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El espadachín secreto

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Meine Lieben,
hier starte ich durch mit meinem 4. Teil.
Weil er sehr anspruchsvoll werden sollte, haben sich gleich zwei Leute bereiterklärt, mir ein bisschen zu helfen.
Danke an Melora für ihre harte Arbeit, den Betareader . Danke an Kay-kun (der ich den Teil jetzt auch widme, immerhin entspang der Titel des Kapitels schon ihr. Und weil es, so glaube ich jedenfalls, ihr Lieblingskapitel ist) für ihre Meinung.

Ich hinterlasse euch jetzt einfach einen Gruß und wünsch euch hoffentlich Vergnügen beim Lesen. Komplett anzeigen

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Verdict of innocence and guilt

 

 

Die nächste Woche verlief ohne weitere Vorkommnisse. Don Juan half den Leuten, denen man böse mitgespielt hatte. Darunter auch Don Carlos Pulido. Bis zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt schätzte er diesen Mann letztlich sehr. Seine Frau Catarina dagegen mochte er gar nicht so sehr. Sie wirkte auf ihn wie die formalen aristokratischen Snobs. Ihr Ehemann hatte sich für die falschen Menschen eingesetzt, weil er eben ein gutes Herz besaß, das hatte sie weitläufig vieles an Reichtum gekostet. Eine Primadonna wie sie fand das natürlich alles andere als toll – sie mochte es ihrem Mann wohl nachtragen. Mit ihrer Tochter hatte sie so manche Meinungsverschiedenheit. Jedes Mal wenn sie nicht mit ihr klarkam, zog sie Don Carlos zu Rate und er musste ein Machtwort mit seinem Kind sprechen. Sie beharrte immer auf ihre Wünsche und meistens wurden sie vom Don auch erfüllt. Der Hausherr schien seine beiden Grazien sehr zu lieben und deswegen sich so hoch zu verschulden. Im Laufe seiner Freundschaft mit der Familie, die bald allseits bekannt war, beglich er die Schulden bei den Gläubigern und rettete damit Don Carlos vermutlich sogar das Leben. Jeder in der Stadt fragte sich wohl, was den Fremden dazu bewogen hatte. Dass er sich gut mit der Tochter des Hausherrn verstand, sah ein Blinder. Sie redeten sogar davon, dass er zeitweilig bei ihnen wohnte, also weit bis in die Nacht blieb.

Es kam also der Tag, dass Don Carlos mit gesenktem Haupt bei seiner Familie vorsprach.

„Was hast du denn dieses Mal wieder ausgefressen?“ fragte Doña Catarina ihren Gatten natürlich rasch. Es war nicht das erste Mal und man durfte sich sowieso nicht mehr wundern, da sich ihr Mann sehr gerne in die Nesseln setzte. Deswegen hatten Alejandro und sein Sohn ihnen schon so manches Mal finanziell helfen müssen. Schon damals waren sie vor Dankbarkeit und Schuldgefühl ziemlich zukreuze gekrochen. Falls es um Geldangelegenheiten ging, war ihr Mann immer gut bedient worden. Diego schamlos ausgenutzt hatten sie, ihn immer brav vorgeschickt, um seinen Vater zu bequatschen. Natürlich nicht selten mit Worten wie du willst doch mein Töchterchen heiraten, nicht? Gewiss war es dumm anzunehmen, dass er sich das ewig so gefallen lassen würde. Früher oder später reichte es. Aber sich jetzt auch noch bei einem anderen Mann zu verschulden, war einfach zu viel gewesen. Beteuert hatte Juan, er wolle noch nicht einmal etwas dafür haben. Es sei ein Freundschaftsdienst. Stolze Leute wie die Pulidos konnten aber niemandem etwas schuldig bleiben.

„Sei doch nicht so stur! Hast du denn eine Ahnung, wie tief wir in seiner Schuld stehen, Kind?“

Die Tochter des Hauses saß auf der Couch im Salon und las ganz entspannt eines ihrer Bücher, während die Mutter ihrer Tochter versuchte klarzumachen, wie ihre Lage wirklich aussah, aber sie las stur weiter und wollte all das, was man ihr sagte, natürlich nicht hören. Es war gänzlich nicht ihr Problem…

„Wahrscheinlich nicht geringer als bei den Vegas. Wenn es danach ginge, hätte ich Diego schon dutzende Male heiraten müssen!“ Doña Catarina hatte von Lolita verlangt, dass sie jetzt ordentlich bei ihrem treuen Freund Juan zukreuze kroch, brav seinen Heiratsantrag annahm und sich nicht nur dankbar zeigte, sondern dem edlen Herrn die Füße küsste. Damit erklärte sich das Mädchen aber nicht einverstanden. „Warum verheiratest du mich nicht gleich mit Beiden? Damit würden wir wohl jedem Fass den Boden ausschlagen! Glaub ja nicht, dass ich Papa aus dem Mist wieder raushelfe! Es war seine Entscheidung Freunde schon wieder um Geld zu bitten.“

„So redet man nicht mit seinem Vater!“ wand Catarina ein. „Darüber hinaus wolltest du Diego ja gar nicht! Juan ist ein ehrenhafter Mann, der dir ein angenehmes Leben bieten kann, ohne dich mit irgendeiner Schande zu entehren. Er hat deiner Familie aus der Patsche geholfen. Und alles woran du denken kannst, ist einen Liebesroman zu lesen! Findest du nicht, dass es mal an der Zeit ist aufzuhören zu träumen? Im Leben wird einem nichts geschenkt! Und man sollte zu großzügige Geschenke stets ablehnen! Ganz egal wie sehr Juan beteuert, dass er es nicht getan hat, um dich umzustimmen! Schon allein aus Dankbarkeit solltest du seinen Heiratsantrag annehmen.“

Mit einem kräftigen Laut vom Zuklappen ihres Buches, ließ Lolita ihre beiden Eltern zucken. „Einen Teufel werde ich! Mehr beleidigen kann man ihn kaum! Wir sind Freunde, mehr nicht! Ihr könnt seine Wünsche doch nicht einfach so ignorieren!“

Obwohl ihre Eltern sie immer wieder dazu angehalten hatten, dem Herrn den Tag zu versüßen – was sie schon lange satt hatte immer wieder zu hören – hatte sie vermieden sich mit Juan in der Stadt zu zeigen. Man hatte den Bewohnern der Stadt längst viel zu viel Stoff zum Tratschen geliefert. Die undankbare Rolle, die man Diego in dem Fall verpasste, gefiel ihr wenig, bis überhaupt nicht. Sie wussten nicht einmal ansatzweise, wie sehr man ihn damit demütigte, wo er doch der Familie immer treu ergeben gewesen war. Bis zum letzten Moment hatte er für ihre Familie alles getan, mit der ungewissen Ahnung, ob Lolita ihn je als Ehemann auserwählen würde. Er hatte sich die undankbarste Rolle von allen erkämpft – den Vollidioten. Die Blonde wollte das jetzt nicht mehr. Zwar bestand Diego darauf, hier nicht als Held gefeiert zu werden, aber sie wünschte sich ein kleines bisschen mehr Ehre für den Mann, den sie liebte… Nur ein kleiner Teil von dem, was ihm zustand. Anerkennung!

„Jeder Mann würde sagen, dass er nichts dafür haben will! Warum kannst du das nicht verstehen?“ versuchte Catarina weiter vorsichtig auf ihre Tochter einzuwirken, aber sie war sturer als jeder Maulesel. Es kostete sie Unmengen an Beherrschung, nicht gleich alles über Diego und Zorro auszupacken und damit den Fehler fürs Leben zu begehen, denn schließlich sollte er ihr vertrauen können. Jedoch fehlte nicht viel, um sie so zornig zu machen, dass sie mit einem Aufschreien zumindest ihre wahren Gefühle für Diego verraten hätte, weil sie es mittlerweile leid war, dass man immer von ihr erwartete, sie solle sich fügen und den Wünschen der Eltern entsprechen.

„Bist du blind? Juan hegt nicht den kleinsten Funken Liebesgefühle für mich in seinem Herzen! Er ist hilfsbereit und nett! Müsst ihr ihm das unbedingt zunichte machen? Was würden die Leute in der Stadt sagen, wenn ich ihn aus Dankbarkeit heirate? Ihr seid wohl verrückt geworden! Jeder würde denken, dass er seine Macht und sein Geld hat spielen lassen und gar nichts aus freien Stücken erreicht hat.“ Die junge Dame versuchte so klug wie möglich an die Sache heran zu gehen, aber es fiel ihr ungemein schwer.

„Na und? Manchmal ist das im Leben eben so, Lolita.“ Catarina funkelte ihr Mädchen mit einem bösen Blick an und sendete drohende Warnsignale aus, die sie so noch nie gesehen hatte.

Wie sie ihre Tochter ansah, musste man ihr so ziemlich alles zutrauen. „Dein Vater musste schon so viel Unehre schlucken, jetzt ist Schluss damit! Bedank dich bei Zorro dafür, dass wir uns jetzt dazu gezwungen fühlen, dich Zwangs zu verheiraten. Du warst ja der Meinung, dich in einen Bandit verlieben zu müssen und willst, bis du alt und grau bist, darauf warten, dass er sein wildes Leben ablegt, um vor dir auf die Knie zu gehen! KIND! Dieses Wunder wirst du nicht erleben! Ich werde nicht zulassen, dass meine bildhübsche Tochter am Ende ohne Mann bleibt! Es gibt nichts Unehrenhafteres für eine Dame! Außer ein uneheliches Kind! Jeder hier würde über uns spotten, bliebst du unverheiratet! Was du willst, steht hier nicht zur Debatte!“

„Fein!“ gab sie sich geschlagen. Dass sie einmal mit dem Fuß auftrampelte und auf ihre Mutter zuging, erschreckte diese unglaublich und danach beging sie die größte Frechheit, die sie jemals begangen hatte. Die Liste von Lolitas Unverschämtheiten war bereits lang, mindestens so lang wie Zorros Vergehensliste in den Augen ihrer Mutter – am Ende war, was bestens zu ihr passte, eben doch ein Bandit. „Wenn das so ist, dann möchte ich, dass ihr Don Alejandro all sein Geld zurückgebt! Dann könnt ihr euch ja das nächste Geld leihen, um diese Schuld zu begleichen, denn ich möchte auch nicht ein Leben lang in der Schuld der Vegas stehen, nur weil meine Eltern mit Geld nicht umgehen können.“

Nicht nur Lolita konnte wütend werden, ihre Mutter auch. „Jetzt schlägt es aber dreizehn!“ Gerade hatte sie es geschafft, dass sie aufstand und ihrer Tochter mit einem kräftigen Hieb die Hand ins Gesicht schlug.

Für die Wahrheit wurde man geschlagen, wenn man das Pech hatte leider das Kind zu sein, dem nicht erlaubt war, die Eltern zu kritisieren. Ihre Eltern hatten so viele Fehler begangen, aber bestanden immer noch auf ihre Fehlerlosigkeit, die man Erwachsenen zusprach. Trotzdem hatte diese Ohrfeige mehr Schaden angerichtet, als alle Streitgespräche zuvor.

Obendrein stand ihr geliebter Vater nur dabei und sagte nichts weiter dazu. Es war die Hölle für den älteren Mann zusammen mit dem so genannten Fegefeuer, als gleich nach dem Klatschen von Catarinas Hand, die Tränen über Lolitas Wangen rollten.

„ES IST GENUG! So redet man nicht von seinen Eltern! Merke dir das, für alle Zeiten, Madame! Wir als deine Eltern wissen am besten, was gut für dich ist! Also wirst du dich – verdammt noch mal – endlich fügen! Wir haben dir dein wunderschönes Leben erst ermöglicht! Zeige dich endlich ein wenig dankbarer den Menschen gegenüber, die ein Leben lang für dich geschuftet haben.“

„Catarina, bitte beruhige dich!“ versuchte Don Carlos seine Frau zu besänftigen. „Lolita wird schon vernünftig werden! Sie ist eben traurig, weil sie nicht den Mann heiraten kann, in den sie seit Jahren verliebt ist“, wollte Carlos das Verhalten seines geliebten Kindes rechtfertigen, und seine aufgebrachte Frau, die längst auf der höchsten Palme war, wieder auf den Boden der Tatsachen bringen. Dennoch sprach ihr Vater den Namen des Mannes auch unter diesen Umständen nicht aus, weil es einfach unverzeihlich war, als edle Dame einen Banditen zu lieben. „Es tut mir ja auch im Herzen weh, aber was soll ich machen? Wir werden schon eine Lösung finden, wie wir unsere Schuld begleichen.“ Irrtum, wenn man glaubte, Don Carlos wisse nicht, wie viele Male Diego ihnen geholfen hatte – er war auch überaus dankbar dafür. Auch wenn man es ihm kein bisschen anmerkte, wie dankbar er tatsächlich war.

„Ich glaube, es ist an der Zeit, dass man deinem Vater reinen Wein einschenkt.“ Es ärgerte die Doña, dass ihr Mann jetzt auch noch Partei für seine ungezogene Tochter ergreifen wollte. „Du glaubst ja gar nicht, was deine Tochter so alles hinter deinem Rücken getrieben hat, wenn du nicht zuhause warst! Und ich habe es immer vor dir verschwiegen.“ Damit wollte sie Lolita eigentlich nur bestrafen, weil sie ihr im rechten Moment einfach nicht gehorchen wollte. „Deine Tochter hat nicht nur in einer sehr eindeutigen Position in Diegos Armen gelegen, sondern ihn auch noch geküsst und verführt! Das schickt sich nicht für eine junge Dame! Und weshalb das alles?? Weil sie so dämlich war, sich in einen Gesetzlosen zu verlieben und dann auch noch zu glauben, er liebe sie für immer und würde am Ende schon alles richten! Dieses Luder wollte den gutmütigen Sohn von Alejandro dazu benutzen, um ihre Sünden reinzuwaschen! So eine Tochter hast du!“

Erst diese Schmach einer Ohrfeige. Eine Erwachsene, die sich von ihrer herrischen Mutter immer noch schlagen lassen musste und dann dieses überzogene Theater, das die Situation, die sich dargeboten hatte, durch und durch in ein falsches Licht rückte. Aber nicht nur um ihrer eigenen Ehre Willen musste sie sich dagegen auflehnen. Davon abgesehen, dass bis auf einen einzigen Kuss nie etwas zwischen ihr und Zorro passiert war, verdrehte ihre Mutter die Tatsachen. Jahre lang hatten sie sich geziemt benommen und schließlich ihre Gefühle füreinander entdeckt. Ganz langsam und schleichend. Es war ein schlechter Scherz, es als Sünde hinzustellen, nach Jahren sich einen Kuss hinzugeben. Es war überhaupt nichts Sündiges zwischen ihr und Zorro gewesen, genauso wenig wie mit Diego.

Zu Juan hatte Lolita zwar gesagt, der Kuss mit ihrem Freund sei von ihr ausgegangen, aber so ganz stimmte das ja auch nicht. Eher war es doch so, dass sie beide es wollten.

Was würde ihr Vater am Ende von Diego halten so etwas zu erfahren? Ihre Mutter hatte hoch und heilig versprochen, dass sie ihrem Vater niemals sagte, was sie gesehen hatte, weil er eben weiter in seiner Traumwelt leben sollte, in der seine Tochter kein Wässerchen trüben konnte. Dass ihre Mutter ihr am Ende auch half, darauf hatte Lolita vertraut und schlussendlich wirklich alles gut wurde. Sie wollte nicht, dass ER dann Ärger wegen ihr bekam. Vor allem nicht mit seinem Vater, der immer so stolz auf seinen Sohn war. Es war das Allerletzte, was ihre Mutter für eine Show hier abzog, auf die Kosten von ihnen allen. Es war eine glatte Erpressung, um Juan zu heiraten – und dieser war gerade nicht einmal da. Hätte er es mitbekommen – ob er ihr wohl helfen würde?

Bisher war er immer behilflich, glaubte sogar an ihre Ehre, aber ihre tolle Mutter wohl nicht, immerhin wusste die Señorita jetzt, was sich in deren Augen abgespielt hatte. Es war nur ein Kuss , dabei lehnte er mich im Garten an einen Baum. Dass wir uns umarmten war wohl das Schlimmste von allem. Es hätte romantisch sein können, wäre Mutter nicht plötzlich da gewesen und hätte sich mit dieser strengen Miene geräuspert.

Dass ihr geliebter Vater sie jetzt auch noch für eine sittenlose Frau hielt, das konnte sie nicht ertragen. Welch eine Frau hatte er da nur geheiratet? Gerade wollte sie am liebsten ihrem Vater die Ohren zuhalten. Er hatte Diego immer gemocht und mehr als nur geschätzt. Oder?

„Sag das Diego ins Gesicht, Mutter!“ Soviel Mut traute sie ihrer eigenen Mutter nicht zu. Diego zu sagen, dass sie ihn nur benutzt habe, um ihre Sünden reinzuwaschen.

„Oh bitte, Lolita! Dieser Hasenfuß würde jawohl alles leugnen, was er leugnen kann. Möglicherweise würde er mir noch sagen, ich hätte es geträumt. Dass du nie so etwas tun würdest. Der Junge ist bis über beide Ohren in dich verliebt gewesen und du hast das auf so abscheuliche Weise ausgenutzt.“ Catarina schniefte gekünstelt, theatralisch und bühnenreif. Obwohl ihre Schmierenkomödie berüchtigt war, glaubte er ihr am Ende ja doch.

„MUTTER!“ Am liebsten wollte sie – aber konnte sie ihre Eltern so entehren? Nicht sie war diejenige, die hier eine deftige Ohrfeige verdiente.

„Das werde ich dir nie vergessen!“ Lolita war fertig mit ihrer Mutter für alle Zeiten. Wenn sie gesagt hätte, was wirklich vorgefallen war, hätte sie ihr gewiss eines Tages verziehen, aber ihre Wortwahl war absichtlich so gewählt, als hätte sie beide im Stroh entdeckt und zwar unbekleidet. Es war so beschämend und am liebsten wollte sie einfach nur schreien, ihrer Mutter die Haare büschelweise ausreißen und ihr unzählige Ohrfeigen geben, bis sie wieder zur Vernunft kam.

 

Der ganze Streit war mehr als gut auch draußen zu hören, nicht nur von den beiden Dienern, sondern auch von der gesamten Nachbarschaft. Denn nachdem ihre Mutter weder ein gutes Wort an Zorro noch an Diego gelassen hatte, kochte Lolita in alles vernichtender Wut  und zitterte am ganzen Leib. Die ganze Zeit war sie so voller Zorn, dass ihr schlussendlich allein deswegen noch mehr Tränen kamen. Sie hatte oft bewiesen, dass sie auf ihre Eltern durchaus hören konnte, wenn sie der Ansicht war, sie hätten Recht. Es waren viele Dinge passiert und sie hatten ihr kleines Mädchen immer versucht zu beschützen. Vor Gabriel – und am Ende sogar noch vor Zorro, wofür sie ihnen dann aber weniger Dankbarkeit entgegen gebracht hatte.

Carlos war empört und obwohl er seine Frau besser kannte als so manch anderer, kassierte Lolita von ihm zwar keine Ohrfeige, das würde er nie tun, dafür aber einen verachtenden Blick, der sich tiefer in ihre Seele brannte, als ein Messerstich in die Haut. Sie mit einem solchen zu bestrafen, war schlimmer als der Satz heißer Ohren von ihrer Mutter.

Es dauerte eine Weile, bis Don Carlos die wahre Bedeutung von Catarinas Worten wirklich begreifen konnte. Lolita und Zorro – Unzucht  – nicht zu fassen. Und Diego mittendrin in der ganzen wirren Geschichte. Sie hatte ihn dazu getrieben, sich mit ihr zu vergnügen. Vor der Ehe. Es gab kaum etwas Schlimmeres. Er hatte sich wirklich die ganze Zeit gefragt, was los war mit diesem Jungen! Seit einer halben Ewigkeit hatte er die Familie nicht mehr besucht. Wahrscheinlich schämte er sich in Grund und Boden und kam deswegen nicht mehr.

„Ich bin fassungslos, Lolita! Du gehst jetzt SOFORT in dein Zimmer!“

Zum Glück war Diego mit der Tugend der Zurückhaltung gesegnet, so würde er bestimmt nicht jedermann erzählen, dass seine schamlose Tochter ihn versucht hatte ins Boot zu holen, in ihrem Streifzug gegen ihre Sünden! „Unzüchtiges Verhalten dulde ich nicht in diesem Haus!“ polterte er los. „Ich bestrafe dich!“ Nicht nur das, ihm blieb jetzt keine andere Wahl, als sie mit dem ersten Mann zu verheiraten, der auffindbar war. Don Alejandro würde fragen, ob ihn alle guten Geister verlassen hatten. Nie und nimmer würde er seinem Sohn erlauben, jetzt noch seine Tochter zu heiraten. Die Zorro Sache lag wie ein dunkler Schatten über den Köpfen aller. Gerade war er so entsetzt, dass er am liebsten die Muskete geholt hätte, um ihn zu durchlöchern. Er verfluchte den Tag, ab dem er in der Stadt aufgetaucht und alle Weiber verrückt gemacht hatte. Wenn er je erfuhr, wer dieser Mann war, er würde eigenhändig dafür sorgen, dass der Gouverneur ihn hängte. Seinem Mädchen den Kopf so zu verdrehen – von seiner Frau sprach er am besten gar nicht erst – sie war noch viel schlimmer. „Ich werde Don Juan bitten, dich zu heiraten! Und du gehst jetzt auf dein Zimmer, Lolita! Ich möchte dich hier unten heute nicht mehr sehen! Damit wir uns verstanden haben.“

Was habe ich dir nur getan, Mutter?? Wieso tust du so etwas? Weil ich meinen eigenen Kopf habe?

Lolita verstand ihre Mutter nicht. Sie wusste ganz genau, dass nichts Schlimmes passiert war! Aber auch Diego hatte sie das Gefühl gegeben, dass er sich unmöglich aufgeführt habe und er froh sein durfte, wenn man seinem Vater nicht Bericht davon erstattete. Und wer musste darunter leiden? SIE!  

Es war zwecklos, keiner würde ihr jetzt noch irgendetwas glauben, wenn es ihren Mund verließ. Sie hatte so viel verschwiegen, aber doch mit gutem Grund. All die Dinge, die sie verheimlichte, hätten so manches Rätsel entschlüsselt, aber gerade war der vorwitzige Mund der jungen Dame wie ausgestorben.

Bei der polternden Stimme ihres Vaters konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Es war das Schlimmste, was man ihr antun konnte. Indem er all diese schrecklichen Dinge wirklich für bare Münze hielt, folterte er sie. Übertreffen konnte man das hässliche Gefühl nur, indem man Diego vor den Augen aller hinrichtete.

„Ihr … könnt … mich … nicht … dazu … zwingen…“, schluchzte sie, „glaubt ihr… dass Juan sich dafür… einspannen lässt? … Er ist ein Mann… von Ehre.“

„Sein Vater pocht darauf, dass er eine Frau von Geblüt heiratet und er hat ein gutes Herz!“, sprach Carlos ohne die Miene zu verziehen. „Du benimmst dich jetzt gefälligst! Dann wird alles reibungslos über die Bühne gehen! Und jetzt geh!“

Je schneller sie Mann und Frau wurden, umso besser. Seinen Vater würden sie natürlich nicht fragen. Zum Glück musste man das nur bei den Mädchen. Der Junge lebte im Clinch mit seinem Vater und wollte am liebsten nur etwas tun, um ihm zu trotzen. Dafür täte er alles, sogar verprasste er des Vaters Geld mit beiden offenen Händen. Es war Irrglaube, dass Catarina und Carlos nicht längst bemerkt hatten, wie verschwenderisch Juan mit seines Vaters Geld war. Ziemlich oft hatte er sinnlosen Plunder auf dem Markt gekauft.

„Ich kann nicht glauben, dass du so etwas von mir denkst, Vater…“ Damit teilte Lolita eigentlich schon mit, dass sie all das nicht getan hatte. So gerne wollte sie ihrem Vater die ganze Sache erklären. Doch ihre Mutter würde ohne weiteres dazwischen funken. Mit Lügenmärchen schien sie die größte Erfahrung zu haben.

„Du lässt mir keine andere Wahl! Man hat dich nicht nur einmal gesehen, wie du Zorro in die Arme gefallen bist, dummes Ding.“

„Er hat mich gerettet, Vater. Das hatte nichts zu bedeuten!“

„Genug! Ab in dein Zimmer!“

Wie ein kleines Kind wurde sie behandelt. Dabei kuschte ihr Vater eigentlich nur vor seiner Frau. Wer weiß womit sie ihm immer droht…

Mit einem letzten aufmüpfigen Aufschrei und den tausend Tränen, die über ihre Wangen rannten, flitzte Lolita die Treppe hinauf und weinte sich dort erst recht die Augen aus. Im ersten Moment der Schwäche war es besonders schlimm, so dass sie sogar hinter der Tür zu Boden sackte und ihr Gesicht in den Händen bettete. In ihrem Zimmer schrie und tobte sie. Nicht nur vor Verzweiflung, auch weil sie sich von der Mutter so verraten und von ihrem Vater im Stich gelassen fühlte. Den Zorn ließ sie an ihrem Kopfkissen aus, anstelle von ihrer Mutter. Nichtsdestotrotz durfte man seine Eltern als Kind niemals schlagen. Obwohl sie so gerne beiden Vernunft eingeprügelt hätte. Wahrscheinlich würde man sie jetzt endgültig einsperren und erst wieder rauslassen, wenn die Hochzeit stattfand. Ihre Mutter war schon immer drastisch gewesen, wenn es darum ging, sie zu bestrafen. Das ging nie von ihrem Vater aus.

 

Noch am gleichen Abend redete Don Carlos mit Juan. Dabei war er dann doch ehrlicher als Catarina es gewesen wäre. Er vermochte nichts schön zu reden und bat ihn um seine aufopfernde Hilfe. Lolita sei ein gutes Mädchen, wäre nur auf die falschen Männer hinein gefallen. Die Zeit würde drängen und er wüsse, dass Juan Lolita mochte und sie hübsch fand. Natürlich war es auch für Juan ein Schock jetzt zu erfahren, dass sie sich wohl wirklich mit einem Mann eingelassen hatte. Er fragte auch explizit nach, ob es sich dabei um diesen Banditen handelte, was leider auch sofort bestätigt wurde. Juan war mehr als wütend darüber, so etwas in Erfahrung zu bringen. Am Tag seiner Einreise in das Pueblo hatte er den Ansporn einen würdigen Gegner zu finden, aber jetzt sah das Ganze ein wenig anders aus. Er verabscheute Zorro, zutiefst. Nun würde es ihm noch mehr Freude bereiten, ihm endlich gegenüber zu stehen…

„Sie trifft keine Schuld. Natürlich werde ich helfen. Mit ein bisschen Raffinesse kann ich Lolitas Tränen vielleicht sogar trocknen. Ich werde mein Möglichstes tun“, versprach er Carlos und nickte noch einmal, um sich selbst zu bestätigen.

Es tat ihm so furchtbar Leid und er sah die Dankbarkeit in Carlos Augen, als er ihm tatsächlich die erflehte Hilfe zusicherte.

Dass es sich nicht gehörte, sich zum Zimmer einer unverheirateten Dame zu begeben, wusste er, trotzdem ging er die Treppe hinauf und klopfte. Die Tür war nicht abgeschlossen, aber die Schande begehen einfach hinein zu gehen, unterließ er. Durch die Tür hörte er ihr Wimmern und Schluchzen. Es tat ihm in der Seele weh und er wusste sich keinen Rat. Ein Caballero war er und felsenfest davon überzeugt, dass es nur sehr wenige Männer geben würde, die Lolita jetzt noch wollten. Auch wenn sie die Dame wollten, garantiert nicht gut behandeln würden. Sie waren Freunde und weil er sowieso nicht mehr an die Liebe glaubte, wollte er diese Aufgabe übernehmen. Vor der Tür überlegte er sich einen Plan, wie er ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubern könnte. Mit einem resignierenden Seufzen stand er vor der Tür und ihre Tränen schienen nicht weniger zu fließen. Da fasste er den Entschluss sich unter ihr Fenster zu begeben, von dem er wusste, dass es bei der Hitze zumindest gekippt war. Er schnappte sich seinen Koffer, denn da trug er auch seine Violine mit sich. Juan war ein begnadeter Virtuose auf diesem Instrument. Klavier hatte er nämlich als Kind zu langweilig gefunden und das Violine Spielen gelernt, weil der Adel zumindest eines von ihm verlangte. Etwas, was ein jede Frau unter Garantie zum Schmelzen brachte. Man irrte, dass er ihr Herz wirklich für sich gewinnen wollte, er mochte nur ein schönes Lied für sie spielen, was sie aufheiterte.

Natürlich zog Juan nicht nur die Aufmerksamkeit von Lolita auf sich, als die ersten sanften hohen Töne vom seinem Streichinstrument ertönten. Die liebliche Melodie machte einen Streifzug durch die Lüfte und wurde an so manches Ohr getragen. Diener, Nachbarn, Lolitas Eltern, die ihren Ohren nicht zu trauen glaubten. Es war herrlich und die Musik besaß eine heilende Wirkung.

Ein wunderschönes Lied erklang, liebkoste die Seele, doch die Tränen konnte diese nicht hinfort wischen. Lolita lag längst auf dem Bett und weinte wie sie noch nie zuvor geweint hatte. Nicht nur, dass man ihren Ungehorsam mit Lügen bestrafte, ihr Vater glaubte sie auch noch. Gerade war sie nur verletzt. Am liebsten wollte sie sofort aus dem Fenster springen und davon laufen. Aber es war zu hoch und sie würde sich dabei einfach zu viel brechen, als dass sie es wirklich riskieren wollte. Sie versuchte sich selbst Mut zu machen. Sich zu sagen, bestimmt hatte man den Streit ihrer Eltern mit der einzigen Tochter mitbekommen. Irgendeiner würde sich finden und es in der Stadt herumerzählen. Trotzdem hatte sie gerade fürchterliche Angst davor, dass niemand käme, um sie aus ihrer Not zu erretten. Auch Diego besaß so etwas wie Stolz, egal wie oft man daran zweifelte.

Trotzdem ging sie am Ende zum Fenster und öffnete es, um besser hinausschauen zu können. Es wehte gerade einmal ein lauer Wind, der kein erhitztes Gemüt dieser Welt je zu kühlen vermocht hätte. Unten am Fenster sah sie Juan, der hingebungsvoll auf der Violine spielte. So etwas Schönes hatte sie noch nie gehört und trotzdem änderte es rein gar nichts. Sie blickte zum Mond hinauf und lauschte einfach nur. Das Lied war an sich nicht traurig, trotzdem empfand sie es als nicht sonderlich aufbauend. Es war der Mann, den sie heiraten sollte, nicht derjenige, den sie tief in ihr Herz geschlossen hatte. Nur dieser Gedanke reichte, dass die Tränen wieder über ihre helle Haut flossen.

Juan spielte sehr ausdauernd für die junge Dame, obwohl es gewiss mühsam war. Seine Sinne spielten mit, die Augen geschlossen streichelte er die Violinsaiten. Jeder liebestolle Caballero hätte das hier sein können, der das Herz einer schönen Señorita mit einem leidenschaftlichen Stück entflammen wollte. All ihre Gedanken drifteten gerade nur ab zu der Person, deren Hilfe sie jetzt so sehr gewollt hätte. Alles nur nicht seine. Dahin geweht mit dem frischen Abendwind schickte sie ihr Herz in Gedanken an ihn, in der Hoffnung, dass er bald davon erfuhr und bestenfalls so wütend war, dass er ihre Eltern zusammenstauchte. Sie wollte gar nicht so sehr, dass er mit ihnen stritt, aber ein Machtwort sprach. Sich gegen diese Lügen auflehnte und ehrenvoll, aber bestimmend darauf bestand, sie jetzt endlich wieder sehen zu dürfen. Dass es ungerecht war, was sie ihrer Tochter gerade antaten. Eigentlich wollte sie nur, dass er da war und die Stimme erhob. Mehr musste er auch gar nicht tun.

Nachdem Lolita zwar das Fenster geöffnet hatte, spielte er erst einmal weiter, beendete dann aber seine Sonate. Er nahm die Violine von der Schulter und ließ den Bogen sinken. Zu seinem Bedauern stellte er fest, dass sie auch jetzt noch weinte.

„Wenn ich nur wüsste, wie ich deine Tränen trocknen kann.“

Die sanfte Stimme, die vom Wind an ihre Ohren getragen wurde, ließ sie leise aufseufzen. „Das kannst du nicht so ohne Weiteres. Es sei denn, du kannst zaubern und bringst mir meinen Liebsten hierher.“

Juan wusste, dass es schwer war, vernünftig zu sein und das war sie gerade nicht, sie war gelenkt von starken Emotionen und dem Druck der Eltern. Ihm war klar, dass sie ihre Eltern gerade hasste, dabei meinten sie es gut und wollten ihrer unglücklich verliebten Tochter nur helfen. Die Schande, die man ihr angetan hatte, konnte kaum jemand rückgängig machen. Deswegen war es jetzt auch am besten, einfach einsichtig zu werden und ganz schnell diesen Mann zu vergessen.

„Es tut mir Leid! Wenn ich etwas für dich tun kann, dann lass mich rufen.“ Die Flinte ins Korn zu werfen, war ja nicht Juans Art, aber er war deprimiert und traurig darüber, dass er ihr nicht so einfach helfen konnte.

Kaum dass er sich herumgedreht hatte, lehnte sich Lolita aus dem Fenster und rief ihm nach. „Juan!“

Er blieb stehen, drehte den Oberkörper halb herum und sah hinauf zu dem schönen Mädchen, mit den Augen die wie Kristalle funkelten.

„Würdest du mir den Gefallen tun und jemanden für mich besuchen? Gleich morgen?“

Verwundert sah er Lolita an und ahnte doch ein Stück weit, dass sie mit Sicherheit ihn zu ihrem Freund schicken wollte.

„Wenn du meinst, ich soll zu deinem Kindheitsfreund gehen, um ihm zu sagen, was vorgefallen ist, muss ich ablehnen. Das gehört sich nicht…“

„Wo denkst du hin? Nein, ich möchte, dass du eine gute Freundin von mir besuchst. Wir haben lange nicht gesprochen, aber gerade fühle ich mich ihr sehr verbunden. Erzähl ihr doch bitte alles…“ Lolita war sich ihrer eigenen Hinterhältigkeit bewusst, denn wenn die junge Dame davon erfuhr, was geschehen war, so würde es nicht lange dauern, dass auch Bernardo es wusste und wer es dann als nächstes erfahren würde, konnte man sich denken…

 

In der lästigen Situation, die ungerechter kaum sein konnte, machte Juan natürlich alles, um seine neu gewonnene Freundschaft nicht zu belasten. Schon allein deswegen erfüllte er Lolita ihren Wunsch. Aber auch nur weil es sich um eine Familie handelte, die bloß eine Tochter hatte. Sie war wesentlich jünger. Zuerst verwechselten ihre Eltern den 21 Jahre alten Mann mit einem Freier, der um ihre Tochter werben möchte. Kein normaler Mann nahm den weiten Weg zu einer Familie auf sich, ohne feste Absichten. Natürlich kannte er Lolita nicht gut genug, um zu hinterblicken, welches Wunschziel dahinter steckte. Für ihn war es verständlich, dass sie einer guten Freundin berichten wollte, was geschehen war. Was es bringen sollte, wusste er zwar nicht, aber nie könnte er ihr diesen Wunsch abschlagen. Ihre Eltern hatten die junge Frau in ihrem Zimmer eingesperrt, wo sie bislang nicht erlaubt war nach draußen zu kommen. Sicherlich nur zum Essen. Was sie wohl sicher auch ausschlagen würde, weil sie nun einmal bockig war.

Natürlich freute es die Eltern des 16 Jahre alten Mädchens über alle Maßen einen De la Cruz im Hause empfangen zu dürfen – ihre Vorfreude war dann allerdings auch nur kurz. Er gab sich verdeckt, aber interessiert, das Mädchen kennen zu lernen. Mit keinem Wort log er, aber blieb so verhüllt, dass man seinen wahren Beweggrund nicht erriet. Alleine mit dem Mädchen zu sprechen war der einzige Wunsch, den er äußerte. Sie leckten ihm buchstäblich die Stiefel, auch wenn sie nicht gerade arm waren. Der Gutsherr wies bei weitem nicht so gutes Blut auf, wie als Beispiel die Vegas. Es war eine Ehre, denn Juan war der höchste Besuch, den sie sich je hätten vorstellen können. Selbstverständlich machten sie alles zu seiner vollsten Zufriedenheit. Bewirteten ihn und ließen ihre Tochter rufen, mit welcher er sogar erlaubt war, den Garten zu beschreiten.

Für Nikita kam all das total unerwartet und sie fühlte sich überrumpelt. Das Mädchen war jung und hatte sich erhofft, man ließe ihr noch einige Jahre Zeit, ehe der erste Freier in ihrem Haus erschien. Keine Frage, das Mädchen war hübsch, aber ein Mann wie Juan, der viele schöne Frauen kennen gelernt hatte, hätte sie nicht auserkoren, seine Frau zu werden. Man konnte es auf das Alter schieben, und dass er lange Haare bevorzugte. Sie wirkte nervös und brachte kaum ein Wort heraus, als sie einen Pavillon im Garten beschritten und sich dort niederließen. Zwar war sie sehr wohlerzogen und gehorchte ihren Eltern, wie ein treuer Hund, aber obwohl ihr all die Regeln der Etikette vertraut waren, fühlte sie sich einfach nicht bereit einen richtigen Mann zu empfangen.

Juan sah sofort, welch ein Stein Nikita vom Herzen fiel, als er ihr mitteilte, Lolita würde ihn zu ihr schicken mit einer Botschaft. Es ginge Lolita den Umständen entsprechend. Sie weine sich die Augen aus und bräuchte dringend eine gute Freundin als Beistand. Zwar hatte Lolita lediglich gesagt, Juan sollte ihrer Freundin Nikita alles erzählen, weil sie sich ihr verbunden fühlte, was er auch machte, aber Lolita kannte Nikita, seit sie ein kleines Mädchen war. Sie fühle sich ihr verbunden, war ausschlaggebend, dass sie sofort wusste, was Lolita bezweckte. Nikita war nicht einfältig und sehr gute Freunde seit Jahren. Ihr letztes Gespräch lag tatsächlich eine Weile zurück, aber sie war ein Mädchen und Lolita schon so erwachsen. Um einen Rat gebeten hatte die Kleine ihre Große. Dabei ging es darum, dass ihre Eltern gerade anfingen sie darauf vorzubereiten, sich einen Mann zu suchen. Sie hatte Angst davor, welche Männer vielleicht bei ihnen auftauchen würden. Sie konnte nicht so wählerisch sein und eigentlich hatte sie sich gewünscht, eines Tages eine ganz bestimmte Person zu heiraten. Diese Persönlichkeit war wahrlich kein Traumkandidat, aber sie mochte ihn so gern. Dabei hatten ihre Augen gestrahlt und sie war fürchterlich rot geworden. Nikita bewunderte Lolita für ihren Mut, andere Männer einfach so abzuweisen, aber sie war nicht adelig und konnte sich so etwas einfach nicht herausnehmen. Was solle sie denn tun? Lolita war sehr lieb zu ihr gewesen und hatte versprochen, dass sie alles tun würde, damit sie ihren Traummann am Ende auch bekam. Dazu war Lolita jetzt in einer ähnlichen Situation. Die starke und wilde Lolita sollte man dazu zwingen einen Mann zu heiraten, den sie nicht liebte. Es war lächerlich, aber auch eine Lolita konnte wenig dagegen tun, wenn man so etwas gegen ihren Willen entschied. Es war schockierend, was dieser Juan Nikita sagte und sie schüttelte mehrmals den Kopf.

Solche Dinge können doch nur Menschen sagen, die Zorro überhaupt nicht kennen. Ich kann mir so etwas nicht vorstellen… Wenn dem so gewesen wäre, hätte sie es mir gesagt. Da stimmt doch irgendetwas nicht. Das ist gemein. Sie mag doch Diego so gern und hat sich gewünscht, ihn irgendwann zu heiraten. Ich muss etwas tun. Sie hat mir so oft geholfen… Diego wäre bestimmt sehr wütend, wenn er davon wüsste. Er muss es erfahren…

„Tut mir Leid, wenn ich das so sage, aber Lolita ist ein anständiges Mädchen! Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, dass sie so etwas Ungebührliches getan haben soll.“

„Oh, ein entflammtes Herz tut so manches Mal merkwürdige Dinge, Señorita.“ Juan schien jedenfalls Carlos seine Geschichte abzukaufen. „Es geht um Lolitas Ehre! Deswegen will ihr Vater nicht lange zaudern. Und ich opfere mich ja schließlich für ihr Wohl. Aber es schmerzt mich, dass sie so sehr darunter leidet. Ich weiß überhaupt nicht, was ich tun soll. Doch diesen Freund, den sie dafür benutzt hat, um ihr Problem zu lösen, zu informieren, wäre schändlich.“

Nikitas Augen schimmerten traurig, als er dies sagte. Das wäre ihm egal, Diego liebt Lolita und würde alles für sie erdulden, wenn es sein muss. Wenn nur Bernardo das auch so sehen würde… Würde er doch nur von seinem wilden und ungestümen Wesen etwas zurückstecken und mir zeigen, wie viel ich ihm bedeute. Anstatt den Versuch zu unternehmen, mein Balkonfenster zu erklimmen und mich dazu einzuladen, aus dem Fenster in seine Arme zu springen. So etwas Unmögliches… warum kann er sich nicht einfach mal benehmen?

„Also mir tut die arme Lolita richtig Leid. Gern würde ich ihr helfen… Aber seit meinem 15. Lebensjahr darf ich nicht mehr alleine weg. Und es wäre doch sehr unschicklich, wenn ich mit Euch zu den Pulidos reiten würde, oder nicht? Um so etwas kann ich meine Eltern nicht bitten, aber ich werde versuchen aufmunternde Worte für meine Freundin zu finden. Ich schreibe ihr einfach einen Brief. Würdet Ihr den dann bitte zu ihr bringen? Da würdet Ihr mir einen großen Gefallen tun.“

Nikita war ein gutes Mädchen, sehr aufrichtig und vornehm, aber auch sensibel und einfühlsam.

Wäre sie doch nur ein bisschen älter, dann würde ich vielleicht wirklich… Sie war die Art von Person, die er sich in Sachen Frauen gerne an seiner Seite wünschte. Aber gerade opferte er sich ja für eine Freundschaft… Wie komme ich aus dieser Sache nur wieder raus? Und Zorro… Den interessiert das alles gar nicht. Dann würde er ja endlich mal seinen Hintern bewegen. Wahrscheinlich war es für ihn nur ein Spaß am Rande. Ein Zeitvertreib. Erlösung aus seinem Einsiedler Leben.

 

Meine treue Freundin,

 

es ist lange her, dass wir ein Wort wechselten.

Don Juan hat mir alles zugetragen. Es schockiert mich, so etwas zu erfahren.

Du weißt, dass du mir alles sagen kannst. Auch die sündhaften Dinge. Denn ich würde dich niemals verraten. Aber ich kann einfach nicht glauben, dass du irgendetwas mit diesem Zorro hattest. Zwar ist er immer wieder gekommen, aber so schnell er kam, so schnell war er auch wieder weg. Du verliebst dich doch nicht in Männer, die immer wieder mit dem Wind verschwinden, oder?

Don Juan teilte mir mit, dass es dir sehr schlecht gehen soll. Bitte weine nicht. Wir finden eine Lösung. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! Das hast du mir einst gesagt!

Deswegen werde ich schleunigst einen unserer Bediensteten zu Bernardo schicken. Wenn wir ein bisschen übertreiben, wird er es noch schneller Diego zutragen. Ich sage unserem Diener, er soll sagen, dein Leben steht auf dem Spiel. Ehe man dich dazu zwingt, diesen Fremden zu heiraten, stürzt du dich in den Fluss. So einfach ist das. Wie ich Diego einschätze, wird er fliegen lernen, wenn er das hört.

 

In Liebe, deine dir treu ergebene Freundin

Nikita

 

Es war später Abend, obwohl Juan schon nach dem Mittagessen losgeritten war, kam er erst sehr spät wieder. Zugegeben hatte er sich dann doch in ein Gespräch mit der Familie Plata verwickeln lassen. Zudem hatte die junge Dame ihren Brief schreiben müssen. Natürlich war es enttäuschend für die  Familie zu erfahren, dass Juan keine Absichten gegenüber der Tochter des Hauses hatte, sondern gegenüber einer Anderen.

Auf keinen Fall las ein wahrer Caballero den Brief von einer Dame. So etwas musste ein Geheimnis bleiben. Er schnüffelte nicht unerlaubt in den privaten Bereich von jungen Frauen, das gehörte sich eben einfach nicht. Was so etwas anging, war er stets strikt mit sich selbst. Juan wäre auch sehr wütend darüber gewesen, so ausgetrickst zu werden.

Zweifelsohne passte Don Carlos auch auf, wie ein Luchs, dass Lolita ja nicht irgendwen zu Vega schickte, um sich aus der Bredouille retten zu lassen. Das, was sie ausgefressen hatte, würde sie selbst ausbaden. Diego war einfach zu gutmütig und würde aller Vernunft zum Trotz hierher kommen, nur um seiner engen Freundin, der er treu ergeben war, zu helfen. Egal wie schlecht er dabei wegkäme. Schrecklich wäre das, vor allem für Don Alejandro, der nun wirklich oft genug Probleme mit seinem Sohn hatte. Befleckte Ehre konnte man niemals reinwaschen, das wollte Carlos nicht. Es tat ihm leid um den armen Jungen, der so verliebt in seine Tochter war und jeden Unfug mitgemacht hätte. Dieses Mal würde dieses ungezogene Kind nicht um seine Strafe drumherum kommen. Schon zulange hatte man ihr so viel durchgehen lassen. Juan erzählte es auch nicht ihren Eltern, dass er für sie zu einer Freundin gegangen war. Ganz manipulieren ließ er sich dann doch nicht – aber ein Stück weit schon. 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, es hat euch gefallen.
Gruß
Jay Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SakS
2017-05-25T15:54:42+00:00 25.05.2017 17:54
OHA!
o.0
ich habe intensiv nach Fehlern geschaut und leider keine gefunden xDD;;;;;;;;;;;;;
Weil ich aber doch noch etwas dazu sagen möchte, fällt das diesmal leider sehr positiv aus.
das Kapitel ist allererste Sahne. Ich muss sagen, dass ich deine Mühen diesen Teil gut zu schrieben durchaus entdecke.
Die Geschichte nimmt mir einen nicht mehr so berauschenden Lauf.
Muss man denn jetzt schon mit Mord und Totschlag rechnen?????????
Mir kam vor, dass Juan nur einen Gegner suchte und jetzt bekommt er einen Feind. Die Beteiligten tun mir ein wenig Leid und Catarina soll eines grausamen Todes sterben, dafür was sie ihrer Tochter da gerade angetan hat. Aber warum verteidigt sie sich so wenig???????
Ich finde aber gut, dass man an ihren Gefühlen nichts rütteln kann, so toll Juan ja ist, nicht wahr? Er hat Violine gespielt und sie denkt immer noch an denselben Mann ^^ Er sollte gnädiger werden und ihr jetzt zur Hilfe eilen. Aufhören sie zappeln zu lassen. Sie scheint ihn so sehr zu lieben. Ich hoffe er liebt sie dann auch nur halb so sehr wie sie ihn. Sonst sehen ich Nikitas Übertreibungen noch eintreffen!

In diesem Sinne. Super Kapitel. mach mal weiter so :333333333333333333333333


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