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Der Schöne und das Biest [ 2 ]

von

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Schon bevor ich zuhause ankam, machte sich das schlechte Gewissen in mir breit, denn im Grunde wusste ich ja, dass Kaya es auf eine seltsame, eigene Art und Weise nett gemeint hatte.

Mir war wirklich zum Heulen zumute, denn erst dieser Horrortrip durch den Sex-Shop und dann noch der Streit mit Kaya… Das war alles zu viel gewesen.

Ich schaute auf die Uhr, bevor ich den Schlüssel in der Haustür umdrehte und dachte mir, dass Kamijo noch nicht zuhause sein durfte. Schließlich war es erst siebzehn Uhr gewesen. Ich war auch recht froh darüber, denn so hatte ich Zeit ein geeignetes Versteck für mein ‚Häschen-Starter-Set’ von Kaya zu finden.
 

Betrübt schloss ich also die Tür hinter mir nach Betreten des Hauses und seufzte schwer. Ich schüttelte mir die Schuhe von den Füßen, zog meine Jacke aus und als ich mich dann umdrehte, schrie ich kurz erschrocken auf, da Kamijo plötzlich vor mir stand. Aufgrund meines Schreis, wich dieser ebenfalls erschrocken zurück und legte eine Hand an seine Brust.
 

„Was ist das denn für eine Begrüßung?“, fragte er mit großen Augen und atmete tief durch.

„Schon zuhause?!“, fragte ich panisch zurück und sah ihn mit nicht minder großen Augen an. Umgehend verschwand die schwarze Plastiktüte hinter meinem Rücken…

„Die Frage wollte ich dir auch gerade stellen… Ist alles in Ordnung?“, wollte er mit besorgtem Blick wissen und küsste mich kurz. Ich schluckte schwer und versuchte mich an einem kläglichen Lächeln.

„Ähmmm… Ja! Ja, alles gut! Alles bestens. Ich… ähm… muss nur ganz, ganz dringend duschen! Jetzt sofort. Du entschuldigst mich also?“, sagte ich aufgeregt und ab und zu stotternd, was mich wohl ziemlich verriet. Kamijo verschränkte seine Arme und bekam wieder diesen skeptischen Blick, der mich zu durchbohren schien.
 

„Hizaki?“, sagte er erneut mit diesem mahnenden Unterton und ich senkte meinen Kopf tief.

„Was ist los?“, fragte er und ich schluckte schwer.

„Nichts!“, beteuerte ich und traute mich kaum ihn anzusehen.

„Was ist da in der Tüte?“, versuchte Kamijo es also mit einer anderen Frage und ich zuckte stark zusammen. Das durfte er niemals erfahren…

„Jetzt muss ich aber wirklich los!“, rief ich aufgeregt und rannte an ihm vorbei die Treppe nach oben. Ich kam allerdings nicht weit, da Kamijo mir beängstigend schnell hinterher sprang und mich von hinten umklammerte, als er mich eingeholt hatte. Wir sanken auf der Treppe zu Boden und ich versuchte verzweifelt mich von seinem Griff zu lösen.
 

„Nein, nein, nein!! Du darfst nicht gucken!“, rief ich, während mir das Blut ins Gesicht schoss und kämpfte mit ihm um die Tüte.

„Warum nicht? Ist es eine Überraschung?“, fragte Kamijo misstrauisch und ich antwortete schnell:

„JA! Es, es ist eine Überraschung! Du hast in sieben Monaten Geburtstag und ich habe jetzt schon was gefunden! Gut, oder?“

„Hm.“, machte Kamijo weiterhin skeptisch, ließ aber von mir und der Tüte ab. Ich atmete erleichtert auf und presste die Plastiktüte fest an meinen Körper, bevor ich etwas wackelig auf den Beinen aufstand.

„Also! Ich… ich werde nun duschen. Dann komm ich wieder zu dir, ja?“, sagte ich und hoffte, dass Kamijo nachgeben würde. Das Misstrauen stand ihm weiter ins Gesicht geschrieben, doch er nickte und seufzte:
 

„Na schön. Ich bin dann im Wohnzimmer.“ Er zuckte mit den Schultern, drehte sich um und lief langsam die Treppe hinunter. Ich atmete tief ein und aus und war heilfroh da noch glimpflich herausgekommen zu sein. Wie hätte ich Kamijo dieses ganze Zeugs auch erklären sollen? Der wäre womöglich noch auf die bösesten Gedanken damit gekommen. Ich eilte also schnell in unser Schlafzimmer und musste die Tüte mit den Sachen aus dem Sexshop wohl oder übel an diesem Ort verstecken. Sonderlich viel Auswahl hatte ich leider nicht, doch dann kam mir die rettende Idee: Kamijo würde wohl kaum an meine Kleider gehen, also hängte ich die Tüte über einen Kleiderbügel, zog gekonnt eines meiner Kleidchen darüber und das Versteck war perfekt. Na ja, fast, aber was Besseres fiel mir in diesem Moment leider nicht ein.
 

Da das mit dem Duschen ja nur eine Ausrede war und ich auch eigentlich keine Lust dazu hatte, schleppte ich mich langsam ins Wohnzimmer und ließ mich wie ein nasser Sack neben Kamijo fallen. Ich kippte zur Seite und lehnte mich seufzend an meinen Freund. Dieser legte einen Arm um mich und streichelte mich sanft.

„Du hast doch etwas auf dem Herzen, Hizaki. Das sehe ich genau! Und wieso bist du schon zurück? Ist etwas mit Kaya passiert?“, fragte Kamijo ruhig, aber auch ein wenig besorgt. Ich wusste, dass ich ihm ja doch nichts vormachen konnte und ich wollte ihn mit seiner Sorge auch nicht so im Dunkeln tappen lassen.

„Der Tag war die Hölle. Und ich hab mich mit Kaya gestritten.“, gestand ich also murmelnd und seufzte erneut. Ich kuschelte mich enger an Kamijo und krabbelte fast schon auf seinen Schoß, da ich seine warme Nähe einfach brauchte nach diesem anstrengenden Tag.
 

„Oh, das klingt wirklich nicht schön. Was ist denn passiert?“, wollte er wissen und streichelte mich weiter. Ich biss mir fest auf die Unterlippe und vergrub mein Gesicht in seinem weichen Pullover, da mir die Tränen kamen.

„Ach Hizaki…“, seufzte Kamijo bemitleidend und dann kam auch schon mein Nervenzusammenbruch. Ich begann herzzerreißend und wohl übertrieben zu weinen, schluchzte bitterlich und ließ mich von Kamijo trösten. Irgendwann löste ich mich aber von ihm und wedelte aufgeregt mit meinen Händen vor meinen Augen, in der Hoffnung, dass ich die Tränen so stoppen konnte.
 

„Tut – Tut mir Leid, ich – ich bin so eine Heulsuse.“, schluchzte ich und schluckte schwer. Ich legte eine Hand an meinen Mund und sah Kamijo verzweifelt an. Dieser küsste meine Stirn und versuchte mir mit den Fingern sanft die Tränen weg zu wischen.

„Ist schon gut, Hizaki. Habt ihr euch denn so sehr gestritten, hm?“, fragte er ruhig und streichelte mir beruhigend durch das Haar.

„Mh-Mh.“, verneinte ich und schüttelte langsam meinen Kopf. „Der ganze Tag… war nur einfach so schlimm für mich. Ich bin so… so komisch, Kamijo! Oder Kaya ist einfach komisch. Ich hab’ keine Ahnung. Vielleicht sind wir auch beide komisch. Ach, es war so schrecklich, Kamijo! Aber ich wünschte, ich, ich würde es nicht so schrecklich finden, verstehst du?“, redete ich wirr und sah Kamijo weiter verzweifelt an, während mein Körper mit jedem Schluchzen stark zusammen zuckte. Kamijo lächelte mich schief und entschuldigend an und sagte leicht lachend:

„Sei mir nicht böse, aber ich verstehe gar nichts! Eins nach dem anderen, Prinzessin.“
 

Ich holte tief Luft und wischte mir die letzten Tränenreste aus dem Gesicht. Dann stand ich auf, griff nach Kamijos Hand, um ihn von der Couch hoch zu ziehen und zog ihn hinter mir her. Mein Herz raste, doch ich musste ihm wohl doch davon erzählen, um es los zu werden. Ich war gespannt auf seine Reaktion, doch Angst hatte ich natürlich auch ein wenig…

Ich lief also zum Kleiderschrank mit Kamijos neugierigem Blick im Rücken und atmete tief durch, bevor ich die schwarze ominöse Plastiktüte aus dem Schrank holte. Dann verzog ich wütend mein weinerliches Gesicht und knallte ein Teil nach dem anderen auf das Bett.
 

Das hat er mit mir gekauft! Und das! Und das! Und das auch!“, klagte ich und verschränkte die Arme, nachdem alles auf dem Bett lag. Ich sah Kamijo mit zusammen geschobenen Augenbrauen und verzweifeltem Blick an. Er starrte nur die Sexspielzeuge und das Zubehör wie eingefroren an, bis er sich schlagartig eine Hand auf den Mund presste und mich ebenfalls verzweifelt ansah. Er schien die Luft anzuhalten, um nicht in lautes Gelächter zu explodieren, also rollte ich mit den Augen, seufzte schwer und murmelte beleidigt: „Jaja, lach nur, los.“
 

Dann kippte Kamijo auf dem Bett auch schon zur Seite und lachte, wie ich ihn in meinem ganzen Leben noch nie habe lachen sehen. Ich stand hilflos da und konnte nicht fassen, wie er reagierte. Immerhin versuchte er seinen Lachanfall im Kissen zu ersticken, doch es brachte nicht viel. Es dauerte eine Weile, bis das amüsierte Lachen Kamijos verstummte und er sich langsam wieder aufsetzte. Er grinste noch immer, räusperte sich kurz und kicherte nur noch ein Mal leise, bevor er eine Hand ausstreckte und sagte: „Komm her, Hizaki.“

Ich seufzte wieder und setzte mich also zu ihm. Was würde nun folgen? Eine Gebrauchsanleitung oder ein Aufklärungsgespräch meines Freundes? Ich war schrecklich peinlich berührt.
 

„Jetzt habe ich eine ungefähre Vorstellung davon, wie schlimm es für dich gewesen sein muss. Ich kenne dich schließlich. Ach Hizaki…“, seufzte er mit einem sanften Lächeln und zog mich in seine Arme. Ich vergrub wieder meinen roten Kopf an seiner Brust und schwieg.

„Du brauchst dieses ganze Zeug nicht. Wobei…Mh, das behalten wir mal.“, murmelte Kamijo und ich drehte meinen Kopf mit großen Augen über die Schulter, um zu sehen, was er denn bitte davon behalten wollte. Er streckte sich etwas und stellte die Flasche mit dem Gleitgel auf den Nachtschrank. Mein Kopf glühte und ich schluckte schwer. Aber eines Tages sollte ich wohl froh darüber sein, doch das beruhigte mich in diesem Moment nicht sonderlich.
 

„Und was ist das?“, hörte ich Kamijo dann fragen und er griff nach einem anderen Fläschchen. „Oh, das klingt auch nicht schlecht! Und es ist ‚harmlos’. Kaya hat dir Rosenöl für die Badewanne mitgegeben.“, lächelte er, nachdem er die Flasche genauer gemustert hatte und ich löste mich leicht von ihm, um sie mir auch anzusehen.

„Eine schöne Idee für unsere freien Tage oder was meinst du?“, flüsterte Kamijo mit seinem sanften Lächeln und nun musste auch ich wieder lächeln.

„Ja. Warum eigentlich nicht?“. murmelte ich verlegen und schmuste mich wieder an meinen Freund. Dieser legte beide Arme um mich und streichelte mich beruhigend mit seinen Händen.

„Und wie seid ihr nun auf die Idee gekommen in diesen Shop zu gehen? Oder war das etwa dieser ach so tolle neue Laden in den ihr wolltet?“, fragte Kamijo ungläubig und wieder kam ein Seufzen über meine Lippen.

„Nein, natürlich nicht! Wie… wie soll ich dir das erklären… Na ja, Kaya wollte mir ‚helfen’, weil er meinte, dass ich zu verklemmt sei und… und er sagte, dass du mir fremdgehen wirst, wenn wir nicht… na ja… also…“, druckste ich herum und bekam einen Kloß im Hals bei der Vorstellung meiner Worte. Kamijo drückte mich plötzlich von sich, um mich mit großen, empörten Augen ansehen zu können.
 

„Das hat er gesagt?! Aber du hast ihm ja wohl nicht geglaubt, oder? …Mh, sonst wärst du wohl nicht mit in diesen Laden gegangen.“, seufzte er und senkte kurz resignierend den Kopf. Dann schaute er mich ernst an und ich schluckte schwer. „Hör mir mal zu, Hizaki: Es ist alles in Ordnung und es ist auch nicht schlimm, dass wir noch nicht miteinander geschlafen haben. Ganz egal, was Kaya dir da auch für einen Mist erzählt. Vertrau mir da bitte.“

Und umgehend fühlte ich mich mies. Es hatte wirklich keinen Grund gegeben sich auf Kayas tolle Idee einzulassen. Kamijo liebte mich schließlich und ich hätte es besser wissen sollen, als mein bester Freund.
 

Ich lächelte Kamijo erleichtert und mal wieder den Tränen nah an, bevor ich murmelte: „Danke.“ Anschließend beugte ich mich vor und küsste ihn liebevoll.

Ich hatte wohl wirklich den perfekten Prinzen als Freund und steckte mich in die Schublade der glücklichsten Menschen der Welt. Es gab wirklich nichts zu beklagen und seine kleinen Macken wie seine Arroganz beispielsweise, von denen merkte ich seit wir zusammen lebten kaum noch etwas. Kamijos und meine Beziehung war genau so, wie ich sie mir immer erträumt hatte! Romantisch, harmonisch, liebevoll… Ich könnte stundenlang so weiter schwärmen!

Alles schien perfekt, bis zu jenem Tag, wo die andere Seite der glänzenden Medaille allmählich zum Vorschein kam…
 

Kamijo und ich freuten uns riesig über seine freien Tage an denen es sogar das Wetter sehr gut mit uns meinte.

Eines Morgens wachte ich früh vor Kamijo auf und begann meine Überraschung für ihn vorzubereiten. Er tapste irgendwann vollkommen verwirrt in die Küche und schaute nur noch verwirrter, als er sah, dass ich einen Obstsalat zubereitete und Rührei in der Pfanne briet.
 

„Hizaki, weißt du, wo alle hin sind? Ich wollte Takuya eben fragen, ob mein Anzug schon aus der Reinigung gekommen ist, aber ich konnte weder ihn noch die anderen finden! Was machst du da?“, fragte er und schaute mir über die Schulter.

„Das nennt man Obstsalat. Und das, das ist Rührei.“, erklärte ich leicht grinsend und sah aus den Augenwinkeln, dass Kamijo die Augen verdrehte.

„Nein! Tatsächlich? …Aber jetzt mal ehrlich, Hizaki.“, bat er und legte sein Kinn auf meiner Schulter ab.

„Ich habe alle in den Urlaub geschickt!“, erzählte ich fröhlich und hielt ihm eine Erdbeere vor die Nase.

„Du hast was?!“, rief Kamijo empört, aß dann aber die Erdbeere und löste sich etwas von mir. „Das gibt’s doch nicht. Da stelle ich Personal ein, damit wir mehr Zeit füreinander haben und uns um nichts kümmern müssen und du schickst alle in den Urlaub, wo ich doch frei habe!“, sagte er verständnislos und fasste sich an den Kopf.
 

„Ganz genau! Mund auf.“, grinste ich und hielt ihm dieses Mal ein Stück Banane hin. Er aß es brav und sah mich immer noch verwirrt an. „Ich esse zwar sehr gern, was deine Köche da immer alles zaubern, aber ich will dir beweisen, dass ich auch gut kochen kann! Und zusammen kochen kann tierisch Spaß machen! Kennst du den Spruch nicht? Liebe geht durch den Magen. Also: Mund auf!“, klärte ich meinen Freund endlich auf und fütterte ihn weiter mit Obst.
 

„Aber musstest du dafür gleich alle wegschicken? Wer putzt nun?“, fragte Kamijo verzweifelt und schien wohl noch immer nicht ganz angetan von meiner Aktion. Ich rollte mit den Augen und seufzte: „Auch das kann ich und wir werden es ja wohl schaffen das Haus in ein paar Tagen nicht vollkommen einzusauen, oder?“

„Hm. Ist was dran.“, begann Kamijo endlich nachzugeben und schaute wieder neugierig, was ich denn da alles mit dem Essen machte. Dann grinste er und schlang die Arme von hinten um mich.

„Du bist unheimlich süß, weißt du das?“, lachte er dann und küsste mich auf die Wange. Ich freute mich das zu hören und wurde etwas rot. Seine Worte zauberten mir wieder ein verliebtes Lächeln auf die Lippen und ich rührte etwas unnütz in meinem Salat herum, während ich Kamijos Umarmung genoss. Plötzlich klingelte das Telefon und Kamijo seufzte, als er mich loslassen musste, um schnell zum Telefon zu eilen.
 

Ich bekam große Ohren und lauschte neugierig, während ich mich weiter um das Essen kümmerte, wer es denn wagte Kamijo in seinem Urlaub anzurufen. Arbeitskollegen trauten sich das selten. Ich bemerkte auch schnell, dass es niemand von der Arbeit war, denn Kamijo lief grinsend mit dem Telefon auf und ab, während er sagte:

„Hey, wie geht’s dir? …Haha, ja, wem sagst du das. Wie hast du raus bekommen, dass ich Urlaub habe? …Hm? Nein, lange natürlich nicht. …Achso, verstehe. Kann ich dich nachher zurückrufen? Kann ich jetzt so spontan nicht sagen. Alles klar. Ich melde mich dann später bei dir! Bye!“

Kamijo legte grinsend das Telefon weg und lief zu mir zurück. Ich begann den Tisch im Esszimmer zu decken und fragte neugierig:
 

„Wer war denn da?“

„Ach, das war Kisaki! Er hat mich mal wieder gestalkt und heraus gefunden, dass ich Urlaub habe.“, erzählte er und half mir tatsächlich den Tisch zu decken. Meine Neugier war natürlich noch nicht befriedigt, denn das konnte ja noch nicht alles von ihrem Gespräch gewesen sein:

„Achso! Und? Was wollte er?“, fragte ich und lächelte lieb, nachdem wir uns gesetzt hatten.

„Wow, das sieht wirklich lecker aus!“, staunte Kamijo über mein selbst gemachtes Frühstück, bevor er antwortete:

„Na ja, er hat zufällig auch gerade Urlaub und fragte, ob wir nicht mal weggehen wollen oder so. Aber ich gehe natürlich nicht mit ihm weg! Wir wollten schließlich schöne Tage miteinander verbringen.“
 

Er zwinkerte mir kurz zu und begann zu essen. Ich schluckte leicht und war hin und her gerissen. Einerseits war ich froh, dass Kamijo bei mir bleiben wollte, aber ich dachte daran, dass es ihm sicher auch mal gut tun würde mit seinen Freunden etwas zu unternehmen. Und da sowohl er als auch Kisaki schwer beschäftigte Workoholics waren, sahen sie sich sicher recht selten. Außerdem ging ich auch oft mit Kaya weg, deswegen entgegnete ich:
 

„Du solltest auch was mit ihm unternehmen, finde ich! Er freut sich bestimmt und wir haben doch noch genug von deinen freien Tagen.“ Kamijo kaute eine Weile und sah mich unsicher an. Nachdem er sein Essen herunter geschluckt hatte, sagte er zögernd:

„Ja, aber… ich weiß nicht. Ist das wirklich in Ordnung? Ich fühle mich schlecht, wenn ich dich hier alleine lasse, obwohl ich frei habe.“ Er sah kurz nachdenklich in die Obstsalatschüssel, hob dann aber seinen Kopf an und lächelte: „Komm doch mit! Dann unternehmen wir zu dritt was! Vielleicht hat Kaya ja auch Lust mitzukommen? Oder Tomozo?“
 

Es rührte mich sehr, wie Kamijo an mich dachte und versuchte mich mit allen Mitteln bei sich zu haben und es mir gut gehen zu lassen. Ich schüttelte aber sanft lächelnd den Kopf und sagte:

„Mh-Mh. Ihr solltet allein etwas unternehmen. Außerdem habe ich noch Streit mit Kaya. Und Tomozo… Ach, den sehe ich doch oft genug, wenn du arbeiten musst. Mach dir einen schönen Nachmittag mit Kisaki! Du musst dich auch mal um deine Freunde kümmern, nicht nur um mich.“ Kamijo atmete tief durch und lächelte schief.

„Na schön. Du hast wohl Recht. Dann gehe ich heute Abend mit ihm weg, ist das in Ordnung? Einen ganzen Tag halte ich gar nicht mit ihm aus.“, lachte er und ich nickte.

„Ist gut! Grüß ihn lieb von mir.“, bat ich und wir aßen in Ruhe weiter.
 

Den Rest des Tages verbrachten wir hauptsächlich im Garten aufgrund des schönen Wetters und ließen es uns in der Sonne gut gehen, bis Kamijo sich ausgehfertig machte.

„Kann ich so gehen? Ich finde das Hemd zu übertrieben für die Arbeit, deswegen trage ich es nie, aber so zum Ausgehen finde ich es nicht schlecht.“, grübelte Kamijo, der vor dem Spiegel stand und sich von allen Seiten kritisch musterte. Ich saß auf dem Bett und lachte leise. Seine Eitelkeit war manchmal wirklich niedlich und es freute mich, dass ihm meine Meinung so viel wert war. Er trug ein schwarzes Hemd mit leichtem Brokatmuster, dazu seine geliebte Lederhose und silbernen Schmuck.
 

„Du siehst gut aus! Aber vielleicht solltest du noch ein Jackett anziehen. Dann bist du auch hundertprozentig mit Kisaki im Partnerlook.“, kicherte ich und er grinste mich über die Schulter an.

„Wir sind eben wichtig! Und wichtige Menschen tragen Jacketts. Und Sonnenbrillen, egal zu welcher Tageszeit.“, sagte er und setzte übertrieben cool seine Sonnebrille auf. Ich lachte wieder, stand auf und lief zu ihm hin, um den Kragen seines Hemdes zu richten.

„Ich wünsche dir viel Spaß und wenn ihr Alkohol trinkt, lässt du bitte dein Prollauto im Parkhaus und kommst mit dem Taxi!“, bat ich sicherheitshalber, denn ich wusste, dass Kamijo nur ungern sein ‚Baby’ irgendwo alleine stehen ließ. Er lächelte mich an, nahm meinen Kopf zwischen die Hände und küsste mich zärtlich.
 

„Mach dir keine Sorgen. Ich bleibe auch höchstens zwei Stunden und falls es doch länger sein sollte, rufe ich an.“, sagte er leise gegen meine Lippen und küsste mich erneut. Ich seufzte und schmiegte mich anschließend an ihn.

„Nein, nein, nein! Du schaust weder auf die Uhr noch rufst mich an, außer im äußersten Notfall. Hab einfach Spaß, Kamijo. Ich schnappe mir gleich eine Packung Eis und schaue mir einen guten Film an. Ich bin also beschäftigt.“, versuchte ich meinen Freund zu beruhigen, der daraufhin tief durchatmete und langsam nickte. Seit wann war er nur so anhänglich? Aber ich genoss es irgendwo und wäre wohl auch traurig gewesen, wenn er nicht so ein Theater gemacht hätte, um mal ehrlich zu sein.
 

Ich begleitete Kamijo also zur Tür, verabschiedete mich liebevoll von ihm und winkte ihm sogar noch, als er mit dem Auto die Straße entlang fuhr. Man hätte auch meinen können, dass wir ein altes Ehepaar waren.

Dann lief ich wieder in das Haus, warf mich mit meinem Eis gemütlich auf die Couch und schaute also einen unterhaltsamen Film. Die ganze Zeit versuchte ich mir vorzustellen, wie Kamijo sich wohl unter Freunden verhielt. Er redete schon am Telefon anders mit Kisaki als er mit mir immer redete. Nicht mehr ganz so malerisch und melodisch, sodass jedes Wort wie ein Lied klang. Irgendwie lockerer. Und ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass sie irgendwo bei Kerzenschein einen französischen Wein tranken, wie es wohl Kamijos Image gerecht werden würde.
 

Ich schaute nachdenklich in meinen Eisbecher. Wie viel kannte ich denn nun eigentlich von dem wahren Kamijo? Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er vor mir lediglich den perfekten, fleißigen und anmutigen Prinzen zeigte, aber das war doch wohl nicht alles an ihm, oder?

Was, wenn der wahre Kamijo vollkommen anders war? Und wollte ich das wirklich herausfinden?

Ich bekam Bauchschmerzen von diesen Gedanken, denn ich fürchtete mich davor mich in sein Image und nicht in Kamijo selbst verliebt zu haben. Aber wenn er mir doch nichts anderes von sich preisgab, was blieb mir denn übrig?
 

Aber vielleicht kannte doch nur ich den wahren Kamijo und alles andere war Fassade. Der Gedanke beruhigte mich etwas, ich hielt ihn jedoch nicht für sonderlich realistisch. Kamijo war vielseitig, das bekam ich ja selbst schon am eigenen Leib zu spüren, wenn er beispielsweise vom Prinzen zum Vampir umpolte und mich überfiel.

„Gott, dieser Mann!“, seufzte ich aufgebracht und ließ mich zur Seite fallen. Im selben Atemzug fiel mir auf, dass ich kaum etwas über ihn privat wusste. Über seine Familie, seine Ängste und Träume, einfach was er so dachte, was ihn bewegte, all solche Dinge wusste ich nicht. Und dennoch schimpfte ich mich seinen Partner? Das schien mir irgendwie nicht richtig. Ein Partner sollte doch nahezu alles über sein Gegenstück wissen, um es zu verstehen und unterstützen zu können, oder?
 

Und ich wollte einfach mehr wissen, als das, was er doch eh einfach im Internet oder in Zeitschriften von sich preisgab. Geburtsort, Größe, Sternzeichen, Gewicht, Lieblingsmarke… Was ist das schon? Das sind keine Informationen, mit denen man behaupten kann „Ich kenne diesen Menschen“. Und Kamijo war wie ein riesiges Dungeon aus einem Playstationspiel, mit tausenden Fallen und Schätzen und Überraschungen bis zum Schluss. Gab es für ihn auch eine Komplettlösung?

Ich merkte, dass meine Gedanken sich überschlugen, seufzte schwer und versuchte mich auf den Film zu konzentrieren. Das gelang mir natürlich nicht, weshalb ich schwer seufzte und meinen Unterarm über meine Augen legte.
 

Kamijo Yuuji. Es würde wohl niemals aufhören, dass ich mir den Kopf über ihn zerbrach. Aber ich nahm mir fest vor das Dungeon in Angriff zu nehmen und so viel wie möglich von Kamijo kennen zu lernen. Meine Neugier kannte keine Grenzen und ich nahm das Risiko in Kauf womöglich auch auf unangenehme Dinge zu stoßen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Astrido
2010-09-06T17:02:16+00:00 06.09.2010 19:02
sehr schönes kapitel. ich mag, dass hizaki ihm gleich das zeug gezeigt hat. hätte ich ihm nicht zugetraut.

Von:  Asmodina
2010-09-05T19:19:11+00:00 05.09.2010 21:19
Ich liebe deine Geschichte^^^...bitte schreib weiter.


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