlichungen Misatos' Worten relativ sicher war.
 

"Mann, nun pass doch auf, du brichst mir ja noch die Schultern!"

"Technisch gesehen ist es ziemlich unmöglich, diese Tat tatsächlich auszuführen, mal abgesehen davon, dass ich, wenn ich es denn doch tun würde, dir nicht die Schultern, sondern das Schlüsselbein brechen würde, da 'Schulter' ja nur der Überbegriff ist für die Gesamtheit von..."

"Ja, ja, ich hab's ja kapiert! Nun mach schon hin, du wirst langsam schwer!"

Asuka verdrehte die Augen. Seit wann sprach diese aufgeblasene Kuh eigentlich so viel? Und warum dauerte es so lange, bis sie endlich dieses verdammte Gitter vor dem Lüftungsschacht entfernt hatte?! Das Second Child verlagerte ihr Gewicht auf das rechte Bein, nachdem ihr linkes unschönerweise eingeschlafen war, was ihr ein "Halt still!" von über ihr einbrachte. Asukas Blick verfinsterte sich zunehmend - wie hatte sie nur bei dieser dummen Idee zustimmen können? Und dann hatte sie auch noch ausgerechnet bei Schere-Stein-Papier verloren, was der Grund dafür war, dass sie jetzt vor der Wand und dem etwas über ihr liegenden Lüftungsschach stand, Rei auf ihren Schultern balancierend und ungeduldig darauf wartend, dass das First Child endlich mit ihrer Aufgabe fertig wurde und die beiden Mädchen auf diese Weise hoffentlich aus ihrem Gefängnis verschwinden konnten. Da vor einiger Zeit beunruhigenderweise der Strom ausgefallen war ging natürlich auch die Lüftung selbst nicht mehr, was ihr Vorhaben vereinfachte, denn sie liefen nicht mehr Gefahr, bei ungünstigen Wendungen der Angelegenheit wie der Spatz im Ventilator zu enden. Aber nach gefühlten zwei Stunden in einem dunklen stickigen Raum hatten sie - soll heißen Asuka - es einfach nicht mehr länger ausgehalten. Die Pilotin des EVA-02 fragte sich schon seit geraumer Zeit, warum es wohl so lange dauerte, bis die Techniker von NERV das Problem behoben hatten, bzw. einfach das Notstromaggregat anging, und war zu dem Schluss gekommen, dass es entweder etwas ernstes wie ein Engel war oder die gesamte Crew einfach nur selbst in der Dunkelheit festsaß und sich erst einmal irgendwie bis zur Zentrale vorarbeiten musste, wobei man womöglich das Wort irgendwie ganz besonders betonen musste. Zurzeit tendierte sie zur zweiten Möglichkeit, da ein Angriff sich wahrscheinlich schon längst anderweitig bemerkbar gemacht hätte...

Ein kurzes Rucken, ein leiser erschrockener Schrei und das Gefühl, jeden Moment ihr Gleichgewicht zu verlieren, sagten Asuka, dass Rei endlich fertig war und sie das Gitter vor dem Schacht entfernt hatte - besser gesagt, es hatte plötzlich ihrem Bemühen nachgegeben und sie ruderte jetzt eifrig mit den Armen um in ihrer zugegeben ungünstigen Position nicht die Balance zu verlieren. Wenn Asuka ehrlich war hatte sie vor ein paar Minuten nicht einmal damit gerechnet, im Dunkeln überhaupt die richtige Stelle zu finden, geschweige denn, das blauhaarige Mädchen zu eben dieser Stelle hochhieven zu können. Ihr war es auch ein Rätsel, wie Ayanami überhaupt die Schrauben, die das Gitter vor dem Eingang in den Schacht hielten, lösen konnte. Aber diese Fragen verdrängte sie sofort wieder - besser für ihren persönlichen Seelenfrieden -, als sie das Gewicht auf ihren Schultern sich bewegen und schließlich ganz verschwinden spürte und schließlich hörte, wie Rei ein Stück in den Lüftungsschacht hineinkroch und, wenn sie den leicht dumpf klingenden Geräuschen trauen konnte, unsanft gegen die mit Aluminium ausgekleideten Wände stieß. Sobald sich das First Child etwas entfernt hatte sprang Asuka selbst zur Öffnung hoch und zog sich durch diese in den engen Tunnel hinein, um dem anderen Mädchen zu folgen und auf diese Weise hoffentlich bald das Licht am Ende des Tunnels zu sehen - nicht nur literarisch betrachtet.
 

Nachdem Ritsuko zum wiederholten Male keine Antwort von Maya erhalten hatte - von dem statischen Rauschen der Leitung einmal abgesehen - entschloss sie sich, die junge Technikerin jetzt doch suchen zu gehen. Sie hatte eh nichts Besseres oder gar in diesem Moment Sinnvolleres vor, jetzt, wo alles dunkel und stromlos war. Es sah Maya eben einfach nicht ähnlich, dass sie auf ihr Anpiepen per Pager, direkte Anfragen über die Sprechanlage und sogar Telefonanrufe nicht antwortete, wo sie doch sonst so pflichtbewusst war, was dann unter Umständen vielleicht ein Grund zu leichter Besorgnis sein konnte. Ihrer Vermutung nach war Maya gewiss nach Hause gegangen, nachdem die Synchrotests vorbei gewesen waren, und sie selbst hatte es hoffentlich und vermutlich nur noch nicht erfahren, weil kurz danach die Hölle ausgebrochen war - mehr oder minder schwer, versteht sich -, als der Strom im gesamten HQ ausfiel. Ritsuko hatte sich gerade auf dem Weg zu den Umkleideräumen befunden, um den Pilotinnen die heutigen Ergebnisse mitzuteilen, als das Licht in den Gängen ausging und sie schon Sekunden später das gesamte Personal wild schreiend durch selbige rennen hörte. Wunderbar... hatte sie nur gedacht, als ihr bewusst wurde, dass eine geordnete Panik in einem solchen Fall wohl kaum zu ermöglichen war; aber man konnte eben nicht alles haben. Danach hatte sie resignierend geseufzt und war wieder umgedreht, um in der allumfassenden und -gegenwärtigen Dunkelheit nachzusehen, ob Hyuga oder Aoba noch da waren, um sich dem Problem anzunehmen oder wenigstens vorerst den Notstrom, der sich offenbar nicht von allein darum bemühen würde, anzuspringen, anzuschalten. Unglücklicherweise hatten beide durch Abwesenheit geglänzt - jedenfalls nahm Ritsuko das an, da das Central Dogma derzeit vollkommen verriegelt war, allerdings auch keine Geräusche von Innen zu hören gewesen waren - und auch Maya war nirgends aufzufinden gewesen. Ihre beiden männlichen Untergebenen hatte sie mittlerweile, nach einigem Umherirren und dank ihrer kleinen Taschenlampe, die sie für den Fall, mal wieder in MAGI herumkriechen zu müssen, immer bei sich trug, auftreiben können und nach der Ursache des Stromausfalles suchen geschickt, nachdem der Versuch, den Notstrom zu aktivieren, fehlgeschlagen war, was man ganz einfach daran sehen konnte, dass man eben nichts sah. Und letztendlich war sie am Ausgang der GeoFront gelandet, durch den sie nun in ihrem Auto fuhr - froh, dass die Tore hier noch manuell zu öffnen und schließen waren - und die Richtung von Mayas Wohnung einschlug, in der sie die Technikerin als am Wahrscheinlichsten vermutete, nachdem sie die letzten Tage nicht wirklich viel Schlaf abbekommen hatte und ihre Schicht jetzt eigentlich schon seit mehreren Stunden beendet war.

Als Ritsuko die Wohnung der jungen Frau erreichte fand sie die Tür unverschlossen und alle Vorhänge zugezogen vor, was ihr den etwas Déjà-vu-artigen Eindruck verschaffte, sich wieder im Hauptquartier zu befinden, weil es hier genauso düster war wie dort. Nachdem sie den Lichtschalter gefunden, diesen auch betätigt und das ebenso schlicht wie ihre eigene Wohnung eingerichtete Wohnzimmer auf diese Weise erhellt und anschließend kurz inspiziert hatte - man brauchte eigentlich nur einen einzigen Blick, um den ziemlich kleinen Raum vollkommen zu überblicken - klapperte sie die wenigen Zimmer in Mayas Heim ab und landete schließlich im ziemlich kalten Schlafzimmer, wo sie, ausgebreitet auf dem frisch gemachten Bett und ohne Zudecke, die Technikerin friedlich und offenbar sehr tief schlafend vorfand. Diesen Anblick hatte sie wohlgemerkt erst ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, als Maya - ebenfalls nach vielen Überstunden und ohne Pause, die länger als eine halbe Stunde gedauert hatte und daher den Namen Pause sowieso nicht verdient hätte - vollkommen erschöpft über ihrer Tastatur eingeschlafen war und Ritsuko die ziemlich undankbare Aufgabe bekommen hatte, sie doch unverzüglich zu wecken, da sie zum Ausruhen schließlich ein eigenes, sogar von NERV bezahltes Bett besaß. Ritsuko hatte jetzt also unweigerlich ein weiteres, diesmal noch prägenderes Déjà-vu, als sie sich zu Maya hinbewegte und diese leicht am Arm rüttelte, um sie zu wecken.

Als die Frau die Augen öffnete brauchte sie eine Weile, bis sie Ritsuko registrierte, die vor ihrem Bett kniete und sie eindringlich musterte.

"Es tut mir leid, dich schon wieder wecken zu müssen, aber wir haben ein dringendes Problem im HQ, bei dem ich deine Hilfe brauche..." Wieder dauerte es etwas, bis Maya - völlig schlaftrunken und übermüdet, sodass sie wohl bald Streichhölzer brauchen würde, um ihre mit dunklen Augenringen versehenen Augen offen zu halten - verstanden hatte, was Ritsuko von ihr wollte. Doch dann nickte sie langsam, richtete sich auf und konnte ein Gähnen nun doch nicht mehr unterdrücken.

"Es wird nicht lange dauern, wir haben nur ein Problem mit der Stromzufuhr." bescheinigte Dr. Akagi ihr - selbst nicht ganz von ihren Worten überzeugt - und erhob sich aus ihrer ziemlich unbequemen Position auf dem Boden. Dann verließ sie das Zimmer, um der Technikerin etwas Zeit und Freiraum zu lassen, um wenigstens richtig oder zumindest halbwegs wach zu werden und sich umzuziehen.

Auf dem Weg zurück ins Hauptquartier machten Ritsuko und Maya noch einen kurzen Zwischenstopp bei Ersterer zu Hause, es lag ja eh auf dem Weg, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen - denn erstens brauchten sie noch einige Sondercodes für die Computersteuerung, die bei Ritsuko zu Hause für einen solchen Notfall im Safe aufbewahrt wurden, und zweitens würde sie auch noch ihre Gäste darauf hinweisen können, dass vorerst dringlichst davon abzuraten war, das HQ aufzusuchen, um zu dem sich bereits im vollen Gange befindlichen Chaos nicht noch mehr beizutragen.

Es beunruhigte die blonde Ärztin dann doch etwas, dass sie auch ihre eigene Wohnungstür unverschlossen und sogar einen Spalt geöffnet vorfand, wo sie doch eigentlich ziemlich sicher war, dass ihre beiden Besucher - oder eher der weibliche Part selbiger - nicht so fahrlässig waren und jedem X-Beliebigen auf diese Weise zutritt auch zu ihrer ganz persönlichen Privatsphäre gewähren würden. Dr. Akagi hätte in diesem Moment eine ganze Menge für eine Waffe gegeben, um nicht ganz schutzlos einem denkbaren Eindringling gegenüber zu stehen, zumal es nicht gerade wenige Feinde ihrer Organisation gab - und das allein in den eigenen Reihen, von dem Rest gab es nicht einmal annähernd wenigstens halbwegs verlässliche Schätzungen.

Ritsuko bedeutete Maya, ihr vorsichtig zu folgen, als sie über die Türschwelle trat und ihren Blick durch die sichtbaren Teile ihrer Wohnung schweifen ließ, auf der Suche nach etwas Ungewöhnlichem oder Dingen, die sich möglicherweise nicht an ihrem Platz befanden. Als sie nichts dergleichen entdecken konnte wagte sie ein paar weitere Schritte in den Wohnbereich hinein, dabei keine der von dort abzweigenden Türen aus den Augen lassend, immerhin könnte sich dort irgendjemand verbergen und auf eventuelle Opfer warten. Noch immer rührte sich nichts und die beiden Frauen setzten ihren Weg fort, nun nach rechts schwenkend in den Flur abbiegend. Da hörte sie ein merkwürdiges Pochen und etwas, das sich wie eine gedämpfte Stimme anhörte, die in ziemlich verärgertem Ton vor sich hin sinnierte. Ein ebenso gedämpft klingendes Kichern machte auf eine weitere Person aufmerksam, die sich ebenfalls in dem - wie Ritsuko nach ein paar Sekunden überrascht feststellte - Gästezimmer am Ende des Flures befinden musste. Dies ließ die Vermutung in ihr aufkommen, dass es tatsächlich kein Einbrecher war, der in ihrer Wohnung lauerte, sondern es sich doch um ihre beiden Gäste handeln musste, auch wenn sie sich nicht erklären konnte, warum die Wohnungstür dann offen gestanden hatte. Rein aus Höflichkeit - und weil sie insgeheim fürchtete, sonst vielleicht von Sir Hellsing höchstpersönlich erdrosselt, erstochen, gelyncht, angezündet und anschließend noch gevierteilt zu werden - klopfte Ritsuko an das Holz der ihr immer noch den Weg versperrenden Tür und öffnete diese dann letztendlich, um einen klärenden Blick dahinter werfen zu können. Jedoch war der Raum (vampir- und) menschenleer. Ritsuko zog überrascht eine Augenbraue hoch und inspizierte schließlich auch den schmalen Raum, der sich zwischen Tür und Wand auftat, um sicherzugehen, dass sich wirklich niemand im Zimmer befand. Sie begann gerade ernsthaft an ihrem Verstand zu zweifeln, als sie wieder das Pochen und die gedämpften Stimmen hörte, diesmal lauter als zuvor und auch eindeutig näher. Sie ging langsam auf die Geräuschquelle zu und konnte schon nach drei Schritten ein "Das ist alles deine Schuld!" aus den wenigen Wortfetzen heraushören, die ihr entgegenkamen. "Du verdammter Idiot! Warte nur, wenn wir hier wieder herauskommen und ich erfahre, dass du uns längst hättest befreien können, dann..."

Als Ritsuko schließlich vor dem 'Bett' ihres männlichen Gastes zum Stehen kam, nahm sie dieses prüfend in Augenschein - sich nicht wirklich mit der Idee anfreunden könnend, dass beide Besucher sich dem Anschein nach dort drinnen befinden sollten, wobei sie auf die Erklärung in gewisser Weise sehr gespannt war. Während Ritsuko noch unschlüssig vor dem Sarg stand übernahm Maya die Initiative, trat neben ihre Chefin, untersuchte das hölzerne Objekt vor ihr kurz und fand schließlich, eben ganz die Vollblut Technik-Spezialistin, die sie war, was sie suchte - einen Mechanismus, mit dem der Sargdeckel von außen zu öffnen war. Als sie eben diesen Hebel in Bewegung setzte und sich ihr das gesamte erbärmliche Bild der in der Totenkiste eingeschlossenen Personen offenbarte, kam sie nicht umhin, noch etwas blasser um die Nasenspitze zu werden, um dann auch sofort errötend aufzuspringen und sich ein paar Meter von ihrer gegenwärtigen Position zu entfernen; sicher ist sicher. Ritsuko nahm das Ganze schon weitaus gelassener - nun ja, eigentlich war sie ehrlich amüsiert, aber sie wagte es nicht, zu lachen, ja, nicht einmal zu lächeln oder etwas in dieser Richtung zu denken - weil man ja nie wissen konnte - und half Integral, die noch immer eine erstaunlich souveräne Figur machte, stattdessen, aus ihrer unmöglichen Lage herauszukommen und ihren Platz auf Alucard endlich verlassen zu können. Die hochgewachsene Leiterin Hellsings räusperte sich kurz, sobald sie wieder auf beiden Füßen stand und klopfte sich imaginären Staub von ihrer Kleidung.

"Ich bin Ihnen wohl zu Dank verpflichtet" sagte sie dann in einem gerade so emotionslosen Tonfall, wie sie ihn nach dieser soeben durchlebten Situation zustande brachte und warf ihrem ständigen Begleiter, der noch immer breit grinsend in seiner vorläufigen Schlafstätte lag, einen vernichtenden Blick zu, der regelrecht Kein Wort! schrie. Der Vampir machte sich nicht viel daraus - ihm war die vergangene Stunde Befriedigung genug, um sich die nächsten paar Tage bei Laune halten zu können.



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