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Attracting Flames

von

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Nr. 1 »Beobachterin<<

Nr. 1 »Beobachterin«
 

Ein Tag wie jeder andere? Keines Wegs! Heute hatte ich, gerade ich, mein Mathematikbuch in der Schule liegen lassen. Aufgefallen war mir mein Missgeschick leider erst zu Hause, als ich meine Hausaufgaben in eben jenem Fach, pflichtbewusst wie ich nunmal war, erledigen wollte. Nun war es schon sieben Uhr abends und die Sonne ging langsam unter. Der Sommer war bereits vergangen und der Herbstwind zog mehr und mehr durch die Stadt. Da ich meine Mathehausaufgaben schon morgen einreichen musste, hatte ich gar keine andere Wahl, als nochmal zur Schule zu gehen und mir mein Buch zu holen. Wie konnte ich nur so vergesslich sein?
 

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Desto näher ich der Schule kam, desto dunkler wurde es. Zudem nahm der Wind noch zu und ein kalter Schauer zog über meine Haut. Davon nicht ablenken lassend, rieb ich mir die Arme durch den dünnen Stoff meiner Bluse, welche ein Teil meiner Schuluniform war, in der Hoffnung, die Kälte verdrängen zu können. Funktionieren tat dies leider nur minimal, doch schon bald hatte ich das Schulgelände erreicht und marschierte schnurstracks zum Haupteingang. Bei dem Anblick des leeren, großen Hauses musste ich schlucken. Ich hatte zwar nicht direkt Angst, aber es war schon irgendwie gruselig so alleine in der dunklen und vorallem leeren Schule. Wer hätte da kein mulmiges Gefühl?
 

Bevor ich allerdings das Gebäude betreten konnte, hörte ich auf einmal mehrere merkwürdige Geräusche vom Sportplatz der Schule. Es quietschte, klackerte, schabte, drehte durch, bröckelte, klimperte, rauschte. Zudem kamen noch Stimmen, männlich und weiblich. Überrascht war ich vor der Eingangstür stehen geblieben. Aus dem Lärm konnte ich mir kein Bild zusammenstellen und da meine Neugierde nunmal ziemlich groß war, beschloss ich mir das Ganze einfach mal anzuschauen.
 

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Ich trat um die Ecke des Gebäudes, zum Sportfeld hin, und duckte mich sofort hinter einem der vielen Büsche am Rande. Mit großen Augen besah ich mir das Schauspiel. Ungläubig nahm ich meine Brille ab und rieb mir die Augen. So etwas hatte ich in meinem Leben noch nie gesehen! Es war beeindruckend, faszinierend... verrückt! War das wirklich da oder bildete ich es mir nur ein? Ich erkannte einige Schüler unserer Schule, ein paar von ihnen waren mir sogar mit Namen bekannt, die hier mit diesen neumodischen Schuhen mit Rädern herumrasten. Ich hatte diese Teile schon Mal in der Werbung gesehen, aber ich konnte mich beim besten Willen nicht an ihre Bezeichnung erinnern. Ich wusste nur, dass ein paar Gangs in der Gegend ebenfalls mit solchen Modellen fuhren. Deshalb fand ich es umso interessanter hier ein paar Schüler damit zu sehen. Oder waren sie auch in so einer Gang?
 

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Staub wurde aufgewirbelt und flog frei durch die Luft, als die vier Fahrer wieder einmal eine Runde hinter sich brachten. An der Spitze fuhr ein Junge mit blondem Haar, dessen Name mir gerade einfach nicht einfallen wollte, direkt dahinter war der Clown der Schule, Minami Itsuki, oder auch Ikki genannt. Fast auf gleicher Höhe wie der Schwarzhaarige, war ein Junge, der ein fieses Grinsen auf den Lippen hatte, mit dunkelblauen Haaren und einer Augenklappe auf dem linken Auge. Viele Mädchen schwärmten ihm und seinem süßen Lächeln nach. Jetzt fragte ich mich, warum? Denn süß wirkte sein momentaner Gesichtsausdruck ganz und gar nicht!

Den Schluss bildete ein Mädchen, Adachi Emily, mit der ich zusammen Chemieunterricht hatte. Und dann bemerkte ich auch noch eine fünfte Person, hinter der Braunhaarigen, einen Fettwanst, den ich vom sehen her kannte, der... auf dem Kopf fuhr! War das nicht dieser perverse Typ, der sogar schon in der Mädchenumkleidekabine gespannt hatte?
 

Das schien zunächst ja noch normal, neben der Tatsache, dass sie mit einer unglaublichen Geschwindigkeit fuhren, doch dann verließen sie allesamt den Boden des Sportplatzes und sprangen stattdessen an die Wand. Dort fuhren sie mit Leichtigkeit, wie es mir erschien, umher. Es war, als spürten sie keinerlei Anziehungskraft mehr! Ich konnte es kaum glauben, war schockiert und zugleich furchtbar beeindruckt von diesem Schauspiel. So etwas hatte ich wirklich noch nie gesehen!
 

Am Rande des Feldes bemerkte ich dann noch weitere Gestalten. Ein schwarzhaariges Mädchen, die beste Freundin von Emily, Nakayama Yayoi, und ein weiterer fetter Kerl, den ich noch nie gesehen hatte und der auch irgendwie nicht so wirklich wie ein Schüler aussah, standen dort. Yayoi feuerte ihre Freunde kräftig an, während der andere Kerl sie einfach ruhig beobachtete und dabei irgendetwas in sich hineinstopfte.
 

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Immer noch verwirrt sah ich der kleinen Gruppe noch lange zu, ehe sie irgendwann zum stillstand kam und sich dann auf den Weg vom Schulgelände runter machte. Also in meine Richtung! Alle Alarmglocken läuteten in meinem Kopf. Sie würden mich sicher sehen, bliebe ich hier hinter diesem mageren Busch hocken, doch es war zu spät, um mich noch unbemerkt von hier zu entfernen. Schlussendlich verkroch ich mich so gut es ging noch weiter hinter der ungezähmten Pflanze und hoffte, dass die Dunkelheit und die paar Ästchen mich so gut versteckten, sodass sie mich nicht sehen würden.
 

Vielleicht waren sie, oder zumindest die meisten von ihnen, Schüler von dieser Schule, doch irgendwie strahlten sie so eine Aura aus. Sie wirkten auf eine gewisse Weise stark und mächtig. Und diese Tricks mit diesen seltsamen Schuhen waren auch sehr beeindruckend und auch etwas einschüchternd... Da wollte ich lieber nicht beim Beobachten erwischt werden. Vielleicht waren sie ja tatsächlich ein Teil einer Gang oder so? Man sollte eine Buch nie nach seinem Aussehen beurteilen, nicht wahr? Außerdem meinte ich gehört zu haben, dass zumindest Ikki, der hier wie der Anführer wirkte, in einer Gang war, beziehungsweise sogar der Boss von einer war. Bei dem Gedanken lief mir ein Schauer den Rücken runter und meine Arme verschränkten sich automatisch vor meiner Brust, als könnten sie den Schauer verscheuchen. Dabei verlor ich leider mein Gleichgewicht und fiel zur Seite.
 

Äste knackten, Blätter brachen und knirschten und ein erschrockener Schmerzenslaut entwich meiner Kehle, als ich mit meinem Hinterteil auf dem kalten und dreckigen Boden landete. Ich hörte, wie die Gruppe stoppte und meine Augen, welche ich eben noch zusammengekniffen hatte, weiteten sich mit einem Mal. Langsam hob ich meinen Kopf und blickte den vielen Gesichtern perplex und unsicher entgegen. Sie hatten mich erwischt!, ging es mir erschrocken durch den Kopf.

„Na wen haben wir denn da? Spionierst du uns etwa aus, Kleine?“, fragte der Blauhaarige mit einem gefährlichen Unterton in der Stimme und dem teuflischen Grinsen von zuvor auf den Lippen. Noch immer die Augen weit, schüttelte ich eilig den Kopf, um zu verneinen. Dennoch kam der Junge mir näher und grinste noch breiter, sodass seine scharfen, Hai ähnlichen Zähne hervorblitzten. Okay, der Kerl machte mir doch reichlich Angst!
 

Ich wollte zurückweichen, doch da hielt der blonde Junge den anderen am Arm fest und meinte:

„Hör auf, Agito! Sie ist Schülerin hier, erkennst du nicht ihre Uniform?“

„Fuck! Aber beschwer' dich später nicht, wenn ich am Ende doch recht hatte!“ Daraufhin drehte der Blauhaarige, Agito, sich mit verschränkten Armen um und fuhr weiter.

„Maa, maa! Ist doch alles gut! Hast bestimmt nur mich angeschmachtet, nicht wahr?“, ging der Clown dazwischen. Meine Angst wich Unglauben und ich richtete mich endlich zu meiner vollen Größe auf mit neugewonnenem Mut.

„Als ob!“, entgegnete ich dem Schwarzhaarigen entrüstet. Wieso sollte ich diesen Idioten bitteschön anschmachten? Niemals! Ikki redete noch weiter, sprach von seinem guten Aussehen und so weiter, doch ich ignorierte sein Gerede und wollte mich auf den Weg nach Hause machen. So ein Schwachkopf!
 

Weit kam ich allerdings nicht, denn eine Hand hielt mich sanft am rechten Oberarm zurück. Überrascht drehte ich mich halb um und bemerkte den blonden Jungen, der mir eben zur Hilfe gekommen war. Seine tiefblauen Augen blickten mir entschuldigend entgegen und er kratzte sich mit seiner freien Hand verlegen am Hinterkopf, während er sprach:

„Hey, sorry wegen den beiden... sie sind halt etwas... anders, weißt du?“ Ich blinzelte verwirrt. Er musste seine Freunde wirklich sehr mögen, wenn er sich sogar für sie entschuldigte. Ich nickte zum Zeichen, dass ich es ihnen nicht nachtrug. Der Blonde lächelte mich daraufhin freudig an und ließ meinen Arm los. „Ähm, ich bin übrigens Kazu! Wie ist dein Name?“ Kazu! Jetzt erinnerte ich mich wieder! Mikura Kazuma, kurz Kazu, hing immer mit Ikki zusammen rum und Emily schwärmte ständig von ihm, wenn sie mit ihrer besten Freundin zusammen war. Das bekam ich leider jedes Mal bei unserem gemeinsamen Unterricht mit...

„Ich heiße Kara. Danke, dass du mir eben geholfen hast!“, meinte ich höflich, lächelte jedoch nicht, und deutete eine leichte Verbeugung an.

„Ahaha-haha, kein Problem! Die machen nur Scherze, also keine Sorge!“ Ich nickte.

„Ich sollte jetzt besser nach Hause gehen.“, sagte ich daraufhin sachlich und wandte mich zum gehen. Dieses Mal wurde ich nicht zurückgehalten, doch ich spürte einen Blick auf meinem Rücken.
 

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Erst zu Hause bemerkte ich, dass ich durch den ganzen Trubel mein eigentliches Ziel, mein Mathebuch von der Schule zu holen, vergessen hatte. Doch angesichts der neuen Entdeckung, die ich dort gemacht hatte, kam es mir irgendwie nicht so schlimm vor. Es war seltsam. Normalerweise stand die Schule immer an erster Stelle für mich und trotzdem spürte ich einen Funken Interesse in mir schlummern, der sich nach mehr von diesen merkwürdigen Schuhen mit Rädern sehnte. So wollte ich nun also lieber, statt meinen üblichen schulischen Verpflichtungen nachzugehen, Gedanken darüber machen, was diese Dinger waren und wie sie funktionierten. Wie man damit so schnell fahren konnte und was man noch so alles mit ihnen anstellen konnte.
 

Doch auf der anderen Seite wollte ich auch alle heutigen Erlebnisse wieder so schnell wie möglich vergessen, denn ich wusste, sie würden mich lediglich von meinen Aufgaben ablenken. Und das wollte ich unbedingt vermeiden! Meine Eltern wünschten sich von mir, ihrem einzigen Kind, dass ich gut in der Schule war und somit anschließend ohne große Probleme auf ein gutes College kam. Sie wollten, dass ich ein gutes Leben führen konnte, wenn ich erwachsen war und ihrer Meinung nach, war ein guter Beruf dafür das wichtigste und ich stimmte ihnen dabei voll und ganz zu!
 

Und so beschloss ich die Gedanken an den heutigen Abend in meinem Kopf hinter dicke, stabile Türen mit etlichen Schlössern zu sperren und nie mehr herauszulassen.



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