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Diplomatie im Auftrag seiner Majestät

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Falsches Fenster

Aramis rieb sich vorsichtig den Hinterkopf. Sie fühlte deutlich die Schwellung. Hinter ihrer Stirn malträtierten sie mörderische Kopfschmerzen.

Sie spähte um die Ecke, ob dort jemand war, dann bewegte sie sich langsam und bedächtig den Gang hinunter, denn sie musste Kleid und Schädel zusammenhalten. Sie trug besonders schwer an dem Wissen, mit welcher Erkenntnis Broussard geflohen war. Stöhnend fuhr sie mit der Fingerspitze über die Handteller große Beule. Sie war abgelenkt gewesen. Ein tödlicher Fehler. Schuld daran, gab sie Athos und Corday und den merkwürdigen Blicken, mit denen sie sie bis in ihre Gedanken verfolgten. Mit einem Mal erwachte sie aus einer Ohnmacht, fand sich mit offenem Kleid und ohne die Dokumente wieder. Schauer liefen ihr wie Spinnenbeine über den Rücken. Nicht auszudenken, wo er seine Hände gehabt hatte. Wenn man von dem Umstand absah, dass er sie bestimmt nicht an den Beinen gepackt und ihr die Papiere herausgeschüttelt hatte, dann brauchte sie nicht lange zu überlegen. Ihre Räume waren von der warmen Sommersonne erwärmt und ihre Strahlen blickten hell und freundlich durch das Fenster. Sie sah und spürte von alldem nichts. Ihr war kalt. Fast mechanisch streifte sie Kleid und Korsette ab. Faltete beide Kleidungsstücke übertrieben akkurat zusammen und legte sie in die riesige Reisetruhe. Was war passiert? Bis auf die losen Schnüre war sie vollständig bekleidet erwacht. Um ihre Brust hatte noch immer die festsitzende Binde gesessen und nirgends waren Spuren von Verletzung oder Blut gewesen? Spürte man durch die Besinnungslosigkeit, wenn sich jemand an seinem Körper vergriff? Was mochte er mit ihrem Geheimnis tun? Broussard's Rattengesicht ließ sich nicht aus ihren Gedanken vertreiben. Sie schlang die Arme um den Oberkörper, aber wärmen konnte sie sich nicht. Sophie war unterwegs. Aramis war alleine. Diese Einsamkeit war es, die sie am meisten verspürte. Der Trübsal, der sie ergriffen hatte, verließ sie nicht mehr und zehrte an ihren Kräften, lähmte ihren Tatendrang und hielt sie davon ab, sich konzentriert ihrer Aufgabe zu widmen. Aramis fühlte sich wie der einsamste Mensch auf Gottes Erden. Sie ging zum Spiegel und holte die zahlreichen Nadeln aus ihren Haaren. Aramis war so sehr in Gedanken und Sorge vertieft, dass sie nicht bemerkte wie die Tür aufging und eine andere Person den Raum betrat. Erst als sein Bild in ihrem Spiegel ihren Blick traf, erschrak sie.

"Was ist passiert?", fragte Athos. Es wunderte ihn, sie in Unterrock und Hemd vorzufinden. Sie erzählte es ihm.

"Schwein", sagte er und merkwürdigerweise half es. Er sah sie an, wie sie dastand, mit halbaufgelösten Haaren, losem Kleid, aber Augen, die so weit aufgerissen waren, dass sie das ganze Gesicht einzunehmen schienen, ohne etwas zu sehen.

"Aber warum hast du ihn zur Rede gestellt? Wenn er noch mit anderen zusammenarbeitet, werden wir es nie wissen. Wie weit reicht de Meyé's Spionagenetz? Wer sind seine Verbindungsmänner? Wie arbeiten sie, wann und wo? Alles Fragen, die uns Broussard vielleicht beantwortet hätte. Nun ist er weg. Wir sollten nicht gegen einen einzigen Mann arbeiten, sondern gegen eine ganze Gruppe. Wie konntest du dich überrumpeln lassen und das mit einer Waffe in der Hand? Du bist ein Musketier, so etwas hätte dir nicht passieren dürfen!" Sie sah ihn nur traurig an. Das wusste sie selbst nur zu gut. Athos Wut verrauchte. Er musterte Aramis besorgt, deren Rücken sich unter einer unbekannten Last zu beugen schien. "Was ist?"

"Broussard hat ein schweres Geheimnis mitgenommen", sagte sie langsam.

"Du weißt doch, was in seinen Aufzeichnungen stand. Schreib sie aus dem Gedächtnis!" Aramis stützte die Hände auf die Fensterscheibe und legte den Kopf auf darauf ab, um ihr Gesicht zu verbergen. Er verstand nicht, wie auch.

"Worüber machst du dir Sorgen?", fragte er und schaute sie sanft aus seinen grauen Augen an.

"Nichts", murmelte sie, in der Beuge ihres Ellenbogens, weil sie seine Augen nicht ertragen konnte.

"Du blutest am Hinterkopf." Er sah die blutverfärbten Strähnen in ihrem Haar.
 

"Wahrscheinlich durch den Schlag", erwiderte sie müde, "Es ist nichts", und wehrte sich gegen die Hand, die ihren Arm ergriff und sie zum Stuhl zog und niederdrückte.

"Wo liegt etwas, mit dem ich die Wunde waschen kann?" Er sah den Widerstand in ihren Augen erwachen.

"Dort", sagte sie schließlich und zeigte auf einen unscheinbaren Holzkasten. Aramis seufzte. "Nach der letzten Prügelei im Wirtshaus, hielt es Sophie für besser, alles griffbereit in meiner Nähe stehen zu lassen."

"Fürsorgliches Mädchen", bemerkte er, während er die Strähnen beiseite zog.

"Der Kapitän hat sie gut ausgesucht."

"Der Kardinal um so schlechter." Zynismus lag ihr auf der Zunge, aber ihr Körper reagierte wohlig auf seine Hände. Zu wohlig und gar nicht gut für sie. Er wusch die Wunde. Gerne hätte sie bei ihm Trost gesucht. Sich einfach gehen lassen und anlehnen.

"Das Broussard weg ist, lässt sich nicht mehr ändern. Pass das nächste Mal besser auf! Sonst achtest du doch auf jede kleinste Bewegung deiner Gegner?"

Fast herausfordernd, erwiderte sie schnippisch "Es ist eben passiert!" und beließ es dabei.

Athos nickte zufrieden. Es war wieder Farbe in ihrem Gesicht. "Belassen wir es dabei", sagte er, aber er konnte die Augen nicht von ihrem Antlitz nehmen. Irgendetwas machte sie mit ihm. Er konnte nicht sagen, dass er vorher nicht beachtet hatte. Das Androgyne an ihr, hatte schon immer einen gewissen Reiz auf ihm ausgeübt, so wie auf ihre Mitmenschen. Nicht ohne Grund liefen ihr Frauen hinterher, während die Männerwelt verwundert den Kopf schüttelte und nicht begriff, woher die Anziehung kam. Nur hatte sich Athos verboten, bei einem Mann, letztendlich Freund und Kollege je weiter zu denken. Es wurde Hand in Hand gearbeitet und es blieb bei einem Klaps auf die Schulter.

Du hast ihr vertraut, Dinge erzählt, die nie das Ohr einer Frau erreichen durften und sie hat dich verraten und belogen und das jahrelang, rief er sich in Erinnerung. Wenn Männer sich den Platz am Lagerfeuer teilten und gemeinsam zu den Waffen griffen, dann verband sie etwas. Die gegenseitige ruppige, unbeholfene Zuneigung schürte ein Band, das über die Beziehung zu einer Frau hinausging. Aramis hatte die gesamte Spanne ihre gemeinsame Zeit nicht gereicht, ihr Schweigen zu brechen. Stattdessen zogen sich die Jahre mit einer Lüge dahin. Mit Aramis Verrat war eine ganze Welt zusammengebrochen und hatte eine nicht zu schließende Lücke dagelassen. Er fühlte sich zu recht hintergangen, ausgelaugt, erschöpft, wütend, verraten und ungläubig dumm. Worauf konnte man sich in der Welt noch verlassen, wenn der eigene Kamerad sich, als so ein diffuses Wesen, wie das der Frau entpuppte.

Er begegnete Aramis' prüfenden Blick und der rechten hochgezogenen Braue. Er schloss den Kasten mit einem Knall und stellte diesen energisch auf den Tisch. Fluchtartig verließ er das Zimmer.
 

Heydon war alleine im Salon des Diplomaten. Sichtlich unwohl saß er zwischen den kostbaren Möbeln und tupfte sich die schweißnasse Stirn. Der Kopf lag eingesunken zwischen den hängenden Schultern. Plötzlich betrat de Meyé den Raum und schlug sich mit einer Reitpeitsche fortwährend gegen den Oberschenkel. Mit jedem Schlag zuckte Heydon zusammen und ließ das Taschentuch fallen.

"Heydon, ich habe Euch gewarnt!", legte er unvermittelt los und ließ den Peitschenknauf in seine hohle Hand knallen. Er setzte sich breitbeinig gegenüber dem verschüchterten Sekretär nieder. "Was glaubt Ihr denn, damit zu gewinnen? Ihr wollt Euch von mir zurückziehen? Und nun, nun sitzt Ihr schon wieder wie ein Häuflein Elend vor mir. Euer Adamsapfel rutscht gerade Euren Brustkorb hinunter." Der Graf weidete sich sichtlich vergnügt an Heydons Feigheit. Mr. Heydon fand das gar nicht witzig. Er schiss sich gerade vor Angst in die Hosen. Gegensätzlich zu Graf de Meyé, konnte er auf keinen privilegierten Stammbaum und der anerzogenen Arroganz zurückblicken, die sich wie ein Sichtschutz vor seine Angst schob. Dass der Graf selbst schlaflos in seinen seidenen Kissen wälzte, weil ihm seine eigenen Intrigen die Luft abschnürten, zeigte er nicht. Der preußische Baron war wütend.

"Hört zu Heydon!" Der Graf beugte sich vor. "Die Weltmächte unserer Zeit bekämpfen sich untereinander. Da ist es egal ob Heiratsbündnisse, Verträge oder diplomatische Bündnisse bestehen. Niemand weiß das besser, als ein Diplomat. Und wenn Frankreich und England gegeneinander in den Krieg ziehen, dann will ich VOR einem Richelieu und einem Karl I. wissen, wie der Ausgang sein wird. Es ist letztendlich meine Position und der Name de Meyé, der zwischen die Fronten geraten wird, wenn La Rochelle in die Hände des einen oder anderen fällt. Wer das Wissen hat, der hat die Macht. So simpel ist das. Ich habe einfach nicht vor, auf Eure Dienste zu verzichten. Versteht Ihr das?", fragte er beinah sanft.

Heydon riss den Mund auf, brachte aber lediglich kläglich hervor. "Graf, ich weiß nicht ..."

Der Graf schüttelte bedauernd den Kopf. "Heydon, Heydon, Heydon, Ihr betrübt mich. Die ganze Zeit muss ich mich mit diesem lächerlichen Musketier durchschlagen."

"Warum tötet Ihr ihn nicht oder lasst ihn auffliegen?"

"Das versuche ich, Ihr Narr!", bellte der Graf. "Richelieus Spielzeug ist noch nicht Tot und solange ich ihn im Rücken zu sitzen habe, müsst Ihr folgen! Rebelliert Ihr, sterbt Ihr! Bin ich nicht Euch entgegen gekommen? Habe ich mich nicht für Euch verwendet und was ernte ich als Dank? Klägliches Versagen!"

"O mein Gott ..."

"Ihr bekommt einen neuen Auftrag und werdet diesen ausführen. Es wird keine durchsichtigen Ausreden mehr geben, kein Scheitern und kein Entkommen! Ich möchte Euch ungern bestrafen."

"Ich kann doch nichts dafür, dass die letzte Information falsch war. Lord Corday hat Euch reingelegt, aber man hätte mich fast umgebracht!" Heydon zitterte vor Angst und Empörung.

De Meyé Gesicht verzog sich zu einer hämischen Grimasse. "Noch lebt Ihr schließlich. Auch das kann ich ändern." Heydon wollte erneut widersprechen, aber der Diplomat schnitt ihm ein weiteres Mal herrisch das Wort ab. Mit wenigen Worten machte er sich daran Heydon neue Instruktionen zu erteilen.
 

Fünf Minuten nachdem beide Männer den Raum verließen, löste sich Aramis von der steinernen Halbsäule, die zur Verzierung der Außenfassade diente und ihr Halt und Sicherheit gegeben hatte. Zu ihrem Glück hatte sie alles mit anhören können. Der Graf hatte laut und deutlich mit seinem Komplizen gesprochen. Ort und Zeit, wann sich Heydon mit dem Informanten traf, waren ihr nun bekannt. Behänden begann sie zu klettern. Vor ihrem geistigen Auge trat sie schon die Rückreise nach Paris an. Aramis spürte, wie sie unkontrollierbar innerlich zu beben begann. Während sie Halt suchte, überlegte sie, was sie unternehmen konnte. Die Luft war warm und windstill, der tiefrote Himmel dunkelte sich langsam und wurde allmählich von Sternen überzogen. Es war ihr schleierhaft, warum der Graf nicht vorsichtiger wurde und weiterhin sein Ränkespiel trieb. Man musste schon sehr naiv sein, wenn finstere Wolken am Horizont nicht an ein Gewitter denken ließen. Sie tastete sich mit der linken Hand seitwärts, fühlte glattes Glas und Halt, dann zog sie ihren Körper nach. Ihr Halt war kein Halt mehr. Sie stütze sich ab, die Glasscheibe gab nach und schwang nach innen auf. Hilflos hing sie in der Luft, fühlte sich zu zwei Seiten gleichzeitig gezogen, ohne das Gleichgewicht in der Mitte zu finden. Links fallen, verhieß einen tiefen Abgrund, mit tödlichem Aufprall. Die rechte Seite, ein dunkles Zimmer mit unbekanntem Inhalt. Aramis keuchte erstickt, ruderte wild mit den Armen und kippte, mit einem unorthodoxen Fluch auf den Lippen durch das Fenster.

Aramis überschlug sich, rollte über ein am Fenster stehendes Möbelstück und riss eine schlanke Bodenvase um. Sie hörte, wie die Keramik zerbrach und fühlte die Haut unter der Schärfe der Splitter reißen. Eine Frauenstimme schrie erstickt auf. Nicht laut, nicht warnend, nur überrascht.

"Comtesse?" Aramis sah benommen in das ungläubige Gesicht der Königin. Zwei Kerzen brannte, dass Zimmer war in Halbdunkel getaucht. Vorsichtig rappelte sie sich auf und hielt ihre verletzte Hand an den Bauch gepresst. Blutflecken beschmutzten das weiße Hemd breitflächig. Sie taumelte leicht. Henrietta eilte an Aramis Seite. Sie schrie nicht, sondern stützte sie.

"Setzt Euch, setzt Euch!" befahl sie sanft und drückte Aramis fürsorglich auf die Sitzfläche einer Chaisoulong nieder.

"Ich wusste es!" Henrietta drückte ihre Hände auf ihr wild klopfendes Herz und sah mit treuen Augen zu Aramis auf. Viel zu benommen, um zu reagieren, starrte Aramis zurück. Im Takt ihres tanzenden Herzens zog die Königin ein zart besticktes Taschentuch aus ihrem Mieder und verband die verletzte Hand. "Tief, ganz tief in meinem Herzen, wusste ich, dass Ihr nicht der wart, der Ihr vorgabt zu sein", sagte sie, während sie immer näher rückte, bis Aramis ihren Körper an ihrer Seite spüren konnte. "Nachdem Ihr mir das Leben rettetet und Eures so selbstlos einsetztet, habe ich nur in meinen Träumen zu hoffen gewagt, dass Ihr ein Mann wärt." Verdutzt schwieg Aramis und entzog ihr ihre Hand. Die königlichen Finger, flink wie Spinnenbeine, holten sie sich zurück. Sie verknotete den provisorischen Verband sorgfältig.

"Ihr hattet keine Waffe, kein Schild. Nichts, hattet Ihr und habt Euch dennoch dem wild gewordenen Tier entgegengestellt. Mit Eurem bloßen Körper habt Ihr mich verteidigt und mit Eurem Mut", säuselte sie. Das war so nicht richtig, dachte Aramis. Sie hatte das Korsette und das hielt einer ganzen Artillerie stand.

"Majestät, ich ..."

"Sch,sch,sch!" Henriettas Finger legte sich auf Aramis Lippen und schnitt ihr das Wort ab. "Sagt nichts!"

"Aba, Maeieschtät ..."

"Ihr müsst es doch auch spüren?"

"Was?", rief Aramis verblüfft.

Henrietta riss Aramis gesunde Hand hoch und legte diese auf ihren bebenden Busen. "Fühlt Ihr mein wild klopfendes Herz?" Aramis fühlte den Boden unter den Füßen zu verlieren. Wie verbrannt zog sie ihre Hand zurück und sprang auf. Ihr Blick sehnte sich nach der Zimmertür und den vermeintlichen Schutz, den sie bot. Sie erstarrte und wandte sich langsam zurück. "Haben mir Majestät gerade auf den Po gehauen!"

"Ja", rief Henrietta glückselig. "Und ich würde es jederzeit wieder tun".

Kopfschüttelnd wollte Aramis die Flucht ergreifen. Henrietta nahm Anlauf, sprang und warf sich ihrem Retter zu Füßen. Mit Schweißperlen auf der Stirn, zog Aramis die, von Frühlingsgefühlen beseelte Königin hinter sich her, die ihr Bein umklammert hielt. Zuzutreten wagte sie nicht.

"Ich bin einsam, alleine", schluchzte die, über den Boden Gezogene, unter Tränen und umfasste das Bein nur noch fester. "Ich bin in einem fremden Land, man nahm mir meine Freunde, meine Familie und umgibt mich mit steifen, blassen Engländern. Ich sehne mich nach nur einem freundlichen Wort, nur einem kleinen Zeichen der Zuneigung vom König, aber vergebens. Jeder schenkt er sie, nur nicht mir. Und da kommt Ihr, strahlend schön, mein Held, mein Retter. Niemand sonst hätte sein Leben für mich gegeben."

"Ihr versteht das falsch, Majestät", schnaufte Aramis gepresst, der der Sinn gar nicht nach Theatralik stand. Sie ächzte und zog die Königin vorsichtig mit sich. Die Tür kam in greifbare Nähe. Behänden sprang Henrietta auf und warf sich gegen Aramis. Diese stand mit dem Rücken zum Bett und fiel rückwärts, Henrietta mit sich ziehend.

"Es musste etwas Wahres an den Gerüchten um Euch sein. Er kann nur ein Mann sein, Henrietta, dachte ich mir und nun sehe ich Euch hier, in Männerkleidung und wie ein Held aus tragischen Romanen über das Fenster den Zugang zu seiner Liebsten erklimmend."

"Majestät, bitte ...", begann Aramis, bekam aber keine Luft. Henriettas Duft, ihr Atem, ihr Körper, der foulominöse Stoff ihrer Robe, hüllten sie ein. Die Königin kicherte aufgeregt und unternahm nicht die geringsten Versuche, Aramis von ihrer erdrückenden Präsenz zu befreien. "In allen Gerüchten befindet sich ein Körnchen Wahrheit. In diesem Fall ein ganzer Mann." Genüsslich rollte sie die Augen und ihre Hand fuhr liebkosend über Aramis Wange. "Euer Gesicht ist so zart, fast schön", hauchte sie entzückt. "Ihr habt gezeigt, dass Ihr mutig, tapfer und stark seid. Euer Gesicht verrät Eure sanfte Seite."

Ganz Vertreterin ihres Berufes, konnte Aramis die Königin nicht von sich stoßen. Ein König und eine Königin blieben unantastbar.

"Seid sanft zu mir!" Henriettas Stimme war nur noch ein gehauchtes Streicheln. Aramis sah mit schreckengeweiteten Augen zu der Königin auf und gewahrte mit Entsetzen, wie diese die Augen schloss, die Lippen spitzte und sich ihrem Gesicht näherte. Ganz langsam, als wollte sie den entschiedenen Moment herauszögern.
 

"Was ist hier los?" Karl hob die Stimme und Schläfenadern traten hervor. Die Tür war im entschiedenen Moment aufgegangen. Die Vorhersehbarkeit einer solchen Situation war beängstigend. Aramis handelte instinktiv und Henrietta flog vom Bett.

"Wachen!", brüllte Karl außer sich und zwei uniformierte Leibgardisten erstürmten das Zimmer und rissen Aramis vom Bett. Zitternd sah die Königin zu ihrem Gemahl auf. Sie wimmerte leise. Aramis nicht weniger ängstlich und verstört, befand sich im stahlharten Gewahrsam der Gardisten. Mit vor Zorn blut unterlaufenen Augen musterte der König sie. Erst viel später verstand sie, was er gesagt hatte. Da war sie schon längst auf dem Weg zum Tower, zu ihrer Verhaftung, zu Tagen kalten, klammen Aufenthalts in seinen dunklen Kerkern.
 

"Das ist Euer Tot." Würde das Henkersbeil gnädiger als die Verbrennung sein?



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  blubbie
2011-06-26T19:18:49+00:00 26.06.2011 21:18
Lol!!!!!!!!!!! Ich war nur am Lachen ganz ehrlich. Wie schafft es Aramis sich nur immer wieder in solche bescheidenen Lagen reinzuversetzen. Ja und die Königin hungert wirklich nach Liebe. Sieht nciht aus, als ob da bald ein königlicher Erbe erwartet wird. Aber vllt ist Karl ja jetzt eifersüchtig und zeigt ihr dass er viel besser ist, als dieses französische Bübchen.
Nur Aramis sitzt mal wieder gewaltig in der Tinte...was ist denn so schwer daran vor der Königin das Hemd hochzuziehen und zu zeigen, dass sie eine Frau ist. Aber ich vermute das Henkerbeil ist (wenn scharf) doch weniger schmerzhaft, als Verbrennung.
Von: abgemeldet
2004-12-16T11:52:18+00:00 16.12.2004 12:52
also wirklich, langsam wirds richtig, richtig kompliziert... ich kanns jetzt kaum noch auseinanderhalten, wer denn nun das geheimnis von aramis kennt, es aber für sich behält... wer wiederum das geheimnis nicht kennt, sie aber dennoch wie eine frau behandelt, usw. usw... beim lesen von deiner story, kommt mein hirn wirklich immer voll auf hochtouren ;o) besser kanns bei einer story doch dann gar nicht mehr sein, oder?
LG Krisi
Von:  Tach
2004-12-12T11:26:25+00:00 12.12.2004 12:26
ich schließe mich tora in jedem Wort an, besser hätt ichs nich formulieren können x]. Und natürlich: Gneial wie eh und je!
Von:  tora_meno
2004-12-11T19:49:46+00:00 11.12.2004 20:49
oh gott o.O! arme aramis!
verzwickt verzwickt wie windet man sich da wieder raus? *g* bin auch gespannt ob sie sich selber rauswindet oder ob ihr herr kollege sich mal richtig einmischt ;) freu mich auf das nächste kapitel und bin gespannt wie ein schnitzel!

p.s. wie immer super stil, super spannend ;)
Von: abgemeldet
2004-12-10T15:35:47+00:00 10.12.2004 16:35
Wow, nach einer teilweise enttäuschenden Notenbersprechung hat es mich wirklich gefreut, dieses Kapitel zu lesen, ein neues Kapitel in dieser absolut spannenden und grandiosen Geschichte. :-)
Schreib schnell weiter!
Von:  Kajuschka
2004-12-10T13:08:35+00:00 10.12.2004 14:08
Mir falles kaum noch Worte für meine Kommentare ein... Aber OK, ich wiederhole mich Garantiert, aber du hast wieder ein tolles Kapitel geschrieben. Für Aramis sieht es wieder mal nicht gut aus. Ich bin schon sehr gespannt, wie es weiter geht :-)


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