Zum Inhalt der Seite

Atra esterni ono thelduin

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Sklavin

„Beweg dich endlich, du Abschaum!“ Der Sklaventreiber versetzte dem Mädchen vor sich einen heftigen Peitschenhieb. Schnell stand die schwarzhaarige wieder auf und eilte dem Sklavenzug hinterher. Sie war gestürzt und das passte den Sklaventreibern gar nicht. Sie und die anderen Sklaven waren von einem wohlhabenden Geschäftsmann aufgekauft worden um in einer Mine in den Tiefen des Buckels Güter abzubauen. Es gab nicht viele, die sich in diese Berge trauten und der Geschäftsmann bezahlte die Sklaventreiber gut dafür, dass sie den Sklavenzug in eben diese Berge brachten. Und für Geld taten Menschen alles.

Die Peitsche hatte dem Mädchen schlimme Wunden zugefügt, denn ihre dünne, verschlissene Sklavenkleidung konnte sie vor den Hieben nicht schützen. Schon immer, wenn sie Fehler machten wurden die Sklaven ausgepeitscht. Kisara war schon seit sie denken konnte eine Sklavin. Ihr vorheriger Besitzer hatte sie zumindest etwas besser behandelt als diese Sklaventreiber. Aber als ihr ehemaliger Herr bankrott ging, musste er sie verkaufen und so kam sie in die Klauen ihres jetzigen Herrs, eines skrupellosen Geschäftsmannes, der für Geld und Reichtümer bereit war, über Leichen zu gehen. Er scherte sich nicht um das Wohlergehen seiner Arbeitskräfte. Es gab genug, die er anheuern konnte.

Kisara war ein junges Mädchen von siebzehn Jahren, großgewachsen und ungepflegt, was an ihrem Lebenumstand lag. Sie war nicht sehr gesprächig, aber zuverlässig, weshalb sie von all den Sklaven noch die wenigsten Wunden davon getragen hatte. Aber egal, wie sehr sich die Sklaven abmühten, die Treiber hatten Gefallen daran, sie zu verletzen, zu bestrafen und sie zu demütigen. Gerne machten sie sich über Kisaras Größe und ihren flachen Vorbau lustig. Kisara selbst ignorierte das aber, da sie derartige Demütigungen gewohnt war. Sie trottete hinter den anderen Sklaven her, die vor Erschöpfung stöhnten und Peitschenhiebe kassierten. Ihre Treiber ritten neben der Reihe auf Pferden daher, während sie schon seit Tagen ohne Pause laufen mussten. Ein paar der Sklaven hatten dem nicht standgehalten und waren gestorben. Ihre Überreste wurden in den Ketten mitgeschleift und wenn ihre Treiber ihnen mal eine Pause gönnten, landeten die Aasfresser auf den Körpern und stritten sich um die besten Happen.

Der alte Mann vor ihr stieß plötzlich ein Gurgeln aus, sackte zusammen und fiel tot zu Boden. Die Sklaventreiber kümmerte das nicht. Sie trieben sie weiter wie eine Herde Vieh zum Schlachter. Der Leichnahm des Alten wurde in den Ketten einfach mitgeschleift. Der Schatten eines Aasgeiers verdeckte die Sonne für einen kurzen Moment. Dem erste Geier gesellten sich noch weitere hinzu, nur darauf wartend, auf ihre Mahlzeit hinunter zu stoßen. Die Geier waren inzwischen ihre treuen Begleiter, weil der Sklavenzug immer eine gute Nahrungsquelle versprach.
 

Auf ihrer Reise zum Buckel durchquerten sie ganz Alagaesia. In den Dörfern, durch die sie kamen kaufen sich die Sklavenhändler Vorräte, dachten aber nicht daran, ihnen etwas abzugeben. Der Mann, der vor Kisara gestorben war, war inzwischen nur noch ein zerfledderter Haufen Knochen mit Fleischfetzen, die hier und da noch an den Knochen klebten. Hin und wieder löste sich einer dieser Knochen und markierte ihren Weg um anderen Reisen die schreckliche Botschaft darzubringen. An den Verwesungsgeruch hatte Kisara sich schon längst gewöhnt. Wie auch die Geier war er ihr ständiger Begleiter.

Während sie lief, blickte sie zum Himmel auf, sah den Schwarm Aasfresser, der dort oben kreiste. Sie fragte sich immer wieder, ob sie irgendwann die Gelegenheit bekam, ein richtiges Leben zu führen, befreit von der Sklaverei. Aber diese Hoffnung war nur ein fernes leuchten wie ein Stern am Himmel.
 

Eine Woche quälten sie sich durch Alagaesia. Während dieser Zeit waren immer mehr Sklaven verstorben und mit Kisara waren nur noch fünf von ihnen übrig. Eine der Leichen, die sie mitschliffen war bereits angefressen von den Geiern. Der Anblick schockte Kisara schon lange nicht mehr. Es war Gewohnheit. Alle von ihnen hatten Hunger. Seit Tagen hatten sie nichts mehr gegessen. Nur etwas Wasser gönnten ihre Peiniger ihnen hin und wieder.

Die Mine im Buckel wirkte nicht gerade einladend. Sie schien einsturzgefährdet, aber das kümmerte die Sklaventreiber nicht. Einer von ihnen stieg von seinem Pferd ab und löste ein paar Spitzhaken vom Sattel. Ungehalten drückte er jedem der fünf übrigen Sklaven eine in die Hand und erklärte im harschen Ton den Ablauf, während er sie immer wieder als unwürdigen Abschaum bezeichnete. Glücklicher Weise gewährten sie ihnen zwei Tage Ruhe, damit sie für die Arbeit ihre Kräfte sammeln konnten und sie waren sogar so gütig, ihnen eine kärgliche Mahlzeit zuzustehen.

Die Pause tat jedem der fünf Sklaven gut, nachdem sie Wochenlang beinahe ohne Pause durch Alagaesia gezogen waren. Kisara saß an einen Stein gelehnt da und kaute auf einem Brotkanten herum. Er war hart und alt, aber es war besser als nichts. Sie sah in den Himmel und dachte an ihre Eltern. Ihren Eltern war nichts anderes übrig geblieben, als sie an Sklavenhändler zu verkaufen. Sie waren schon immer arm gewesen und durch Kisaras Verkauf hatten sie endlich die Mittel bekommen, um zumindest etwas zu überleben. Sie erinnerte sich noch gut an das Gesicht ihrer Mutter, als man sie ihr aus den Armen gerissen hatte und die schuldbewusste Miene ihres Vaters. Die Jahre waren seitdem ins Land gegangen und Kisara hatte überlebt. Jeden Tag wünschte sie sich, dass diese Schufterei endlich ein Ende hätte. Die Pause, die man ihnen gönnte, tat ihren geschundenen Muskeln gut, aber ihr Magen schrie nach mehr Essen als dem harten Brotkanten, dem sie ihm anbot. Gut und gerne konnte Kisara jetzt ein ganzes Reh verschlingen, aber was waren schon ihre Bedürfnisse? Sie musste gehorchen, sonst bekäme sie nur wieder die Peitsche zu spüren. Sie kam sich vor wie ein Nutztier, dessen Besitzer sich nicht um sie scherten. Und im Grunde waren sie fünf in den Augen der Sklaventreiber auch nichts anderes als Nutztiere. Kisara verstand einfach nicht, wie Menschen andere der Ihren als Waren verkaufen konnten. Es war grausam, vor allem, wenn man an einen schlimmen Herr kam. Sie hatte in ihrem Leben zumindest ab und an etwas Glück gehabt. Ihr letzter Herr hatte ihr zumindest immer genug Essen und Schlaf zugestanden, aber ihr jetziger Herr war einfach nur ein Teufel.

Die Geier landeten auf dem angefressenen Kadaver des verstorbenen Sklaven und rupften sein Fleisch heraus. Kisara würdigte dem nur eines Blickes, sah dann aber wieder in die Sterne und schlang den Brotkanten hinunter. Es war nicht genug. Sie wünschte sich mehr zu essen und beschloss, einen Versuch zu wagen, auch wenn die Folgen unklar waren.

„Herr.“ wandte sie sich an einen der Sklaventreiber, einen dickbäuchigen Glatzkopf, der sie genervt anstarrte. „Was willst du, Abschaum?“ blaffte er. „Ich wollte sie nur freundlichst fragen, ob ihr mir etwas mehr zu Essen geben könntet, Herr.“ Der Sklaventreiber blieb gefährlich ruhig und stand auf. Er zog seine Peitsche lang und starrte sie an. „Du wagst es, mich etwas deratiges zu fragen, Abschaum?“ knurrte er. Kisara sah ihn nicht an. Sie hielt den Blick weiterhin auf den Boden gesenkt.

Die Peitsche knallte und ein unglaublicher Schmerz explodierte auf Kisaras Rücken. Sie biss sich auf die Lippe um bloß nicht zu schreien. Die vier übrigen Sklaven wanden den Blick ab um ihr Leiden nicht sehen zu müssen. Hieb um Hieb knallte auf Kisaras Rücken, während der Sklaventreiber sie mit den übelsten Verwünschungen und Beleidigungen bedachte, die man in Alagaesia kannte. Dann drückte er ihr die Spitzhake in die Hand und beförderte sie mit einem Tritt in die Mine. Für ihren Frevel sollte sie schon jetzt anfangen zu arbeiten.

Mit schmerzendem Rücken und in völliger Dunkelheit stolperte Kisara in der Mine umher und versuchte irgendetwas zu erkennen. Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten, sah sie schemenhaft, wo sich die Felswand befand und begann, darauf einzuhacken. Aber bereits nach drei Schlägen verließen sie die Kräfte und ihre kraftlosen Hände glitten vom Stiel der Spitzhake. Keuchend sackte sie auf die Knie. Warum hatte sie nur diesen Fehler gemacht?! Sie schalt sich selber für ihre Dummheit.

Während sie zitternd dort saß, lies sie ihren Blick durch die Mine wandern. Ein abseits gelegener Zugang zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Er war zugenagelt, aber sie entdeckte ein Loch in den Brettern, das groß genug schien, hindurch zu schlüpfen. Die Neugier packte sie und Kisara richtete sich stöhnend auf. Sie schwankte und musste sich an der Höhlenwand abstützen. Der Kraftverlust der langen Reise machte sich bemerkbar und Kisara musste eine Weile Kraft tanken, ehe sie voraus schwankte und vor der Absperrung zum stehen kam. Auf die Bretter waren seltsame Zeichen geritzt worden, ansonsten aber war die Absperrung unversehrt. Ihr Blick glitt zu dem Loch und sie schätzte, ob sie hindurch passte. In der Dunkelheit, in die sie spähte, konnte sie nichts erkennen, außer einen sehr schwachen Lichtschein weit in der Ferne. Nun konnte sie ihre Neugier nicht mehr bremsen und zwängte sich durch das Loch, ehe sie sich den dunklen Gang entlang tastete. Sie kam dem Lichtschein immer näher. Der Gang wand sich durch den ganzen Berg und der Lichtschein wurde immer stärker.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück