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Gin x Whiskey

written by crazypark & me
von
Koautor:  Crazypark

Vorwort zu diesem Kapitel:
BIG LOVE @ SKH_Ludwig_2 und abgemeldet! Komplett anzeigen

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Operation Bunny

Kapitel 15 - Operation Bunny
 


 

Jin
 

Die Straßen Shibuyas waren Freitag abends gut gefüllt mit gackernden Teenagern, genervten Angestellten, die von ihren anstrengenden Chefs flüchteten, Müttern, die neben überquellenden Einkaufstüten ihre plärrenden Bälger in Kinderwagen vor sich herschoben und Touristen, die ungläubig starrten, als wären sie auf einem weit entfernten Planeten gelandet.

Während ich mich durch die brodelnde Menge schob und krampfhaft meinen Rucksack umklammert hielt, kamen mir zum ersten Mal Zweifel am bevorstehenden Unterfangen. Ich konnte mich nicht erinnern, beim Vögeln je andere Missionen als bloße Befriedigung oder die Festigung von Geschäftsbeziehungen gehabt zu haben. Jemanden flach zu legen, um an Informationen zu gelangen, war ein völlig neues Gebiet, auf das ich mich begab. Dementsprechend angespannt war ich, als ich das Love Hotel betrat, in dem ich mich mit Miura verabredet hatte.

Der Botschaftersohn war nicht auf den Kopf gefallen. Auch wenn ich es ungern zugab, aber Koki hatte damals recht gehabt, als er behauptete, dass ich nur naive Dummchen abschleppte. Bei meinen gewöhnlichen Bettbekanntschaften musste ich mich nicht groß anstrengen, damit diese alles für mich taten. Ich bezweifelte, dass es diesmal ähnlich einfach werden würde.

Unser Zimmer für den Abend hatte ich im Voraus gebucht, damit ich noch Gelegenheit hatte, eher einzuchecken und die Kamera zu installieren, bevor mein Opfer aufkreuzte.

Nachdem ich die nötigen Vorbereitungen getroffen hatte, begab ich mich nach unten, um draußen noch eine zu rauchen und auf mein Date zu warten.

Was hatte der kleine Scheißer bloß geplant? Bereits am ersten Tag an der Academy hatte er Stunk gemacht und nun operierte er offenbar im Geheimen an seinem Aufstieg. Wir wussten nur, dass sein Vater in China sein Unwesen trieb, seine Schulakte allem Anschein nach geschönt wurde und er in Johnnys Gunst stand, was niemals ein gutes Zeichen war. Mich beschlich das ungute Gefühl, dass er vorhatte, sich in unserer Schule dauerhaft einzunisten. Wozu sonst sollte er so viel Aufwand betreiben? Um lediglich Mitschüler bloßzustellen, hätte er weiterhin Brieftaschen klauen können.

Ich musste den Deppen einlullen und auf meine Seite ziehen, um sein eigentliches Vorhaben zu erfahren. Keine einfache Angelegenheit. Zur besseren Umsetzung hatte ich einige Alkoholflaschen besorgt und Gnade ihm Gott, der Idiot tat einen auf Nichttrinker.
 

Ein paar Minuten vergingen, bis sich das zarte Reh aus der Masse an Leuten hervorschob und neben mir zum Stehen kam.

„Sorry für die Verspätung“, entschuldigte er sich leicht gehetzt.

„Steigert nur die Vorfreude“, zwinkerte ich und drückte die Zigarette aus. „Wollen wir?“

Sein Nicken deutete ich als Ja und betrat als erstes die kleine Eingangshalle. Wie es sich für ein Hotel dieser Art gehörte, war alles unter Verschluss und nicht einmal der Rezeptionist war zu sehen. Lediglich die Hände konnte man erspähen. Der Rest der Person war von verdunkeltem Glas verdeckt. Ich konnte mir definitiv angenehmere Arbeitsplätze vorstellen.

„Den Schlüssel habe ich schon geholt“, informierte ich Miura und ging den mir vertrauten Gang zu unserem Zimmer für die nächsten Stunden entlang. Tatsächlich kannte ich mich hier gut aus, da ich des Öfteren mit Ueda oder dem Aufriss der Nacht hier eingekehrt war.

Ich schloss die Tür auf und betete zu allem, was mir heilig war, dass der hässliche rosa Plüschhase mit der eingebauten Kamera auf dem Nachtschrank nicht auffallen würde.

„Mach's dir bequem“, riet ich meinem schweigenden Gegenüber und schälte mich schon mal aus allen unnötigen Klamotten. Besser ich ging gleich zur Tat über, bevor ich noch mehr verbale Glanzleistungen von mir gab. Scheinbar teilte Miura nicht meine Meinung, als er seine Jacke ordentlich aufgehängt hatte und fragte: „Warum ausgerechnet ich?“

Weil du blöd genug warst, mir auf den Sack zu gehen.

„Was meinst du?“

„Du könntest doch jeden an der Schule haben.“ Das Bübchen trat mir gegenüber und musterte mich mit seinen forschenden Augen. Ich wusste nicht zu sagen, wonach er auf der Suche war. Alles, was ich momentan wollte, war mich mit ihm die Waagerechte zu begeben und nur noch Stöhnen aus seinem Mund zu vernehmen. Aber allem Anschein nach war das Verhör in vollem Gange.

„Wahrscheinlich. Aber wer sagt, dass ich das will?“

„Macht mich das zu jemand Besonderen?“

Auf jeden Fall zu jemanden, der besonders geistreiche Fragen stellte. Wenn das so weiter ging, bereute ich meine Kaufentscheidung von vorhin. Hätte ich mal lieber zum Vodka statt zum Prosecco gegriffen.

Ich hätte es schon am Mittwoch ahnen müssen. Ihn rumzubekommen war viel zu einfach gewesen. Kein Kerl mit so einem Ego ließ sich ohne Wenn und Aber besteigen. Kamenashi war diesbezüglich das Paradebeispiel.

„Ich lasse mich nicht mit jedem ein“, antwortete ich diplomatisch.

„Du weichst meiner Frage aus“, durchschaute er mich sofort. Ich grinste schief und zuckte mit den Schultern. Es war wohl besser die Diplomatie über den Haufen zu werfen und gleich in Gefechtsstation zu gehen.

„Was soll ich sagen? Ich fand dich schon an deinem ersten Tag an der Schule scharf und wollte dich ins Bett kriegen und vor zwei Tagen konnte ich dem Drang nicht länger widerstehen. Wie dir vielleicht aufgefallen ist, gehöre ich nicht zu den geduldigsten Menschen.“

„Ist mir nicht entgangen“, lächelte nun auch er. „Was hast du sonst noch geplant außer mich zu ficken?“

„Kamenashi brechen“, antwortete ich aus einem Impuls heraus und biss mir gleich darauf auf die Zunge. Er hatte mich mit seinem beiläufigen Ton eiskalt erwischt und ich hatte nicht nachgedacht, was meine Worte bewirken könnten.

„Dahingehend haben wir zumindest ein gemeinsames Vorhaben.“ Ich versuchte, nicht erleichtert aufzuatmen. Das hätte auch in die Hose gehen können. Irgendwie hatte ich mir die ganze Aktion zu einfach vorgestellt. Es wurde Zeit, Abhilfe zu schaffen.

„Ich hab uns was mitgebracht“, sagte ich und zog zwei Flaschen Prosecco aus meinem Rucksack. „Ich hoffe, du magst es spritzig.“

Statt zur Flasche griff er mir beherzt in den Schritt, sodass ich Mühe hatte, mir mein Aufjaulen zu verkneifen.

„Das ist die Rache für das letzte Mal und dafür, dass du mich an meinem ersten Tag so bloßgestellt hast.“

Verdammt, er hatte mich also doch nicht vergessen. Ich zischte wehleidig eine Entschuldigung und er ließ glücklicherweise von mir ab. Für so ein zartes Wesen konnte er verdammt fest zufassen.

„Entschuldigung akzeptiert. Lass uns auf unseren gemeinsamen Feind anstoßen.“ Der Kerl hatte eindeutig nicht mehr alle Zacken in der Krone. Mit Wahnsinnigen zu verhandeln war wie Topfschlagen im Minenfeld. Man wusste nie, welche Handlung die Bombe zünden könnte.

Nachdem wir uns zugeprostet hatten, begaben wir uns endlich auf mein vertrautes Terrain dem Bett.

„Was hast du eigentlich gegen Kamenashi?“, fragte ich, um der ganzen Schose hoffentlich näher zu kommen. Diese vorgetäuschte Gemeinsamkeit und der Alkohol mussten reichen, um endlich sein Vorhaben in Erfahrung zu bringen. Das endlose Gerede strengte mich an.

„Nichts effektives. Und du?“

War klar gewesen, dass eine Gegenfrage kommen würde. Aber hierfür brauchte ich noch nicht einmal zu lügen: „Mir geht es gegen den Strich, dass er versucht, meine Leute auf seine Seite zu ziehen.“

„Warum hast du es soweit kommen lassen?“, fragte er und trank zu meiner Freude einen großen Schluck aus der Flasche.

„Ich war ein Jahr lang in Amerika und in meiner Abwesenheit hatte er genug Zeit gehabt, mir meine Freunde auszuspannen.“

Miura nickte nachdenklich und schien mir Glauben zu schenken. Dass Kamenashi und ich uns nicht leiden konnten, war für jeden offensichtlich. Zum Glück hatte ich aufgehört, seinen Chauffeur zu spielen, bevor der Botschaftersohn aufkreuzte. Sonst wäre die Story nicht sonderlich glaubhaft. Nachdem der Depp noch einen Hieb aus der Flasche genommen hatte, nahm ich sie ihm ab und trank selbst davon. Ich brauchte dringend Alkohol, um den Abend zu überstehen. Intrigen und falsche Spielchen waren Uedas und Junnos Stärke. Ich musste mir extrem viel Mühe geben, mich weder zu verplappern noch in abstrusen Geschichten zu verstricken.

„Es geht dir aber nicht nur um deine Freunde, oder?“

Es ging mir vor allem um Kamenashis Arsch, aber das musste ich für mich behalten, sollte der Plan aufgehen.

„Vor Amerika war ich der Schulsprecher“, gab ich zu. Das Gespräch entwickelte sich allmählich zu meinen Ungunsten. Dass ich mich mit meinen Aussagen auf dünnem Eis bewegte, war mir klar, wohl aber notwendig, um sein Vertrauen zu gewinnen. Ich konnte nur hoffen, dass er redselig wurde, sobald er mehr gesoffen hatte und ich nicht mehr zu viel preisgeben musste. Auffordernd hielt ich ihm den Prosecco unter die Nase.

„Willst du die Position zurück?“, fragte er lauernd. Die einzige Position, die ich mir momentan wünschte, war eine liegende.

„Nicht wirklich. War mir immer zu viel Arbeit. Ich will nur Kamenashi loswerden.“ Ich entzog ihm erneut die Flasche, deren Inhalt beträchtlich abgenommen hatte und platzierte meine Lippen für einen kurzen Kuss auf Miuras Hals. „Dass ich dich scharf finde, war im Übrigen nicht gelogen.“

„Ihn loszuwerden lässt sich einrichten“, murmelte er mit etwas trägerer Stimme. Der Alkohol fing endlich an, seine erste Wirkung zu zeigen.

Ich schaute dem Bonzenkind in die Augen und fragte: „Wie das?“

„Mein Vater ist ein einflussreicher Mann“, kam die vage Aussage.

„Er ist nicht zufällig Mitglied der Yakuza und lässt Kamenashis Leiche in Einzelteilen verschwinden?“, grinste ich amüsiert.

„Nein“, lachte er. „Aber ein Botschafter, der in China ist Und die Chinesen kennen sich mit giftigen Tränken aus.“ Kamenashis Oma auch. Die gute Frau konnte denen wahrscheinlich noch einiges beibringen.

„Einen Mord möchte ich nicht unbedingt auf meinem Gewissen lasten haben“, scherzte ich und trank den letzten Schluck vom Prosecco aus.

„Nachschub?“, fragte ich und angelte nach der zweiten Pulle.

Neben mir raschelte es und ich spürte Miuras Körperwärme plötzlich ganz deutlich. Sein Kopf legte sich auf meine Schulter und er schaute mir dabei zu, wie ich den Korken entfernte und den ersten Schluck trank. Wortlos reichte ich ihm im Anschluss den Alkohol und war doch etwas erstaunt, dass der Kleine recht viel zu vertragen schien. Ueda hätte es bei der Menge längst ausgeknockt.

„Du bist für deine Freunde eine Art Bodyguard oder?“ Sein Kopf entfernte sich. Stattdessen lehnte er sich mit seinem Körper leicht gegen mich, sodass mir ganz schwummrig wurde.

„Sie stehen unter meinem Schutz, ja.“ Ich hoffte inständig, dass die Fragerunde bald vorbei war. Noch hatte ich keine nennenswerte Information zu seinem eigentlichen Aufenthaltsgrund an der Kaisei Academy erfahren. Dafür wusste er mehr über mich als gut war. Ich war heilfroh, dass nur Ueda sich die Aufzeichnungen ansehen würde.

„Und dafür hast du einen Pakt mit Kitagawa geschlossen.“ Mir lief es bei seinen Worten eiskalt den Rücken hinunter und ich sah ihn mit großen Augen an. Woher wusste er das? Ich öffnete den Mund, um zu einer Erwiderung anzusetzen, als Miura von selbst weitersprach: „Ich bin nicht dumm, Jin. Du sagtest zwar, dass Johnny mir nicht helfen wird, weil du die Fäden ziehst, aber mittlerweile halte ich selbst einige davon in der Hand. Man muss dem Rektor nur entgegen kommen, nicht wahr?“

Ich starrte ihn noch immer an und presste meine Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen. Dieser kleine Penner hatte das System schneller durchschaut als ich hätte ahnen können.

„Ja“, antwortete ich tonlos. Was der Preis für das Wohl meiner Leute war, wusste ich besser als jeder andere.

Mein Date nickte wieder einmal verstehend, als würden sich die Informationen in seinem Kopf zu einem schlüssigen Bild zusammensetzen.

„Also geht es dir nur darum, dass du und deine Gefolgschaft Ruhe vor unserem Schulleiter haben.“

„Und ein paar Privilegien genießen“, fügte ich hinzu.

„Ich denke, wir kommen ins Geschäft“, lächelte der Jüngere und setzte zufrieden die Flasche an seine Lippen. Mir wurde erst in diesem Moment bewusst, dass wir schon die gesamte Zeit in Verhandlungen standen und ich scheinbar einen Vertrag bekommen hatte.

„Was ist dein Plan?“, fragte ich und beobachtete entzückt, wie er sich langsam erhob und sich rittlings auf meinen Schoß setzte.

„Alle Nebenbuhler vom Spielfeld entfernen.“ Ganz offensichtlich betrachtete er mich nicht länger als einen davon. Mir wurde soeben klar, dass ich haarscharf einer Hinrichtung entgangen war.

„Und dann was?“, fragte ich und legte meine Hände auf seine Oberschenkel.

„Die Weltherrschaft“, wisperte er in mein Ohr und brachte mich zum Lachen.

„Ich glaube, da hat unser Diktator Johnny etwas dagegen“, grinste ich. Wir waren uns immer noch gefährlich nahe und diese Nähe begann, meine Sinne zu vernebeln. Was hatte ich noch vorgehabt? Ich wusste es nicht mehr genau, aber an Miuras Ohrläppchen zu knabbern war bestimmt eines meiner Vorhaben gewesen.

„Nicht, wenn ich die besseren Trümpfe in der Hand halte“, sagte er und lehnte sich etwas in meinem Schoß zurück. Der Abstand half, mir wieder meiner Aufgabe bewusst zu werden. Alkohol und körperliche Nähe halfen nicht unbedingt dabei, einen klaren Kopf zu behalten

„Die da wären?“ Ich hoffte inständig, dass ich nicht zu neugierig wirkte und genug Vertrauen aufgebaut hatte, dass er endlich einmal mit der Sprache herausrückte. Der Botschaftersohn musterte mich einmal mehr aus seinen Argusaugen, bevor er sprach: „Geld und Einfluss. Mein Vater sitzt im Komitee für ein internationales Austauschprogramm und leitet die Auswahl der Schulen in Japan. Wenn Kitagawa will, dass die Kaisei Academy daran teilnimmt, sollte er also lieber nett zu mir sein.“

Bingo! Das erklärte wirklich einiges. Und fuck, waren wir am Arsch, wenn dieser Schnösel all seine Wünsche durchdrückte und das würde er. Daran bestand kein Zweifel. Wenn Johnnys Schule ausgewählt wurde, hätte er genug Kohle, sodass er nicht länger auf mich oder Kamenashi angewiesen war. Die reinste Katastrophe!

„Dann hab ich mit dir wohl einen guten Fang gemacht“, schnurrte ich und lächelte ihn schelmisch an. Ich setzte auf meine kümmerlichen schauspielerischen Fähigkeiten und spielte das eben vernommene herunter. Miura schien weiterhin zu glauben, dass wir jetzt Verbündete waren oder er konnte besser Emotionen verbergen als ich und ich hatte bald ein Messer im Rücken stecken.

„Du ahnst noch gar nicht wie sehr“, flüsterte er und rollte seine Hüften aufreizend gegen meine Lenden.

Die Sprechstunde war hiermit offiziell beendet und das Auge des dummen Stofftiers dokumentierte sämtliche Sauereien, die wir die verbleibende Zeit vollzogen.
 

***
 

Sonntagabend erhielt ich einen Anruf von Taka. Der Kerl hatte sich die letzte Zeit äußerst rar gemacht und ich war dementsprechend überrascht, wieder von ihm zu hören.

„Was geht?“, fragte ich und schloss die Tür zu meinem Apartment auf.

„Alles und nichts. Zu viel um alles am Telefon zu besprechen. Hast du Zeit? Ich bin in der Nähe deiner Wohnung.“

„Gerade zu Hause angekommen“, erwiderte ich und versuchte nebenbei meine Schuhe auszuziehen.

„Super, dann bis gleich.“

Ich legte auf und begab mich ins Bad, um mir zumindest die gröbsten Reste vom Make-Up abzuwaschen. Das war mit Abstand der schlimmste Teil von Shootings. Die Pampe, die einem ins Gesicht geschmiert wurde, haftete wie Beton und ließ sich bestenfalls mit einer Drahtbürste abkratzen. Da mir meine zarte Haut zu wichtig war, musste teurer Make-Up-Entferner herhalten.

Nachdem ich mir noch bequeme Klamotten übergeworfen hatte, klingelte es auch schon.

Wenig später saßen Taka und ich mit Bier auf meiner Couch und ich lauschte seinen Erzählungen über die kurze wohl aber sehr erfolgreiche Tour und die anschließenden Aufnahmen im Tonstudio.

„Wie viele BHs habt ihr gesammelt?“, fragte ich, während er Luft holte.

„Noch nicht annähernd genug“, grinste er. „Aber das wird noch.“

„Darauf trinken wir“, sagte ich und stieß mit ihm an. Taka sah trotz seiner Worte mehr als zufrieden aus. Scheinbar entwickelte sich die Idee mit der Vorband extrem gut und sie hatten bereits die nächste Tournee an Land gezogen.

„Wir müssen das noch gebürtig feiern, das ist dir hoffentlich bewusst.“

„Ehrlich gesagt steht die nächste Party bereits fest und ich bräuchte deine Hilfe.“

„Logisch“, meinte ich und sah ihn erwartungsvoll an.

„Kazuyas Geburtstag steht bevor“, sagte er und mir entwich ein leises „Oh“, da ich nicht an die Art Party gedacht hatte.

„Ich denke, dass größte Geschenk, was ich ihm da machen kann, ist nicht aufzutauchen.“

„Habt ihr euch immer noch nicht ausgesprochen?“, fragte er entsetzt.

Ich verkniff mir sämtliche nicht jugendfreie Antworten, die mir dazu einfielen.

„Ganz so kann man das nicht sagen“, nuschelte ich und trank von meinem Bier. In Takas Augen war ein großes Fragezeichen zu sehen und ich überlegte fieberhaft, wie ich mich gescheit herauswinden konnte.

„Ich denke, wir haben uns auf einen Waffenstillstand geeinigt“, sagte ich und zuckte mit den Schultern. Die letzten Tage waren extrem ruhig gewesen, wenn man mal von unserem kurzen Ränkespiel absah. Es war schwer zu sagen, wo wir gerade standen.

„Wie hat er es dann bisher in deinem Auto ausgehalten?“, lachte Taka und ich musste sofort an unsere Knutschaktion zurückdenken.

„Er lässt sich nicht mehr von mir abholen“, antwortete ich wahrheitsgemäß und wünschte mich weit weg. Vor unangenehmen Situationen zu flüchten hatte ich perfektioniert. Nur funktionierte das in der eigenen Wohnung so schlecht.

„Wieso denn das?“

„War seine eigene Entscheidung, aber den Grund hat er mir nicht mitgeteilt.“ Das stimmte sogar. Er hatte sich zwar tausend Ausreden einfallen lassen, aber doch nie den Hintergrund. Natürlich war er mir bewusst, aber von Kamenashi hatte ich ihn nicht erfahren.

„Ich versteh ihn echt nicht. Da lässt er sich also lieber von fremden Pendlern begrabschen...“ Das fand er anscheinend immer noch besser als von bekannten Mitschülern. Ich zog es vor, darauf nicht zu reagieren.

„Du kommst aber trotzdem zur Party oder?“, fragte er nach einer Weile in die Stille hinein.

Ich wusste, dass mir Taka keine Wahl lassen würde, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, also nickte ich nur stumm.

„Cool. Du könntest mir noch helfen und Leute von seiner Schule einladen. Außer zu dir habe ich zu niemandem Kontakt.“

„Geht klar.“ Auf was hatte ich mich nun schon wieder eingelassen? Meinen Plan, Kamenashi fern zu bleiben hatte ich hiermit offiziell zunichte gemacht.
 

Kame
 

Ich brachte dieses Wochenende und den wohl schlimmsten Kater meines Lebens erfolgreich hinter mich. Es konnte nur noch bergauf gehen. Ueda informierte mich kurz via E-Mail, dass alles glatt gelaufen war. Akanishi schien seine Aufgabe mit Bravur gemeistert zu haben, während ich mich in Selbstmitleid ertränkte. Dieser Tiefpunkt hatte mich zumindest in das Hier und Jetzt zurückbefördert, denn so konnte es auf Dauer nicht weitergehen. Zuerst galt es jedoch das Problem „Miura“ zu beseitigen. Erst danach hatte ich die Ruhe, mich mit meinem eigenen auseinanderzusetzen.

„Kazuya“, stürmte Ueada auf mich zu, nachdem es endlich zur Pause geklingelt hatte. Ich machte mich schon einmal auf das Schlimmste gefasst. Wahrscheinlich würde mir mein Mitschüler gleich von seinen grandiosen Entdeckungen auf dem Video erzählen.

„Kannst du mir einen Gefallen tun?“, fragte Tatsuya und hielt mir zu meinem Erstaunen einen USB-Stick unter die Nase. „Ich weiß nicht, wann ich dazu komme, mir das Material anzusehen. Meine Cousine bekommt Ihr erstes Balg und macht daraus ein reinstes Drama. Ich hab schon das ganze Wochenende im Krankenhaus verbracht, ohne dass irgendetwas passiert ist. Und ich möchte das nicht Nakamaru anvertrauen.“

Unschlüssig blickte ich den Speicher an und wünschte mich gerade verdammt weit weg. Ich konnte seine Bitte schlecht ablehnen, immerhin war das Ganze auf meinem Mist gewachsen. Auch würde Ueda den Grund wissen wollen und ich konnte ihm schwerlich sagen, dass ich befürchtete, etwas zu viel Gefallen an dem zu finden, was sich auf diesem Stick befand – wenn man Miuras Anwesenheit mal außen vor ließ.

„Klar“, entgegnete ich daher heiser und nahm das verfluchte Ding an mich. Das konnte ja was werden.

„Danke. Bist meine Rettung.“
 

***
 

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich endlich durchringen konnte, den USB Stick an meinen Rechner zu schließen. Es war beinahe lustig, wie viele wichtige Dinge einem einfielen, wenn man sich vor etwas Unliebsamen drücken wollte. Hausaufgaben, Unterlagen für die Klassensprecher oder die eigene Unordnung schienen auf einmal viel bedeutsamer. Auf der anderen Seite musste ich warten, bis meine Großmutter zu Bett ging. Nicht auszudenken, wenn sie hier unangemeldet herein platzte, während ich das Material sichtete. Ihre Vermutungen wären dann wohl ein für alle Mal bestätigt.

Ich vergewisserte mich, dass es überall im Haus dunkel war, bevor ich das Video startete. Am Anfang war nicht viel zu erkennen. Das Bild wurde von diversen Wacklern gestört, da Akanishi wohl dabei war, das Plüschtier zu platzieren. Auf die Kürze der Zeit haben wir nichts besseres finden können. Ein Wunder das dieses hässliche Vieh nicht aufgefallen war.

Man sah, wie Akanishi das Zimmer wieder verließ. Die Beleuchtung war gut und der Ton funktionierte ebenfalls. Wenigstens war das Vieh sein Geld wert. Ich spulte vor, bis Akanishi zurückkehrte - dieses Mal mit Miura im Schlepptau. Tief durchatmend versuchte ich mich für das Unvermeidliche zu rüsten. Zur Sicherheit hatte ich mir bereits einen Whiskey eingegossen. Ich hatte so eine Ahnung, etwas Starkes gebrauchen zu können.

Es überraschte mich nicht sonderlich, dass unser Botschaftersohn nicht sofort willig die Beine breit machte und alles ausplauderte, doch Akanishi blieb in seiner Rolle - etwas zu überzeugend für meinen Geschmack. Ich fragte mich, wie viel Wahrheit wohl in seinen Worten mitschwang, denn seine Antworten erfolgten ohne Zögern oder langes Überlegen.

"Mich brechen, huh", wisperte ich zu mir selbst und konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Das wollen wir doch mal sehen. Akanishi lag mit seiner Strategie goldrichtig, das musste man ihm lassen und Miura ging ihm komplett auf dem Leim. Ich lernte genau zwei Dinge: Zum einen meinte es Miura Haruma wirklich ernst. Sein Hass gegen mich war verdammt echt. Zum anderen war auch Akanishi nicht zu unterschätzen. Er hatte ein Talent dafür, andere in seinen Bann zu ziehen.

Ich brauchte mir gar nicht erst einreden, besser dran zu sein als Miura. Akanishi wusste genug über mich. Was jedoch keinen Sinn ergab, war, dass er von diesem Wissen keinen Gebrauch machte. An seinem Gewissen konnte es schwerlich liegen, immerhin hatte er bei unserem Botschaftersohn keine Hemmungen. Ich verstand es einfach nicht. Er hatte die beste Ausgangslage, um mich fertig zu machen und tat es einfach nicht. Ich konnte mir so viel den Kopf zerbrechen und doch erschlossen sich mir die Beweggründe des Älteren nicht.
 

Ich stoppte das Video bevor es zu der eigentlichen Action kam. Ich brauchte dringend einen freien Kopf, um zu überlegen, was der nächste Schritt war. Wir kannten nun Kitagawas Plan. Das hatte der alte Gauner geschickt durchdacht. Die inländische Wirtschaft stagnierte seit Jahren und das Geld saß nicht mehr so locker wie früher. Scheinbar hatte er genug davon, vor etwaigen Sponsoren zu buckeln und sich auf Schüler wie Akanishi zu verlassen, welche die Schule über Wasser hielten. Das Kapital lag im Ausland. Wenn der Plan Erfolg hatte, brauchte sich Kitagawa um die Finanzen keine Sorgen mehr zu machen. Akanishi wäre überflüssig und Miura würde dafür sorgen, dass ich es auch wurde. Wir mussten handeln, sonst sah es für uns alle extrem düster aus.
 

Ich brachte schnell Ueda auf den aktuellen Stand. Wir würden in den nächsten Tagen unser weiteres Vorgehen erörtern, wenn Tatsuya die Zeit fand. Bis dahin sollte ich versuchen, mehr Details in Erfahrung zu bringen.
 

Unschlüssig blickte ich auf das Standbild vor mir. Ich musste mir dieses Video nicht weiter ansehen - zumindest vorerst. Wer wusste schon, ob wir das Material überhaupt verwenden können. Sobald Kitagawa den Verdacht hatte, dass einer von uns da drin hing, wären wir am Arsch. Dennoch konnte ich mich nicht aufraffen, das Fenster zu schließen und den Rechner einfach runterzufahren.

Seufzend klickte ich doch wieder auf "Play". Besser jetzt als später. Einfacher würde es sicher nicht werden. Die beiden boten eine gute Show, was zum Großteil an Akanishi lag. Wenn ihn Kitagawa rauswarf, konnte er immer noch in die Pornoindustrie einsteigen. Unweigerlich fragte ich mich, wie wir wohl zusammen aussahen. Ich spülte die aufkommenden Bilder mit dem letzten Schluck Whiskey herunter und ermahnte mich zur Objektivität. Es ging hier nicht um mich oder gar um Akanishi, sondern allein um Miura. Ich konzentrierte mich daher ganz und gar auf ihn und notierte mir einige Zeiten, die sich gut für einen Schnitt eignen würden.

Erleichtert atmete ich auf, als die Beiden ihr Date endlich hinter sich gebracht hatten. Trotz aller Sachlichkeit pochte meine Körpermitte schmerzlich. Es waren vor allem Akanshis Laute, die mich kein bisschen kalt ließen. Der Bezug zur Realität machte es nur noch schwerer. Ich verfluchte mich innerlich, zum Teil für meine dämliche Bedingung und zum anderen für meine eigene Schwäche, während meine Hand in meiner Hose verschwand und meinem Schwanz die ersehnte Aufmerksamkeit schenkte.
 

***
 

Kitagawa als Informationsquelle zu nutzen, war eine heikle Angelegenheit. Man musste auf der Hut sein, damit der alte Sack nicht mitbekam, dass irgendetwas faul war. Der bestbewährte Weg war es, ihm einfach das Reden zu überlassen und genauestens zuzuhören. Alles Wissenswerte lag stets zwischen den Zeilen.

"Und warum sollte mich das interessieren?", fragte der Alte mürrisch, während mich sein Blick warnend taxierte. 'Was belästigst du mich mit so einer Scheiße', schien dieser zu sagen.

Nun, mein Vorwand war wirklich nicht der optimale, aber besser als gar nichts.

"Die Vertreter der Clubs haben sich mit einer offiziellen Beschwerde an mich, ihren Schulsprecher, gewandt, den ich gemäß Protokoll nun weitergebe." Ich übertrieb etwas, da es sich nur um den Leichtathletik Club handelte, welcher an mich herangetreten war.

"Zur Kenntnis genommen. Noch etwas?" Die Laune des Rektors war auch schon mal besser. So sah niemand aus, der bereits ausgesorgt hatte. Es bestand also durchaus Hoffnung.

"Einige meinten, dass sie ihre Eltern informieren, wenn nicht bald eine Lösung gefunden würde", log ich ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Ich musste Kitagawa etwas Drastisches vorsetzen, damit er den Köder schluckte. "Ich dachte, dass sollten Sie wissen."

Ich sah etwas in seinen Augen aufblitzen und verkniff mir mit größter Mühe ein triumphales Grinsen.

"Ich will am Freitag Lösungsansätze auf meinem Tisch liegen haben, die aber das Sondertraining des Fußballteams berücksichtigen. Die Mannschaft braucht die Zeit, sich auf diesen Wettbewerb vorzubereiten." Der Alte klang, als hätte er auf etwas Saures gebissen und verriet mir damit alles, was ich wissen musste.

"Natürlich." Ich wollte gerade zum Gehen ansetzen, doch der Rektor hielt mich mit einer Handbewegung auf.

"Jetzt, wo wir schon einmal beim Thema sind. Nächste Woche findet ein Kongress über Jugend und Sport statt. Ich werde an dem abendlichen Empfang teilnehmen und würde es begrüßen, wenn du ebenfalls anwesend wärst."

"Selbstverständlich." Ich traute mich nicht zu fragen, ob auch Akanishi da sein würde.

Da es hier weniger um Matratzensport ging, hätte der Ältere nicht sonderlich viel beizutragen. Dennoch war er das Aushängeschild unserer Schule. Mir blieb wohl nichts anderes übrig als abzuwarten oder ihn selbst zu fragen.
 

***
 

„Du hast vielleicht Nerven, einfach so zu Johnny zu gehen.“ Ueda wirkte leicht geschockt. Ich hatte die Gunst der Stunde nach dem Meeting mit den Club-Vorsitzenden sowie Klassensprechern genutzt, meinen Mitschüler über meine Entdeckungen zu informieren.

„Wer nichts wagt…“, antwortete ich gelassen, „immerhin wissen wir jetzt, dass der Deal noch lange nicht unter Dach und Fach ist. Kitagawa versucht weiterhin, Sponsoren auf seine Seite zu ziehen. Selbst wenn er nur auf Nummer sicher geht, heißt das, dass wir noch Zeit haben.“

„Die wir auch brauchen werden. Miura macht nicht den Anschein, es uns leicht machen zu wollen.“ Ich konnte Tatsuya nur zustimmen. Bisher verhielt sich der Botschaftersohn ruhig. Das würde jedoch nicht so bleiben.

„Hast du schon mit Jin gesprochen?“

„Nein, ich hielt es für angebracht, weiterhin die Distanz zu wahren, jetzt wo Miura denkt, einen Verbündeten gefunden zu haben.“ Zumindest entsprach dies zum Teil der Wahrheit. Der sicherste Platz für mich war nach wie vor sehr weit weg von Akanishi. Da kam mir diese Ausrede gerade gelegen.

„Hier.“ Ich reichte Tatsuya den USB Stick samt meiner Aufzeichnungen. „Vielleicht findest du noch etwas Brauchbares.

„Und? Gute Show?“, feixte der Klassensprecher und nahm das verfluchte Ding an sich. Wenigstens musste ich jetzt nicht mehr mit der Gewissheit leben, einen verdammten Porno mit Akanishi als Hauptdarsteller zu Hause zu haben.

„Wenn man darauf steht“, antwortete ich ausweichend. Ich spürte, wie meine Wangen anfingen zu glühen. Zum Glück war das Licht in dem Raum nicht das Beste. Ich sollte mir am Wochenende wirklich mal wieder etwas aufreißen. Etwas mit Brüsten und so wenig Ähnlichkeit mit Akanishi wie möglich.

„Egal, was wir jetzt tun, Kitagawa darf auf keinen Fall Wind davon kriegen“, seufzte ich resignierend. Ich konnte es auf den Tod nicht ausstehen, in einer gedanklichen Sackgasse zu landen.

„Ja, der Alte wäre nicht begeistert, wenn man ihm seinen Goldesel wegnimmt. Aber wie sollen wir dann unser Problem loswerden?“ Ueda schien ähnlich ratlos zu sein Miura war eine harte Nuss, dass musste man ihm lassen.

„Die Lösung muss in seiner Vergangenheit liegen. Wir müssen wissen, was der genaue Grund für seine Suspendierung war. Aber ich gehe nicht davon aus, dass er dies ebenso bereitwillig ausplaudert.“

„Ich rede mit Jin. Er kann den Fatzke am besten einschätzen. Vielleicht hat er eine Idee.“ Wenn auch widerwillig stimmte ich meinem Gegenüber zu. Akanishi hatte die besten Chancen von uns allen.
 

***
 

Samstag, der 23. Februar. Am liebsten hätte ich diesen Tag für immer aus dem Kalender verbannt. Seit heute Morgen klingelte das Telefon ununterbrochen. Lediglich über den Anruf meiner Eltern freute ich mich wirklich. Bei dem Rest bedankte ich mich brav, wie man es erwartete und tat gerührt über die Aufmerksamkeiten, welche mir übersandt wurden. Die meisten Umschläge enthielten Schecks von fernen Verwandten oder Freunden der Familie. Wer Geld besaß, verschenkte eben dieses. Von meinen Brüdern erhielt ich ein Montblanc Füller Set und sehr teuer aussehende Krawattennadeln. Von beidem besaß ich schon mehr als ich jemals gebrauchen könnte.

Meine Oma beschränkte sich auf eine selbstgebackene monströse Torte. Sie versicherte mir glaubhaft, nur legale Zutaten aus dem Supermarkt benutzt zu haben. Über dieses Geschenk freute ich mich am meisten. Es war das erste Mal, dass ich eine selbstgemachte Torte erhielt. Meine Eltern hatten stets eine Konditorei beauftragt. Ich war gerade dabei, mir ein weiteres Stück hineinzustopfen, als es an der Tür klingelte.

Meine Oma kam im Schlepptau mit Taka zurück, welcher mir ohne Umwege direkt um den Hals fiel und ein „Happy Birthday“ krächzte.

„Was willst du denn hier?“, war das Erste, was mir dazu einfiel.

„Es freut mich auch, dich zu sehen, Kazu“, seufzte Taka und ließ sich auf einem der Küchenstühle nieder.

Meine Großmutter nutzte gleich die Gelegenheit, dem Sänger ein Stück Torte vorzusetzen und sich grinsend zu verkrümeln. Okay, die beiden steckten unter einer Decke, sodass ich nun offiziell Angst bekam.

„Kann man das ohne Bedenken essen?“ Misstrauisch stocherte mein bester Kumpel in dem Berg aus Sahnecreme herum.

„Diesmal schon, aber gewöhne dich lieber nicht dran.“ Ich befürchtete, das nächste Backwerk meiner Großmutter würde wieder mehr Nebenwirkungen als ein paar zusätzliche Kilos auf den Hüften haben.

„Du hast mir meine Frage nicht beantwortet. Was willst du hier?“, hakte ich nochmals nach.

„Dich abholen“, bestätigte der Ältere mein flaues Gefühl im Magen.

„Und wohin soll‘s gehen?“

„Zu deiner Geburtstagsparty“, strahlte mein Kumpel, während ich ihn am liebsten erwürgen würde.

„Du willst mich verarschen?!“

„Jetzt hab dich mal nicht so. Es sind nur die Band und ein paar Leute im Godz. Alles im engsten Kreis. Also beweg deinen Arsch, zieh dich um und los geht’s.“ Wenn ich etwas über Taka gelernt hatte, war es, dass er keinen Widerspruch duldete, sobald er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Lustlos erhob ich mich und schlürfte in mein Zimmer. Wenn ich etwas noch mehr hasste als Geburtstage, dann waren es Überraschungspartys.
 

Im Godz angekommen traf mich beinahe der Schlag.

„Eng ist für dich auch ein dehnbarer Begriff, was?“ stellte ich geschockt fest. Die Bude war brechend voll. Klar, als Stammgast hier lernte man den einen oder anderen kennen, aber ich hätte nicht damit gerecht, diese Leute heute hier anzutreffen. Kaum hatten wir den Club betreten, rannten auch schon die ersten gratulierend auf mich zu. Ich war mit der Gesamtsituation völlig überfordert und Hilfe von meinem besten Kumpel war auch nicht zu erwarten. Dieser lächelte nur zufrieden und winkte Ryo heran, der ebenfalls gerade angekommen war und mich direkt in seine Arme schloss. Ich brauchte dringend etwas zu trinken, wenn ich dieses ganze Getatsche ertragen sollte.

Als hätte ich einen Sensor entwickelt, fiel mein nächster Blick direkt auf Akanishi, welcher sich gerade prächtig mit Monsterzahn unterhielt. Was zum Geier machten die beiden hier? Für einen Moment war ich überzeugt, in meinem Bett zu liegen und zu träumen. Das würde zumindest einiges erklären.

„Was will der hier?“, flüsterte ich Taka zu und deutete unmissverständlich in Akanishis Richtung.

„Ich hab ihn eingeladen“, kam die knappe Antwort. Keine weitere Erklärung. Vielen Dank auch Das Godz war für mich einer der wenigen Zufluchtsorte, an denen ich der Realität und meinen Problemen entkommen konnte. Nun stand eines von denen nur wenige Meter von mir entfernt. Entweder würde ich aus diesem Alptraum demnächst aufwachen oder mir derb die Kante geben müssen.

Leider gestaltete sich Zweiteres verdammt schwierig. Es war beinahe unmöglich, an die Bar zu kommen, da ich alle drei Meter aufgehalten wurde. Ich schwor mir, Taka niemals zu verziehen.

„Oi Kazu, nette Party“, grinste mich Ryo breit an und reichte mir ein Bier. Mein Retter des Tages. Nüchtern würde ich diesen Abend niemals überleben.

Es war wie ein wahr gewordener Alptraum: Hasenzähnchen und Akanishi gemeinsam, die mir auf die Nerven gingen. Und das gerade heute. Da sollte sich nochmal einer wundern, warum ich Geburtstage nicht ausstehen konnte. Wäre Taka mir vorhin nicht schmerzhaft auf den Fuß getreten, hätte ich das Ganze für eine boshafte Ausgeburt meiner Fantasie gehalten.

„Nicht auf meinem Mist gewachsen“, antwortete ich wahrheitsgemäß und stürzte das erste Drittel der Flasche direkt hinter.

„Das gilt wohl auch für die Gästeliste oder bist du seit neuestem so dicke mit Jin?“ Der lauernde Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören. Waren die Beiden nicht Freunde? Scheinbar hatte ich irgendetwas verpasst, denn Ryo schien ebenso wenig begeistert von Akanishis Anwesenheit wie ich.

„Nee, Taka hat ihn eingeladen, aber ich weiß echt nicht, warum er gekommen ist.“

„Ich schon“, erwiderte der Ältere giftig.

"Ah ja?" Wenn er beabsichtigte, mein Interesse zu wecken, hatte er vollen Erfolg. Vielleicht hatte Ryo die Antwort auf meine Fragen, immerhin kannte er Akanishi besser. "Erleuchte mich."

"Ich hätte es dir schon früher sagen sollen, aber Jin ist mein Kumpel. Es gehört sich nicht, die eigenen Freunde zu verpfeifen Ich mag dich, Kazu. Daher werde ich nicht länger untätig zusehen“, fing er bedeutungsschwanger an. Mein Gott, was hatte Akanishi vor? Mich umbringen? Vielleicht sollte ich keine Getränke von ihm anrühren. Nicht, dass er doch noch Gefallen an Miuras Idee, mich zu vergiften, gefunden hat.

"Nun rück‘ schon damit raus", forderte ich ungeduldig.

"Jin prahlt seit Wochen damit, dich ins Bett kriegen zu wollen. Anscheinend will er heute zur Tat schreiten." Der Ältere sprach in einem ernsten Ton, als würde er das Ende der Welt verkünden.

"Eh?", war meine einzige Reaktion auf dieses Gefasel. Das ergab alles überhaupt keinen Sinn.

"Ich weiß, aber er zeigt sein wahres Ich immer erst, wenn er bereits hatte, was er wollte. Er will unbedingt der Erste sein, der dich geknackt hat", redete Ryo einfach weiter, während sich über meinem Schädel hunderte Fragezeichen bildeten. Hätte er mir das alles vor ein paar Wochen erzählt, hätte ich ihm vermutlich geglaubt. Jetzt fragte ich mich jedoch, wer hier gerade sein wahres Gesicht zeigte. Warum sollte Akanishi etwas erzielen wollen, was er bereits hatte? Wenn er gewollt hätte, wüssten seine beknackten Freunde längst, dass er nicht der erste war und Kamenashi Kazuya darauf stand, in den Arsch gefickt zu werden. Aber Akanshi hielt sich aus unerfindlichen Gründen an seine Abmachung, was im kompletten Kontrast zu dem Schwachsinn stand, den mir Ryo gerade auftischte.

"Und warum warnst du mich?", fragte ich und versuchte, nicht zu misstrauisch zu wirken.

"Ich will nicht, dass du auf ihn hereinfällst. Ich weiß, du tickst nicht so, aber Jin kann verdammt überzeugend sein." Das konnte er, im Gegensatz zu meinem Gegenüber. Langsam beschlich mich ein wirklich ungutes Gefühl.

Ich fragte mich, was Ryo bezweckte. Dass Akanishi schlecht da stand? Als ob der das nicht allein schaffen würde. Erst jetzt fiel mir auf, dass Ryo bereits seit Wochen über seinen Kumpel herzog. Irgendetwas musste zwischen den Beiden vorgefallen sein. Eigentlich ging es mich ja nichts an, aber meine Neugierde war geweckt. Da ich nicht davon ausging, von meinem Gesprächspartner eine objektive Aussage zu erhalten, beschloss ich, einfach bei Gelegenheit die andere Partei auszuquetschen. Vielleicht würde ich dann auch in Erfahrung bringen, was mein Mitschüler hier wirklich zu suchen hatte.

Ich beendete möglichst unauffällig das Gespräch und schlug mich zunächst zur Bar durch und anschließend bewaffnet mit etwas stärkerem als Bier in die Menge. Es wäre zu auffällig, direkt zu Akanishi zu rennen und immerhin war dies meine Party. Ein wenig Spaß sei auch mir gegönnt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  SKH_Ludwig_2
2015-09-10T03:46:00+00:00 10.09.2015 05:46
Uiii das liest man gern am Morgen xD
Kann gern weiter gehen^^
sry kurz.... hab nur mein Handy warte auf meinen Router xx
Lg
Von: abgemeldet
2015-09-09T19:53:21+00:00 09.09.2015 21:53
Und jetzt könnte ich glatt weiter lesen... xD'
Ich hab ja schon erst gedacht, dass noch vor Kames Geburtstag Schluss ist.. Aber das war es ja ein Glück nicht! :3

Aber das Kapitel ist euch auch wieder echt gut gelungen! Das mit Kames Oma & dem Kuchen, dass ersich darüber gefreut hat, war ja wirklich niedlich ^^

Zu Jin und Miura..... Ich kann diesen Kerl echt nicht leiden |D
Und ich hoffe doch stark, dass Jin auf eine weitere Fragerunde verzichten wird~

Freu mich schon auf's nächste Kapitel! Macht weiter so <3


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