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Morgenstern

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wer damit rechnet, dass in diesem Kapitel die offenen Fragen aus dem vorherigen beantwortet werden…. Nun, der hat sich verrechnet.
In diesem Kapitel springen wir an einem ganz anderen Ort und folgen Aki und Toshiro. Willkommen auf den östlichen Inseln. Komplett anzeigen

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Aus allen Wolken


 

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Inmitten eines Ziergartens im japanischen Stil gabelten sich die Äste eines imposanten Kirschbaums und wurden von der leichten Brise sanft gewogen, welche durch die Anlage blies. Ein leises Klacken verkündete, dass sich das Bambusrohr des Shishi Odoshi einmal mehr mit dem klaren Wasser aus der Mineralquelle gefüllt und soeben in den kleinen Teich voller bunter Koi entleert hatte. Ein hübscher Schmetterling war von der Bewegung des Wasserspiels aufgeschreckt worden und flatterte nun davon.

Im Schattens des Kirschbaums hockte Toshiro Yamato. Ein Junge von sechzehn Jahren. Er hatte blonde, aufgestellte Haare und bernsteinbraune Augen. Es war noch immer heiß. Er schwitzte in seinem Haori und hätte viel lieber darauf verzichtet, doch sein Vater bestand darauf, dass er ordentlich gekleidet zu seinen Lehrstunden erschien. Es wäre unerhört und auch unangemessen für einen Jungen seines Standes, nur im Jimbei gekleidet dem Lehrer unter die Augen zu treten. Toshiro sah dem Schmetterling nach. Wie sehr wünschte er sich, er könne auch einfach davon fliegen und der harmonischen Hölle dieses Gartens entkommen.

“Wo seht Ihr hin, Durchlaucht?”, tadelte der Tutor. “Hier vorn spielt die Musik. Wie kann ein Falter spannender sein, als die Freuden der Rechenkunst?”

Ein weiteres mal klapperte das Shishi Odoshi.

Der Mann klopfte mit seinem Zeigestock auf eine Schiefertafel, die direkt unter dem Kirschbaum stand und störte somit die Harmonie des Zen-Gartens.

Gezwungenermaßen wandte sich Toshiro lustlos dem Angeschriebenen zu. Es handelte sich um eine Aufgabe, bei der es darum ging, Formeln unter Beachtung der Prioritäten der verschiedenen Rechenoperationen und Parenthesen aufzulösen. Toshiro fragte sich, wozu er das wissen musste. Er war der ehrenwerte Oji des Donnerclan. Eines Tages würde er seinen Vater, den großen Daimyo, beerben und über seine Untertanen herrschen - auch wenn ihm das eigentlich zuwider war. Für die Rechnerei hätte er dann seinen Schatzmeister. Warum um alles in der Welt verlangte sein Vater von ihm, sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die er sowieso nicht benötigte? Viel lieber würde er sich im Kampf erproben. Aber das stand erst in endlos anmutenden drei Tagen wieder auf dem Lehrplan. Vorher müsste er Philosophie, Geschichte und heute Mathematik über sich ergehen lassen.

Welch eine Qual!

Und das Wasserspiel schenkte ihr einen Takt.

“Junger Herr, vermögt Ihr diese Gleichung aufzulösen?”

“Gebt mir den Schwamm, und ich löse sie von der Tafel ab.”

“Unverschämtheit!” Der Tutor erhob seinen Zeigestock und ließ sein Ende gegen Toshiros Gesicht schlagen.

Dieser hielt sich die Wange. “Verdammt! Das tat weh!”

“Der Daimyo hat mir gestattet, Euch zu züchtigen, wenn Ihr die Arbeit verweigert! Eure Leistungen lassen zu wünschen übrig. Euer Vater verlangt Resultate!”

Toshiro bleib weiter stur. “Wenn er das gelöst haben will, soll er es selbst machen!”

Sein Tutor wollte bereits erneut ausholen, als er unerwartet die Lösung von dem ungehobelten Prinzen präsentiert bekam.

“Das ergibt sieben.”

Für einen Moment herrschte Stille, so dass man abermals das Shishi Odoshi hörte.

Erstaunt legte der ältere Mann seinen Stab beiseite. “Na also, Ihr könnt es doch. Wo ist das Problem?”

“Es ist so furchtbar langweilig. Wir sind das ‘Erhobene Volk’. Stolze Krieger. Ich sollte in den Krieg gegen unsere Feinde ziehen, nicht gegen Zahlen und Klammern.”

Diese Aussage ließ den Tutor schmunzeln.

“Ihr glaubt also, in der Mathematik liegt keine Ehre?”, fragte er provokant.

“Natürlich. Rechnerei gewinnt mir keine Schlacht.”

“Seid Ihr Euch da sicher, Durchlaucht?” Der Lehrer nahm den Schwamm und wischte die Aufgabe mit samt den anderen, die Toshiro noch nicht bearbeitet hatte, ab. Stattdessen zeichnete er eine nach unten geöffnete Kurve, an die er einen dicken punkt setzte, von dem aus ein Pfeil von der Kurvenlinie weg zeigte. “Könnt Ihr mir sagen, was das hier ist?”

“Ähm?”

“Was zerschlägt Euch die feindlichen Wehranlagen und Mauern?”

“Eine Kanone?”

“Genau. Und habt Ihr Euch schon mal die Frage gestellt, wie man aus weiter Entfernung eine verhältnismäßig kleine Mauer treffen kann?”

“Nein. Das ist Aufgabe der Kanoniere.”

“Ihr macht es Euch zu leicht, Durchlaucht! Das ist eine Wurfparabel. Damit könnt Ihr die Flugbahn einer Kanonenkugel berechnen.”

Jetzt schien er die Aufmerksamkeit des Jungen zu haben.

“Und das berechnen die Kanoniere mitten auf dem Schlachtfeld. Alles im Kopf. Ohne Griffel und Pergament.”

“Könnt Ihr mir beibringen, wie ich das ausrechnen muss?”

“Da Ihr bereits Klammern auflösen und Formeln umstellen könnt, sollte eine Funktion keine große Schwierigkeit mehr darstellen.”

Mit ungewohntem Eifer sog Toshiro das Wissen ins sich auf.

Sein Tutor schaute zufrieden auf den nun willigen Schüler. Es war schon immer viel effektiver gewesen, das Interesse eines jungen Menschen zu wecken, anstatt ihm die Informationen mit Gewalt hinein zu prügeln.
 

Auf einem Übungsplatz weiter unten in der Schlossanlage kämpften fünf Wachen gegen eine einzige Frau. Das Aufeinanderschlagen der hölzernen Schwerter hallte von den Pagoden wieder, als die Männer sich mühten, gegen ihre Gegnerin standzuhalten. Alle am Kampf beteiligten hielten zwei Waffen in ihren Händen. Trotz der Übermacht von zehn zu zwei Bambusschwertern, konnten die Wächter keinen Boden gegen ihre Gegnerin gut machen. Die Frau nahm den ersten ihrer Trainingspartner aus dem Spiel, indem sie angedeutete, seinen Kopf zu treffen, jedoch vorher stoppte.

Schauspielerisch ließ er sich daraufhin scheintot zu Boden fallen.

Die übrigen Männer schreckten zurück.

Die Frau mit dem rabenschwarzen Haar begab sich in Verteidigungsstellung.
 

Nachdem sein Tutor mit seinen Leistungen zufrieden war, hatte dieser Toshiro früher gehen lassen. Für seine gute Mitarbeit sollte der junge Herr belohnt werden und bekam den Rest des Tages geschenkt.

Endlich frei, dachte Toshiro. Aber er wusste nicht, was er mit seiner neu erlangten Freizeit anfangen sollte. Die Geräusche von aufeinanderschlagen Bambusschwertern drangen an sein Ohr. Es gab augenscheinlich einen Kampf. Toshiro kribbelte es in den Fingern, sich nach all der Anstrengung ein wenig zu raufen. Wie eine Motte in der Nacht vom Licht einer Laterne angezogen wurde, trieb es ihn in Richtung des Übungsplatzes. Dazu musste er den inneren Palast verlassen, durch ein Tor hindurch schreiten und einem längeren gepflasterten Weg folgen.

Als er endlich sein Ziel erreichte, erkannte er, wer dort kämpfte.
 

Der Kampf war für Aki nichts anderes als Musik und der dazu passende Tanz. Auch wenn das Katana nicht die Waffe ihrer Wahl war, vermochte sie es sich stets an den Fluss des Kampfes anzupassen. Schon früh lernte sie, sich die Melodie und den Rhythmus zu eigen zu machen, um in einem Kampf erfolgreich zu sein. Die Menge an Gegnern war dabei unerheblich.

Zwischen den Verteidigungsschlägen gegen die vier verbleibenden Gegner, bemerkte sie, dass seine Durchlaucht, der Prinz, gekommen war und ihr zuzusehen. Toshiro-sama war der wichtigste Mensch in ihrem Leben. Im zarten alter von fünf Jahren bestimmte man sie dazu, die Leibwächterin des neugeborenen Prinzen zu werden. Seitdem richtete sie sich voll und ganz nach ihrem Herrn. Seine Sicherheit und sein Wohlbefinden hatten für sie oberste Priorität. Sie war jederzeit bereit für ihren Herrn zum äußersten zu gehen und jeden seiner Befehle zu befolgen, egal was es auch sein möge. Aber in diesem Moment verspürte sie das Bedürfnis, Toshiro zu demonstrieren, was er schon längst wusste. Sie würde ihre übrigen Gegner besiegen und ihren Herrn einmal mehr ihren Wert beweisen.

Die vier Männer zogen sich abermals zurück und flüsterten sich etwas zu.

Aki musste annehmen, dass sie etwas im Schilde führten, und bereitete sich vor.
 

Bezaubert von ihren Fertigkeiten und erstaunt von ihrer Zielstrebigkeit folgte Toshiro jeder Bewegung seiner Leibwächterin. Diese Frau, die er Zeit seines Lebens kannte, mit der er zusammen aufwuchs, der er vollends vertraute, war die beste Kriegerin des Donnerclans! Niemand konnte ihr im Kampf das Wasser reichen - außer ihm natürlich! Meisterhaft hantierte sie mit ihren Waffen, als spiele sie ein Instrument. Die Symphonie des Kampfes hallte noch immer von den Pagoden wieder.

Plötzlich stürmte einer der Palastwächter nach vorn und trat in den sandigen Boden. Sein Fuß riss eine große Menge Schmutz mit sich und beförderte ihn in Akis Augen. Während diese ihre Sehorgane zusammen kniff, beteiligten sich die verbliebenen Männer an der Attacke.

Die Schwarzhaarige verließ sich bei der Verteidigung ganz auf die übrigen Sinne.

Unter ihren nackten Füßen konnte sie sie sich nähern spüren. Auch ohne die übermütigen Rufe der Männer, hatte sie ihre Positionen bereits vor ihrem geistigen Auge und war so in der Lage, jedem Stoß auszuweichen. Gleichzeitig genütgen wenige Schläge und alle ihre Gegner waren besiegt. Gemäß den Regeln mussten sie sich nach einem angedeuteten, letalen Treffer geschlagen geben. Und dies noch bevor Aki den Sand aus ihren Augen gerieben hatte.

Nach Abschluss des Übungskampfes standen die Besiegten wieder auf und alle sechs Teilnehmer verneigten sich respektvoll voreinander, bevor sie sich zerstreuten. Aki sammelte die auf dem Boden verteilten Bambusschwerter ein. Ordentlich sortiert stellte sie sie zurück in ihre Halterungen unter einem kleinen Vordach. Anschließend nahm sie die beiden Pistolenhalterungen, welche sie vor den Kampf abgelegt hatte, und schnallte sie wieder an ihren Obi. Danach begab sie sich zu ihrem Herrn und kniete respektvoll nieder. Dabei berührte das rechte Knie den Boden, während das linke in Hockstellung verblieb. Aki ballte die rechte Faust über ihrer linken Schulter und neigte demütig den Kopf. “Ich hoffe, ich habe Euch nicht zu sehr gelangweilt, Toshiro-sama”, sprach sie.

“Keinesfalls”, versicherte der Prinz. “Du hast mich exzellent unterhalten.”

“Was verdanke ich Euren Besuch?”

“Ich habe den Rest des Tages frei bekommen”, erklärte Toshiro.

“Welch eine Ehre, dass Ihr Eure Zeit für mein Training opfert!”

“Jetzt steh’ endlich auf!”

“Jawohl, Oji-sama!” Umgehend leistete Aki dem Befehl ihres Herrn folge und stellte sich kerzengerade auf.

“Ich musste mich ablenken. Ich hörte Kampfgeräusche und dachte mir, es könnte vielleicht interessant werden. Leider war es viel zu schnell vorbei!”

“Entschuldigt, junger Herr. Ich werde meine Gegner demnächst nicht gleich besiegen, wenn Ihr zuschaut.”

“Du kannst deinen Fehler wiedergutmachen, wenn du jetzt gegen mich kämpfst.”

Abermals verneigte sich Aki. “So sei es, Oji-sama.”
 

Alle Vier von sich gestreckt, lag Toshiro auf dem staubigen Boden. Sein teurer Haori musste schon von oben bis unten voll sein mit Schmutz. Sein Vater würde toben, angesichts des stolzen Preises des edlen Geschmeides. Aber das war dem Prinzen gerade sehr egal. Der Kampf gegen seine Leibwächterin hatte ihm alles abverlangt. Es fühlte sich an, als kämpfte er gegen mehrere Gegner gleichzeitig. Gefühlt aus jeder Richtung prasselte eine Attacke auf ihn ein. Es war, als habe Aki mehrere Paar Arme gehabt.

Auf dem Boden liegend und grübelnd musste er einsehen, das auch er ihr nicht das Wasser reichen konnte.

Aki stand abermals kerzengerade vor ihm und verneigte sich.

“Aua!”, jammerte Toshiro.

“Entschuldigt, Durchlaucht. Ich hätte nicht so hart zuschlagen sollen.

“Ist schon gut. Schließlich habe ich befohlen, mich nicht zu schonen.”

“Soll ich das Bad vorbereiten lassen und Euch waschen?”

Beim Gedanken daran, das sie ihn dann nackt sehen würde, wurde er rot. “A-Also”, stotterte er. “N-Nein, ich denke, das wird nicht nötig sein.

Aki bemerkte sein merkwürdig abweisendes Verhalten. Es war offensichtlich, das er sich schämte. “Junger Herr, ich wickelte Euch. Ich kenne jeden Zentimeter an Eurem Körper. Es gibt keinen Grund sich zu schämen.”

Das machte es nur noch schlimmer.

“Verzeiht, meine Aufdringlichkeit.” Erneut verneigte sich Aki. “Aber wenn Euch der Daimyo so sieht, schickt er Euch dieses mal wirklich ins Bergkloster. Ich werde Eurem Kammerdiener Bescheid sagen.” Aki trat an Toshiro heran und reichte ihm die Hand.

Der Prinz nahm sie an und zog sich an Aki hoch.

“Bitte gebt mir Euren Haori.”

Toshiro kam den Wunsch nach und übergab ihr das Kleidungsstück.

“Ich werde schauen, dass ich jemanden auftreibe, der in der Lage ist das zu waschen.” Sie begutachtete den Schmutz auf dem Haori. ”Zur Not müssen die Nähte aufgetrennt werden.” Danach wandte sich die Leibwächterin von ihrem Schutzbefohlenen ab und ging.
 

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Vorsichtig setzte der Schiffsbauer das Getriebe, an dem er gerade arbeitete, wieder zusammen. Vor drei Tagen hatte er das Schiff abgeholt. Sein Eigentümer klagte darüber, dass die Propeller ihren Dienst nicht mehr verrichteten und es somit nicht mehr zu beherrschen war. Bis heute früh saß der Schiffsbauer an der Gerätschaft und suchte den Fehler. Er tarnte sich gut, aber letztlich fand er ihn. Es war ein nicht ordnungsgemäß verschraubtes Zahnrad. Stets waren es die kleinen Dinge, an denen die großen scheiterten. Dies ist mitnichten nur eine Binsenweisheit von Kriegstreibern. Auch der durchschnittliche Untertan sollte es beim täglichen Allerlei beherzigen, davon war der Schiffsbauer überzeugt.

“Verflixt und zugenäht!”, fluchte er, als er seinen Schraubendreher nicht mehr finden konnte. “Welcher Trottel hat mein Werkzeug genommen?!”

Ein junger Mann, vermutlich einer seiner Lehrlinge, starrte erschrocken auf das Gerät in seiner Hand. “E-Entschuldigung, Meister”, sagte er und brachte den Schraubendreher umgehend zu dessen Besitzer zurück.

“Gib her, du Lausbub!” Der Meister riss dem Burschen das Werkzeug aus der Hand und begann das Gehäuse zu verschrauben. Dann stieg er auf eine Leiter und setzte das Getriebe an seinen Bestimmungsort am Heck des Schiffes ein. “Der Kunde sollte uns unbedingt zu seiner Stammwerft machen!”, sprach er anschließend. “Wahrscheinlich hat sich schon ein anderer daran versucht! Womöglich bei der letzten Wartung. Und natürlich nicht wieder richtig zusammengebaut.”

“W-Wenn Ihr das sagt, M-Meister!” Der Lehrling war schon froh, dass er den Schraubenzieher zur Strafe nicht schon wieder über den Schädel gezogen bekam, wie das letzte Mal, als er etwas nahm, ohne vorher zu fragen.

Jetzt benötigte er dringend frische Luft und verließ die Werft. Oft hatte er genug von seinem cholerischen Meister. Dies war einer jener Momente. Auf dem Pier neben dem Ausgang angekommen, schaute er hinauf auf das weiße Meer. Der friedliche Anblick des Nebels und der Wolken half ihm dabei, herunterzukommen. Aber etwas war anders als sonst. Plötzlich sah er mehrere Luftschiffe am Horizont auftauchen. Es waren nicht etwa Transporter, bis zum Absturz voll mit teuren Gütern, sondern Schlachtschiffe. Die fremden Fluggeräte strotzen nur so vor Feuerkraft. Der Lehrling konnte die Kanonenrohre einzeln zählen, während sie unaufhaltsam näher kamen. “Ähm, Meister”, machte er auf sich aufmerksam.

“Was hast du nun schon wieder?”, fragte der alte Mann genervt.

“Wollen die dort hinten auch ihre Getriebe repariert bekommen?”

“Was erzählst du denn jetzt-” Noch während er ebenfalls an das Hafenbecken trat, versagte ihm die Stimme angesichts der stolzen Flotte, die sich dem Hafen näherte. Er glaubte, er träume. “Heilige...”

Die Glocke läutete zum Alarm.

Ehe sich die Einwohner der Hafenstadt versahen, fuhr die Armee die Geschütze an das Hafenbecken und bereitete sich auf den Angriff des Feindes vor.
 

Hideyoshi Yamato, der ehrenwerte Daimyo des Donnerclans, hockte auf einem reich bestickten Kissen und sah durch die geöffnete Tür auf die Terrasse und den dahinter liegenden Garten. In der Mitte befand sich eine schöne und große Zeder, deren dicker Stamm mit einem Shimenawa zu Ehren des Schutzgottes des Clans verziert worden war. Dabei handelte es sich um ein Bund von Ziergegenständen, welche von einem massiven geflochtenen Strohseil gehalten wurden. Sie markierten Orte, an denen die sterblichen Menschen mit den unsterblichen Göttern in Kontakt treten und beten konnten. Auch Hideyoshi kniete jeden Morgen nieder und bat die himmlischen Wesen um ihren Schutz.

Und trotzdem hatte er jede Nacht den gleichen wiederkehrenden Traum.

Mit ihm anwesend waren mehrere Wachen, zwei Diener und Toshiros Tutor.

“Sprecht, wie macht sich mein Sohn?”, fragte der Daimyo den Lehrer.

“Nun, Eurer Durchlaucht.”, antwortete dieser. “Die Aufmerksamkeit des jungen Herren ist ungestüm und wechselhaft wie das Wetter.”

“Ich gab Euch die Erlaubnis, ihn zu züchtigen.”

“Seid nicht zu hart zu Eurem Sohn. Ich erinnere mich noch gut an einen kleinen Prinzen, den ich einst unterrichtete. Dieser war genauso ein Lausbube und seht, was für ein ausgezeichneter Daimyo aus ihm geworden ist.”

“Ich zahle Euren Lohn, damit mein Sohn nicht so wird wie ich es war. Wenn Ihr das nicht schafft, so muss ich mich nach einem neuen Meister umsehen.”

“Seid unbesorgt, Durchlaucht. Ich habe es geschafft Euch zu unterrichten, ich werde dies auch bei Eurem Sohn schaffen. Heute hat er gut mitgearbeitet. Ich gab ihm daraufhin den Rest des Tages frei.”

“Es liegt in Eurer Verantwortung, welche Methoden Ihr wählt.”

“Zuckerbrot und Peitsche, Durchlaucht.”

“Ich erwarte nichts Geringeres von meinem alten Tutor.” Hideyoshi verfiel dem Schweigen, als er weiter in den Garten schaute.

“Durchlaucht, stimmt etwas nicht.”

“Es ist alles in Ordnung. Ihr dürft Euch nun zurückziehen.”

Der Tutor verneigte sich, obwohl der Daimyo ihm den Rücken zuwandte und es gar nicht sehen konnte. “Sehr wohl.” Daraufhin trat er an die Tür heran. Die Wachen öffneten die Pforte und der alte Mann verließ die Kammer des Daimyo. Es wartete noch ein Berg von Arbeit auf ihn, die getan werden musste.

Jede Nacht habe ich immer wieder diesen Traum, grübelte Hideyoshi. Oh ihr Götter, was versucht ihr mir zu sagen?

Er hörte Donnergrollen in der Ferne. Zuerst glaubte er an ein Gewitter, doch dann sah er eine Rauchsäule aufsteigen.

In diesem Moment stolperte ein Bote zur Tür herein. “Der Feuerclan, der Feuerclan!”, rief er außer Atem. “Es sind feindliche Luftschiffe am Horizont gesichtet worden. Sie greifen den Hafen an!”

“Diener, bring mir mein Schwert!”, befahl Hideyoshi ohne große Regung.

Sofort eilte ein weiterer Mann herbei, der ein Katana auf einem Kissen bei sich trug. Er kniete neben seinem Daimyo, senkte sein Haupt und bot die Waffe dar.

Hideyoshi ergriff das Katana, welches noch immer in seiner Schwertscheide steckte, und zog es ein Stück aus ihr heraus. “Männer, der Kriegsgott ist erwacht! Überbringt meine Befehle: Wir greifen an und vernichten die Flotte des Feindes!”

Alle Anwesenden verneigten sich und ballten die rechte Faust auf der linken Schulter. “Jawohl, mein Daimyo”, sprachen sie im Gleichklang.

“Holt die Kunoichi! Ich habe einen wichtigen Auftrag für sie!”
 

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Die Schmach seiner Niederlage saß noch immer tief. Toshiro ließ keinen Kampf aus und trainierte stets fleißig, um eines Tages ein großer Krieger seines Clans zu werden. Er konnte sich doch nicht einfach von seiner Leibwächterin besiegen lassen! Wo käme er da hin? Jedenfalls musste er schleunigst den Kopf frei bekommen. Was gab es besseres als eine Tanzvorführung? Aus diesem Grund hatte Toshiro die fünf Geishas kommen lassen, welche ihn just in diesem Moment mit ihren grazilen Bewegungen verzückten.

Jede der Frauen trug eine Yukata mit Blumenmuster und überdimensionaler Zierschleife auf dem Rücken. Ihre Gesichter hatten sie weiß angemalt, um noch blasser zu wirken, als sie es ohnehin schon waren. Beim Tanzen führten sie in jeder Hand einen Fächer, welchen sie passend zur Musik der Saiteninstrumente mal öffneten, mal schlossen. Die Schrittfolge jeder einzelnen war auf die anderen vier abgestimmt. Sie machten keine Bewegung zu viel. Ihr Tanz war mit das anmutigste und schönste, das Toshiro je erleben durfte.

Etwas trübte die Lieblichkeit dieses Moments.

Von draußen drang ein dumpfes Grollen in den Palast ein.

Toshiro hob den Arm und wies die Geishas an, ihre Darbietung zu unterbrechen. Die Musikanten stoppten ebenfalls. Während der Prinz lauschte, ertönten weitere Donnergrollen. Sie klangen jedoch nicht wie die eines Gewitters. Als Angehöriger der ruhmreichen Yamato musste Toshiro das einfach wissen. Das Geräusch war viel zu kurzlebig, um von einem Unwetter hervorgerufen worden zu sein.

Was das wohl ist, fragte er sich.

Urplötzlich öffnete sich die große Tür und Aki überraschte Toshiro mit ihrem Kommen. Er war sich sicher, dass sie ihm nicht vortanzen wollte. Schade eigentlich! Noch bevor sie sprach, erkannte er an ihrem Gesichtsausdruck, dass etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein musste.

Seine Leibwächterin kniete sich vor seinem Stuhl hin. “Durchlaucht, Euer Vater schickt mich. Ihr müsst mich umgehend begleiten!”

“O nein, schickt er mich jetzt doch ins Bergkloster?”, versuchte Toshiro, die angespannte Situation aufzulockern.

Aber Aki war nicht zu Späßen aufgelegt. “Wir haben keine Zeit für Eure Scherze, mein Prinz! Ich bitte Euch, mir sofort zu folgen.”

“Aber was hast du denn, Aki?”

“Keine Zeit für Erklärungen!” Die Schwarzhaarige erhob sich aus der Demutspose und ging auf ihren Herrn zu. Unter den Augen der Geishas packte sie den jungen Prinzen und schleifte ihn gegen seinen Willen mit sich.
 

Mit tosenden Donnergrollen feuerten die Geschütze beider Seiten auf ihre Ziele. Glühende Geschosse durchschlugen gnadenlos Schiffsplanken und Häuserwände gleichermaßen. Eine der Kanonenkugeln der Angreifer traf eine Kanone des Donnerclan. In der darauf folgenden Explosion wurden die Kanoniere verstreut durch die Luft gewirbelt. Ihre Knochen von der Druckwelle zerschmettert und ihr Fleisch durchbohrt von den Splittern des zerstörten Kriegsgerätes.

Sie waren nicht die ersten und keinesfalls die letzten Opfer des Angriffs.

Der Feuerclan schoss an Ketten befestigte Harpunen auf den Pier. Sie bohrten sich beim Aufprall tief in das Mauerwerk hinein. Die Soldaten des Feindes nutzten die Ketten als Angriffsweg. Sie rutschten auf ihnen mit gezogenen Schwertern, deren Klingen in Flammen gehüllt waren, dem Rand des Hafenbeckens entgegen. Ihre Waffen besaßen einen Magiespeicher, der vor dem Kampf erst aufgeladen werden musste. Fast wie eine verzauberte Batterie. Die Verteidiger kamen indes nicht mehr hinterher, die Ketten zu durchschlagen.

Der Feuerclan landete.

Eine Überzahl von Angreifern, mit denen vorher niemand gerechnet hatte. Obwohl es die Hauptstadt des Donnerclans war, stationierte der Daimyo dennoch nur die übliche Garnison. Das schlechte Wetter hielt die Feinde bisher zuverlässig vom Angriff ab. Dieses Mal schien der Feuerclan entschlossen, mögliche Verluste hinzunehmen, nur um den Widersacher verheerend zu treffen.

Während die Truppen den Hafen enterten, feuerten die oberen Kanonenbatterien der Schlachtschiffe weiter ununterbrochen auf den Feind. Die Kapitäne interessierte es augenscheinlich kein Stück, dass sie womöglich ihre eigenen Leute trafen.

Die Soldaten des Donnerclans sahen sich der feindlichen Übermacht schutzlos ausgeliefert. Mann um Mann fiel den brennenden Schwertern zum Opfer. Sie waren nicht imstande, die Stellung zu halten. Gepaart mit dem Schrecken der gefürchteten “Brennenden Klingen”, sank die Moral der Truppe bedrohlich. Die Männer verloren ihren Kampfesmut und wurden abgeschlachtet wie Vieh.

“Klaue des Donnerdrachen!”, tönte es über den Port.

Hideyoshi konnte sich das nicht mehr länger mit ansehen und beschloss, selbst in das Kampfgeschehen einzugreifen. Augenscheinlich vom Himmel herab, stürzte er sich mit gezogener Waffe in die Schlacht. Die Klinge seines Schwertes wurde umhüllt von unzähligen Blitzen. Auf seiner Stirn leuchtete ein fremdartiges Symbol, welches frei übersetzt “Donner” bedeutete. Die zuckende Elektrizität spiegelte sich in den bernsteinfarbenen Augen des Mannes wieder. Der Daimyo rammte das Schwert in den Boden. Die Energie der Waffe übertrug sich auf den Boden und von dort aus auf die stählernen Ketten. Zu dutzenden stürzten Soldaten des Feuerclans hinab in das weiße Wolkenmeer und hindurch in die teuflischen Untiefen darunter.

“D-Der Daimyo!”, rief einer seiner Getreuen lauthals aus.

Sofort erholte sich die Moral der Truppe und die Männer drängten die verbleibenden Feinde in den Abgrund.

Gerade als sich das Blatt zu wenden schien, explodierten mehrere Feuerbälle genau an der Stelle, an der zuvor noch Hideyoshi stand. Aber so einfach ließ sich der Anführer des Donnerclans nicht umbringen. Mit einem Satz sprang er rückwärts aus der Gefahrenzone, eine Spur von Rauch hinter sich her ziehend. In der Luft wandte er sich um und seine Klinge kreuzte die eines mächtigen Gegners.

Über ihnen schwebte ein anderer Mann auf einer schwarzen Wolke. Auch auf seiner Stirn leuchtete ein Symbol. Dieses bedeutete “Feuer”.

“Ihr!”, sprach Hideyoshi.

Sein neuer Gegner war niemand geringerer als Hotaru Hojo, der Sohn des Daimyo des Feuerclans. Er parierte mit seinem Schwert, das er einhändig führte. “Ihr verschwendet meine Zeit, Schwächling!”, erwiderte dieser voller Abneigung gegenüber dem seiner Meinung nach unterlegenen Gegners. Die freie Hand ballte Hotaru zur Faust und schlug sie Hideyoshi ins Gesicht.

Der Anführer des Donnerclans stürzte mit hoher Geschwindigkeit in ein Hausdach unter ihm hinein.

Abschätzig sah der Feuerprinz hinterher. “Wie Langweilig!” Er erhob sein Schwert in den Himmel. “Loderndes Inferno!” An der Spitze seiner Waffe entstand ein Feuerball, dessen Größe mit jeder Sekunde zunahm. Als Hotaru mit seiner Kreation zufrieden war, schleuderte er den Feuerball auf das Haus, indem er sein Schwert darauf richtete. Eine Explosion folgte. Trümmerteile des Hauses rieselten auf die Soldaten, wie ein heißer Sommerregen.

Der Staub lichtete sich.

Knieend stützte sich der Daimyo auf sein in den Boden gerammtes Schwert. Der Ausdruck seiner Macht, das Symbol auf seiner Stirn, war erloschen. Er hatte unzählige Schrammen davon getragen und ein Großteil seiner Kleidung war verbrannt. Er hustete und spürte, wie ihn die Kraft zu kämpfen verließ.

Lässig schwebte Hotaru auf der schwarzen Wolke hinunter und sprang von ihr ab, als sie nur noch wenige Zentimeter über dem Boden hing. Er näherte sich seinem Gegner und streckte ihn mit einem Tritt gegen den Kiefer nieder.

Hideyoshi wollte weiterkämpfen. Allerdings verlor er sein Bewusstsein.

Hotaru packte seinen Gegner und warf ihn über die Schulter, wie ein Handtuch nach dem Besuch einer Sauna. Danach ging er zurück zu seiner Wolke und bestieg sie. Angesichts der verängstigten Soldaten des Donnerclans musste er nur müde lächeln. Die schwarze Wolke erhob sich und nahm Fahrt auf.

Einige der Soldaten zielten mit Fernwaffen, aber trauten sich nicht zu feuern, aus Angst den Daimyo zu treffen.

“Ihr seid so ein erbärmlicher Haufen!” spottete Hotaru. Er klopfte auf den Hintern seiner bewusstlosen Geisel, um Hideyoshi vor seinen Mannen weiter zu demütigen. “Mein Vater hat für den König der Schwächlinge eine kuschelige Zelle frei! Ha ha ha!” Zusammen mit seiner Geisel flog er daraufhin zu seiner Flotte zurück.

Eine neue Salve Harpunen bohrte sich in das Hafenbecken.

Der Feind dachte nicht im Traum daran, das Kämpfen einzustellen.
 

Unter dem Zerren seiner Leibwächterin war es dem Donnerprinz, als ob ihm jeden Moment die Hand abfallen tät. Aki hatte ihm rein gar nichts verraten. Toshiro war absolut ahnungslos. Sie schleifte ihn einfach mit, ohne auf seine Fragen zu reagieren. “Aki, was ist hier los verdammt noch mal?!”, versuchte er ein letztes Mal Informationen aus der Schwarzhaarigen herauszubekommen.

“Wir haben keine Zeit für Fragen!”, entgegnete die Kunoichi.

Das Grollen des Kampfes erreichte nun auch ihre Position.

“Da ist keine Wolke am Himmel! Wir werden angegriffen, habe ich recht!”

Aki antwortete nicht.

Stattdessen zerrte sie weiter an seinem Arm. Bald wäre seine Schulter ausgekugelt.

Entschieden blieb Toshiro stehen.

Aki wurde ebenfalls abrupt gestoppt.

Wenigstens in Sachen Körperkraft war er ihr also überlegen.

“Was soll das?!”, schrie Toshiro.

Mit der Faust über der Schulter verneigte sich Aki. “Vergebt mir, Durchlaucht.”

“Schon gut. Sag mir einfach, was los ist.”

“Ihr habt Recht. Wir werden angegriffen.”

“Von wem?”

“Wie es aussieht, sind es die Hojo. Vor einer halben Stunde begannen sie damit, den Hafen zu bombardieren.”

“Diese halb durchgebratenen Bastarde! Lasst sie uns vertreiben!”

“Nein! Der Daimyo hat befohlen, dass Ihr fliehen sollt.”

“Will Vater mich verarschen?! Ich bin ein starker Krieger. Zur Not werde ich die Arschlöcher alleine auf ihre Insel zurück jagen!”

“Bitte kommt mit mir, oder ich muss Gewalt anwenden. Auch der Prinz muss sich dem Befehl des Daimyo unterordnen!”

“Aki, ich befehle dir-” Toshiro blieb das Wort im Hals stecken, als Aki plötzlich ihre Pistole zog und offenbar auf ihn richtete. Das mit der Gewalt sollte doch eigentlich nur eine Floskel sein! Ein Schuss. Toshiro spürte, wie das Projektil an seinem Kopf vorbei flog.

“Urhg!”, stöhnte etwas hinter ihm und schlug dumpf auf.

Toshiro sah sich um und erblickte einen Soldaten am Boden liegen, mit der gezogenen Waffe noch immer in der Hand. Auf seiner Rüstung war das Emblem der Hojo. Schockiert blickte er wieder zu Aki.

Die Schwarzhaarige verstaute ihre Waffe im Halfter. “Wir müssen hier weg, bevor noch mehr von denen kommen!”

“Ja, das müssen wir wohl”, gestand Toshiro ein, als er weitere Soldaten des Feindes erspähte, wie sie auf sie zugerannt kamen.
 

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Das große Admiralsschiff des Feuerclan kam endlich in Feuerreichweite. Es war eine gewaltige Konstruktion, gehalten von einem großen Ballon und vielen Poplergetrieben. Hotaru rieb sich randvoll mit perverser Vorfreude auf das Bevorstehende die Hände. Eine Sache stand ganz klar fest: Es gäbe ein Spektakel, das der Donnerclan so schnell nicht vergessen würde.

Unter Einsatz all ihrer Kräfte bewegten die Marinesoldaten das schwere Geschütz. An Deck der Galeere war eine gewaltige Kanone auf einem drehbaren Untersatz angebracht. Alles was Krach macht, brennt oder explodieren kann, war das Spezialgebiet des Feuerclans. Kein Wunder also, dass sie auch die größten Kanonen besaßen. Allmählich richtete sich das lange Rohr der Feuerwaffe auf sein Ziel aus. Der Kanonier berechnete die Flugbahn des Geschosses und wies die Männer an, in welchem Winkel die Kanone angehoben werden musste. Als erstes wurde allerdings das Schießpulver eingefüllt. Mit Hilfe eines Flaschenzugs wurde die wuchtige Kugel angehoben und in den Lauf gelassen. Unter Zuhilfenahme von Stäben stocherten die Männer anschließend im Lauf herum, um sicherzustellen, dass die Kugel ganz nach hinten durchgerutscht war. Erst jetzt begannen sie, die Kurbeln an den Seiten zu betätigen und die Kanone vertikal auszurichten.

Als der Kanonier zufrieden mit der Ausführung seiner Befehle war, signalisierte er seinem Herrn die Bereitschaft.

Gerade noch rechtzeitig. Hotaru war drauf und dran, die Geduld zu verlieren! Es verlangte ihm danach, den Schandfleck in Trümmern zu sehen. “Wirklich schade, dass mein Vater das nicht mit ansehen kann”, sprach er und lachte dabei gehässig. “Jetzt schießt das Ding endlich in Stücke!”

“Feuer!”, befahl der Kanonier.

Mit einer an einem langen Stab befestigten Fackel zündete einer der Marinesoldaten das Geschoss. Ein ohrenbetäubender Knall hallte über das Meer und durch die Stadt des Feindes. Die Explosionsgase trieben das Projektil mit fast einem Kilometer pro Sekunde aus dem Lauf dem Ziel entgegen. Die gewaltige Kugel flog über den Hafen, über die Stadt, über die Mauern des Palastes und schlug in der Großen Pagode ein, welche das Hauptgebäude der Palastanlage darstellte. Der grelle Blitz der Explosion ließ es bereits erahnen. Ein weiterer durchdringender Donner bewegte sich durch die Luft.

“Whoohoo!”, jubelte Hotaru, als die Schallwelle auf seine Ohren traf. “Das hat ordentlich Rums gemacht! Ha ha harr!” Er hüpfte ausgelassen umher, wie ein kleiner Junge, der sich an einem Spielzeug ergötzte.

Eine Druckwelle breitete sich in der ganzen Stadt aus und zerstörte Fenster und wenig befestigte Häuser.

Abermals rieselten Trümmer nieder.
 

Der grelle Blitz ließ sowohl Aki und Toshiro als auch ihre Gegner innehalten. Erschrocken sah sich der Prinz zum Herkunftsort des Lichtes um und musste den Palast seines Vaters zerbersten sehen, Sekunden bevor das Geräusch der Explosion seine Ohren erreichte.

Ungeachtet der Gegner ließ er sich auf die Knie fallen, den Kopf gesenkt.

Er dachte an die Soldaten, die bis jetzt die Stellung gehalten hatten.

Er dachte an die Momente seiner Kindheit.

Er dachte an die Kunstschätze, welche unter den Trümmern begraben waren.

Sein Wille zum Kämpfen bröckelte zusammen mit dem Palast.

Die Soldaten des Feuerclans umzingelten lachend den Prinzen.

Aki ließ sich nicht lange von den Geschehnissen beeindrucken und setzte den Kampf gegen die Feinde fort. Bevor sie allerdings ihrem Herrn zu helfen vermochte, musste sie sich zuerst um die akute Bedrohung vor ihr kümmern: Einen schwer gepanzerten Mann mit einem riesigen Kriegshammer, dessen Rüstung ihre Pistolen wohl nicht durchdringen könnten. Zusätzlich kamen zu ihrer Linken und Rechten jeweils weitere, nicht so stark gepanzerte Männer mit gezogenen Schwertern näher. Aki analysierte den großen Mann vor ihr und kam zu dem Schluss, dass er vermutlich nicht schnell reagieren konnte. Seine Rüstung hatte nur eine Schwachstelle. Diese mit den Pistolen zu treffen wäre sehr schwierig. Aki entschied sich für eine andere Herangehensweise. Sie betätigte einen Schalter unter dem Abzug ihrer Waffen. Klingen schoben sich nach vorn. Blitzschnell stürmte sie anschließend auf den Mann vor ihr zu und stieß die Bajonette in den engen Spalt zwischen seinem Helm und dem Brustharnisch, sodass die Klingen die Kopfbedeckung herunter stießen, als sie aus der Schädeldecke wieder austraten.

Das Schwergewicht ließ den Hammer fallen und kippte nach hinten um, als Aki die Bajonette wieder aus seinem Kopf herauszog.

Nach Vergeltung strebend, beschleunigten die verbliebenen Männer ihren Vormasch. Aber noch in der gleichen Bewegung, in der sie ihre Pistolen aus ihrem Opfer befreit hatte, richtete Aki sie auf die Männer und drückte ab, ohne auch nur hinzusehen. Blutfontänen schossen aus den Häuptern ihrer Gegner, während sie die Wucht der Geschosse rücklings zu Boden riss.

Mit flinken Handbewegungen lud die Kunoichi ihre Waffen nach.

Unterdessen rührte sich Toshiro noch immer nicht.

Tränen tropften zwischen seinen flach aufliegenden Händen auf den Boden.

Ich bin so nutzlos, tadelte er sich selbst.

Die Soldaten des Feindes glaubten, leichtes Spiel mit ihm zu haben und ihn gefangen nehmen zu können. “Auf Euch wartet eine schöne ungemütliche Zelle gleich neben der Eures Vaters!”, tönte einer der Männer.

Allerdings hatten er die Rechnung ohne Toshiros Leibwächterin gemacht.

Im nächsten Moment fing er sich eine Kugel.

Die verbliebenen beiden Feinde ließen von Toshiro ab und attackierten stattdessen die Schwarzhaarige. Den einen schoss Aki genau zwischen die Augen. Dem Hieb des anderen wich sie gekonnt aus und schlitzte dabei seine Kehle mit einem Bajonett auf. Er versuchte noch, die Blutung zu stoppen, indem er die Hand auf die klaffende Wunde an seinem Hals presste, aber er verlor schnell das Bewusstsein und war im Handumdrehen genauso tot wie die anderen Leichen.

Wieder lud Aki ihre Waffen nach.

Derweil bekam Toshiro von dem Gemetzel nichts mit. Die Tränentropfen zwischen seinen Händen hatten sich zu einem kleinen See vereinigt. Sein starrer Blick schaute ins Nirgendwo. Er tönte stets davon ein großer Krieger zu sein. Und was tat er jetzt? Heulen. Jämmerlich!

Aki musste sich etwas einfallen lassen. Es war unmöglich, seine Durchlaucht in diesem Zustand in Sicherheit zu bringen. Sie fuhr die Bayonette wieder ein, steckte ihre Waffen in die Halfter und ging zu Toshiro. Unsanft packte sie ihn und zerrte ihn zurück auf beide Beine. “Durchlaucht!”, schrie sie ihn an. “Reißt Euch zusammen! Wir müssen fliegen!”

“Der Palast…”, klagte der Prinz.

Aki riss der Geduldsfaden.

Eine schallende Ohrfeige riss Toshiro aus seiner Trance.

Sofort schreckte die Schwarzhaarige zurück, als ihr klar wurde, was sie gerade getan hatte, und verneigte sich demütigst. “Vergebt mir, Durchlaucht!”

Toshiro rieb sich die Wange. “Aua!”

“Entschuldigt! Ich werde nach unserer Flucht umgehend Seppuku begehen!”

“Nein, das wird nicht notwendig sein! Genau das habe ich gebraucht!” Noch einmal sah er sich wehmütig zu dem Hügel um, auf dem bis vor Kurzem der Palast über dem Land thronte. Ihm war bewusst, dass sie keine Zeit für Trübsal übrig hatten. “Komm, Aki. Wir müssen dem Feind entkommen!”

“Jawohl!” Die Schwarzhaarige erhob sich wieder.

Gemeinsam setzten sie ihre Flucht fort.
 

Die Schwärze lichtete sich und Hideyoshi erlangte das Bewusstsein zurück. Er sah sich um. Es war Stockdunkel um ihn herum. Nur ein zaghafter Lichtstrahl mühte sich, die Finsternis zu erhellen. Das kleine Bullauge in der Holzwand, aus dem er eindrang, war kaum groß genug, eine Hand hindurch zu stecken, darum dachte Hideyoshi erst gar nicht daran zu fliehen. Außerdem hatte man ihn entwaffnet und die Macht des Clansmal konnte er auch nicht mehr spüren. Vermutlich unterdrückte irgend etwas seine Magie. Er sah sich weiter um. Es befand sich nicht viel in der kleinen Kajüte. Ein Haufen altes Stroh stellte eine Schlafgelegenheit dar und ein hölzerner Eimer in der Ecke war für seine Notdurft bestimmt.

Plötzlich vernahm er ein Geräusch hinter der Tür.

Ein Sehschlitz wurde aufgeschoben und ein Soldat der Hojo sah nach dem Rechten. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass der Gefangene keine Gefahr darstellte, schloss er den Sehschlitz und öffnete die Tür.

Lässig trat Hotaru ein, einen kleinen Feuerball als Lichtquelle in der Hand haltend, und beäugte den noch immer auf dem Boden hockenden Gefangenen. “Na, ist es bequem hier?”, amüsierte sich der Prinz. “Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut, Euch angemessen unterzubringen, Eure Lordschaft.”

“Wenn Ihr mich verspotten wollt, spart Euch den Atem!”, forderte der Gefangene.

“Aber wenn es mir doch solchen Spaß macht!”

“Was verschafft mir das Vergnügen Eures Besuches?”

“Ich möchte Euch davon in Kenntnis setzen, dass Euer geliebter Sohn schon bald Euer Schicksal teilen wird.”

Hideyoshi begann auf einmal wie von Sinnen zu lachen.

“Was ist daran so komisch?!”

“Ha ha ha! Ihr werdet Toshiro niemals in Eure unehrenhaften Klauen bekommen.”

“Seid Ihr Euch da nicht so sicher! Alle Männer, die nicht gerade damit beschäftigt sind zu brandschatzen und zu vergewaltigen, durchkämmen die Stadt nach Eurem Sohn. Und sie werden ihn erwischen. Tod oder lebendig!”

“Ihr seid auch nur ein Bengel. Es plagt Euch, dass Ihr Toshiro noch nicht erwischt habt, und so lasst Ihr den Frust über Eure Unzulänglichkeit jetzt an mir aus.”

“Haltet Euer verdammtes Maul!”

Am liebsten hätte er ihn für seine Worte erschlagen.

Hotaru wollte jedoch seinen Vater nicht verärgern.

Wütend machte er kehrt Marsch und mit ihm verschwand auch das Licht aus der Kajüte. Die Tür wurde zugeschlagen und Hideyoshi war wieder allein. Er sah aus dem kleinen Fenster und hoffte, dass sein Sohn bereits in Sicherheit war.
 

Aki und Toshiro erreichten ein abgelegenes Haus am Rand der Klippe.

Völlig erschöpft von all dem Gerenne und Gekämpfe beugte sich Toshiro nach vorn und stützte dabei seine Hände auf den Oberschenkeln ab. Nach Luft japsend sah er zu dem mehrere Stockwerke hohen, aber dennoch unscheinbaren Holzhaus auf. “Sind wir da?”, fragte er ungläubig.

“Hier sollte ich Euch hinbringen, Durchlaucht”, bestätigte Aki.

“Und was machen wir jetzt?”

“Folgt mir!”

Toshiro hatte keine andere Wahl, als zu gehorchen.

Im Inneren des Hauses konnte man kaum etwas sehen, bis Aki die großen Türen an einer Wand öffnete, die an jene einer Scheune erinnerten. Die Öffnung zeigte direkt hinaus in das wolkenartige weiße Meer. Einfallendes Licht enthüllte, dass es sich bei dem Haus um eine Werkstatt handelte. Zahllose Gerätschaften standen verstreut im Inneren herum. Darunter auch ein großer Korb. Er bot Platz für bis zu vier Passagiere. An ihm war ein großer schlaffer Stoffsack an einem eisernen Gestell angebracht. Während Toshiro sich noch fragte, was sie mit dem Ballon zu schaffen hatten, suchte Aki bereits die Behälter aus Bambus zusammen, welche das Gas beinhalteten, mit dem ihr Fluchtgerät angetrieben werden sollte.

Als die Behälter angeschraubt waren, öffnete Aki die Ventile. “Es wird eine Weile dauern, bis der Ballon bereit ist, Durchlaucht”, informierte die Kunoichi ihren Herrn. “Während Ihr wartet, werde ich nach Feinden Ausschau halten.” Aki verließ das Haus und ließ ihren Schutzbefohlenen allein zurück.

Toshiro schaute dem Ballon dabei zu, wie er sich langsam mit Gas befüllte.

Langsam war noch zu milde ausgedrückt.

Das Ding wollte sich augenscheinlich nicht dazu herablassen, sich endlich aufgebläht aufzurichten.

So ging es eine ganze Weile weiter.

Toshiro langweilte sich sehr.

Er sah sich um und fand einige Dinge vor, die auf der Reise nützlich sein konnten. Ein stabiles Zelt, etwas haltbarer Proviant. Offenbar hatte man diesen Ort für eine schnelle Flucht hergerichtet. Unbeirrt legte Toshiro die Gegenstände in den Korb, um sich so die Wartezeit zu vertreiben.

Das Aufeinandertreffen von Klingen und der Krach von Schusswaffen rissen den Prinzen aus seinen Gedanken. Vor dem Haus wurde gekämpft! Der Feind hatte sie gefunden! Toshiro wollte nicht wie ein hilfloses Kind herumsitzen und sich beschützen lassen. Als die Geräusche plötzlich verstummten, musste er seinem Drang nachgeben und sah sich das Geschehen an.

Aki stand mit leerem Blick inmitten von ungezählten Leichen.

“Aki!”, rief Toshiro ihr zu.

Seine Leibwächterin registrierte sein Auftauchen und setzte sich wankend in Bewegung. Nach einigen Schritten entglitten ihr die blutverschmierten Waffen und sie brach vor den Augen ihres Schutzbefohlenen zusammen.

Erst jetzt konnte Toshiro sehen, dass ihre Yukata am Rücken ebenfalls in Blut getränkt war. Sofort eilte er ihr zur Hilfe. Er kniete sich zu ihr hin, drehte sie auf den Rücken und überprüfte, ob sie noch am Leben war.

Er spürte einen schwachen Puls.

Die Verwundete sah ihn auf einmal an. “Was... macht Ihr hier, Durchlaucht?”, fragte sie in gebrochenen Worten. “Eilt Euch und... steigt in den Ballon!”

“Ich gehe nicht ohne dich!”, weigerte sich Toshiro.

“Ich werde nicht mehr lange durchhalten und Euch nur zur Last fallen.”

“Nein! Wer soll mich denn beschützen, wenn du stirbst? Hast du da schonmal drüber nachgedacht, du Idiotin?!”

Aki fragte sich, warum auf einmal Wasser aus Toshiros Augen lief. War seine Durchlaucht etwa Leck geschlagen?

“Hörst du, Aki?! Ich gestatte dir nicht, zu sterben. Ich befehle dir zu überleben!”

Die Worte ihres Herren weckten die letzten Kraftreserven in der Leibwächterin. Ihr getrübter Blick wurde wieder klar. “Wenn das... Euer Befehl ist, Durchlaucht, so... werde ich mein Bestes geben... ihn zu befolgen.”

Plötzlich wurden die beiden von einer Gruppe von feindlichen Soldaten mit Gewehren umstellt. Die Männer zielten auf Toshiro.

“Lasst mich sie- Agh!” Aki versuchte aufzustehen, aber die Kugeln in ihrem Rücken brannten wie Feuer und machten es ihr unmöglich.

“Nein! Du hast genug getan. Überlasse sie mir.” Vorsichtig legte Toshiro Aki auf dem Boden ab. Er stellte sich der Übermacht entgegen und machte sich Kampfbereit. In den tiefen Taschen seines Gewands fand er goldene Schlagringe, die er sofort streifte. “Erst zerstört ihr den Palast und dann verwundet ihr meine Untergebene. Wollt ihr mir eigentlich alles wegnehmen?!”, bluffte Toshiro seine Gegner an. Er ballte die Hände zu Fäusten und begann zu schreien. Um ihn herum zuckten Blitze und seine Stirn begann zu glühen, wie zuvor die seines Vaters.

Verängstigt legten die Soldaten an, trauten sich aber nicht zu schießen. Sie hatten ihre Befehle. Entgegen Hotarus Behauptung dem Daimyo gegenüber, sollte der Prinz lebend gefangen werden.

Aufgeladen wie ein Dynamo schlug Toshiro die Faust auf den Boden. “Gewitterfaust des Donnerdrachen!”, rief er aus und pumpte die Energie aus seinem Körper in den Boden. Im nächsten Moment schossen goldene Blitze bei den Soldaten aus dem Boden und versetzte ihnen fatale Stromschläge. Förmlich gegrillt fielen die Männer zu Boden. Toshiro atmete durch. Das Symbol auf seiner Stirn verschwand und die Energie um ihn herum löste sich auf. Sofort wandte er sich wieder Aki zu. “Wag es ja nicht tot zu sein, hörst du!”

“Nein, Durchlaucht”, versicherte die Kunoichi. “Das... würde ich mir nie...mals her… herausnehmen!”

“Gut!” Vorsichtig hob Toshiro die Verwundete an, nahm auch ihre Waffen auf und trug sie in das hölzerne Haus hinein. Er setzte sie behutsam in den Korb am inzwischen beinahe zum Bersten mit Gas gefüllten Ballon und begann das Gefährt hinauszuschieben. Für den Moment hielten sie schwere Gewichte vom Abheben ab. Als Toshiro den Korb bis fast vor die Klippe geschoben hatte, sprang er selbst hinein und trennte die Gewichte ab.

Der Ballon erhob sich. Sie flogen einige Meter über den Abhang, bis er wieder sank. Toshiro musste es mit der Ladung übertrieben haben. Das Luftfahrzeug tauchte mit seinen Passagieren in die weißen Wolken unter ihm ein.
 

Hotaru stand an Deck und schaute vergnügt dabei zu, wie die Stadt des Feindes in Stücke geschossen wurde. Er bedauerte, dass er die Schreckensschreie der hilflosen Untertanen bei all dem Krach nicht hören konnte. Sollte er es wagen und erneut in die Stadt fliegen, nur um seine Lust auf die Qualen seiner Feinde zu befriedigen?

Zügig trat ein Soldat an ihn heran und kniete nieder. Die rechte Faust ballte er dabei auf der linken Schulter, so wie es Sitte war. “Durchlaucht, ich erstatte Bericht!", sprach der Mann.

“Was hast du mir zu sagen?”, fragte Hotaru brummig.

“Der Sohn des Daimyo ist entkommen.”

Wutentbrannt stampfte Hotaru auf die Schiffsplanken auf. “Ihr Dilettanten! Ihr verdammten Taugenichtse!” Der Prinz des Feuerclans bekam sich gar nicht mehr ein und tobte immer weiter. “Muss man hier alles selber machen?!” Aber dann schien er sich endlich ein wenig zu beruhigen. “Wohin sind sie geflohen? Etwa zu den Suzuki, diesen Windbeuteln?”

“N-Nein”, stotterte der Soldat eingeschüchtert. “N-Nicht zum Sturmclan.”

“Wohin dann, du Wurm?!”

“S-Sie si-si-sind in a-a-einem Ballon durch die Wolken abgetaucht.”

“Runter ins Reich des Teufels?” Das konnte Hotaru gar nicht gebrauchen. “Was steht Ihr noch so dumm herum! Dort unten werden sie nicht überleben. Mein Vater will den Prinzen lebendig!”

“A-A-A-Aber, Durch-la-laucht!”

Die Unfähigkeit dieses Mannes regte Hotaru erneut auf. Dieses Mal würde er nicht mehr nachsichtig sein. Er zog sein Schwert und stieß es seinem Untergebenen vor versammelter Mannschaft in die Brust. Als er es wieder befreite, fiel sein Gegenüber umgehend tot zu Boden. Hotaru griff nach einem Taschentuch und wischte das Blut von der Klinge seiner Waffe. Danach steckte er sie wieder weg und wandte sich an die verbliebenen Soldaten. “Sendet meine Befehle: Der Yamato-Bastard ist um jeden Preis zu fangen. Lebendig! Tötet alle, die sich euch in den Weg stellen!”
 

Durch die dichten Wolken sank der Ballon weiter hinab ins Ungewisse.

Toshiro blickte auf seine schwer verletzte Leibwächterin herab. Sie hatte im Alleingang unzählige Feinde erledigt, bevor sie zusammenbrach. Obwohl sie keinerlei magische Fähigkeiten besaß, war Aki um ein vielfaches fähiger als er. Sie so zu sehen, in ihrem Kampf mit dem Tod, konnte er nicht ertragen. Allerdings gab es nichts an Bord, mit dem er ihr Leid mindern könnte. Der Proviant schloss keine Medikamente mit ein. Er musste darauf vertrauen, dass sie seinen Befehl ausführen und durchhalten würde, bis sie einen Heiler fänden. Selbst unter den Wolken im Reich des Teufels sollte es Heilkundige geben, welche sie retten konnten.

Etwas anderes wollte er nicht akzeptieren.

Die weiße Wand um den Korb lichtete sich.

Toshiro erblickte eine gewaltige Fläche, bedeckt mit goldgelben Sand. Unter ihnen befand sich eine riesige Wüste. So sieht also das Land des Teufels aus, dachte Toshiro, während das Luftfahrzeug weiter dem Boden entgegen sank.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Die östlichen Inseln sind nicht einfach nur verschwunden, sie schweben über den Wolken. Na, wer hätte das gedacht?
(Na gut, so etwas ist mittlerweile Mainstream.😂)

Bei den zwei neuen Charakteren war mir der Kontrast zwischen ihnen besonders wichtig. Toshiro als ungehorsamer Prinz, der keine Lust hat, den Thron zu besteigen, und als Gegensatz dazu Aki, die für die Erfüllung ihrer Pflicht ohne zu zögern über die Klinge springt. Ich denke, sie wären beide eine Bereicherung für das Team.
Allerdings müssten sie dazu erst einmal alle überleben, versteht sich. 😏

Historischer Hintergrund: Gasbehälter, wie ich sie hier beschreibe, sind gar nicht so abwegig. Schon im alten China in der Tang-Dynastie hat man Erdgas in Bambusrohre abgefüllt und damit Kocher betrieben, mit denen Salz aus Meerwasser gewonnen wurde. Also könnte man auch auf die Idee kommen, Helium in solche Behälter zu füllen und einen Ballon damit antreiben. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Regina_Regenbogen
2022-10-29T20:04:12+00:00 29.10.2022 22:04
Sehr atmosphärisch und spannend geschrieben. Auch beim zweiten Lesen ist es noch packend. 😄 Dieser Hotaru ist wirklich ein Scheusal. Und wieso ist der so superstark, verdammt? Würg.
Aki muss überleben! Sie ist echt toll und bildet wirklich einen super Gegenpol zu Toshiro. Ich bin schon echt gespannt, wie die beiden auf die übrige Truppe stoßen werden. 😃❤


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