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Verborgene Liebe

von

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15. Kapitel

 

Es ist ihr peinlich als erstes danach zu fragen, noch bevor sie sein Quartier richtig in Augenschein nehmen kann, denn das hier ist doch sein Allerheiligstes und es ist einfach unhöflich, damit als erstes heraus zu platzen, aber ihre Blase drückt schon seit dem Schneesturm da draußen und wenn sie jetzt nicht langsam mal etwas dagegen unternimmt, platzt sie. Garantiert.

Was mag er jetzt nur von ihr denken? Seiner Miene nach ist es ihm tatsächlich ein wenig unangenehm, aber aus anderen Gründen. Mit einem entschuldigenden „ich habe nicht geputzt“, deutet er auf eine schmale, unauffällige Tür. Und dann gähnt er plötzlich und lässt sich schwer auf die Matratze seines Futonbettes sinken.

„Ich hoffe, ich schlafe nicht ein“, hört sie ihn murmeln. Laut meint er zu ihr: „Fühl dich wie Zuhause.“

Sie nickt nur, beeilt sich durch die besagte Tür zu treten und schließt sie rein automatisch hinter sich ab. Erst als sie auf der Toilette sitzt, nimmt sie sich die Zeit, sich hier etwas genauer umzusehen. Sie weiß nicht, was er hat – in ihren Augen sieht es sehr sauber aus, in ihrem eigenen Bad fliegen mehr Dinge herum. Wenn er die heruntergefallenen Blütenblätter der riesigen Grünlilie auf dem Badschrank meint, ist das doch nicht der Rede wert.

Er hatte recht: das hier ist nur ein schlichtes Duschbad, wie es sie in jeder Mietwohnung gibt, aber es hat genau die richtigen Ausmaße, ist nicht zu klein, aber auch nicht zu groß. Auch hier herrscht eine maritime Farbgebung, die sich erfrischend vom hellen Weiß des Porzellans abhebt. Über dem Waschtisch hängt ein großer Spiegelschrank – schlichtes, praktisches Design – typisch männlich.

Zwei Minuten später, während die Spülung rauscht und nachdem sie sich die Hände gewaschen hat, sucht sie verlegen nach einer freien Ecke in diesem Spiegelschrank, wo sie ihre wenigen Utensilien verstauen kann. Der Schrank ist erstaunlich leer, den meisten Platz nimmt doch tatsächlich die Hausapotheke ein. Kopfschmerztabletten, Erkältungsmittelchen – nichts, was sie nicht auch bei sich stehen hätte. Irgendwie ist das beruhigend normal.

Alles in allem ist dieses Bad gemütlich, es lädt tatsächlich zum Verweilen ein und die Handtücher sind schön flauschig. Sie mag vor allem das große Flaschenschiff auf dem Wandbord und die goldbezifferte Uhr daneben.

Shredder hat tatsächlich ein Händchen für solche Details. Wenn das mit der Welteroberung nicht klappt, kann er es immer noch als Innendekorateur versuchen.

Sie nimmt sich vor, ihm das zu sagen, als sie schließlich aus dem Bad zurück in sein Quartier tritt. Doch es kommt nicht dazu. Verblüfft muß sie feststellen, dass er tatsächlich eingeschlafen ist. Er hat sich auf dem Bett zusammengerollt und kuschelt mit der Bettdecke. Nichts daran ist der große, böse Ninja, als den er sich gerne darstellt. Jetzt und so wirkt er auf April eher wie ein kleiner Junge im Körper eines Erwachsenen.

Irgendetwas an der Art, wie er so daliegt und sein Gesicht in dieser Decke vergräbt, erinnert sie an diese Geschichte im letzten Jahr, damals in Florida, wo er während seines Kampfes mit den Turtles in diesen mutagenverseuchten Tümpel fiel und binnen Sekunden zu einem Kleinkind schrumpfte. Er war so goldig!

Einfach nur zum Knuddeln, auch wenn sein Benehmen und seine Wortwahl dieselbe blieb. Sie hatte in ihrem Leben noch niemals solche Flüche aus dem Munde eines Kindes gehört, aber er brachte ihr Herz zum Schmelzen. So richtig.

Wenn man sie jemals fragen würde, wann genau sie sich in ihn verliebt hätte, würde sie diesen Moment als jenen beschreiben, wo sie es begriff, dass ihr Herz ihm gehört.

Sie hatte damals vergessen, die Kamera auf ihn zu richten, also hat sie kein einziges Bild von ihm in diesem Zustand und das ist einfach nur bedauerlich.

Aber vielleicht haben sie ja hier im Technodrome Aufnahmen davon und geben ihr die eine oder andere Kopie.

Denn Fotos gibt es, wie sie schnell feststellt, als sie sich zögernd etwas genauer umsieht. So hängen drei gerahmte Fotos an der Wand. Eines ist eine Gruppenaufnahme von Krang, Shredder, Bebop und Rocksteady in der Kommandozentrale, das zweite zeigt Krang mit Partyhütchen und einem Stück Geburtstagskuchen vor sich und das letzte ist eine Aufnahme von Bebop und Rocksteady in voller Kampfmontur vor einem Transportmodul. Es gibt noch andere Fotos: Landschaftsaufnahmen aus der DimensionX im Panoramaformat, aber auch ein Foto vom Schloß in Osaka und eines vom Fujijama. Es gibt Wandschränke, auf denen kleben diese bunten Magnete, wie man sie in den Souvenirläden findet und April ist nicht überrascht, dort quasi alle Städte vertreten zu sehen, in denen die Turtles und sie je auf ihn getroffen sind. Und noch sehr viel andere. Nur mit Mühe kann sie ein amüsiertes Kichern unterdrücken und wirft einen verstohlenen Blick zu dem schlafenden Mann hinüber. Ob er diese Souvenirs bezahlt hat?

Natürlich hängen außer den Fotos auch noch Waffen an der Wand – erstaunlicherweise ein Breitschwert aus dem europäischen Mittelalter und eine antike Armbrust - und in der Nähe des Schreibtisches steht sogar einer dieser japanischen, hölzernen Schwertständer. Sie zählt sechs Katanas unterschiedlicher Länge und es juckt ihr in den Fingern, sie aus ihrer Schutzhülle zu ziehen und genauer zu betrachten, doch sie lässt es lieber und wendet sich stattdessen dem Schreibtisch zu. Doch nur kurz, denn sie mag es auch nicht, wenn jemand ungefragt in ihren Sachen herumwühlt. Außer einem Laptop und ein paar Schriftstücken liegt hier sowieso nichts Interessantes. Da stöbert sie lieber in seiner heutzutage fast antiken Plattensammlung herum und bewundert den altmodischen Plattenspieler auf dem dazugehörigen altmodischen Regal. Die meisten Bands stammen aus Japan, also kennt sie sie nicht, aber es gibt auch einige internationale. Darunter zwei Elvis Presley LPs und fast die gesamte Albensammlung von ABBA und Genesis.

Also, Musikgeschmack hat er.

Sein Quartier hat noch mehr zu bieten, denn da gibt es eine Fläche von fast fünf Quadratmetern, die mit Tatamimatten ausgelegt ist. Dort steht eine dieser hölzernen Puppen, an denen Schlag- uud Tritttechniken geübt werden. Auf ihr kleben, quasi als Motivation, die Konterfeis von Sensei Splinter und allen vier Turtles. Sie sollte das nicht witzig finden, wirklich nicht, aber sie grinst trotzdem so stark, daß es sie in den Kiefermuskeln schmerzt.

Das erinnert sie an ihre Dartscheibe mit dem Foto ihres Bosses darauf, die sie mal in ihrem Büro bei Channel 6 hängen hatte. Bis Vernon sie verpetzte und hätte Irma sie nicht rechtzeitig vorgewarnt und sie das Foto schnell entsorgt, wäre sie damals wohl schneller ihren Job losgeworden als sie „Pizza“ sagen kann.

Sie bewundert noch den schönen, wirklich bequem aussehenden Papasan-Sessel und nähert sich dann vorsichtig wieder dem Bett.

Shredder schläft immer noch tief und fest. Krang muss ihn mit irgend etwas ausgeknockt haben, da war noch etwas anderes in dieser Spritze als Medikamente, anders kann sie sich das nicht erklären.

Sie zögert kurz, doch dann lässt sie sich neben dem niedrigen Bett auf die Knie sinken – sich auf die Matratze zu setzen, wagt sie nicht, denn das könnte er eventuell bemerken. Er schläft so schön, sie will ihn nicht aufwecken. Eine ganze Weile lang starrt sie ihn einfach nur an und mit jeder verstreichenden Sekunde werden die Schmetterlinge in ihrer Magengrube immer munterer und ihr Herz klopft so heftig, als wolle es aus ihrer Brust und ihm direkt in die Hände springen.

Sie spürt und schmeckt immer noch das Echo seiner Berührungen und Küsse auf ihrer Haut, diese Wärme, diese Zärtlichkeit und Leidenschaft tief darunter … Gott, sie will so viel mehr. Sie will ihn spüren, richtig spüren, sie will, dass er das mit ihr macht, wovon sie bisher nur in ihren dunkelsten Träumen zu denken wagte. Sie will, dass er sie auf eine angenehme Art und Weise zum Erschaudern bringt, sie ist bereit, in seinen Armen alles zu vergessen, vor allem sich selbst.

Aber – und bei diesem Gedanken leckt sie sich unwillkürlich über die Lippen, während ihr Blick langsam über seinen Körper wandert – vor allem will sie ihn anfassen. Ihn sehen. Spüren, wie er sich anfühlt. Ihn riechen und schmecken. Sie will wissen, welche Miene er macht, wie gut er seine japanische Fassade halten kann, wenn sie ihre Finger, Lippen und Zunge über seine intimsten Körperstellen wandern lässt. Wenn sie ihn dort küsst, wo sie bisher noch nie einen Mann geküsst hat. (Die ungeschickten Versuche mit ihrem ersten Freund während der High School zählt sie nicht dazu, das meiste war planloses Herumexperimentieren an dunklen Orten und frustrierte sie mehr als später der Betrug ihres anderen Freundes auf dem College.) Sie ist ein gut erzogenes, irisches Mädchen, aber bei Shredder, bei ihrem Saki, will sie ihre gute Erziehung über Bord werfen.

Sie spürt es, ganz tief in ihrem Herzen: er ist es.

Er ist der Richtige.

Ihm kann sie alle Seiten von sich zeigen, auch die dunkelsten, verdorbensten und er wird sie deswegen nicht verurteilen.

Plötzlich wird der Drang, ihn zu berühren, und sei es nur, um einmal kurz durch dieses schöne, dunkle Haar zu streichen, übermächtig, so übermächtig, dass sie vor sich selber zurückschreckt.



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