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Western Spirits

von

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True Colour shining through

True Colours shining through
 

Chily löste sich leicht aus Sabers Armen. „Was musst du jetzt tun?“ fragte sie. „Ich sollte die anderen wecken“, gab er rau zurück. „Dann tu das. Ich komm klar.“ Saber musterte sie im Dunkel. Sie versuchte tapfer zu sein, presste die Lippen aufeinander, aber ihre Augen verrieten ihre Angst. „Jolene, wenn ich …, “ begann er, aber sie legte ihm die Hand auf den Mund. „Tu, was du tun musst. Ist okay. Wirklich.“ Saber schlüpfte in seine Hose und verließ das Zimmer. Wenig später saßen Robin und April bei Chily. Jetzt war es an ihnen für sie dazu sein.
 

Colt und Fireball fanden sich im Wohnzimmer ein, während der Recke über die Hintertür auf die Veranda trat. Beinahe wäre er über Mandarin gestolpert, die mit einer Decke um die Schultern auf der unteren der beiden Stufen saß. Er schickte sie ins Haus und holte Suzie von Ramrod. Sie trafen sich am Esstisch im Wohnzimmer, wo der Blonde im Vorbeigehen die Schlinge und den Zettel darauf abgelegt hatte. Suzie hatte sich kaum zu den anderen gesetzt, da fragte der Schotte schon. „Hat eine von euch beiden eine Idee, wie das“ Er wies auf die beiden Teile der Botschaft. „in Jolenes Zimmer gekommen ist?“ Abwartend stützte er sich auf die Tischplatte auf. Suzie rieb sich die Augen. „Was ist das?“ wollte sie träge wissen. Er rollte die Augen. „Eine Halskette jedenfalls nicht.“ Erstaunt über diese rüde Antwort blickte Mandarin ihn an. „Wow, komm mal runter!“ Dann griff sie nach dem Zettel und las ihn aufmerksam durch. „Folgt dem Muster der letzten zwei Drohungen“, stellte sie fest. Colt nahm ihr das Papier aus der Hand. „Könnte eine Leine sein, aber dann war sie im falschen Zimmer“, meinte er mit Blick auf die Schlinge. „Also, auf die Erklärung bin ich auch gespannt.“ Wenn diese Botschaft im Zimmer gefunden worden war, lag für ihn auf der Hand, dass nur eine der beiden sie dort platziert haben konnte. Wäre es ein Fremder gewesen, hätten die Abtaster von Ramrod Alarm geschlagen. „Sieht so aus, als wollte derjenige, der die kleinen Liebesbriefe dalässt, Ernst machen“, überlegte die Rothaarige. „Und er ist gut.“ Saber krallte sich an der Tischplatte fest. Er hatte nicht die Ruhe um sich hinzusetzen. „Und größenwahnsinnig, sonst hätte das Ding nicht innen im Fenster gehangen“, bemerkte er. „Also war es jemand, der Zutritt hat“, schlussfolgerte die Hochgewachsene. „Bist wohl immer noch nicht so glücklich darüber, dass sich deine kleine Schulfreundin in den Boss verguckt hat, was, Colt?“ Der fand diesen Scherz jedoch überhaupt nicht angebracht. „Wahnsinnig witzig. Hast du dir die Botschaft durchgelesen? So einen Schund würd ich nie schreiben, “ schnappte er sofort und runzelte leicht die Stirn. Tatsächlich war ihm nicht aufgefallen, dass Suzie auch nur im Ansatz die Schlinge und die Nachricht betrachtet hätte. „Naja, für deine literarischen Ergüsse bist du nicht berühmt, Kuhtreiber“, erwiderte sie unbeeindruckt. Müde kommentierte der Rennfahrer: „Für Taktgefühl auch nicht.“ Er lehnte im Stuhl und hatte Mühe, die Augen offen zu halten. „Fangt nicht schon wieder an.“ Noch eine Auseinandersetzung wie am Nachmittag brauchte er beim besten Willen nicht. „Aber es war hundertprozentig jemand, der sich hier frei bewegen kann. Das schränkt den Kreis der Verdächtigen erheblich ein, findet ihr nicht?“ lenkte auch der Starcaptain das Gespräch wieder aufs Thema zurück.
 

Genauso wie beim Recken war auch ihr Bedarf an Streit gedeckt. „Ganz genau. Wäre es eine fremde Person gewesen, hätte Ramrods Sensoren Alarm geschlagen und hätte zumindest Suzie aus dem Schlaf gerissen, “ bestätigte er und schaute dann verwundert auf die Rothaarige. Wieso war er eigentlich auf der Veranda fast über sie gefallen? „Und wo war Pumukel? Etwa bei Fire unter der Bettdecke?“ wollte der Scharfschütze gehässig wissen. Der Rennfahrer war jetzt richtig wach. „Ja, gleich neben April“, warf er düster zurück und schaute den Kuhhirten böse an. Er hatte ihm doch versprochen sich zusammen zu reißen. Warum stichelte er schon wieder? Genauso verstimmt sah auch Mandarin auf den, der eigentlich nur besorgt um seine beste Freundin war. „Ich will doch nicht zu jedem unter die Decke“, stellte sie klar. Etwas verlegen räusperte sich Saber. Er tat es nicht gern, aber er musste sie ins Verhör nehmen. „Sag uns einfach nur, wo du warst. Hast du die ganze Zeit da auf der Veranda gesessen?“ – „Ja“, antwortete sie. „Ich wollte endlich die Stille hier genießen.“ Er nickte. Das konnte er nur zu gut verstehen. „Und warst du noch spazieren?“ hakte Colt nach. „Nein, ich hab auf der Veranda gesessen und der Nachtigall zugehört.“ Bei dieser Antwort war sie ein wenig verlegen. Sie scheute sich zu zugeben, wie elend sie sich eigentlich gefühlt hatte und dass sie, mit dem Gesicht in den Händen, in sich hinein geheult hatte. „Hast du irgendwen gesehen, Mandy?“ bohrte nun der Rennfahrer, aber ihm war anzuhören, dass er zu ihr hielt. „Nein?“ war ihre Antwort. Fireball lächelte aufmunternd „Du machst es schon wieder!“ empörte sich Colt. Verwundert schaute ihn der Japaner an. Ihm war nicht aufgefallen, dass er getan hatte, was ihm am Nachmittag vorgeworfen worden war. Er hatte nahm sie wieder in Schutz, hielt zu ihr aus Sympathie und war nicht objektiv. „Komm wieder runter, Colt. Das war eine ganz normale Frage. Die hätte ich auch gestellt, “ würgte der Recke den Protest des Scharfschützen ab. Es war ihm genauso aufgefallen, aber einen Streit vor zwei Verdächtigen auszutragen war alles andere als ratsam. „Ja, klar. Und ich bin der Nikolaus!“ parierte der Kuhhirte grimmig. Im Moment konnte er nur Feinde sehen, die seine beste Freundin bedrohten. Das machte es ihm schwer sachlich zu bleiben. „Jeder, der ins Haus will, muss theoretisch an der Veranda vorbei“, grübelte Suzie laut. „Das Haus hat auch eine Vordertür, durch die man gehen kann“, widersprach der Recke. „Aber die Vordertür ist schwer und aus altem Holz. Man hört sie, wenn sie aufgemacht wird, “ setzte sie ihre Gedanken fort. „Jolene hat sie vor ein paar Tagen geölt, dass hast du doch gesehen, “ wurde auch diese Aussage von dem Blonden entkräftet. „Versperrt deine Jolene die Vordertür nicht jeden Abend, seit der letzten Drohung?“ fragte die Hochgewachsene, wobei der Name eine abfällige Betonung bekam. „Mit einer guten Haarklemme ist es nicht schwer, das Schloss zu knacken, wenn man etwas geschickt ist. Das kann ja selbst ein Anfänger.“ Mandarin biss sich sofort auf die Unterlippe. Diese Feststellung konnte sie im Moment nur noch mehr in Verdacht bringen, als sie ohnehin schon zu stehen schien. „Da hast du recht, Mandy“, pflichtete der Recke ihr nun bei. Objektiv zu bleiben war gerade ein Drahtseilakt, aber es gelang ihm doch. „Was für ein Argument, Suzie. Du, als Starsheriff, solltest das besser wissen, “ ergänzte er dann kopfschüttelnd. „Ich weiß es auch besser, “ schnappte die Angesprochene sofort. „Aber wir reden hier von jemand, der alle Tricks und Kniffe kennt. Von jemanden, der sowieso freien Zutritt hat und der sich hier im Haus sehr gut auskennt. Denkt ihr nicht, dass ein Fremder in völliger Dunkelheit den einen oder anderen Gegenstand umrennen würde?“ fügte sie hinzu. „Genau deshalb habe ich euch gefragt“, antwortete er kühl. Suzie zuckte mit den Schultern. „Ach so, ja, klar. Weil ich mich nachts von Ramrod schleiche, vorbei an der Hexe, die auf der Veranda sitzt und vor sich hin heult, durch ein stockdunkles Erdgeschoss hinauf, zu dir und deiner Chilyschote, um sowas“ Jetzt nahm sie die Schlinge und den Zettel in die Hand. „dort zu lassen? Werd ein bisschen kreativer, Saber.“ Es klang lächerlich, so wie sie es sagte. Colt kam nicht umhin die Stirn in Falten zu legen. „Woher willst du wissen, ob Mandy geheult hat?“ wollte er wissen. „Grundausbildung zum Star Sheriff. Entweder hat sie sich Drogen eingeworfen oder sie hat geheult. Sieht man doch an den roten Augen.“ Genervt deutete die große Blonde auf ihre Kollegin. Die Stirn des Scharfschützen glättete sich jedoch nicht. „Klar“, kommentierte er und zog das Wort endlos lang. „Okay, so kommen wir nicht weiter. Suzie, Mandy, “ stellte Saber resignierend fest. „Am besten ihr geht wieder ins Bett. Das klären wir morgen, wenn wir alles etwas klarer im Kopf sind.“ Er hätte sich denken sollen, dass es keiner gewesen sein wollte, egal, wie offensichtlich das Gegenteil war. „Okay, ich troll mich.“ Colt stützte sich auf seine Krücke und humpelte davon. Das, was er eben mit bekommen hatte, musste er in Ruhe auswerten. „Da sag ich nicht nein, ohne meine acht Stunden Schlaf bin ich kein richtiger Mensch“, bemerkte auch Suzie und erhob sich. „Macht das.“ Auch der Schotte stand auf. „Wir klären das morgen nach dem Frühstück. Ich erwarte gute und konstruktive Antworten, “ informierte er an die beiden Mädchen gewandt. „Jaja, “ murmelte Suzie halbherzig und ging.
 

„Du bist solange unschuldig, bis deine Schuld bewiesen ist, Mandarin. Im Augenblick bist du genauso verdächtig, wie es Suzie ist. Wir werden den Schuldigen finden, das weiß ich.“ Saber brachte es nicht fertig zu gehen, ohne dem Starcaptain etwas einigermaßen Aufbauendes zu sagen. Eine Verdächtigung war hart, egal, ob berechtigt oder nicht. Die schluckte leicht. „Werden wir“, meinte auch sie. Sie machte ihm keinen Vorwurf. Er tat, was er tun musste, was jeder andere auch getan hätte. „Ja. Aber nicht vor morgen früh. Wir sollten ins Bett gehen. Gute Nacht.“ Damit ließ er Mandarin und Fireball zurück. „Gute Nacht“, rief die Rothaarige ihm nach und machte sich auf den Weg in die Küche um etwas zu trinken.
 

Sie öffnete grade die Tür, als Fireball sie an der Schulter fest hielt. „Hast du noch kurz fünf Minuten für mich?“ Sie seufzte unterdrückt. „Wenn es sein muss“, antwortete sie. „Geht es dir nicht gut?“ fragte er unbeholfen. Sie rollte die Augen und verschwand in der Küche. Diese Frage hatte er sich sparen können, die Antwort war doch offensichtlich. Mandarin fühlte sich mies und müde. Aber der Rennfahrer hatte die rhetorische Frage nur gestellt, weil er nicht recht wusste, wie er ein Gespräch mit ihr beginnen sollte, nachdem das letzte so aus dem Ruder gelaufen war. Jetzt folgte er ihr und wollte direkter wissen. „Weshalb hast du geweint?“ Sie versuchte auszuweichen. „Ich hatte was im Auge.“ Im Augenblick wollte sie nicht mehr reden. Mit niemandem. Sie musste ja erst mal selbst für sich ordnen, wie sie mit der Situation umgehen sollte, in die sie rein geraten war, ohne zu wissen wie. Als sie gerufen worden war, hatte sie nicht im Traum daran gedacht, dass sich die Dinge so entwickeln würden. Ihr war klar gewesen, dass es schwierig werden würde, mit dem Piloten zusammenzuarbeiten, für den sie tiefere Gefühle hegte. Professionalität hatte da leider nicht geholfen. Sie hatte sich hinreißen lassen, als sie geglaubt hatte, dass sie ihm näher kommen könnte. Ein Blick in seine Augen hatte genügt um alle guten Vorsätze, sich nur auf diesen Fall zu konzentrieren, fahren zu lassen. Das hatte sie nun davon. Sie hätte den Fall aus Befangenheit ablehnen sollen. Aber die Ramrodcrew bestand aus Freunden und sie hatte sie nicht im Stich lassen können. Nur deshalb war sie gekommen. Und Fireball ließ nicht locker. „Hör mal, Mandy. Ich merke doch, dass dich was bedrückt, “ begann er sanft. „Nein, eigentlich bin ich frei.“ Sie versuchte unbekümmert zu klingen, doch so unglücklich, wie sie sich gerade fühlte, konnte sie nicht verhindern, dass ihr dies auch entschlüpfte. „Von aller Unschuld und allen Freunden“, murmelte sie leise. „Das ist nicht wahr. Du hast Freunde, sehr gute sogar, “ wiedersprach der Rennfahrer und lehnte sich gegen den Türrahmen. „Niemand hier hält dich für schuldig und das ist auch nicht das Hauptproblem, denn geweint hast du vorher, “ ergänzte er dann. „Ach komm hör auf. Seit ich hier bin, hab ich mich in eine Beziehung gedrängt, wird mir ein ganzes Verhältnis angedichtet und jetzt soll ich es auch noch sein, die Chily bedroht. Und du.“ Mutlos wischte sie ihre Aussage mit der Hand zur Seite. „Ach, egal.“ Auch wenn niemand direkt mit dem Finger auf sie gezeigt und den Vorwurf ausgesprochen hatte, er war da. Für sie hätte ein Stich ins Herz nicht schmerzhafter sein können. Dabei mochte sie die kleine Hebamme. Wie konnten sie wirklich glauben, dass der Rotfuchs sie bedrohen würde? Andererseits war verständlich, dass sie nichts ausschließen durften und vor allem Colt nur seine beste Freundin schützen wollte. Hätte sie selbst denn anders gehandelt? Fireball stieß sich leicht vom Rahmen ab und kam etwas näher auf sie zu. „In die Beziehung hast du dich nicht reingedrängt“, beschwichtigte er sie. „Und das Verhältnis ist dir und mir gleichermaßen angedichtet worden, und zwar von Suzie“, fuhr er dann fort. Nein, so ließ er sich nicht abkanzeln. Sie waren immerhin Freunde. Was immer sie bedrückte, sie war nicht allein damit. „Und ich was? Es ist nicht egal, Mandy.“ Er musterte sie. Sie wandte sich rasch ab und nahm sich ein Glas aus dem Schrank. „Von Suzie“ wiederholte sie erstaunt und schüttelte unwillkürlich den Kopf. „Was ist nur los mit der?“ So hatte Mandarin die Kollegin nicht in Erinnerung. „Das fragst du den falschen. Ich bin in letzter Zeit derjenige, der aus Frauen überhaupt nicht mehr schlau wird.“ Entschuldigend hob er die Hände. „Das ist auch der Grund, weshalb das mit uns beiden grade so fürchterlich schief läuft. Ich weiß weder, was ich getan habe, noch verstehe ich, wieso du so reagierst, wie du es eben tust. Ich hab keine Ahnung, wieso sich mein Lieblingsstarcaptain die Augen aus dem Kopf heult, “ gab er zu. „Du hast doch gesagt, dass der Ersatz, also Suzie und ich, nur alles durch einander bringen und uns lieber an die Regeln halten sollen,“ erinnerte sie ihn, drehte den Wasserhahn auf und füllte ihr Glas. Er hob die Augenbrauen. „Seit wann hörst du auf mich?“ wollte er dann ehrlich verwirrt wissen. „Ich hielt es für besser, nicht nur weil du es gesagt hast.“ Mandarin trank einen Schluck. Die Kühle tat gut und klärte ein wenig. Fireball wurde aus ihren Antworten nicht schlau. „Mandy, seit ich dich jetzt kenne, bist du ein aufgewecktes und gleichzeitig nettes Mädel. Du warst nie zickig oder mies drauf. Vom Heulen warst du immer meilenweit entfernt. Und du hast nie alles, was ich sage, todernst genommen. Du legst seit dem Zwischenfall jedes Wort von mir in die Waagschale und, verdammt, dabei steig ich nicht gut aus und dir geht es auch nicht gut.“ Nein, die weibliche Mystik verstand er ganz und gar nicht. „Nein, mir geht es nicht so gut dabei. Fireball, du weißt, ich mag dich und du weißt auch, dass ich dich etwas zu sehr mag. Und genau davon muss ich langsam wegkommen. Ich brauche etwas Abstand zu dir. Du hast deine April, wirst Vater. Glaubst du, ich möchte für den Rest meines Lebens die unglücklich Verliebte bleiben. Irgendwie…“ Sie warf die Arme in die Luft. Wie sollte sie das nur erklären? Jetzt kam er noch ein Schritt auf sie zu. „Ja, ich werde Vater und ich habe April an meiner Seite. Aber glaubst du nicht, dass uns beide etwas anderes verbindet, als etwas … ähm, körperliches? Ich meine, bist du dir sicher, dass du mich etwas zu sehr magst? Wieso solltest du das denn überhaupt? Du wirst unter Garantie nicht den Rest deines Lebens als unglücklich Verliebte verbringen. Mandy.“ Ihren Name sprach er fast schon flehend aus und legte ihr leicht die Hand auf die Schulter. Traurig schüttelte sie den Kopf und wischte seine Hand weg. „Hast du wirklich nie gemerkt, dass ich für dich gern das gewesen wäre, was April ist? Aber du hast sie und bist glücklich. Mehr ist nicht von Bedeutung. Ich komm schon klar. Ich brauch nur etwas Distanz, bevor ich es noch schaffe unsere Freundschaft zu ruinieren, “ erklärte sie ihm.
 

Erschrocken fuhr Fireball einen Schritt zurück. Das hatte er wirklich nicht erwartet. Perplex stammelte er: „Es tut mir leid, Mandy... Ich wollte nicht... Ich hab nicht gedacht, dass ich...“ Unbeholfen schuf er räumliche Distanz und öffnete die Küchentür. Wie sollte er denn darauf reagieren? „Solltest du dich danach fühlen, ich bin da, Mandy. Für meine Freunde hab ich immer Zeit, “ fügte er dann hinzu. Was für eine unangenehme Situation. Je hilfloser er damit umging, tapsig Raum zwischen ihnen schuf, sie befangen anschaute und offensichtlich in seinem Kopf überhaupt nicht begreifen konnte, was sie gesagt hatte, desto liebenswerter fand sie ihn. „Danke Fire“, grinste sie, amüsiert von seinem Verhalten und erleichtert, dass wenigstens er noch zu ihr hielt. Jetzt kratzte er sich noch verlegen am Hinterkopf. Hier ging es eben um Gefühle und nicht um das Innenleben des Friedenswächters oder sonstigem technischem Gerät. „Ich werd dann nach oben zu April gehen, nicht dass sie noch eine Vermisstenanzeige aufgibt. Sollte was sein, du weißt, wo ich bin. Ich weiß, dass du Chily nicht gedroht hast. Du hast ein viel zu gutes und großes Herz, Baby, “ versicherte er, als er rückwärts aus der Küche schritt. Sie nickte leicht. Auch Saber war nicht unbedingt von ihrer Schuld überzeugt gewesen, fiel ihr ein. Er hatte nur getan, was sein musste. Das konnte sie ihm nicht vorwerfen und durfte es nicht allzu persönlich nehmen, wobei dies schwer war. „Geh schon. Mir geht es gut, “ betonte sie. Dass er nicht über seine eigenen Füße stolperte war erstaunlich, so wie er neben sich stand. „Pass auf dich auf, versprich mir das. Ja?“ Ah, jetzt stieß er doch gegen das Sofa. „Immer“, rief sie und musste ein Lachen unterdrücken. Blieb nur noch zu hoffen, dass Chily genauso wie Fireball zu ihr stand. Aber das war wohl zu viel gehofft, wenn man sich versuchte vorzustellen, wie sich die Hebamme wohl fühlen musste.
 

Die fühlte sich schutzlos. Der Trost von Robin und April hatte ihr über den ersten Schreck hinweggeholfen und ihr wieder etwas Fassung gegeben. Dennoch konnte sie das Gefühl von Wehrlosigkeit nicht abschütteln. Eben hatte Colt zu ihnen reingeschaut und seine Zukünftige mit genommen. Dass er nicht ein aufbauendes Wort für die Hebamme hatte, lag daran, dass er damit beschäftigt war, seine Gedanken zu den Geschehnissen zu sortieren. Chily wusste, dass er sich Sorgen machte und sie am liebsten in den Hochsicherheitstrakt von Fort Knox oder sonstwohin gesteckt hätte. Aber dass er so etwas nicht mal im Scherz aussprach, hieß für sie auch, dass er sich in dem Punkt auch auf Saber verließ. Der klopfte nun und öffnete dann die Tür. „Hey.“ Vorsichtig um sicher zu sein, dass er gerade nicht störte, lugte er herein. Es war immerhin möglich, dass er ein Frauengespräch unterbrach, welches vielleicht geführt wurde um Chily auf andere Gedanken zu bringen. Doch kaum sah sie ihn, streckte sie schon die Arme nach ihm aus. „Manapi.“ Mit zwei Schritten war er bei ihr, setzte sich zu ihr aufs Bett und nahm sie in die Arme. „Es ist alles gut, Jolene.“ Sie schmiegte sich erleichtert an ihn. Ihr Schutzengel war wieder da. April staunte nicht schlecht. So hatte sie ihren Boss noch nie erlebt. Er, der besser als jeder andere verstand seine Gefühle zu unterdrücken, hielt seine Freundin so liebevoll und selbstverständlich. Nie hätte sie gedacht, dass sie ihn mal so sehen durfte. Denn trotz der Gefahr, die drohte, schien er glücklich bei ihr zu sein und zu vergessen, was um sie herum war. „Sie ist tapfer“, presste April hervor. Er nickte leicht. „Ich weiß.“ Klang da eben so etwas wie Stolz mit? Saber strich der kleinen Hebamme beruhigend über den Rücken. „Ich bin da, mein Schatz,“ raunte er ihr zu und einen Moment lang war er wirklich der Ritter in der goldenen Rüstung, der seine Prinzessin vor dem bösen Drachen rettete, wie April etwas ungläubig, aber erfreut feststellte. Chily hob leicht den Kopf. „Und jetzt? Wie jetzt weiter?“ wollte sie wissen und erwischte ihn damit kalt. So weit hatte er noch nicht gedacht, weil seine Hauptsorge war, ob es ihr gut ging und nicht, wie es sein sollte, die Lösung des Falles. „Wir warten bis morgen früh, bis wir alle ausgeschlafen sind und dann besprechen wir das in aller Ruhe noch einmal“, erwiderte er dann. „ Es kommen nur Mandarin und Suzie in Frage, richtig? Oder noch jemand anderes, an den ich grad nicht denke?“ hakte sie nach. Sie musste wissen, was sie zu erwarten hatte, damit es sie nicht mehr so heftig schocken konnte. „Richtig, es kann nur eine der beiden gewesen sein. Entweder, diejenige erlaubt sich einen richtig bösen Scherz, oder aber sie steckt bis zum Hals in der Sache drin, “ bestätigte er. Betretenes Schweigen folgte. Dass ausgerechnet Freunde in diesen Fall verwickelt sein sollten, war beunruhigend und behagte niemandem. Draußen waren Fireballs Schritte zu hören. „Ich lass euch mal allein“, verabschiedete sich April. „Schlaft gut.“ Damit war sie zur Tür raus.
 

„Schlafen?“ murmelte Chily an der Brust des Recken. „Der war gut.“ – „Versuch es“, ermahnte er sie sanft. „Und wenn ich dann die Augen wieder auf mache, was werd ich dann sehen?“ wollte sie wissen, drückte ihr Kinn an seinen Oberkörper und sah zu ihm auf. In ihren grünblauen Augen, die gerade mehr grün, als blau schimmerten, las er noch etwas Angst, aber hauptsächlich Freude, darüber, dass er bei ihr war. Der Recke lächelte sanft. „Mich“, versprach er. „Ich werde auf dich aufpassen.“ – „Aha, du schläfst nicht“, stellte sie fest. Er schüttelte den Kopf. Sie löste sich leicht von ihm und fragte verwundert: „Ernsthaft?“ Jetzt nickte er. „Ich werde wach bleiben, damit ich dich beschützen kann, sollte etwas sein“, erklärte er ihr. „Aber du musst auch mal schlafen“, wandte sie ein. „Wann willst du das tun?“ Sein Lächeln wurde wärmer. Eben hatte sie sein Wohlergehen über ihre Angst gestellt. Wie viele Frauen taten das in so einem Moment schon? „Ich schlafe dann, wenn Colt auf dich aufpassen kann. Ein kleines Nickerchen am Vormittag wird mir reichen, “ erwiderte er. „Aber nicht auf Dauer, “ protestierte sie mild. „Es wird nicht so lange dauern. Versprochen.“ Damit lehnte er sich gegen die Wand, legte die Beine auf das Bett und zog sie leicht zu sich. „Aber“, setzte sie erneut an, unterbrach sich aber selbst. „Ich brauch gar nicht zu widersprechen, nicht wahr. Das hast du dir jetzt in Kopf gesetzt, das machst du jetzt auch so.“ Gelegentlich war es wirklich von Vorteil, dass sie seine Gedanken las. Jetzt musste er wenigstens nicht mit ihr streiten. „Ja, ich kann auch stur sein“, erinnerte er sie. „Und jetzt versuch zu schlafen.“ Damit zog der Blonde sie endgültig zu sich. „Okay.“ Ergeben schmiegte sie sich an ihn, kuschelte sich an seinen Bauch. „Manapi?“ – „Ja?“ – „Streichel mich bitte ein bisschen“, bat sie leise. „So?“ Leicht glitten seine Fingerspitzen über ihre Schulter. „Perfekt“, gähnte sie unterdrückt. „Wenn ich das jetzt noch fünf Minuten so mache, dann schläfst du endlich?“ Undeutliche Laute sollten wohl die Bestätigung sein. „Schlaf gut, mein Schatz.“ Zufrieden betrachtete er sie, wie sie sich an ihn schmiegte, als sei er der sicherste Ort, den es gab. „Lieb dich“, gähnte sie an seinem Bauch. „Ich dich auch.“ Ihre Atemzüge verrieten ihm, dass die Müdigkeit doch stärker gewesen war, als die verständliche Furcht davor, was sie beim Aufwachen sehen würde. Sie sollte ihn sehen und wissen, dass er immer auf sie Acht geben würde.
 

Nach diesem Vorfall schliefen alle schlecht. Saber kaum. Ihm fielen, entgegen seines Vorsatzes, die Augen zu, als Chily langsam aufwachte. Sie grinste leicht. Hatte sie doch gewusst, dass er auch nur fix und fertig war, wie alle anderen auch. Vorsichtig schob sie ihm ein Kissen in den Rücken, damit er es bequemer hatte und stand auf. Die erste, die ihr an diesem Morgen über den Weg lief, war Mandarin. Der Starcaptain hatte wohl am schlechtesten geschlafen. Dafür sprachen das Gesicht, welches noch bleicher als sonst war, und die Augenringe, die schier bis zu den Wangenknochen reichten. Nachdem sie in der Nacht verdächtigt worden war, die Hebamme zu bedrohen, waren deren fröhliche Begrüßung und das liebevoll gemachte Frühstück wie Balsam für das verletzte Herz des Rotschopfes. Chily war nicht der Mensch, der sich darauf verstand, gute Miene zu bösem Spiel zu machen. Würde sie sich tatsächlich von Mandarin bedroht fühlen, würde sie dies auch offen zeigen. Aber so saßen sie zusammen und unterhielten sich, als wären sie schon länger befreundet. Von der vergangenen Nacht sprachen sie nicht. Es war gut, dass die Gedanken wenigstens für eine Weile in recht unverfängliche Bereiche geleitet wurden. Als schien Chily zu spüren, dass es genau das war, was Mandarin brauchte. Der Rotfuchs half ihr noch beim Abräumen des Geschirrs und während Chily begann, das Frühstück für die anderen vorzubereiten, sah Mandarin zu, dass sie mit den Ermittlungen vorwärts kam. Allein für diese Geste musste sie den Fall endlich lösen.
 

Noch einmal machte sie sich an das Dekodieren der Stimme. Diesmal versuchte sie es aber von Saber Sattelmodul aus, da der die größere Datenbank hatte. Kaum hatte sie den Computer hochgefahren, stieß sie auf eine Datei, die sie noch nicht bemerkt hatte. Neugierig öffnete sie sie und hielt einen Moment die erschrocken den Atem an. Was Mandarin sah, enttäuschte sie einerseits maßlos, war andererseits völlig verständlich und außerdem die Bestätigung ihrer Aussage. Suzie und sie wurden überwacht. Irgendwo hatten die Jungs ihnen Sender verpasst, wovon einer nun laut Plan in der Satteleinheit des Recken blinkte und der andere irgendwo in der Pampa. Zudem zeigten die Daten auch, dass weder sie noch die Hochgewachsene zur fraglichen Zeit in Chilys Zimmer gewesen war um die Botschaft dazu lassen. Da stellten sich für Mandarin zwei Fragen. Wie lange schon war das Misstrauen so groß, dass sie verwanzt wurden? Wahrscheinlich seit der ersten Botschaft. Und, konnte es sein, das mit den Abtastern etwas nicht in Ordnung war? Sofort prüfte sie das, stellte bald fest, dass die Wanzen nach ihrem Streit mit Fireball und Suzies Auseinandersetzung mit der Hebamme angebracht wurden und die Abtaster völlig in Ordnung waren. Verdammt. Wie war das möglich? Wo lag des Rätsels Lösung?
 

So vertieft war Mandarin in ihr Tun, das sie vergaß zu der Besprechung zu gehen, die Saber angeordnet hatte. Auch Suzie glänzte durch Abwesenheit. Einen Moment lang wollte er die beiden zusammen trommeln, dann überlegte er es sich anders. Vielleicht war es ganz gut, die Köpfe noch etwas ausrauchen zu lassen. Falls das überhaupt möglich war, fügte er gedanklich hinzu, als er einen Blick auf Colt, der ihm am Tisch in Ramrods Küche gegenüber saß, und dann auf Fireball warf, der gerade den Kühlschrank nach Lebensmitteln durchsuchte. „Einkaufen wär mal eine Idee“, bemerkte der Rennfahrer dabei. „Der ist total leer.“ Das Schweigen, das bis zu dieser Aussage geherrscht und gedrückt hatte, war endlich gebrochen. „Die Zicken sind doch alle viel zu sehr mit dem Terror beschäftigt“, kommentierte Colt trocken. „Wenn du schon stehst, bring uns doch bitte was zu trinken mit, “ meinte der Recke träge. Er hatte nur mit halben Ohr zu gehört. Etwa eine halbe Stunde nach dem Chily aufgestanden war, war er ebenfalls wach geworden, weil der Scharfschütze geklopft hatte. Damit hatte der Recke eine maximale Schlafzeit von fünfundvierzig Minuten gehabt. Eindeutig zu wenig, wie er gerade feststellte. „Ja, genau Schatz“, versuchte Colt nun diese lahme Truppe munter zu machen und klimperte Fireball theatralisch an. „Sei so gut.“ Der schlug scheppernd die Kühlschranktür zu und drehte sich grinsend um. „Tja, meine zwei Süßen, da habt ihr leider Pech gehabt. Der ist leer, hab ich doch schon erwähnt, oder? Ist Kaffee auch genehm?“ bot er als Alternative. „Leg mir ein Infusion“, zitierte Saber seine Herzdame gähnend. „Dann muss ich vorher noch gucken, ob unser Arzneischrank mehr hergibt, als unser Kühlschrank“, lachte der Rennfahrer und schaltete die Kaffeemaschine ein. „Die Schlafstörungen wird mein Arzt nicht tapezieren können“, stellte Colt fest und stützte sich auf der Tischplatte auf. „Die will er doch auch sicher nicht an seinen Wänden hängen haben, Colt“, grinste Saber leicht. Der Scharfschütze würde es nie lernen. „Therapieren, nicht tapezieren“, berichtigte er dann und fragte ihn und den Rennfahrer. „Wie habt ihr den Nachmittag gestern rumgebracht?“ Er wollte das Gespräch, das glücklicherweise entstanden war am Laufen halten. Seit sie sich am Vortag so heftig gestritten hatten, waren sie sich erfolgreich aus dem Weg gegangen und in der Nacht hatte es Wichtigeres gegeben. Folglich war es nicht zu einer Aussprache gekommen, die, wie der Recke geschworen hätte, allen dreien am Herzen lag. Colt legte den Kopf auf die Tischplatte. „Der da hat Rennfahrer gespielt und ich Onkel Doktor, “ gab er zur Antwort, nuschelte aber die letzten beiden Worte recht undeutlich. „Und ich glaub, die haben mich geblitzt, Viehtreiber. Die kleine Geschwindigkeitsübertretung von knapp hundertfünfzig Kilometern pro Stunde zu erklären, dürfte schwierig werden, “ informierte Fireball und stupste den Cowboy an. Der Japaner hatte die endlos weite, lange Straße genutzt und war darüber gerast, als wollte er Ramrod die nötige Stargeschwindigkeit geben. Nur war es eben keine Startbahn und der Fury Racer hob auch nicht wirklich ab. Dennoch hatte es den Kopf frei gemacht und Frust abgebaut. „Dann hast du dasselbe Problem wie ich gestern bei Robin“, murmelte der Kuhhirte zurück. „Was musstest du ihr denn schon groß erklären?“ hakte Fireball nach. Genau wie Saber hatte er den Cowboy trotz der unklaren Aussprache gut genug verstanden. „Na ja, “ räumte der jetzt ein. „Doktor spielen trifft es nur halb. Es war eher eine Runde Siegmund und Freud. Meine Maus hat so ziemlich alles gehört. Habt ihr auch nur im Ansatz eine Ahnung wie sie mich danach gepsychodingbumst hat.“ Die Tonlage machte vollkommen klar, wie unangenehm das für Colt gewesen war. Welcher Mann schüttet schon gern sein Herz aus und entblößte sein Seelenleben vor einer anderen Person, als sich selbst. Er jedenfalls gehörte überhaupt nicht zu dieser Minderheit. „Du redest von Psychoanalyse?“ wollte der Schotte wissen. Der Gefragte hob träge die Schultern. Seine Freunde verstanden ihn auch so. Wozu sich also die Mühe machen irgendwelche Fremdworte richtig auszusprechen? Ganz besonders, wenn diese Seelentherapie von Robin dazugeführt hatte, dass er den beiden Anwesenden eine Entschuldigung und eine Erklärung geben wollte.
 

Der Recke hob die Augenbrauen, als ihm in seiner Müdigkeit aufging, was Colts Worte noch bedeuteten. „Wir waren gestern wohl ziemlich laut, (Wir haben uns wohl benommen, wie die Axt im Wald.)“bemerkte er verlegen. Der Scharfschütze hielt den Blick gesenkt. „So wortgetreu, wie sie die Gespräche wiederholt hat, könnte man meinen, sie hat es aufgenommen, (Oh man, du hast ja so Recht.)“ erwiderte er. Wie ertappt schaute Fireball von einem zum anderen. „Da bin ich doch gleich noch mal so froh, dass April gestern unterwegs ist. Scheint, als hätt ich meinen Kosenamen nicht umsonst, (Hätte sie das gehört, hätte sie mir den Kopf gewaschen und das auch noch zu Recht. Ich sollte endlich ruhiger werden.)“ kommentierte er. „Kosenamen? Du meinst "Baby"? (Allerdings, solltest du. Hast dich benommen wie eins.).“ Den Kopf immer noch auf der Tischplatte schielte er zu dem Hitzkopf. „Solang ich kein Riesenbaby bin, (Du hast dich auch nicht grad besser verhalten. War ganz schön fies von dir.)“ versetzt der Japaner postwendend, aber nicht gereizt sondern nüchtern. Jetzt lehnte der Kuhhirte sich in der Bank zurück und schob seinen Hut tief ins Gesicht. „Das galt dir Boss, (Jaja, ich weiß. Ist mir peinlich. Aber wir sind gestern auch wirklich alle ausgetickt.)“ brummte er etwas missmutig. „Das glaub ich nicht, Colt.“ Der Blonde stützte die Ellbogen auf den Tisch. „Ist der Kaffee schon fertig? (Meine Nerven liegen blank, Jungs.)“ wollte er daraufhin wissen. „Dann galt es den Weibern. (An dem Mist sind wir selber Schuld.)“ Colt zog seinen Hut noch ein wenig tiefer „Hot stuff, sei so gut, (Meine auch, aber wenigstens gibt es jetzt Kaffee.)“ meinte er, nachdem er darunter hervor auf die Kaffeemaschine gelinst hatte und feststellte, dass der Muntermacher fertig war. Bereitwillig erhob sich der Rennfahrer wieder, stellte drei Tasse auf den Tisch, ließ je einen Löffel hineinfallen und schenkte ein. „Milch ist leider wie alles andere alle, (Tut mir leid, wie ich euch angeschrien hab. Bin wohl ein bisschen mitschwanger.)“ verkündete er dabei. „Hauptsache wach, (Schon gut, Kleiner.)“ winkte Colt ab. „Hauptsache stark, (Es ist ja nicht so, dass wir dich nicht verstehen könnten.)“ ließ sich auch der Schotte vernehmen. „Ich wollte ja schließlich richtigen Kaffee und nicht so ein Lattenmaniken-Zeug, (Bin ja selber grad überempfindlich.)“ erklärte der Kuhhirte nachdem er einen Schluck getrunken hatte. „Für einen Latte Macchiato hätte die nicht vorhandene Milch aufgeschäumt werden müssen, und soviel Service kann ich leider nicht anbieten, (Merkt man, dass du überempfindlich bist.)“ Fireball setzte sich zu ihnen. „Aber dir reicht er schwarz und stark, Boss? (Wir passen schon auf, dass Chily nichts passiert.)“ wandte er sich an Saber. „Jaja. Mehr muss nicht sein, (Beruhigend zu wissen, aber das ist nicht mein einziges Problem.)“ murmelte er leicht. „Diese ganzen Kaffee-Neuheiten schmecken doch eh nicht wirklich, (Mich wundert, dass du den Fall noch nicht hingeschmissen hast, Boss.)“ kommentierte der Scharfschütze und richtete seinen Hut wieder dahin, wo er eigentlich hingehörte. Der Japaner hatte in zwischen die halbe Tasse geleert. „Ach, so ein Irish Coffee wär mir heute ganz recht gewesen. Der weckt nach einer Nacht wie der gestrigen die müden Knochen, (Macht es nicht grad einfacher, wenn sich die besten Freunde in die Wolle bekommen. Wir werden alles hinbekommen, ganz sicher.)“ behauptete er nun. „Jolene hat noch Scotch da, wenn du was Hochprozentiges brauchst, (Nein, einfacher auf keinen Fall, aber sonst hast du hoffentlich Recht.)“ wies Saber ihn hin. „Wisst ihr, ich trau mich neuerdings nicht mehr alleine an Chilys Bar ran, “ lachte Fireball nun. Es war befreiend, so zusammen zu sitzen und über alles zu reden. Sie alle hatten befürchtet, ihre Freundschaft, an der ihnen so viel lag, wäre endgültig über den Jordan. Doch offensichtlich war noch genug Verständnis, Einsicht und Toleranz da um sie noch nicht aufgeben zu müssen. „Bist du nicht eh im Dienst?“ hakte Colt grinsend nach. Auch der Schotte schmunzelte. „Davon mal ganz abgesehen.“ – „Nicht mal das ist mir vergönnt“, schmollte der Jüngste prompt. „Wenn das alles vorbei ist und alles wieder läuft, wie es soll, müssen wir drei einmal auf einen kleinen Umtrunk gehen, (Frieden?)“ schlug er dann heiter vor. „Kennt ihr etwa jemanden, der uns verpfeifen würde? (Warum warten? Mir ist die Dienstvorschrift grad egal.)“ Fragend hob Saber die Brauen und stellte die geleerte Tasse auf den Tisch. „Die sind eh alle unterwegs, (Ausspucken würd ich grad auch nix)“ bemerkte der Scharfschütze. „So waren auch meine Informationen, (Wir reden hier schließlich von einem Drink nicht von einem Besäufnis und die Friedenpfeife raucht man, wenn sie einem gereicht wird.)“ stimmte der Blonde zu. Einen Moment lang schauten sie sich, ein wenig wie Verschwörer, an, dann standen sie auf.
 

„Dann lasst uns die Gunst der Stunde nutzen, (Wer weiß, wie lange der nächste Krach auf sich warten lässt.)“ meinte Fireball und reckte sich ausgiebig. „Wird dann sicher ein schöner Tag, (Kann ruhig dauern, hab nicht vor einem von euch den Barhocker überzuziehen.)“ versicherte Colt und stützte sich auf seine Gehhilfe. „Viel schlechter sollte er nicht mehr werden können, (Es steht in den Sternen, wie lange die Ruhe wirklich andauert.).“ Saber räumte das Geschirr in die Spüle. „Ach was, die Sonne scheint, (Wird schon, wenn wir uns ab jetzt zusammen reißen.)“ Zuversichtlich grinsend humpelte der Scharfschütze zur Tür. „Und wenn das schon mal unser Strahlemann sagt, muss was dran sein, (Wir sind immer noch die besten Freunde.)“ entgegnete Fireball und folgte ihm. „Logo. Ansonsten gibt es ja noch Regenschirme. (Klar sind wir das, deshalb werden wir uns auch beherrschen und unsere Süßen schützen. Das ist schließlich das wichtigste.)“ erklärte er mit seiner gewohnten guten Laune, die er wohl mit dem Kaffee zu sich genommen hatte. „Dann hoffen wir mal, dass kein Hagel kommt, (Geschwister könnten sich nicht mehr mögen, als wir.)“ grinste der Schotte und schloss zu den beiden auf. „Na, dann mal los, (Man, bin ich froh, dass das geklärt ist. Noch ein paar Minuten länger und würd noch vor Freude heulen.)“ drängte Colt und hinkte vor Fireball und Saber her. „Da wird er plötzlich schnell, der gute Colt, (Ich bin froh, solche Freunde wie euch zu haben.)“ grinste der Rennfahrer und sah dem Humpelnden nach, der schon fast die Rampe erreicht hatte. „Ja, wie immer eben, (Wenn ich jetzt glasige Augen habe, dann weil ich müde bin. Das sind Keine Freudentränen, die da glänzen)“ grinste der Recke. Langsam steckte die erleichterte Stimmung an. „Dann lass uns die Nacht mal runterspülen, bevor uns Colt doch noch zuvor kommt und die ganze Flasche aussäuft, (Die Pipi in meinen Augen sind alles Vatergefühle, ich schwör es.)“ erwiderte der Rennfahrer. „Gute Idee. (Jetzt aber schnell diese Rührseligkeit runterspülen.)“ Saber nickte und die beiden beeilten sich den flüchtigen Scharfschützen einzuholen. „ Kommt ihr endlich? (Echt, gleich mach ich euch noch Heiratsanträge.)“ Ungeduldig mit der Krücke auf den Boden klopfend, stand der am Aufgang und wartete. Prompt lief der Rennfahrer los, an dem unruhigen Geist vorbei, die Rampe hinab. Der leichte, warme Wind dieses sonnigen Tages wehte nicht nur aus ihm die letzten trüben Gedanken hinaus, sondern auch aus den beiden Freunden. Es war doch alles gut. „Die Frage ist wohl eher, wo du bleibst, Krücke?“ rief der Jüngste übermütig zurück. Prompt flog die Gehhilfe auf ihn zu, begleitet von Colts lachendem „Wer bittet, dem wird gegeben“. Der Japaner fing das zweckentfremdete Stück auf, verlor dabei aber das Gleichgewicht und landete auf dem Hosenboden. „Deine Stütze ist da“, lachte er und wies mit der Gehhilfe auf den Recken neben Colt. „Ja, er ist doch auch unser aller, große, starker Held.“ Theatralisch klimperte der dem zu. „In der Tat, das bin ich“, bestätigte der Blonde, als hätte es nie Zweifel daran gegeben. „Na, dann trag mich mal über die Türschwelle, edler Recke“, schmachtete der Kuhhirte treuherzig. „Beweg dich, ist gesünder für meinen Rücken“, grinste Saber und stützte den Freund. Gemeinsam kamen sie, leicht schwankend und mit weiteren Scherzen die Rampe hinunter zu Fireball, der nicht weniger neckte.
 

In dem Geplänkel bemerkten sie nicht, wie Robin, Chily und April von der Ranch her auf sie zu schlenderten. „Wenn kleine Kinder spielen, sind sie gesund“, meinte die Hebamme leicht hin, mit Blick auf die drei Scherzkekse. „Wenn große Kinder spielen, sollten sie heiraten“, fügte die Lehrerin mit Seitenblick auf ihren Zukünftigen hinzu und April ergänzte. „Oder Vater werden.“ Wobei sie sich auch Fireballs überraschtes Gesicht nicht entgehen ließ. Die Jungs schauten so belämmert aus der Wäsche, dass die Mädchen sich nur schwer beherrschen konnten um nicht wie Teenager los zu kichern und gelassen ihren Spaziergang fortzusetzen. Aber wenigstens sah die holde Weiblichkeit nun nicht mehr die Verlegenheitsröte in den Gesichtern der Drei, worüber sie sich sonst ganz sicher schlapp gelacht hätte. Immerhin konnte weder Fireball, noch Saber oder Colt sagen, wie viel ihre Herzdamen von einer Aussprache mitbekommen hatten, von der sie eigentlich nichts bemerkt haben durften, da sie doch eigentlich gar nicht anwesend waren. Du lieber Himmel, das verlangte nach einem Drink.
 

Ausgenommen Mandarin, die fieberhaft daran arbeitete, die gefundenen Daten zu analysieren, die Stimme zu dekodieren und dabei ignorierte, wie verletzend ihre Entdeckungen waren und dass sie Hunger hatte, hatten sich alle anderen mehr oder weniger eine Auszeit genommen um nicht völlig verrückt zu werden. Suzie war aus diesem Grund in die Stadt gefahren und von dort aus weiter Richtung Westen, an der verlassenen Tankstelle vorbei. Nur weg von der Ranch und dem Chaos. Nur die Gedanken sortieren und überlegen, wie fortzufahren war. Als erstes musste sie mit April reden. Das war sehr wichtig, denn die ging ihr seit ihrer Rückkehr von der Kur recht geschickt aus dem Weg. Eine Aussprache unter vier Augen war so nicht möglich, obwohl sie für Suzie so dringend war. Deshalb führt ihr Weg, als sie am späten Nachmittag doch zur Ranch zurückkehrte, direkt in das Gästezimmer, in dem April und Fireball schliefen. Wie sie gehofft hatte, fand sie die Schwangere allein vor, als diese in einem Buch über Neugeborene las.
 

April saß auf dem Hocker am der Frisierkommode. Da der Rennfahrer seine Freundin dazu genötigt hatte, sich nach dem Mittagessen ein wenig hinzulegen, fiel Suzies Blick nun auf das Bett auf dem beide Decken am Fußende zusammen geschoben waren. „Du und Fireball, ihr vertragt euch wieder?“ bemerkte die Hochgewachsene deshalb. April legte die Lektüre zur Seite. „Ja tun wir. Ist das ein Problem für dich?“ fragte sie nicht übermäßig freundlich. „Nein, ganz und gar nicht. Ich freu mich für dich, wenn es passt, “ versicherte Suzie, löste sich aus dem Türrahmen und lehnte diese leicht an. April musterte sie dabei. „Irgendwie erwarte ich grade noch ein Aber, “ meinte sie skeptisch. Immerhin hatte die Eintretende ja den Verdacht ausgesprochen, dass der Rennfahrer ein Verhältnis mit dem Starcaptain hatte. Folglich konnte sie davon immer noch überzeugt sein, auch wenn sich das Paar ausgesöhnt hatte. „Da kommt keines, wenn du ihm vertraust“, erwiderte die Große nun. „Ja, ich vertraue ihm. Genauso wie dir und im Gegensatz zu dir, “ erklärte April nüchtern. Suzie ließ sich auf das Bett fallen. „Es gibt auch keinen Grund, weshalb du mir nicht vertrauen solltest. Wir beide sind Freundinnen, April. Aber du hast Recht. Ich vertraue Fireball tatsächlich nicht so, wie du es tust, “ gab sie unumwunden zu. „Das ist mir zwar nicht verständlich, aber es ist auch nicht wichtig. Entscheidend ist, dass ich dem Vater meines Kindes vertraue, “ betonte die werdende Mutter. Sie war nicht bereit sich aufs Neue verunsichern zu lassen. Egal, von wem. Eine intakte Beziehung war zu wertvoll, besonders für ein Kind, und April würde diese deshalb nicht noch einmal aufs Spiel setzen. Ganz besonders deshalb nicht, weil sie Fireball glaubte. „Hauptsache ist, dass er sich um euch kümmern wird“, meinte ihre Freundin auf dem Bett und schenkte ihr einen leicht besorgten Blick. „Das tut er und es ist nicht an dir, das zu be- oder zu verurteilen. Du weißt nämlich nicht genug über unsere Beziehung.“ So viel Nachdruck und Distanz hatte Suzie nicht erwartet. Sie fühlte sich ein wenig überfahren von der frostigen Atmosphäre zwischen ihnen. „Das tue ich doch auch gar nicht. Ich will, dass es dir gut geht, sonst nichts. Ich freue mich für dich, dass du die Liebe deines Lebens gefunden zu haben scheinst, “ beteuerte sie und verzog verletzt den Mund. „Es fällt schwer das zu glauben, nachdem es eher so scheint, als hättest du versucht einen Keil zwischen uns zu treiben, “ erklärte April und damit auch ihr Verhalten der Hochgewachsenen gegenüber. Diese schoss empört in die Höhe. „Ich habe was?“ – „Es gibt Leute, die sind dieser Ansicht“, räumte April unbeeindruckt ein, da sie selbst dazu gehörte. „Und wieso sollte ich das machen?“ fragte Suzie. Die Schwangere hob nur die Schultern. Den Sinn konnte sie sich selbst nicht erklären, doch das wachsende Misstrauen war nicht zu ignorieren. „Ich bin nicht Mandarin, dass ich unbedingt deinen Freund haben will“, erinnerte Suzie nun. Die Schwangere verzog abschätzig das Gesicht. „Da gehören zwei dazu“, antwortete sie. „Da waren auch zwei dabei, oder nicht? So ganz abgeneigt ist der werte Herr Rennfahrer ja nicht von Mandarin. Bei jeder Kleinigkeit nimmt er sie in Schutz.“ Die Information hatte einen seltsamen Unterton, warnend oder drohend. April runzelte die Stirn. „Immer dann, wenn du sie angreifst“, entgegnete sie. In dem Moment, da sie es aussprach, wurde es ihr bewusst. Fireball hatte ihr in der Nacht von der Debatte um die letzte Drohung erzählt. Auch von dem Gespräch, das bei der Untersuchung des Recorders geführt worden war, wusste die Freundin des Rennfahrers. „Nein, so ist das nicht ganz richtig, April, “ wehrte die Hochgewachsene ab. „In der Nacht, in der Chily die hübsche Kette im Fenster hatte und Saber die Hexe und den Besen verdächtigt hat, wurde der Hexe sofort geholfen. Und zwar von Fireball. Der ist sich zu hundert Prozent sicher, dass sie es nicht war, aber das kann er nicht, wenn er hier bei dir war, “ erklärte sie. „Wo, als bei mir, sollte er sonst gewesen sein?“ fragte Ramrods Navigatorin. „Weißt du ganz sicher, dass der Rennfahrer die ganze Nacht neben dir verbracht hat? Wo war er schon, wenn er Mandarin so energisch in Schutz nimmt, als bei ihr?“ Suzie biss sich auf die Lippe. War sie zu weit gegangen? Ja, war sie. Das verriet ihr der Blick ihrer Freundin. „Er war hier, dass weiß ich. Aber er und Mandy waren schon immer gute Freunde und Fire nimmt Freunde immer in Schutz. Er kann gar nicht anders, “ verteidigte die den Vater ihres Babys. „Das möchtest du jetzt nur gern wissen, sicher kannst du dir nicht sein, April. Das kannst du nicht, “ beharrte die große Blondine. „Doch. Kann ich. Er hat überhaupt keinen Grund zu einer anderen zu gehen, “ wiedersprach diese heftig. Sie wusste es auch bestimmt. Nur konnte sie der Skeptikerin schlecht erklären, woher sie diese Sicherheit nahm. Sonst hätte sie ihr erzählen müssen, was geschehen war und über solche Intimitäten wollte sie Suzie nicht ins Vertrauen ziehen.
 

„Du denkst doch sonst so logisch, April. Und wenn du nur ein bisschen was von deiner Ausbildung zum Starsheriff noch weißt, dann weißt du, dass man sich nur an Fakten halten kann. Und Fakt ist, Fireball nimmt Mandarin in Schutz. Ob er in der fraglichen Zeit bei ihr war, ist Spekulation, aber nicht so weit her geholt, wie du tust, “ hielt die wiederum an ihrer Ansicht fest. Jetzt fuhr April auf. „Es ist nichts, als deine Phantasie, Suzie. Er war bei mir und fertig. Und Fakt ist auch, dass Fireball nicht zu ihr halten würde, wie auch ich mal nebenbei bemerkt, wenn er wirklich Grund für Zweifel hätte, “ begehrte sie auf. Die Angefahrene straffte unwillkürlich die Schultern und drückte den Rücken durch. Noch nie hatte April so mit ihr geredet. Das überraschte sie. „Ich finde, wir sollten damit warten, bis die Wahrheit ans Licht kommt. Ich find es nur seltsam, dass die Colt und Saber da objektiver sind. Sie verhalten sich komplett neutral, dabei ist Mandarin auch eine gute Freundin von ihnen, “ entgegnete sie kühl. Die werdende Mutter setzte sich wieder. „Ja, warten wir ab und sehen wir, wer Recht hat. Saber war schon immer objektiv, egal, wie persönlich es war. Und Colt hat nur das Wohl seiner besten Freundin im Auge. Also bist du für ihn mindestens genauso verdächtig wie Mandarin. Aber warten wir, “ gab sie etwas erschöpft zurück. Die Schwangerschaft war etwas anstrengender in der letzten Zeit und der Zwist, der seit ihrer Rückkehr um sie herrschte, machte es nicht leichter. In ihrem Bauch bewegte sich das kleine Wesen. Vielleicht hatte sie es auch aufgeregt. Aber es sollte sich wohl fühlen. Es bekam schon jetzt etwas von seiner Umwelt mit und sollte sie so harmonisch wie möglich erfahren. Beruhigend strich April über die Rundung. Aufmerksam beobachtete Suzie es. „Fühlst du dich nicht wohl?“ fragte sie und wies auf die Wölbung. „Mir würde es besser gehen, wenn ich nicht von Streit umgeben wäre und nicht eine meiner besten Freundinnen gegen den Vater von Charlene reden würde.“ Mit kreisenden Bewegungen strich sie leicht massierend über ihren Bauch. „Charlene? Du kriegst also ein kleines Mädchen, “ lächelte Suzie leicht. „Ja, wie Chily von Anfang an gesagt hat.“ Das wunderte sie noch immer. „WIR haben uns für Charlene entscheiden, weil wir Daddy und Jolene sehr dankbar sind, “ informierte sie ohne die andere anzusehen. „Ja, dein Dad hat da eine riesige Ausnahme für dich und Fireball gemacht. Ihr beide arbeitet fürs KOK, auch noch in derselben Einheit. Eine Beziehung wird doch für gewöhnlich weder gern gesehen noch toleriert. Noch dazu, wo bei euch mit deiner Schwangerschaft gleich ein Viertel des Teams ausfällt und durch jemand anderen ersetzt werden muss, “ nickte Suzie verstehend. „Nachdem letzten Gefecht gegen Nemesis brauchten wir einen Monat für die Berichte. Danach sind sowohl Fireball, als auch Colt ausgetreten, und er und ich haben uns öfter getroffen. Aber da war er kein Starsheriff mehr. Ich war längst schwanger, als er und Colt wegen dieses Falles zurückbeordert wurden. Wir haben also keine Regel gebrochen, “ stellte April richtig. „Ach so.“ Die Hochgewachsene hob die Schultern. „Da hat die Gerüchteküche im KOK wohl wieder mal übergekocht.“ – „Wenn einer kräftig rührt, geht es bekanntlich schneller.“ – „Da rühren schon mehrere. Die Gerüchteküche erlischt bekanntlich nie und gerade bei den berühmten Starsheriffs scheint es so, als wäre mehr als genug Tratsch im Umlauf. Ich kann ja nur nachplappern, was ich so höre, April.“ Wieder setzte sie sich aufs Bett.
 

„Natürlich.“ Aprils Blick verriet Zweifel an den Worten der Freundin. „Weißt du, das seltsame ist, dass ich das Gefühl hab, Chily hat Recht. Sie sagt, du stichelst, indirekt. Bei dir wüsste man nicht, ob du meinst was du sagst, oder etwas Bestimmtes damit bezweckst. Ich kenne das nicht von dir, aber das Gefühl hab ich eben trotzdem, “ sagte sie dann und beobachtete ihre Gesprächspartnerin genau. „Das kommt dir vielleicht grad nur so vor, April. Chily hat dir einen Floh ins Ohr gesetzt und im Augenblick bist du besonders überempfindlich, eben weil du ein Kind in dir trägst, “ wiegelte die ab. „Ich bin schwanger, aber nicht blöd. Warum sollte Chily das grundlos behaupten?“ Die werdende Mutter lehnte sich leicht gegen die Kante des Kosmetiktisches. „Das weiß ich nicht“, erwiderte Suzie ruhig. „Wir beide mögen uns nicht wirklich. Ich kann es nicht erklären, aber Chily hat etwas an sich, womit ich nicht umgehen kann. Vielleicht deshalb, “ gestand sie dann. Etwas anderes würde ihr sowieso keiner glauben. Es brachte also nichts, es zu beschönigen, nur weil April die Hebamme offensichtlich mochte. „Ist dieses undefinierbare Etwas der Grund, warum du sie soweit gereizt hast, dass sie mit der Harke auf dich losgegangen ist? Bei dem Streit war Robin anwesend, Mandy und sie. Warum hast du dich ausgerechnet mit ihr angelegt? Ich kenne ihre Version. Ich will deine hören.“ Unbehaglich rutschte die Hochgewachsene auf dem Bett nach vorn. „Ich gebe zu, ich war gereizt und genervt. Wir kommen mit dem Fall überhaupt nicht weiter, wir konnten die Stimme immer noch nicht entschlüsseln, werden von Drohung heimgesucht und allmählich kristallisiert sich heraus, dass nichts so ist, wie es am Anfang ausgesehen hat. Es frustriert mich unheimlich, weil der Fall zermürbend ist. Für uns alle.“ Sie biss sich auf die Lippe. „Mit Mandy bin ich auf Ramrod schon aneinandergeraten. Und Chily hat mich mit ihrer Art dann so gereizt. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Ich kann einfach nicht fröhlich ein Liedchen singen, wenn rings um mich das Chaos, der Tod und der Krieg herrschen. Ich hab wohl überreagiert, “ erklärte sie sich mit gesenktem Blick. Nun nickte April verstehend. „Hast du dich bei ihr entschuldigt?“ Betreten schüttelte die Gefragte den Kopf. „Ich weiß nicht, wie, wenn ich ehrlich bin.“ Ihre Augen blieben auf den Boden geheftet. „Geh einfach hin und sag es ihr, “ schlug die Schwangere mehr auffordern, als aufmunternd vor. „Wenn du dabei bist, kannst du sie gleich mal raufschicken. Ich muss mit ihr reden.“ Suzie presste die Lippen auf einander und stand auf. „Wir sehen uns beim Abendessen, April. Ich sollte Mandarin mal helfen, bevor sie meutert, “ antwortete sie und ging zur Tür. Sie hatte die Klinke schon in der Hand, als ihre Freundin nachhakte. „Heißt das jetzt, dass du dich bei Chily entschuldigst und sie zu mir schickst, oder es vorziehst zu Mandy zu gehen?“ Kurz schaute die große Blondine auf sie. „Ich gehe zuerst zu Chily und dann zu Mandarin.“ Damit verließ sie das Zimmer und stieg die Treppen hinab. Sie sollte sich tatsächlich bei diesem übergeschnappten Huhn entschuldigen. War das zu fassen? Ihre Laune war ohnehin schon nicht die beste und nun auch noch das. „Hey, beweg deinen breiten Hintern mal zu April. Ihr geht es nicht gut, “ sagte sie frostig zu der Hebamme, als sie durch die Küche, in der die gerade das Abendessen vorbereitete, das Haus verlassen wollte. „Mein Hinter ist nicht breit, der ist normal. Wenn du einen in der Hose hättest, wüsstest du das, “ versetzte diese beinahe fröhlich. „Oder so, ja, “ kam es unbeeindruckt zurück. „Sieh mal nach April, alles andere ist mir egal.“ Suzie öffnete die Hintertür. „Was du nicht sagst. Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen.“ Chily verließ die Küche in Richtung Wohnzimmer und der weibliche Starsheriff über die Veranda in Richtung Ramrod. So ein dummes Frauenzimmer.
 

Das war es. Sie hatte es geschafft. Endlich. Damit war sie einen großen Schritt weiter. Sie hatte den Fall noch nicht gelöst, aber eine Erklärung für die Vorfälle gefunden und das würde entscheidend weiterhelfen. Das musste sie sofort den anderen sagen. Halt! Nein! Besser erst eine Sicherungskopie anfertigen. Wenn sie sich doch nur wieder beruhigen könnte und ihre Finger nicht vor Aufregung so zittern würden. Dann wäre es ein leichtes den Chip einzulegen. Jetzt. Geschafft. Und kopieren. Daten werden übertragen. Gut. Man musste auf alles gefasst sein. Es war einfach besser. Seit sie sich heut morgen hier hin zurückgezogen und gearbeitete hatte, hatte sie mehr als eine Sache entdeckt, die sie überrascht oder geschockt hatte. Ebenso dieses Ermittlungsergebnis. Aber es war nicht der Zeitpunkt, sich darüber zu beklagen, wie sehr man sich in den anderen getäuscht hatte. Es stand vorläufig noch wichtigeres auf dem Spiel, als sich mit solchen Nebensächlichkeiten zu beschäftigen. Das konnte man danach noch in Ruhe klären. Datenübertragung abgeschlossen. Der Chip wurde ausgeworfen. Sie zog ihn aus der Verbindung und horchte auf. Hatte sie Schritte gehört? Oder spielte ihr die frühere Dämmerung und ihr überarbeiteter Kopf einen Streich? Rasch schob sie den Datenträger in ihren linken Stiefel und stand auf. Rotgoldenes, warmes Sonnenlicht fiel durch das Panoramafenster und war endlos lange, schwarze Schatten der vorderen drei Satteleinheiten durch den Raum. Für eine Pause war es höchste Zeit. Die Tür zur Kommandozentrale öffnete sich. Sie fuhr herum. „Du?“ Das konnte nichts Gutes bedeuten. „Ja“, antwortete die Person in der Tür schlicht. „Was ist?“ fragte sie dann. „Du guckst, als hättest du einen Geist gesehen.“ Die Gestalt trat aus dem Eingang auf sie zu. „So ähnlich, ja.“ Vorsichtig legte sie die Finger an den Griff ihrer Dienstwaffe. „Du weißt es also“, stellte der unerwartete Besucher fest und musterte sie kühl. Ein knappes Nicken war die Antwort. „Damit kommst du nicht durch.“ – „Doch.“ Ehe sie den Blaster ziehen konnte, traf sie der Tritt eines langen Beines kräftig und schwungvoll im Bauch und brachte sie zu Fall. Sie landete rittlings auf dem Boden und ließ durch die Wucht des Aufpralls ihre Waffe los. Im nächsten Augenblick saß ihr Angreifer schon auf ihr. Keine Zeit um die Überraschung abzuschütteln. Eine Klinge blitzte im Abendlicht und stieß auf sie zu, bevor sie sich von dem Sturz erholt hatte und ihre Hände zur Abwehr heben konnte. Verdammt, sie war doch so nahe dran. Ihr erschrockener Aufschrei erstickte, verkam zu einem Röcheln. Mit dem Blut, welches aus der Halswunde strömte, floss das Leben aus ihrem Körper. Die Kraft schwand. Sie hatte getan, was sie konnte. Der Rest blieb ihnen überlassen. Sie mussten sie einfach schützen. Warum war sie darauf nur nicht vorbereitet gewesen? Dass der Angreifer die Daten an ihrem Computer löschte und den Raum verließ, erlebte sie nicht mehr.
 

Das einzige, das an diesem Abendessen ungewöhnlich war, war Mandarins Abwesenheit. Auch wenn es Schwierigkeiten gegeben hatte, war sie dennoch zu den gemeinsamen Mahlzeiten erschienen. Aber heute hatte sie sich abgekapselt. Die Jungs tauschten einen unauffälligen, bedeutungsvollen Blick untereinander. Das war eine Besonderheit zu viel. Suzie blieb schweigsam, was ebenfalls mit in Falten gelegter Stirn zur Kenntnis genommen wurde. Chily machte diese eigenartige, gespannte Atmosphäre nervös. Irgendetwas passierte heute noch. Daran hatte sie keinen Zweifel. Erleichtert sprang sie auf, als das Telefon klingelte. Nur weg von dieser unheimlichen Stimmung, welche Robin und April zu ignorieren versuchten. Weil die Hebamme noch mit dem Telefon am Ohr durchs Haus lief, räumten ihre beiden Freundinnen den Tisch ab. Saber wies Suzie an, im Wohnzimmer zu warten. Die Lagebesprechung sei nur aufgeschoben und würde stattfinden, sobald die Jungs Mandarin geholt hatte. Widerspruchslos setzte sich die Hochgewachsene. Die drei Freunde liefen zu Ramrod hinüber. Es war am wahrscheinlichsten, dass der Rotfuchs dort war und alle drei hatten ihr etwas zu sagen. Der Friedenswächter lag still da. Nichts deutete darauf hin, dass jemand an Board war. Die drei teilten sich auf. Fireball und Saber prüften die Unterkünfte. Colt hinkte in die Kommandozentrale, da die der Rampe am nächsten lag. Als sich die Tür öffnete, war der Raum vor ihm fast nur in Schatten gehüllt. „Mandy?“ Stille. Er hinkte hinein. Drei Schritte, dann sah er sie. Der Starcaptain lag am Boden hinter Aprils Satteleinheit, die Beine leicht angewinkelt, die Arme, als hätte sie sie gegen einen Angreifer erhoben und dann fallen lassen. Die Augen waren blicklos auf die Decke gerichtet. In ihrem Gesicht eine seltsame Mischung aus Verwunderung und Sorge. Links neben ihrem Hals dehnte sich eine riesige Blutlache aus. Der Cowboy schluckte hart. „Könnt ihr beiden einmal herkommen?“ rief er und humpelte näher zum Rotfuchs. „Was ist denn?“ fragte der Recke, der als erster angerannt kam. „Wir äh... brauchen eine neue Navigatorin, Saber. Mandy, sie ist...“ Colt musste noch einmal schlucken, als der die Augen wieder über die Kollegin gleiten ließ. Die Stofffalte am linken Stiefel sah etwas seltsam aus. Der Scharfschütze hockte sich hin. Saber blieb erschrocken hinter ihm stehen. Dann eilte auch Fireball herbei. „Was ist mit Mandy?“ – „Nicht hinsehen, Matchbox.“ Der Kuhhirte langte vorsichtig in die Innenseite des Schuhs und zog den Chip hervor. „Wir kommen zu spät“, erklärte er tonlos und schob das Fundstück in die Hemdtasche. Entgegen der Warnung trat der Rennfahrer zu ihnen. „Oh mein Gott, “ entfuhr es ihm. Geschockt starrte er auf Mandarin, reichte Colt aber noch abwesend die Hand um ihm wieder aufzuhelfen. „Langsam geht mir die Hutschnur hoch. Wir haben genug Freunde verloren, mir reicht es.“ Die Hand, mit der er die Krücke hielt, umschloss diese so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Die freie ballte Colt zur Faust. „Das muss ein Ende haben.“ Auch die Miene des Rennfahrers verdüsterte sich nach dem ersten Schreck. „Allerdings“, brummte er zustimmend. „Wer war als letztes hier?“ fragte Saber distanziert. Er musste sachlich bleiben, bevor die ganze Situation kollabierte. Kurz schloss er die Augen. Wer? Colt überlegt laut. „Chily meinte doch vorhin, dass Mandy schon seit heut morgen hier ist. Wir waren heute Vormittag hier. Chily hat Mittagessen hergebracht und danach... Suzie kam von hier zum Abendessen.“ Und dann folgte die Erkenntnis. „SUZIE!“ fauchte der Scharfschütze so finster, als würde er sie ohne weitere Diskussion lynchen wollen.
 

Bevor irgendeiner der Drei etwas sagen konnte, hörten sie Schritte, die schnell näher kamen. „Saber, Saber.“ Völlig aufgeregt und ganz außer Atem blieb Chily an der Tür zur Kommandozentrale stehen und rang nach Luft. „Jolene?“ Mit einem Satz war der Blonde bei ihr und versperrte ihr die Sicht auf den Raum. Ihre Aufregung hatte ihnen einen Schrecken eingejagt. „Mein Gott, was ist passiert?“ sprach der Recke die Frage für seine Freunde aus und musterte die Hebamme besorgt. „Ich“, keuchte sie. „Mein.“ Wieder holte sie Luft, legte sich die Hand auf die Brust, die von dem ungewohnten Sprint bebte, und hob den Kopf wieder. „Was ist hier los?“ wollte sie dann wissen, als sie einen kleinen Blick auf den Raum erhaschte. „Erzähl du zuerst, hier ist sowieso alles zu spät“, drängte Colt entschieden. Wenn etwas im Haus geschehen war, sollte sie endlich mit der Sprache raus rücken. „Ich war grad im Bad“, begann sie. „und ... egal.“ Sie wischte das Gesagte mit einer Handbewegung fort. „Mein Sanitätskoffer war nicht richtig zu, also hab ich ihn genauer angesehen.“ Sie musste noch einmal unterbrechen. „Ja?“ Zum ersten Mal verstand Saber die Angewohnheit des Piloten die Hebamme zu schütteln. Er war selbst gerade ungeduldig genug um es zu tun, beherrschte sich aber. „Ein Skalpell fehlt“, platzte sie dann heraus. Fireball warf einen Blick hinter sich und murmelte leise. „Das ist hier.“ Rasch schob Chily sich an dem Recken vorbei und trat in den Raum. Als sie Mandarin sah, schlug sie sich erschüttert die Hand vor den Mund. Tatsächlich lag ihr Skalpell auf der Brust der Ermordeten. Ironischer Weise ein offenkundiger Beweis, als wäre der Täter überzeugt, dass man ihn ohnehin nicht überführen würde. „Nein“, hauchte die Hebamme fassungslos. Der Scharfschütze musterte seine beste Freundin. Sie hatte geahnt, dass ihre Entdeckung wichtig sein konnte, ganz besonders in der augenblicklichen Lage und hatte umsichtiger Weise sofort Alarm geschlagen. Ihr Sanitätskoffer enthielt die gesamte Notfallausrüstung eines Rotkreuzhelfers und war für jeden frei zugänglich im Haus. Dass jemand mal einen Mord damit verüben würde, hatte sie ja nicht ahnen können. Moment. Im Haus? „April und Robin sind alleine!“ rief Colt entsetzt und humpelte so schnell er konnte aus der Kommandozentrale. Saber drehte seine Jolene von dem Anblick weg und nahm sie leicht in den Arm. Sie hielt sich kurz an ihm fest und zwang sich zur Ruhe. „Schon okay“, murmelte sie. „Colt hat Recht.“ Ein leichtes Nicken, dann folgten die drei dem Kuhhirten.
 

Colt hatte die Strecke zum Haus, trotz seiner momentanen Beeinträchtigung, schon halb zurück gelegt, als Saber, Chily und Fireball die Rampe herunter rannten. Plötzlich ergab alles einen Sinn, war klar, wer für all den Ärger verantwortlich war. Colt stürmte ins Haus. „Mädels?“ Seine Stimme verriet deutlich, dass etwas nicht in Ordnung war. Robin fuhr auf. „Colt, was ist los?“ Der hinkte sofort zu seiner Verlobten und schob sich wie ein Schutzschild vor sie. Sie, Suzie und April saßen im Wohnzimmer, jede auf einem der Sofas, die um den Fernseher standen. April hockten auf dem, das der Tür am nächsten war, die Lehrerin ihr gegenüber und die Hochgewachsene in der Mitte. Jetzt funkelte der Scharfschütze diese an. „Du elende Heuchlerin!“ spie er verächtlich aus. Er verzieh Freunden ja so einiges und hatte so gar für Lügen Verständnis, wenn man ihm erklärte, warum man die Wahrheit nicht hatte sagen können. Doch Verrat war für ihn absolut unverzeihlich. Kombiniert mit Mord, nun das war absolut indiskutabel. Suzie schaute ihn erstaunt an. „Bitte?“ Für diesen Überfall und diesen Vorwurf gab es für sie keinen erkennbaren Grund. Ehe sie jedoch etwas dazu sagen konnte, kamen aus die anderen Drei zur Küchentür herein gestürmt. „Es ist vorbei, Suzie. Hörst du, es reicht, “ erklärte Saber und schob sich ebenfalls leicht schützend vor Chily. Jetzt sprang die Beschuldigte entrüstet auf. „Wovon redet ihr?“
 

„Von meinem fehlenden Skalpell, dass in Mandys Hals steckte“, antwortete die ehemalige Sanitäterin und jetzige Hebamme einigermaßen sachlich. „Was?“ Auch die werdende Mutter hielt es nun nicht mehr auf dem Sitz. Sollte das etwa alles bedeuten, dass Mandarin tot und Suzie die Mörderin war? „Woher soll ich wissen, wie das in ihre Halsschlagader gekommen ist?“ schnappte diese sofort ungehalten wie immer, wenn Chily sie ansprach. Doch diese wurde gerade noch ruhiger. „Das hab ich nicht gesagt“, bemerkte sie leicht. Die Hochgewachsene biss sich auf die Lippe. „Aber das ist doch klar, oder? Es steckt in ihrem Hals, also war der Täter daran interessiert, die Schlagader zu treffen, “ gab sie zurück. „Man könnte auch versuchen die Luftröhre zu durchtrennen, “ stellte die Jugendfreundin des Scharfschützen fachlich fest. So viel Detektiv stecke in jedem um zu erkennen, dass Suzie sich selbst verraten hatte. Ihre Abneigung gegen die Hebamme hatte sie dazu gebracht, sich selbst zu denunzieren, denn wäre sie unschuldig, hätte sie nicht von der Halsschlagader wissen können. Ihr Versuch, sich raus zu winden, war für alle Anwesenden unglaubwürdig und ließ eine kühle Enttäuschung in ihre Augen treten, die alle auf Suzie ruhten. Gespannte Stille trat ein. Die Hochgewachsene fühlte sich bloß gestellt. „Warum hast du Mandarin das angetan? Wusste sie zu viel?“ platzte Colt heraus, dessen Enttäuschung langsam in Wut um schlug. „Hat sie die Stimme dekodiert? Raus gefunden, dass du die Botschaften hinterlassen hast?“ fragte Saber mit der nötigen Sachlichkeit. „Wie kommt ihr darauf? Seid ihr komplett verrückt, Jungs?“ schnappte die Gefragte beleidigt. „Weißt du, ich hab mich die ganze Zeit gefragt, wie Jean-Claude auf die Idee gekommen ist, Chily Herzchen zu nennen. Aber das ist er nicht. Das war deine Idee. Du hast nämlich genau wie Mandy gehört, dass ich gesagt hab, wenn meine Chily die erste Drohung gefunden hätte, wäre ihr das Herz in die Hose gerutscht. Das hat dich auf die Idee gebracht. Richtig?“ schoss der Cowboy ein ziemlich gutes Indiz hervor. „Du hast keine Beweise, Colt. Was bildest du dir ein? Die Drohungen können genauso gut von Mandy gewesen sein! Wie du grad gesagt hast, hat sie es auch gehört. War sie nicht in der Nacht, in der die dritte Botschaft gefunden wurde, im Haus unterwegs?“ wehrte sie ab. „Nein, sie saß auf der Veranda.“ Daran bestand für Saber von Anfang an kein Zweifel. „Und deswegen war ich es etwa, oder wie muss ich das verstehen? Ich war auf Ramrod und habe geschlafen! Ihr spinnt euch da was zusammen, weil ihr auf die Schnelle einen Schuldigen braucht. Aber nicht mit mir, “ rief die Hochgewachsene verärgert. „Es ist kein Problem für jemanden sich an Mandy vorbei zu schleichen, wenn es Nacht ist und sie sich die Augen aus dem Kopf heult, um dann durch die Vordertür rein zukommen. Und so brauchbar ist dein Alibi nicht, “ entkräftete nun Fireball ihre Aussage. Suzie quittierte das mit einer abwertenden Handbewegung. „Herrgott, ihr stellt euch an wie blutige Anfänger! Seid ihr schon mal auf die Idee gekommen, dass Mandarins Auftraggeber sie loswerden wollte? Natürlich nicht, es ist ja so viel einfacher, einen Schuldigen zu finden, wenn der noch lebt, “ wiegelt sie ab. Die ganze Zeit rannten die drei blind durch die Gegend und nun wollten sie auf einmal sich aller Tatsachen bewusst sein, als wären sie dabei gewesen? Nein, da mussten sie schon bessere Beweise liefern um diese schwerwiegende Anschuldigung aufrecht zu erhalten. „Weißt du, der Witz ist, dass du es selber zu gegeben hast“, bemerkte Colt. Wieder biss sich die Hochgewachsene auf die Lippen. Schon wieder relativ kurz nach einander, wie April feststellte. Sie kannte dieses Verhalten noch von früher, wenn die Freundin überlegt hatte, wie sie aus einer unangenehmen Situation entkommen konnte. Als sich die beiden vor dem Abendessen unterhalten hatten, hatte sich Suzie auch zweimal auf die Unterlippe gebissen. Wieso war April da nicht schon bewusst geworden, dass sie angelogen wurden? Zumindest wusste sie es jetzt. „Du spinnst dir da was zusammen, Viehtreiber. Bleib beim Kühe hüten, das kannst du besser, als die Arbeit eines Starsheriffs zu machen, “ gab die Hochgewachsene zurück und schob sich an der Sitzkante des Sofas entlang von dem Scharfschützen fort. „Du hast den Ablauf geschildert bevor wir die Idee hatten, wie es gelaufen sein könnte. Woher hattest du ihn? Weil du so clever bist, natürlich, “ konterte der zynisch. „Klar bin ich clever. Ich kann schließlich eins und eins zusammenzählen und Tathergänge rekonstruieren. Ihr Amateure habt das nie gelernt. Und nur deswegen bin ich jetzt Mandarins Mörder, oder was?“ Jeder im Raum war nicht nur bis zum äußersten gespannt, sondern auch besonders aufmerksam, wie man es oft üblicher Weise ist, wenn man sich in Gefahr wähnt. Dinge, die man für gewöhnlich nicht, oder nur unterschwellig, wahrnahm, fielen einem dann sehr deutlich auf. So entging auch niemand, dass Suzies Gegenargumente langsam in Beleidigungen überglitten. Wohl deshalb, weil ihr die Gegenbeweise langsam ausgingen.
 

„Du warst die letzte auf Ramrod. Vor dem Abendessen, “ stellte Colt fest und ließ der Verdächtigen kaum Zeit, sich Ausreden einfallen zu lassen. „Wie lange ist Mandy tot?“ fragte er dann. „Eine Stunde etwa, wenn man nach der Blutgerinnung geht. Also vor dem Abendessen, “ beantwortete Chily dies kompetent. „Ganz toll, Sherlock Holmes.“ Suzie rollte die Augen. „Und deshalb komme nur ich in Frage? Wo wart ihr denn alle?“ Hätte der Kuhhirte nicht über den flachen Couchtisch springen müssen, was er mit dem noch verletzten Bein nicht konnte, hätte er die Hochgewachsenen jetzt übers Knie gelegt. „Ja genau. Immer wieder hübsch Zweifel streuen. Immer auf die anderen zeigen und sticheln. Das hast du von Anfang an gemacht, damit wir uns in die Haare bekommen und das Wesentliche aus den Augen verlieren. Toller Plan, “ fauchte er sie grimmig an. „Wieso warst du es, die den Recorder gefunden hat?“ wollte Saber nun wissen. Nicht mehr lange und Suzie würde sich in ihren Lügen verstricken. Nur Colt verlor die Sachlichkeit für dieses Verhör gerade etwas aus den Augen. „Weil ich drüber gestolpert bin, vielleicht“, versetzte sie gereizt und ließ ihre Augen langsam über den Raum von einem zum andern gleiten. „Warum warst du so überrascht, als du erfahren hast, dass Colt die erste Drohung gefunden hat?“ schoss der Recke die nächste Frage hinterher. Dann folgte Colt „Warum hast du dir eigentlich nicht die dritte Botschaft durch gelesen?“ Suzie wich weiter zurück. „Was wird das jetzt? Ein Verhör?“ hakte sie nach, fühlte sich in die Ecke gedrängt. „Du bist mitten drin“, antwortete der Rennfahrer schneidend und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich warte auf eine Antwort auf irgendeine der Fragen“, bedrängte Colt die Verdächtige weiter und griff in die Hemdtasche. „Sonst schau ich mir das hier mal an.“ Er hielt den Chip, den er aus Mandarins Stiefel gezogen hatte in die Höhe. Suzie riss für den Bruchteil einer Sekunde die erschrocken die Augen auf. Oh sie hätte daran denken müssen, dass es eine Kopie gab. Aber sie hatte nicht. Sie hatte immerhin einen Menschen getötet, eine ehemalige Kollegin und Freundin. Das Adrenalin, das ihr dabei und danach durch den Körper gejagt war, hatte sie vergessen lassen, die Ermordete nach einem Doppel ihrer Arbeit zu durchsuchen. Jetzt gab es nur noch eine Chance dem ganzen hier zu entkommen und die stand neben ihr. April war so geschockt, von diesem Verhör, dass sie es zu spät bemerkte und in ihrem Umstand nützte ihr auch ihr schwarzer Gürtel nichts mehr.
 

Schon hatte die Hochgewachsenen sie mit dem linken Arm vor sich gezogen und drückte ihr mit der rechten Hand einen Blaster an die Schläfe. „Die Antworten gebt ihr euch schon die ganze Zeit selbst.“ Langsam schritt sie rückwärts zur Tür, immer die Jungs im Blick haltend. Denen war für einen Moment das Herz stehen geblieben. „Lass sie los“, rief Fireball und es klang fast flehentlich. Das waren seine Freundin und sein Töchterchen, die ungeborene Charlene. Wenn Suzie die beiden tatsächlich tötete, sollte sie ihn lieber auch erschießen, sonst konnte er für nichts mehr garantieren. Der Recke kam mit einem schnellen Schritt auf die große Blondine zu. „Mach keinen Unsinn. Lass sie gehen, “ beschwor er sie. „Und meine Lebensversicherung gleich mit? Für wie bescheuert haltet ihr mich?“ Wieder schob sie sich näher an die Tür. „Du gehst entschieden zu weit“, grollte Colt und umrundete mit Robin den Beistelltisch. Irgendwie mussten sie sie dazu bringen, von April ab zu lassen. „Lasst mich gehen und ihr kriegt eure Quotenfrau wieder“, erwiderte die kalt, verstärkt den Druck der Mündung auf Aprils Kopf, um ihre Entschlossenheit zu unterstreichen, und schob sich wieder näher zum Ausgang. „Wenn du sie nicht sofort los lässt, wirst du es bereuen“, drohte der werdenden Vater, doch das imponierte Suzie überhaupt nicht. „Du wirst es bereuen, wenn du nicht dort stehen bleibst, mein kleiner Rennfahrer. April soll doch nicht so enden, wie Mandarin, oder?“ erinnerte sie, mit einer Stimme, die so kalt wie der Polarwind war. Ihre Augen blickten nicht wärmer. Saber stand ihr am nächsten, hinter ihm, wie sein Schatten, diese Hebamme. Fireball hatte sich vor das Sofa geschoben, auf welchem die Schwangere zuvor gesessen hatte, dahinter war Colt immer noch das Schutzschild für seine Robin. „Warum? Was zahlen sie dir dafür?“ fragte der Recke und schob sich so dezent wie möglich näher an Suzie. „Du bleibst auch schön, wo du bist, Saber, wenn es keine Totgeburt werden soll“, warnte die sofort und er hielt in der Bewegung inne. „Es gibt wichtigeres als Geld“, fügte sie dann hinzu. „Ach ja, das hätte dann mit Gefühlen zu tun, aber so was scheinst du nicht zu haben, “ ließ Colt sich vernehmen und lenkte die Aufmerksamkeit auf sich. „Ein ganz schlauer bist du, wirklich.“ Sein wütender Blick rührte sie genauso wenig, wie der mal böse, mal besorgte des Rennfahrers. „Warum Suzie? Wir waren Freunde, “ flüsterte April hilflos und verängstigt. Sie hatte eine Freundin verloren. Sie konnte nur noch hoffen, dass sie nicht auch noch ihr Mädchen und seinen Vater verlor. „Er war da, hat mir das Leben gerettet. Das musst du doch am besten verstehen, April. Nicht nur der Aushilfspapa kann das, “ wisperte Suzie ironisch zurück. „Wer ist der Typ auf dem Foto?“ hakte Colt nach um Saber weiter die Möglichkeit zu geben, sich weiter an die Verräterin heranzuschleichen, da Fireball vor Angst um seine Freundin wie festgefroren war. „Ein alter Bekannter, du kennst ihn“, gab sie zurück. „Jean-Claude.“ Der Kuhhirte schlug sich mit der Hand an die Stirn. „Jetzt ist es amtlich. Liebe macht nicht nur blind, sondern auch blöd, “ erklärte er kopfschüttelnd. „Was glaubst du, wie weit du so kommst?“ fragte Saber. Suzie fuhr zu ihm herum und richtete den Blaster auf ihn. „Weit genug und jetzt bleib endlich stehen, wenn du nicht willst, dass euer Nesthäkchen Witwer wird, bevor er überhaupt noch trocken hinter den Ohren ist.“ Mit dem nächsten Schritt hatte sie die Tür erreicht. „Ohne die Pennyrile-Unterlagen hast gar nichts erreicht“, erinnerte der Recke sie und hob leicht die Hände. „Die werden wir schon noch bekommen, Säbelschwinger. Du bist nicht der einzige, der gut im Beschaffen von Informationen ist.“ – „Und wie viele deiner Freunde müssen dafür sterben?“ – „Ihr seid nicht meine Freunde.“ Mit dieser Antwort vernichtete Suzie den letzten schmalen Steg zwischen sich und den anderen. Es führte kein Weg mehr zurück. „Das ihr das nicht so ganz versteht, ist mir klar. Outrider haben sehr wohl Gefühle. Jean liebt mich. Er und seine Leute haben ein Recht auf würdiges Leben in ihrer Dimension. Das Alkalit bringt Leben in die Phantomzone. Es bedeutet eine Zukunft. Aber ihr habt darauf bestanden, die Mine zu behalten. Deshalb habt ihr uns leider keine Wahl gelassen.“ Sie funkelte Chily zornig an. „Wärst du nicht so selbstsüchtig gewesen, wäre alles anders gelaufen und Mandy würde auch noch leben. Aber ich krieg, was ich wollte. Verlass dich drauf.“ Damit löste sie den Griff um April und stieß diese auf den Rennfahrer zu um gleich darauf auf das Herz des Schotten zu zielen, der ihr viel zu nahe stand. Kaum war der Schuss gefallen, war sie zur Tür raus. Diese entstandene Verwirrung musste sie nutzen.
 

Die folgenden Sekunden schienen wie in Zeitlupe abzulaufen. Fireball fing April auf, ehe diese auf dem Boden aufkommen konnte. „Süße.“ Vorsichtig und rasch setzte er sie hin und erkundigte sich: „Ist mit dir alles okay?“ Sie nickte erschrocken. „Alles okay, glaub ich.“ Beide schauten zu dem Recken. Der hatte zeitgleich ganz geschockt „Jolene“ und Colt im selben Atemzug „Chily“ gerufen. Aber beide zu spät. Die Hebamme hatte sich in die Schussbahn geworfen und ging nun, die Hand instinktiv auf die getroffen Schulter drückend, in die Knie. Ein klägliches „Aua“ war alles, was der brennende Schmerz in der Wunde ihr zu wimmern erlaubte. „Jolene! Was ist mit dir? Wie schlimm ist es?“ Bestürzt stützte der Schotte seine Freundin. Sie nahm kurz die Hand von der Verletzung. Sofort blutete sie noch mehr, also presste sie die Hand wieder drauf. „Hat eine Arterie erwischt. Blutung abdrücken, “ diagnostizierte sie schwach und fragte im nächsten Moment. „Wie geht es April?“ Colt überwand ungeschickt und hastig das Sofa. „Ich mach sie kalt“, brüllte er und hatte kein Gehör für Robins. „Colt nicht.“ Schon war er aus der Tür, gefolgt von Fireball, dem sämtliche Sicherungen durchgebrannt waren. So einfach ließ er diese Suzie ganz sicher nicht davon kommen, nachdem die es gewagt hatte seine schwangere Freundin als Schutzschild zu nehmen und dann auch noch ausgerechnet Chily anzuschießen.
 

Er erreichte die Flüchtige gerade als sie in ihren Gleiter, der seit ihrer Ankunft immer im Vorhof geparkt worden war, klettern wollte. Er packte sie am Fußgelenk ehe sie sich in das Cockpit schwingen konnte und riss sie zurück. „Hier geblieben, du Miststück!“ Suzie spürte wie sie den Halt verlor und beinahe gnadenlos unsanft auf den Boden geprallt wäre, doch der Rennfahrer fing diesen Sturz noch halb auf und drückte sie rittlings ins Gras. Selbst jetzt konnte er eine Frau nicht einfach schlagen, was die Hochgewachsenen nutzte und ihren Blaster zog. „Schlechte Idee, Daddy. Lass mich los, “ forderte sie. Mit einer raschen Bewegung drückte er die Waffe auf den Boden. „Sonst noch Wünsche?“ Er hielt auch ihre andere Hand fest, so dass sie ihn mit der nicht angreifen konnte. „Nein, aber den setz ich durch“, faucht sie und zog ihr Knie hoch. Sie traf empfindlich. Gegen seinen Willen ließ er sie los. Sie schob ihn von sich, schnellte in die Höhe und richtete ihre Waffe auf ihn. „Ich hab es dir doch gesagt, Daddy.“ Ein Schuss hallte durch die Nacht. Suzie ließ den Blaster fallen, hielt sich die Hand, deren Gelenk nun getroffen war und sah sich um. „Keiner ballert dem schnellsten Daddy der Welt ein Loch in den Kopf, Drache!“ Fast grinste Colt schon. Vielleicht war er humpelnd nicht so schnell gewesen, aber immer noch rechtzeitig und Scharfschütze genug um das Schlimmste zu verhindern. Energisch und in Handschellen brachten sie sie in die Verwahrzellen auf Ramrod. Dann rannten sie ins Haus zurück.
 

Dort hatte Robin schon den Notarzt und die Polizei gerufen. Saber hatte mit einer Gefäßklemme die verletzte Ader abgedrückt und hielt Chily, die immer blasser wurde, auf seinen Knien. „Gleich kommt Hilfe, Jolene“, versprach er ihr. Besorgt hockten die Lehrerin und April bei ihnen. „Kann es sein, das sie zu viel Blut verliert?“ fragte Colts Verlobte. Der Recke schaute sie an und nickte leicht. „Wo bleibt der verdammte Arzt?“ Die Hebamme schlug immer wieder die Augen auf und zu. Jetzt schaute sie sich um. „Wo ist April?“ Die Gerufene krabbelte zu ihr. „Hier.“ Sie nahm die Hand der Freundin. „Keine Angst, Chily, alles gut.“ Die schloss noch mal kurz die Augen. Besser als alle anderen wusste sie, dass es die Hauptschlagader erwischt hatte. Wenn der Arzt nicht in den nächsten fünf Minuten hier war, war alles zu spät. Deshalb musste sie sicher gehen, dass ihre Patientin in gute Hände kam. „Du musst dir was merken ... Wenn ich ... Geh zu Doc Sanders ... der ist klasse, “ presste sie matt hervor. Saber lief es eiskalt den Rücken runter. „Du wirst gar nicht.“ Er unterdrückte energisch die Panik in sich. „Du kommst wieder auf die Beine, hast du mich verstanden, Jolene?“ Aber die war zu sehr auf April konzentriert. „ Hast du gehört April?“ Die nickte und schluckte ihre aufsteigende Angst hinunter, so gut es ging. „Zu wem sollst du gehen?“ hakte Chily nach um sicher zu sein. „Zu Doc Sanders“, antwortete die Gefragte leicht zitternd. Die Hebamme wollte wieder die Augen schließen. Alles war gerade so anstrengend. „Jolene! Sieh mich an, “ forderte Saber. „Bleib bei mir.“ Sie blinzelte zu ihm rauf. „Manapi.“ Unbeholfen kraftlos versuchte sie sich an ihn zu schmiegen. „Ich bin da, Jolene“, versicherte er und drückte ihre Hand. Sie lächelte leicht und streckte die Hand nach seiner Wange aus. „Bleibst du bei mir?“ Tränen brannten ihm in den Augen. „Ja, ich bleibe bei dir.“ Er drückte die erhobene Hand leicht zurück und hielt sie fest. „Ich gehe nicht weg, Jolene.“ Sie seufzte leise. „Ich würd wirklich gern mit dir ...“ Wieso musste ihr nur jetzt die Kraft ausgehen? Bald würde sie das Bewusstsein verlieren. „Das hat Zeit“, raunte er ihr zu. Sie sollte sich nicht bemühen, sondern sich schonen, bis der Arzt endlich da war. „Ich wollte nur, dass du es weißt“, flüsterte sie zurück. „Ich weiß es“, beruhigte er sie. Zufrieden schloss sie die Augen. So anstrengend. Einige Sekunden lang starrten alle, mit an gehaltenem Atem auf sie. Sie durfte nicht … Dann begriffen sie, dass draußen Sirenen heulten. Der Rettungswagen war da. Drei Minuten ehe es für die Bewusstlose endgültig zu spät war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Misano
2008-10-12T20:23:00+00:00 12.10.2008 22:23
Ich hab' mich köstlich amüsiert bei dem übersetzten Männergespräch, einfach herrlich. Aber dann - mein lieber Scholli, was für ein Schock!!! Dieser Mord, ich hatte also doch die richtige Verdächtige im Auge...
Von:  Turbofreak
2008-10-05T11:38:29+00:00 05.10.2008 13:38
Sister, du bist grausam!

Hörst du einfach an der spannendsten Stelle auf, das kannst du doch nicht machen... Aber sehr gut geschrieben, wirklich...

Mach ruhig weiter so *g*

Fühl dich gedrückt, auch wenn du verkühlt bist
Dein Schwesterherz


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