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Drakensang (Reviews, Zocken)

So seit Dienstag hab ich Drakensang durch nachdem es mich fast einen Monat um den Schlaf und auch zwei bis drei Nachmittage gebracht hat.

Ich fand das Spiel besser als die meisten kritischen Stimmen, aber ich verstehe was zu diesen Kritiken geführt hat. Da ich damals auch Sternenschweif gespielt habe und Jahre lang Meister einer DSA-Gruppe war, wird sich das Spiel ein paar vergleiche zum alten DSA-Spiel und Pen&Paper-Rollenspiel gefallen lassen müssen.

Erstmal: DSA-Atmosphäre war auf jedenfall ausreichend viel vorhanden. Namen, Texte, Umgebung, Dialoge ("verphext" ist glaub ich ein sehr schön aventurischer Fluch, den ich so vor 10 Jahren noch nicht kannte), Gegenstände und Helden-Bogen sorgen dafür, dass man sich in Aventurien fühlt (bzw. am Küchentishc über seinen Heldenbogen).

Im Gegensatz zu Sternenschweif gabs jedoch keinen Tag-Nacht-Rythmus (Markt nur an gewissen Tage, Öffnungszeiten bei Läden etc.) und kein Mikromanagement was Bedürfnisse der Helden anging. Um Nahrung und Wasservorräte musste man sich nicht kümmern (War in Schweif in manchen Dungeons echt ein Problem, unterwegs konnte man ja jagen gehen), genauso wenig um ausreichende warme Decken/Schlafsäcke (konnte in Schweif zu Dumpfschädel führen), Besteck (verbrannte Finger am Lagerfeuer senken die Fingerfertigkeit), Abnutzung von Gegenständen (Stiefel werden durchgelatscht, Waffen werden rostig und brechen). Ich bin da zwiegespalten, sicher ist es eine große Erleichterung sich um all das nicht kümmern zu müssen, anderseits macht so etwas den Charme von echtem Rollenspiel im klassischen Sinn aus, also nach Pen&Paper-Vorbild (WoWler werden mir widersprechen).

Was leider auch nicht sehr DSA-artig gelungen ist, ist das Leveln und erhöhen des Schwierigkeitsgrades. Sternenschweif hat umgefähr gleich lang gedauert, am Ende war ich Level 5 oder 6. 5 Level aufsteigen ist viel für ein DSA-Abenteuer, bei Drakensang hatte ich am Ende Level 16. Natürlich gibt's da jede Menge Sub-Plots und Nebenquests. Aber irgendwie ging die Leiter von kleiner Abenteuerer zu Weltenretter etwas flott von statten. Dasselbe Problem gab es beim Anpassen der Gegner. Final Fantasy Spieler lächeln bei den Zahlen zwar nur müde, aber 250 Lebenspunkte für menschliche (End)Gegner und 1200 für den letzten Boss ist jenseits von Gut und Böse was DSA-Standards betrifft (75 würde ich als absolute Obergrenze für Menschen beschreiben). Im Gegenzug erhalten die Helden Waffen und Sonderfähigkeiten, die in bestimmten Kombination bis zu 100 Schadenspunkte mit einem Angriff verursachen können. "Lächerlich!", muss da der OldSchool-Rollenspieler sagen. Wieder der Vergleich zu Schweif: Hier hat man es geschafft in den Grenzen der Spielwelt zu bleiben und trotzdem für anstrengende Kämpfe zu sorgen, einfach indem man es mit talentierteren und mehr Bösewichten zu tun bekommt. Allein der letzte Boss war ein Drache den man 300 LP abziehen musste um ihn zu beeindrucken. Das war angemessen und hart. Sehr hart.

Dankbar bin ich Drakensang aber dafür, dass man nicht an jeder Ecke in Sackgassen laufen kann, die es einem unmöglich machen das Spiel zu beenden. Sternenschweif war wie oben angepriesen sehr nah an der Pen&Paper-Vorlage und auch "realistischer", aber dadurch auch sehr, sehr schwer. Manch falsche Entscheidung konnte das Ende eines Charakters oder den Verlust eines Schlüssel-Gegenstandes bedeuten (Mir fallen da ein Ziegenbock und ein tiefer Abgrund ein, sowie ein geiziger Kobold, der einem bei ein falschen Geschenk einsperrte und verhungern ließ). Und manchmal stand man vor verschlossener Tür, weil man in einem Dungeon, weil man an einer Stelle ein Brecheisen oder eine Schaufel braucht, der nächste Laden aber mehrere Tagesmärsche entfernt war. Bei Drakensang hab ich lange ein Brecheisen mitrumgeschleppt bis ich merkte, dass es nur als Waffe zählt und sonst keinen Zweck hat.

Andere Dinge haben es mir wieder zu leicht gemacht. Astralenergie (Mana) und Lebenspunkte regenerierten sich kontinuierlich selbst, wenn man nicht kämpfte (bzw im Falle von ersteren sogar im Kampf), früher hieß dafür Lager aufschlagen und schlafen bzw Tränke trinken.

Das Kampfsystem hat Spaß gemacht, war orginalgetreu genug und auch die restliche Steuerung war gut angelegt. Das Inventar war großzügig angelegt, aber es gab ja auch genug zu (Achtung: neudeutsch!) looten. Die Grafik war exzellent, wie ich fand, und die einzelnen Umgebungen schön und abwechslungsreich gestaltet, eine deutliche Verbesserung zu früher. Das Job-System mit Bogenbau, Alchemie und Schmieden hat mir persönlich auch viel Spaß gemacht, wobei ich am meisten Freude mit meiner Diebin hatte, als die ihrem Handwerk nachging.

Meine Meinung zur Sprachausgabe ist gespalten. Manche Sprecher sind echt toll und bei manchen war ich echt froh, dass nur jeweils der erste Absatz eines Dialoges von NPCs gesprochen wurde und der Rest dann stumm war (verwirrend war das anfangs dennoch). Sehr schade fand ich es jedoch, eine/n stumme/n Held/in zu spielen. Da es absolut unabhänig von der gewählten Klasse war, was mein Charakter in seinen Dialogen von sich gab, wäre es doch sicher möglich gewesen ihn einmal männlich und einmal weiblich vertonen zu lassen, zumindest in Sequenzen und beim Zaubern. Während Kladdis - meine zweite Magiebegabte - brav ihre Formeln murmelte, ließ meine Elfe stumm ihre Magie wirken. Das war etwas schade. Ansonsten sind die Stimmen der Begleiter aber schön getroffen und unter dem gehörten befanden sich auch durchaus einige bekannte Sprecher (mein Ritter hatte die deutsche Stimme von Bruce Willis, leider hab ich kein Feinripp-Unterhemd für ihn gefunden ^^).

So, Fazit: Mein Review klingt vielleicht insgesamt etwas arg negativ, aber das kommt vielleicht ein bisschen vom Vergleich mit alten DSA-Spielen und meinen Erwartungen als ehemaliger Pen&Paper-Meister und immer noch großer Fan des DSA-Franchise. Das Spiel macht auf jedenfall Spaß, sieht gut und fesselt einen für ungesund lange Zeit an den PC. Nur leider, leider ist man meiner Meinung nach an zuvielen Stellen auf die ungeduldige ADS-Generation der WoW-Spieler eingegangen und hat dabei leider die DSA-Wurzeln zu sehr vernachlässigt (Leveln, leveln, leveln und immer tollere Ausrüstung in dem Umfang  und bloß nicht zuviele Details ist halt kein DSA) - sieht man allein schon an der Steuerung und dem Aufbau mit Quickslot-Leiste etc. Aber sowas verlangt "der Markt" wohl heute (ts, Feiglinge...).

Das klingt jetzt immer noch so negativ. Das ist Spiel ist gut, weniger DSA als es sich auf die Fahne schreibt, aber es ist gut und macht Spaß. Ihr dürft ihm ruhig eine Chance geben :)

Soviel von mir!
NTL

P.S.: Es schneit wieder!  ^___^

23.11.2008 16:57 Verlinken


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