Zum Inhalt der Seite

Dämonisch

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Blut im Schnee

Hi Leute!

Wie schön, dass ihr euch noch an meine FF erinnern könnt!

Gute Nachrichten: Dieses Kapi ist seeeeehr lang.

Also viel Spaß auch.
 

@Run: Das an alten Legenden immer was wahres dran ist- das findet auch die Bergführerin, die in diesem Kapi vorkommt. Sie sagt also an einer Stelle fast genau das selbe wie du! *g*
 

________________________________________________________________________
 

Blut im Schnee
 

Irgendetwas blendete ihn. Blinzelnd und mit tränenden Augen blickte er in die Sonne, bevor er seine Lage leicht veränderte und somit dem lästigen Sonnenstrahl entging. Sein Blick fiel auf Mai hinab.

Und er war im ersten Moment sprachlos. Ihr Gesicht sah so mit sich und der Welt zufrieden aus, dass sie einfach nur niedlich wirkte. Völlig unbemerkt von ihm selbst schlich sich ein freches kleines Lächeln auf seine Züge, dass er, hätte er es bemerkt, wohl sofort beendet hätte. Jetzt erst sah er sich kurz um. Erstaunlich, er hatte irgendwann also doch noch Schlaf gefunden. Vorsichtig löste er sich von ihr und stand auf. Wenn Mai noch weiterschlafen konnte, würde er sie nicht daran hindern. Nach einem letzten Blick auf das schlafende Mädchen machte er sich auf den Weg zur Dusche.
 

Irgendetwas fehlte. Verschlafen tastete sie um sich- und wachte vollständig auf. Naru war nicht mehr da.Verwundert sah sie sich im Zimmer um,bevor sie aufstand um sich an zu ziehen. Als sie vorsichtig nach unten tappste, fand sie die restlichen drei Mitglieder schon beim Frühstück vor. John wünschte ihr sofort ein lächelndes Guten Morgen, während sie sich zu ihnen gesellte.

Naru hingegen legte schweigend sein Besteck beiseite und räusperte sich leise.

"Ich hatte gestern das.... Vergnügen.... unsere Klientin kennen zu lernen."

Dass ihn die seltsame Frau auf seinem Spaziergang regelrecht überfallen hatte, verschwieg er lieber.
 

Sofort hatte er die allgemeine Aufmerksamkeit der restlichen drei.

"Sie meinte, ihr Sohn sei von der Yuki Onna entführt worden, als er beim Wandern vom Weg abkam. Alle Suchaktionen blieben erfolglos... die Klientin will, dass wir mit einer Bergführerin das Gebiet erkunden, in die sich das sich die Dorfbewohner nicht hineinwagen."

Es fiel ihm sichtlich schwer, unvoreingenommen über den Fall zu sprechen. Trotz seiner Mühe konnte er nicht verhindern, sein Gesicht beim letzten Satz abfällig zu verziehen.

"Wann soll es losgehen?" fragte Lin sachlich, offensichtlich bemüht zumindest so zu tun, als wäre er völlig unvoreingenommen und ernst.

"Sobald wir fertig sind. Auch wenn der Fall ein wenig anders abläuft als sonst, seid vorsichtig. Yuki Onna hin oder her, die Berge sind auch so gefährlich."

Mai nickte nur. Deswegen hatten sie also feste Wanderschuhe mitnehmen sollen. Wirklich wunderbar. Als ob sie so sportlich wäre.
 

Gerade fragte sie sich, wie sie sich wohl am besten aus dieser Situation herauswinden konnte, als ihre Bergführerin eintraf. Dabei handelte es sich um eine junge, durchaus attraktive Frau mit strubbeligen kurzen braunen Haaren und, zu Mais Überraschung, grünen Augen. Nach einer freundlichen Begrüßung begutachtete die junge Frau ihre Ausrüstung und zeigte sich zufrieden. Nach einigen abschließenden Kleinigkeiten ging die Bergtour auch schon los. Da der Berg erstaunlich nahe am Ort lag, konnten sie nur ein beklagenswert geringes Stück mit dem Auto zurücklegen. Den Rest würden sie zu Fuß bewältigen müssen. Mai stand vor dem gewaltigen Berg und starrte mit einem mehr als mulmigen Gefühl hinauf. Und das sollten sie zu Fuß schaffen? Das schrie schon jetzt nach einem gewaltigen Muskelkater, obwohl sie doch noch garnicht wirklich angefangen hatten. Im Moment wäre sie weit lieber mit einer dampfenden Tasse Tee im Büro der SPR anstatt hier einen riesigen Felsbrocken zu erklimmen, auf dem zusätzlich in der luftigen Höhe auch noch Schnee herumlag. Aber sie war Narus Assistentin und das war wohl einer der schwersten Fälle der SPR. Also musste sie die Zähne zusammen beißen und durch.
 

Der Aufstieg war, kurz gesagt, die Hölle. Es war Steil und Felsig und Spitz, und zu allem Überfluss auch noch eiskalt. Während ihre Bergführerin keine Anzeichen von Ermüdung zeigte, hechelte Mai völlig atemlos hinterher, ihre schwere Ausrüstung und den blöden Job verfluchend. Wenigstens lauerte hier nicht auch noch ein mordlustiger Geist, der sie vielleicht von der nächsten, übrigens erschreckend nahen und furchtbar Steilen, Klippe hinunterstoßen wollte.

Mai war im Laufe der Wanderung dazu über gegangen sich darauf zu konzentrieren, einen Schritt vor den anderen zu setzen, ohne den lebensgefährlichen Abhang hinunter zu purzeln.

"Was zum Teufel hat der verschwundene Kerl hier oben überhaupt gemacht?" keuchte sie, mittlerweile mehr als nur verärgert über ihre derzeitige Situation.

Überraschender Weise meldete sich die Bergführerin zu Wort.

"Scheinbar hat er in alkoholisiertem Zustand eine Wette angenommen, von der er dann nicht mehr zurücktreten wollte."

"Was für eine Wette?" keuchte Mai, froh über die kurzweilige Ablenkung.

"Dass er in der Lage ist, ihnen den Kopf der Yuki Onna zu bringen." erwiderte sie schlicht.

"Idiot."

Die junge Frau zuckte nur mit ihren Schultern und ging weiter.Sie sah nicht so aus, als würde es ihr um den Vermissten besonders Leid tun.
 

Völlig verschwitzt und am Ende ihrer Kräfte kam Mai schließlich an der erwähnten Berghütte an, gerade als sie der Meinung war, nicht mehr einen Schritt weiter gehen zu können. Während John, Lin und Naru sich, ebenfalls von dem langen Aufstieg angestrengt und daher recht staksik, in der Umgebung umsahen, ging Mai sofort in das kleine Holzhäuschen. Und mehr als diese Bezeichnung verdiente es auch beim besten Willen nicht. Die Hütte bestand aus einem einzigen Raum mit Tischchen an der Feuerstelle und fünf Stühlen, also gerade ausreichend für die anwesenden Personen. In der Ecke waren mehrere Matten aufgestapelt, die wohl als Futons dienen sollten. Nur ein winziges Badezimmer befand sich nebenan, allerdings ohne fließend Wasser. Und Mai beschloss zeitgleich, dass sie heilfroh war, wenn sie diese Hütte wieder verlassen konnte.
 

Die Bergführerin, oder besser gesagt Midori, wie sie schließlich herausgefunden hatte, schichtete gerade geübt das Feuerholz auf und wandte sich nebenbei an das andere Mädchen.

"Und? Hast du gar keine Angst, dass die Yuki Onna deine Freunde holt?" fragte Midori leise lächelnd.

Mai schüttelte nur den Kopf.

"Meine drei Freunde glauben nicht an die Yuki Onna. Sie meinen, es wäre eine Märchengestalt. Und von einer Märchengestalt ist noch niemand entführt worden."

Midori wirkte erstaunt.

"Aber.... seid ihr nicht.... ich weiß nicht, Forscher für paranormale Ereignisse? Wie können sie da NICHT an die Yuki Onna glauben?!"

"Naja.... nur weil sie schon mit.... sehr außergewöhnlichen Situationen zu tun hatten, heißt das nicht, dass sie deswegen allen alten Legenden Glauben schenken."

Die Bergführerin wirkte jetzt ernsthaft besorgt.

"In jeder alten Legende steckt ein wahrer Kern! Wenn sie nicht an die Schneefrau glauben, sind sie leichte Opfer. Wir müssen sie sofort wieder herein holen!"

Mai kicherte leise.

"Also, leichte Opfer sind sie nun ganz sicher nicht. Wenn die Yuki Onna existiert, und sie sucht sich einen von den dreien aus.... na, dann muss sie aufpassen, dass sie dabei nicht vernichtet wird."

"Meinst du?" Midori wirkte nicht überzeugt.

"Ja, meine ich."
 

Gerade als Midori etwas erwidern wollte, kam John sichtbar gut gelaunt in die Berghütte.

Und als Mai schon fragen wollte, warum er so gute Laune hatte, fing der Priester auch schon an, über die wunderschöne Umgebung zu schwärmen.

Na, wenigstens hatte einer seine Freude bei diesem Ausflug. Seuftsend raffte sie sich zusammen und trat ebenfalls vor die Hütte. Schneidend kalte Bergluft wehte ihr ins Gesicht und sie leiß den Blick über die wilde Landschaft streifen. Und als sie so die Landschaft auf sich wirken ließ, drängte sich unwillkürlich der Gedanke auf, dass eine Yuki Onna hier erschreckend gut hineinpassen würde.

Widerwillig schüttelte sie die Besorgnis ab und ging wieder in die Hütte. Da es schon später Nachmittag war, konnten sie die Suche nach dem vermissten Mann erst am nächsten Tag starten. So klang der Abend sehr ruhig aus, da die Gruppe durch den anstrengenden Tag allgemein erschöpft war. Und deshalb machte es Mai schließlich auch nichts aus, dass ihr Abendessen aus der Dose kam und dass sie alle mit ihren Schlafsäcken auf den mehr oder weniger bequemen Matten am Boden schlafen mussten. Denn kaum hatte sie sich hin gelegt, war sie auch schon tief und fest eingeschlafen.
 

Schwerelos schwebte sie durch warme Dunkelheit, während leise schneeweiße Blütenblätter an ihr vorbei schwebten. Vor sich sah sie einen hellen Lichtfleck, auf den sie immer weiter zuzuschweben schien. Nach einer Weile konnte sie erkennen, dass der Lichtfleck eine Lichtung war, auf der sich zwei Personen befanden. Unwillkürlich musste sie Lächeln. Das war ein Liebespaar, dass sich gegenseitig lachend über die blumenübersähte Lichtung jagte. Das Lachen erstarb unter einem leidenschaftlichen Kuss, als der Mann die junge Frau schließlich einholte und mit seinem Schwung beide in das weiche Blumenmeer warf. Jetzt war sie nahe genug, um Gesichter zu erkennen. Und die Frau war wohl das schönste Mädchen, dass Mai je gesehen hatte. Ihre ebenholz schwarzen Haare schimmerten durch das Sonnenlicht leicht rötlich, und ihre mit dichten Wimpern besetzten, azurblauen Augen waren mit solch liebevoller Wärme auf ihren Gegenüber gerichtet, dass Mai das Gefühl hatte ihr Herz würde schmelzen. Sie trug einen rein weißen Kimono und startete die Jagt von neuem, indem sie sich geschickt aus den Armen des Mannes wand und erneut lachend mit bloßen Füßen über die Wiese rannte, umhersprang und sich wirbelnd im Kreis drehte. Als sie wieder schwer atmend in der Wiese lagen, tauschten sie solch ein inniges Liebesgeständnis aus, dass Mai die Tränen kamen. Und wärend Mai ihnen so mit den Augen folgte, wünschte sie dem Paar von Herzen alles Glück der Welt.
 

Plötzlich fiel ihr eine weitere Gestalt auf, die versteckt zwischen den Büschen lag und das glückliche Paar ebenso genau musterte. Allerdings waren seine Augen nicht freundlich auf das Paar gerichtet, sondern voller Hass und Neid. Unwillkürlich zuckte Mai zurück, während das Unbehagen in ihr stieg. Etwas war falsch. Völlig verkehrt. Die hasserfüllte Aura schien die wünderschöne Lichtung zu verzehren unt tauchte alles in völlige Schwärze. Doch bevor alle Blütenblätter verschwanden, hörte sie den verzweifelten Schrei einer jungen Frau. Dann herrschte Stille, die nur durch ein unangenehmes leises Tropfen durchbrochen wurde. Und dem Geruch von Blut.
 

Ein wenig verwirrt und orientierungslos schreckte sie in die Höhe. Leicht zittrig strich sie eine ihrer wirren Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah sich verwundert um. Alle außer ihr waren schon wach- wie peinlich. Also raffte sie sich mühsam auf und tappste ins eiskalte, provisorische Badezimmer und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Wenn sie das jetzt richtig einordnete, war das einer DIESER Träume gewesen. Aber die hatte sie doch eigentlich nur, wenn sie mit einem ihrer Fälle zusammenhingen, oder? Also stellte sich die Frage: Wer war diese wunderschöne Frau gewesen? Und warum war sie gestorben? Weiters: Sie hatte einen blütenweißen Kimono getragen. War es also möglich, dass das die Yuki Onna gewesen war? Aber die Yuki Onna war nur ein Märchen. Oder? Sollte sie Naru von ihrem Traum erzählen? Würde er ihr überhaupt glauben? Und welch schrecklichen Ereignisse hatten diese verliebte junge Frau in ein männermordendes Monster verwandelt??? Falls es tatsächlich die Yuki Onna gewesen sein sollte- was zu bezweifeln war. Immerhin war die Legende der Yuki Onna schon so alt- ihre Kräfte konnten die Zeit sicher nicht so außer Gefecht setzen. Wahrscheinlicher war, dass sie die Geschichte der jungen Frau aufgeschnappt hatte, die eben irgendwo hier in der Gegend gelebt hatte. So einigermaßen beruhigt wandte sie sich ihrem ausgewachsenen Muskelkater zu.
 

Mit verzerrter Mine versuchte sie, ihre schmerzenden Muskeln zu lockern. Wunderbar, einen Muskelkater hatte sie gerade noch gebraucht. Als ob die Wanderung nicht schon so anstrengend genug werden würde.

Mit steifen Schritten trat sie schließlich aus dem Badezimmer und packte ihre Tagesausrüstung in ihren Rucksack, bevor Midori sich an die Gruppe wandte.

"Also, heute werden wir die Suche starten, obwohl wir den Vermissten wahrscheinlich nurnoch tot bergen können, wenn überhaupt. Am Abend werden wir wieder in der Hütte sein. Trennt euch nie, ich widerhole NIE von der Gruppe. Solltet ihr doch verloren gehen, dann bleibt auf der Stelle wo ihr seid und wartet, bis ich euch wider hole, ansonsten verirrt ihr euch nur in den Bergen und erfriert. Wenn ihr auf mich wartet, haltet euch mit auf der Stelle laufen, springen und ähnlichem in Bewegung, damit euer Körper warm bleibt. Und auch wenn ihr müde werdet, dürft ihr unter keinen Umständen einschlafen, klar? Sonst wacht ihr nämlich nicht mehr auf. Noch Fragen?"

Einstimmiges kopfschütteln antwortete ihr.

"Gut. Falls irgendwer nicht mehr weiter kann, werden wir umdrehen. In den Bergen hier gilt, zu allererst auf die eigene Sicherheit zu achten. Na dann los."
 

Und ein weiterer, anstrengender Gewaltmarsch begann. Mai achtete nicht auf die foranschreitende Zeit, sondern nur darauf, den Anschluss an die Gruppe nicht zu verlieren. Ihre Glieder schmerzten, sie fühlte sich müde und ausgelaugt und an den unterschiedlichsten Körperstellen war ihr abwechselnd heiß oder kalt.
 

Zu Mittag machten sie eine kurze Rast, die Mai sofort dazu nutzte um hinter dem nächsten Hügel einem dringenden Bedürfnis nach zu gehen. Denn so etwas ähnliches wie ein richtiges Klo würden sie erst am Abend wieder haben. So verfluchte sie die Berge und verrückte Klientinnen, bevor sie sich widerstrebend fügte und es so machte, wie es in der Steinzeit wohl gang und gebe war.

Auf ihrem Rückweg ließ sie allerdings eine Bewegung stutzen, die sie gerade noch so in den Augenwinkeln bemerkte. Erschrocken fuhr sie herum und starrte mit klopfendem Herzen auf eine weiße Schneefläche vor sich. Hier war es so kalt, dass sie schon öfter an kleineren Schneefeldern vorbei gekommen waren. Aber dieses war das bisher größte. Während ihrer Wanderung hatte sie den Schneefeldern keine Beachtung geschenkt, es sei denn sie waren durch gelaufen. Aber dieses hier war irgendwie anders. Alle Härchen ihres Körpers stellten sich auf, als sie ihren Blick genauer umherschweifen ließ. Irgendetwas war hier gewesen. Sie schluckte schwer und wollte ihren rasenden Pulsschlag beruhigen, als sie das leise Knirschen von Schnee hörte. Als würde jemand darüber laufen. Das hämmern ihres Herzen dröhnte mittlerweile lauter in ihren Ohren als das tatsächliche Geräusch.

Sie versuchte über sich zu lachen. Was allerdings sehr zittrig war.

"Sei nicht albern, Mai." sagte sie zu sich selbst.

"Die Berge und die Geschichten machen dich noch verrückt!"
 

Gerade wollte sie sich umdrehen, als sie auf der weißen Schneedecke einen Makel entdeckte. Ein roter Tupfen. Wie der wohl hier her kam? Einen Moment schweifte ihr Blick richtung Lager zurück, bevor sie sich dem roten Ding langsam und mit zittrigen Schritten näherte. Es gab hier nichts zu fürchten, außer ihrer eigenen Phantasie. Wenn sie dem roten Tupfen jetzt nicht auf den Grund ging, dann würde sie sich später Horrorgeschichten ausspinnen. Wahrscheinlich war es irgendeine Beere, die ein vorrüberlaufendes Wildtier verloren hatte. Die Spuren des Tieres waren vom Wind verwischt, die Beere war geblieben. So etwas musste es sein. Also lief sie vorsichtig über die weiße Schneedecke und zerstörte so das reine Weiß endgültig. Sie ging vorsichtig in die Hocke- und der Tupfen war verschwunden. Ungläubig streckte sie ihre Hand in den Schnee und strich die Oberste Schicht beiseite. Hier war es doch gewesen? Verwirrt griff sie tiefer- und fasste in etwas nasses, warmes. Erschrocken Luft holend zug sie ihre Hand zurück und starrte darauf. Sie war rot. Rot vor Blut. Ein erschütterter Schrei entfuhr ihr, und sie stolperte hastig zurück. Aus dem Loch, dass ihre Hand in dem Weiß des Schnnees hinterlassen hatte, sprudelte auf einmal Blut hervor, das sich, eine Lacke bildend, immer weiter ausbreitete. Das schaurige Ereignis wurde von einem kalten, gespenstischem Kichern abgerundet.
 

"Mai!"

Naru kam auf sie zu gelaufen und blieb perplex stehend. Mai saß zitternd mitten auf einem völlig unberührtem Schneefeld. Und nichteinmal ihre eigenen Fußspuren waren auf dem reinen Weiß zu entdecken. Allerdings war sie viel zu weit darin, um die Distanz springend überwinden zu können. Einen Moment fragte er sich kurz, wie sie dorthin gelangen konnte wo sie war, ohne Spuren auf der Schneedecke zurück zu lassen. Dann allerdings überwiegte die Sorge und er lief weiter auf sie zu und schüttelte sie sanft, während die Anderen, die ebenfalls angelaufen kamen, erstaunt am Rand stehen blieben.

"N-Naru. Blut... so viel Blut...."

Dann fiel sie ihm um den Hals und weinte. Diesem allerdings war etwas aufgefallen und löste vorsichtig eine ihrer Hände von seiner Jacke. Und er erstarrte.

"Mai..." seine Stimme hatte einen seltsamen Unterton.

"Mai, deine Hand."

Vorsichtig und zitternd linste sie auf ihre Hand und erstarrte. Ein leises und entsetztes Kecuchen kam ihr über die Lippen, bevor sie sich in den Schnee fallen ließ und hastig das Blut von ihren Fingern rieb.

Als sie fertig war, half Naru ihr wieder vorsichtig auf die Beine und wandte den Blick zurück auf den winzigen Haufen roten Schnees. Und der rote Schnee verblasste, immer weiter und weiter, bis schließlich jegliche rote Färbung verschwunden war. Mai sah das allerdings nicht mehr. Und er würde sich hüten, sie darauf aufmerksam zu machen.
 

Midori, die alles schweigend beobachtet hatte, meldete sich schließlich zu Wort.

"Wir sollten für heute besser umkehren. Yuki Onna -sama will nicht, dass wir weiter gehen."

Naru runzelte skeptisch seine Stirn, ein Blick auf Mai ließ ihn allerdings zustimmen. Sie war blass, wenn auch gefasst, aber sichtlich ängstlich. Den gesamten Rückweg über hielt Naru sich eng bei ihr, worüber Mai äußerst dankbar war. Doch auch als sie die Hütte erreichten, konnte sie sich nicht sicher fühlen. Sie waren hier oben nur umringt von Bergen und Schnee. Und das hier war das Reich der Schneefrau.

Erst nach einem Tee kam Mai langsam wieder zur Ruhe und berichtete in kurzen Zügen was geschehen war.

Zögerlich und stockend setzte sie dann auch ihren Traum nach.
 

Als sie schließlich vorsichtig zu ihrem Freund nach oben linste, fühlte sie sich erleichtert. Seine Mine war nachdenklich und sie konnte es sozusagen als seine Geiserjäger-Mine einordnen. Er hatte angefangen, den Fall ernst zu nehmen. Und das bedeutete, dass es der Schneefrau höchstwahrscheinlich an den Kragen ging.

"Mai, du solltest dich ausruhen. Wenn es dir besser geht, versuche noch etwas über den Fall herauszufinden. Lin, du bleibst bei Mai und beschützt sie. Was den Rest angeht- wir werden weiter suchen."

Midori konnte nur ungläubig aus der Wäsche glotzen, als die vorher reichlich unwillige und träge Gruppe plötzlich Feuer fing.

Die vorher zutiefst erschrockene Mai hatte sich wieder völlig unter Kontrolle und ein entschlossenes Funkeln trat in ihre Augen, während der Rest der Gruppe schon so abgebrüht war, dass sie nichteinmal unruhig wirkten. Und Midori beschloss, dass sie anscheinend Profis vor sich hatte. Also hinterfragte sie Narus Anweisungen nicht, sondern führte die jetzt geschrumpfte Gruppe weiter durch die Berge.
 

Mai hingegen brühte sich noch einen Tee auf, bevor sie einmal tief Luft holte und sich mit einem Buch auf der Matte sinken ließ. Was für ein Glück, dass sie es mitgenommen hatte. Zuerst hatte sie es verflucht, da es ihren Rucksack noch ein wenig schwerer gemacht hatte, aber jetzt war sie wirklich ausgesprochen froh, es mitgenommen zu haben. Das lesen beruhigte sie auf eine seltsame Art und Weise. Zusätzlich lenkte es sie ab. Als sie sich wieder völlig im Griff hatte, legte sie es schließlich entschlossen zur Seite und rollte sich auf ihrer Matte ein, um weitere Informationen zu gewinnen. Und durch den Schrecken und die anstrengenden Wanderungen, schlief sie tatsächlich bald ein.
 

Wieder schwebte sie durch warme Finsternis, bevor sich die Szene vor ihr klärte. Wieder war es das Liebespaar, doch der Mann wirkte besorgt.

"Mein verehrter Herr hat Interesse an dir bekundet."

"Schön für ihn." antwortete die junge Frau trotzig.

"Er ist gefährlich. Du solltest ihn nicht auf die leichte Schulter nehmen. Viele behaupten, er hätte Zauberkräfte."

Die junge Schönheit schnaubte nur leise.

"Ja, Zauberkräfte namens Geld. Und Macht."

"Wenn er sich entschließt, dass er dich haben will, dann kann ich dich nicht vor ihm beschützen, meine Schönheit."

Jetzt wurde sie doch langsam besorgt.

"Dann... Dann müssen wir sein Einflussgebiet verlassen." meinte sie langsam.

"Du willst fliehen? Bist du von Sinnen? Der einzige Weg führt durch die Berge! Hast du eine Ahnung wie gefährlich das ist? Weisst du denn garnicht, dass die Berge im letzten Winter mehr Männer getötet haben als alle wilden Tiere zusammen?!"

"Also willst du mich den Fängen deines Herrn überlassen?"
 

Der Mann wirkte unsicher und biss sich nachdenklich auf die Lippe.

"Gut. Wir treffen uns eine Stunde vor dem nächsten Sonnenaufgang. Der Winter kommt in den Bergen früher... wenn wir es schaffen wollen, müssen wir so früh wie möglich los. Zieh dich so warm wie möglich an und sammle Proviant bis wir uns wider sehen. Ich muss jetzt zum Herrn."

Er fasste sie an den Händen und lehnte seine Stirn an ihre.

"Mögen die Götter uns beistehen, mein Herz."
 

Das Liebespaar verblasste vor ihren Augen und Mai segelte wieder durch die Dunkelheit, bis sie schließlich ihre Augen aufschlug. Direkt neben ihr, an dem kleinen Tischchen saß Naru über die Unterlagen gelehnt, die Lin schriftlich zusammengetragen hatte, während er mit Mai auf der Hütte hatte bleiben müssen. In Ermangelung eines Laptops hatten diesmal Papier und Stifte genügen müssen. Vorsichtig stand sie auf und setzte sich neben Naru.

"Und?" fragte er nach einer kurzen Pause schließlich.

"Naja... es ist nicht viel, was ich herausfinden konnte. Aber immerhin etwas."

Naru hob den Blick von den Unterlagen und sah sie abwartend an, bis sie schließlich wieder ihren Traum nacherzählte. Naru schrieb schweigend mit und nickte ab und zu kurz.
 

"Und ihr? Konntet ihr etwas herausfinden?" fragte sie schließlich neugierig.

"Nein. Aber das wird sich möglicherweise bald ändern."

"Wieso?"

"Bisher hat die Yuki Onna hauptsächlich Männer angegriffen. Also passen zur Abwechslung einmal Lin, Brown-san und ich besser in die Opferrolle als du."

Mai, die nicht wusste ob sie gegen die ironische Anspielung protestieren oder sich um ihre Freunde sorgen sollte, schloss etwas griesgrämig den Mund.

"Entschuldigung dass ich sonst immer so gut in die Opferrolle passe!"

Tatsächlich lächelte er schmal. Normalerweise hätte sie sich darüber gefreut, wenn es kein spottendes Lächeln gewesen wäre. Und wenn er jemand anderen aufgezogen hätte.

So stand sie erhobenen Hauptes auf, angelte sich ihr Buch und wollte an ihm vorbei stolzieren, während er sie, immer noch leicht spöttisch lächelnd, an den Händen fasste und zu sich zog.

"Ich frage mich nur..." fing er nachdenklich an, und das spöttische Grinsen war verschwunden.

"Warum hat sich die Yuki Onna dich als ihr erstes Opfer ausgesucht, wo du doch offensichtlich nicht in ihr Beuteschema passt?"

Mai schwieg erstaunt. Das war eine überaus berechtigte Frage.

"Egal wohin wir kommen, irgendwie bist du für jeden mordlüsternen Geist eine interessante Beute."

"Höre ich da etwa Sorge?" fragte Mai erstaunt.Tatsächlich seuftste er leise, während er sie noch ein wenig näher zu sich zog.

"Ich wäre ein Narr, würde ich mir keine Sorgen machen. Vielleicht sollte man einmal erforschen warum mordlustige Geister so auf dich anspringen, es in Flaschen abfüllen und als Lockmittel verwenden. Das würde vielen Geisterjägern unnötige, tagelange Warterei ersparen."

"Schön, dass mein Pech so praktisch für Geisterjäger ist." antwortete sie pikiert.

Und schon war das schmale, spöttische Lächeln wieder da.
 

Aber irgendwie konnte sie ihm deswegen einfach nicht böse sein. Er lächelte selten genug, da hieß sie mittlerweile auch ein spöttisches Lächeln willkommen. Immerhin konnte sie die Gelegenheiten, bei denen Naru ehrlich und wirklich erfreut gelächelt hatte, fast an einer Hand abzählen. Wenigstens wusste sie mittlerweile halbwegs, warum er sich immer so eisern im Griff hatte: Schuld waren, einmal mehr, seine enormen Kräfte. Da die Kräfte bei den meisten Menschen, so auch bei Naru, mit Gefühlen eng zusammenhingen, hatte er sehr schnell lernen müssen sich im Griff zu haben. Sonst hätte es ohne Umstände passieren können, dass er, sollte er in einem Fensterladen etwas sehen dass ihm gefiel, ohne sein zutun mit seinen Kräften unabsichtlich die Scheibe zertrümmerte, weil sich sein Begehren auf den Gegenstand dahinter richtete. Allerdings hatte er sich mittlerweile solch eine eiserne Selbstbeherrschung antrainiert, dass soetwas nicht mehr geschehen konnte. Auch hatte er, da er seine Kräfte mittlerweile besser kannte und sie dementsprechend einsetzen und lenken konnte, nahezu vollständig unter seiner Kontrolle. Laut Lin war wohl nurnoch ein schweres Trauma dazu in der Lage, ihn auch nur annähernd die Kontrolle verlieren zu lassen. Aber da ihm seine gesamte Jugend über notwendiger Weise bedingungslose Selbstbeherrschung eingebläut worden war, war sie zur Gewohnheit geworden. Und Gewohnheiten aus frühen Jahren wurde man bekanntlich nur schwer wieder los. So hing sie in Gedanken den Informationen nach, die sie Naru und Lin nur stückchenweise hatte entlocken können. Natürlich hatten Luella und Martin auch einen Gutteil ausgeplaudert, was ihr eine große Hilfestellung gewesen war.

Ein leises Seuftsen von Narus Seite ließ sie wieder in die Realität zurückkehren.

"Obwohl ich nicht abgeneigt bin mich weiter von dir anschmachten zu lassen...-" fing er wieder mit diesem schmalen, spöttischen Lächeln an.

Mai indessen zuckte leise zusammen. Hatte sie ihn die ganze Zeit über angestarrt?!

//Oh Gott, wie peinlich!// dachte sie verlegen und lief rot an.

".... muss ich jetzt wieder an die Arbeit." vollendete er seinen Satz.

Hochrot und zu verlegen um einen passenden Kommentar abzugeben, stand sie wieder auf und entfernte sich von Naru.
 

Wieder klang der Abend recht ereignislos aus. Da Mai gerade erst geschlafen hatte, war es auch unmöglich sich jetzt schon wieder hin zu legen. Gelangweilt blätterte sie in ihrem Buch herum oder versuchte ein Gespräch aufkommen zu lassen. Naru und Lin waren unmöglich zu einer Unterhaltung zu bringen, da sie mit den wenigen Daten, die sie bereits über ihren Fall hatten, vollauf beschäftigt waren. So studierten sie eine Karte dieser Gegend und berieten, wo die Suche wohl am sinnvollsten war. Midori saß an der Feuerstelle und legte Holz nach, während sie eine Fertigsuppe über dem Feuer aufwärmte, die an diesem Abend wohl ihre Mahlzeit darstellen sollte.John hingegen sah genauso gelangweilt aus wie sie selbst, weswegen er sich Mais Buch ausborgte und genauso lustlos darin herumblätterte wie das Mädchen vor ihm. Seuftsend setzte sie sich an den Kamin und starrte in das Feuer, in der Hoffnung die Zeit so schneller tot zu schlagen.
 

_____________________________________________________________________________



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (9)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: LostChild666
2011-05-23T14:20:34+00:00 23.05.2011 16:20
Präkognition ist manchmal schon sehr hilfreich. ^^
Ein schönes kapitel, sehr ausgewogen dieses Mal. Ich hoffe, es geht spannend weiter. ^^

LG,
lostChild666
Von:  Annie
2010-10-21T19:14:37+00:00 21.10.2010 21:14
ich wär schreind weggelaufen xD
auf auf und davon xD

ne ;) tolles kapitel und bis zum nächsten dann

lg tonia :)
Von:  Kirika88
2009-12-02T04:03:32+00:00 02.12.2009 05:03
wow!!! Echt super geworden! Kanns kaum erwarten bis es weiter geht!! LG, Kirika.
Von: abgemeldet
2009-09-29T04:57:26+00:00 29.09.2009 06:57
hi!!!!:) ich finde dieses kapitel echt supi (und den rest der ff auch^^) ich hoffe du schreibst bald weiter , denn ich möcht unbedingt wissen wie es weiter geht
lg yuuki0 ♥♥♥:)
Von:  Lilly0207
2009-09-17T17:09:50+00:00 17.09.2009 19:09
Huhu,
ich habe die FF in einem Rutsch durchgelesen und finde sie echt gut.
Hoffentlich schreibst du weiter ich möchte echt wissen was noch alles passiert und wie es aus geht.
Lilly0207
Von: abgemeldet
2009-09-10T18:49:50+00:00 10.09.2009 20:49
Hi:)Endlich ein neuer Kappi...
hmmm wie immer sehr gut gemacht, ich bin wirklig gespannt was dieser Fall mal auf sich hat :P
Alles war sehr gut, ich wuerde mich nur freuen wenn mehr romantische Sachen zwischen Mai und Naru stattgefunden hatten :)
Schreib schnell weiter und ich warte auf ENS...

deine miki15

Von:  -salira-eki-
2009-08-27T13:19:31+00:00 27.08.2009 15:19
Juhuuu ein neues kapi ^^
das war mega \°w°/ und diesmal so laaaaaang
einfach toll, mai kann einen machmal echt leid tun besonders weil sie immer von einem fettnäpfchen in das andere stolpert =3
du bist supi
mach so toll weiter

geisterhaftes knuddelchen
von salichen

Von:  thundergirl
2009-08-24T17:51:09+00:00 24.08.2009 19:51
huhu
also ich fand das Kapitel echt geil ;)
der Schluss hat mir am besten gefallen

bin gespannt wie es weiter geht
hoffe du schreibst schnell weiter

lg thundergirl
Von: abgemeldet
2009-08-24T11:57:26+00:00 24.08.2009 13:57
Jup, die Länge war monstermäßig *fg*
Also ich fand das Kapitel - bis auf einpaar winzig kleine Rechtschreibfehler - echt gelungen. Wir gesagt, nur winzig kleine. Haben beim Lesen nicht gestört und den Textfluss auch nicht unterbrochen.

Die Story war sehr gelungen. Vor allem der letzte Teil, wo Mai nicht einmal auffält, dass sie Naru dieganze Zeit anstarrt. Konnte ich mir sogar bildlich vorstellen.

-Run-


Zurück