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Der Wächter

von

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Aufbruch

„Edward und ich kommen auch mit. Ihr müsst nicht laufen. Wir fahren bis nach Seattle und dann fliegen wir einfach nach New York. Da wollte ich immer schon mal hin“, meinte Bella begeistert.

„Und wo sollen wir die Kohle dafür hernehmen?“, warf Jake ein und rollte mit den Augen. „Bella, ich habe nur das, was ich am Körper trage. Ich kann mir keine zwei Flugtickets leisten. Unser Wächter hier weiß nicht mal was Geld ist.“

„Eine Währung zum Bezahlen von Gütern oder Dienstleistungen. Ich vermisse den Tauschhandel“, sagte Isaak und erntete ungläubige Blicke dafür.

„Ja, das stimmt. Weißt du jetzt was ich meine?“, sagte Jake und schüttelte grinsend den Kopf.

Isaak hatte das Gefühl etwas nicht mitbekommen zu haben, aber er zuckte mit den Schultern und sagte: „Wenn ich keine Lust darauf hatte zu laufen, bin ich schon des Öfteren mit einem Flugzeug geflogen.“

Erstaunt fragte Jake: „Ich dachte du hast kein Geld?“

„Ich bin als blindere Passagier im Laderaum mitgeflogen. Ist recht einfach. Man muss nur darauf achten, dass man nicht entdeckt wird.“

„Im Laderaum gibt es keine Lebenserhaltung. Wie hast du das überlebt?“, wollte Edward wissen.

„Magie“, gab Isaak ernst zurück. „Ich benötige weder Sauerstoff noch Wärme. Alles was ich zum Leben benötige kann ich mit Magie erzeugen. Jedenfalls, wenn ich genug davon habe.“

„Wir reisen nicht im Laderaum“, motzte Bella los. „Was das Geld betrifft - da habe ich ein wenig zur Seite gelegt. Für die Holzklasse müsste es reichen.“

„Bella“, begann Edward sanft. „Ich werde nicht zulassen, dass du deinen Notgroschen opferst. Außerdem werden wir sie nicht begleiten. Das ist zu gefährlich für dich.“

„Das stimmt nicht ganz“, meinte Isaak stirnrunzelnd. „Solange der menschliche Magier mich im Visier hat, ist Bella in meiner Gegenwart am Sichersten. Zudem wird es für ihn schwerer sein zu handeln, wenn wir in Bewegung sind.“

„Da hörst du es. Ich glaube Isaak“, sagte die junge Dame in einem Ton, mit dem die Angelegenheit für sie klar auf der Hand lag.

„Bella, am Sichersten bist du bei uns. Nichts für ungut Isaak, aber ich glaube dir nicht, dass du so stark bist, wie du dich gibst“, entrüstete sich ihr Freund.

Jake verengte die Augen und blaffte: „Als ob.“

Beschwichtigend legte Isaak ihm die Hand auf den Unterarm. Sie wechselten einen Blick und der Wolfsjunge schnaubte. „Wie sagt Isaak so gerne? Vorschlag zur Güte: Wenn ich dir meine Erinnerungen an den Kampf mit den Vampiren zeige, wirst du dann aufhören an Isaaks Kräften zu zweifeln?“

„Kommt darauf an, was ich zu sehen bekomme. Ich bezweifle, dass es so abgelaufen ist, wie Seth es uns geschildert hat“, meinte Edward überheblich.

„Gut, dann sieh dir das mal an“, grinste Jake und öffnete sich für die Gedankenlesekräfte des Vampirs. Dann ging er in seinem Kopf jede Einzelheit des Kampfes durch und visualisierte alles vor seinem inneren Auge.

Edwards Miene änderte sich von überheblich, zu überrascht und schließlich entsetzt. Er sah blass aus und starrte die beiden Männer vor sich ungläubig an.

„So, jetzt hast du gesehen was los war“, stichelte Jake überheblich und verschloss sich schnell wieder.

„Ist das wahr? Ist das wirklich so geschehen?“, stammelte Edward mit brüchiger Stimme.

„Nicht so ganz“, gestand Isaak und sah im Augenwinkel zu dem Beta. „Jake hat da ein wenig übertrieben. Seine Sicht der Dinge ist wohl ein wenig verzerrt. Der magische Bereich war nicht so groß, wie er es sich das vorgestellt hat. Er war um einige Quadratmeter kleiner.“

Bei diesen Worten gluckste der Gestaltwandler auf. „Wie konnte ich nur? Du hast Recht, die Größe des Bereichs ändert alles.“

„Hm…“, entwich es dem Wächter und er versuchte festzustellen was Jake meinte. Gedanklich sprachen sie sich kurz aus. Isaak wollte keine Missverständnisse zwischen ihnen haben.

Edward achtete nicht auf die beiden und wandte sich an seinen Vater: „Carlisle, nach dem was ich gerade gesehen habe, bin ich überzeugt, dass Bella in Isaaks Nähe sichererer ist als bei uns. Wir werden die beiden auf ihrer Reise begleiten.“

„Ich verstehe“, sagte der Arzt und fragte sich, was sein Sohn denn zu sehen bekommen hatte. „Ich werde gleich mal die Flugtickest reservieren.“

„Warte“, warf Rosalie überraschend ein. „Was wird aus uns? Schön das Bella sicher ist, aber was sollen wir machen, wenn dieser Fatzke uns ins Visier nimmt?“

„Sobald sich unsere Wege trennen, ist Alices Sicht nicht mehr vernebelt. Sie kann euch rechtzeitig warnen“, meinte Isaak nachdenklich. „Das Problem mit den fehlenden finanziellen Mitteln bleibt trotz allem bestehen. Ich schulde euch schon einen Laptop und einen Tisch. Ich kann nicht gestatten, dass ihr euer hart verdientes Geld für meinen Transport ausgebt. Das ist gegen mein Gewissen.“

„Dann sieh es als Geschenk“, meinte Edward. Damit war für ihn die Angelegenheit erledigt.

„Aber…“, begann Isaak, wurde aber von Jake unterbrochen: „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Glaub mir die, Cullens haben genug Kohle. Bei denen fällt das bestimmt nicht ins Gewicht, wenn sie ein paar Flugtickets rauslassen.“

„Wenn du meinst“, murmelte Isaak kleinlaut und bedankte sich artig für die Hilfe.

Bella strahlte über das ganze Gesicht. „Ein Roadtrip mit meinem Freund und meinem besten Freund. Ein Traum geht in Erfüllung. New York, wir kommen.“

„Wann sollen wir losfahren?“, fragte Jake und grinste die junge Dame breit an. Auch er war begeistert.

„Am besten, so schnell wie möglich“, gab Isaak zu bedenken. „Je eher wir uns auf den Weg machen, desto besser für alle. Wir sollten dem Magier keine Zeit geben einen weiteren Angriff auszuführen.“

Bella sprang auf du sagte hibbelig: „Ich muss noch schnell packen und Charlie Bescheid geben.“

„Einen Moment“, warf Alice plötzlich ein und schaute entsetzt zu Bella. „Was ist mit der Hochzeit? Ich habe schon angefangen zu planen. Wenn ihr jetzt einfach verschwindet, wirft das meinen Zeitplan völlig durcheinander.“

„Wenn wir nicht bummeln, sollten wir alles in einer, höchstens in zwei Wochen erledigt bekommen“, meinte Isaak nachdenklich. „Falls der Magier dann noch lebt, wird die Feier sowieso ausfallen müssen. Das wäre sonst ein gefundenes Fressen für ihn.“

Erleichtert atmeten beide Frauen aus. Alice schnappte sich Bella und hob sie wie ein Baby in die Arme: „Ok, dann aber jetzt schnell. Edward, mach doch schon mal den Wagen bereit. Bella und ich packen und besprechen noch ein paar Details der Hochzeit.“ Sie hob drohend einen Finger und mahnte: „Nicht lauschen.“

Dann rannte sie mitsamt der zukünftigen Braut davon. Auch die anderen Vampire setzten sich in Bewegung. Während Carlisle in seinem Büro verschwand, um sich um den Flug zu kümmern, schoss Emmet in die Garage. Edward holte ein wenig Geld und packte ein paar Dinge ein. Esme stürmte in die Küche und bereitete Lunchpakete vor. Jasper folgte Alice und wachte über beide. Nur Rosalie blieb einfach stehen und warf den beiden Männern auf dem Sofa wütende Blicke zu.

Es dauerte keine halbe Stunde bis alles bereit war für den Aufbruch. Emmet hatte den Jeep generalüberholt und dieser stand nun blitzblank gewachst, mit getönten Scheiben, vor dem Haus.

Jake zog Isaak ohne Umschweife auf die Rückbank. Dann winkte er den anderen zu und beide verabschiedeten sich. Nachdem alles verstaut war, bretterte Edward los. Er konnte es nicht erwarten Bella wiederzusehen und gab Vollgas. Jeder Moment ohne seine Verlobte war ein verschwendeter Moment für ihn.

Vor Bellas Haus kam der Wagen schlitternd zum Stehen und die beiden Männer auf der Rückbank purzelten übereinander. Keiner der beiden war angeschnallt gewesen. Bevor die Reifen auch nur zum Stillstand kamen schoss auch schon Edward aus dem Fahrzeug und stürmte zu Bella, welche abfahrbereit vor dem Hause stand.

„Edward“, schimpfte sie und sah sich schnell um. Zum Glück hatte niemand etwas mitbekommen. Auch Charlie nicht. Dieser kam gerade aus dem Haus und sah irritiert auf den Wagen und den Freund seiner Tochter. „Wo kommst du auf einmal her? Eben warst du noch nicht da“, fragte der ältere Mann irritiert.

Dann schüttelte er den Kopf und drängte sich zwischen das Liebespaar. Umsichtig machte Edward Platz und achtete darauf ihn nicht zu berühren. Seine kalte Haut würde ihn noch mehr verunsichern.

„So, du hast also entschlossen meine Tochter zu entführen? Schon wieder!“, begann Charlie und verschränkte die Arme.

„Dad“, sagte Bella beschämt.

„Lass mich kurz mit ihm reden Schatz. Ok. Also Bella sagte mir ihr, macht einen Roadtrip für zwei Wochen. Ich bin mir nicht sicher ob mir das gefällt. Ihr beide allein.“

„Hi, Charlie. Keine Sorge, ich bin auch mit dabei. Ich passe schon auf, dass Edward sich benimmt“, warf Jake dazwischen. Dieser lugte über die geöffnete Tür hinweg. Die Scheiben waren zu stark getönt, als dass man ins Innere hätte sehen können.

„Ah, Jake, du bist auch mit dabei?“, fragte Charlie irritiert. Dann erschien ein erleichtertes Grinsen in seinem Gesicht. „Also ihr drei?“

„Nö. Ich nehme noch einen Freund mit. Wir sind dann zu viert“, grinste Jake zurück. Mental sagte er aber zu Isaak: „Zeig dich besser nicht, das bringt ihn nur durcheinander.“

„Ich biete mich als Anstandsdame an, wenn dich das beruhigt, Charlie“, setzte der Beta nach.

„Na gut“, kam es langsam von Bellas Vater. „Wenn ihr zu viert seid spricht wohl nichts dagegen.“ Dann, ganz der Vater, ermahnte er Edward: „Fahr vorsichtig. Ich kenne dein Auto und dein Nummernschild. Sollte Bella sich nicht einmal am Tag bei mir melden, schreibe ich dir zu Fahndung aus.“

„Dad“, entrüstete sich die junge Dame.

„Hey, Charlie reicht auch einmal die Woche? Wir werden wohl ein wenig abseits der Routen unterwegs sein, da gibt es nicht immer Empfang.“

„Aha.“ Die Augen des Sheriffs verengten sich leicht.

„Ach, du weißt schon. Das größte Wollknäuel der Welt besuchen. Eine Wanderung im Grand Canyon. Sowas eben. Vielleicht fahren wir auch bei Bellas Mutter vorbei und sagen mal hallo.“

„Ach so. Na, wenn das so ist. Dann einmal die Woche“, sagte Charlie und wandte sich an seine Tochter. „Grüß deine Mutter von mir, falls ihr bei ihr vorbeikommt. Hast du alles, Schatz?“

„Ja, Dad. Danke, Dad. Ich habe alles, Dad. Hast du die beiden jetzt genug verhört?“, frage Bella genervt und drückte ihren Vater zum Abschied kurz.

Als sie sich von ihm trennen wollte, hielt er sie fest du flüsterte ihr ins Ohr: „Ich habe dir einen Taser in die Handtasche getan, nur für alle Fälle.“

„Dad“, flüsterte sie ermahnend zurück. Bella wusste, dass die anderen alles gehört hatten. Das konnte sie allein an Edwards zuckenden Mundwinkeln und Jakes nicht verstecktem Grinsen erkennen.

„Fahrt vorsichtig“, rief der Sheriff ihnen hinterher, nachdem Edward Bella mit dem Gurt geholfen hatte und sie losfuhren.

Kaum, dass sie außer Sichtweite waren, gab der Vampir Gas und winkte Alice und Jasper zum Abschied, welche am Straßenrand standen.

„Jake du solltest dich auch anschnallen“, meinte Isaak und erntete einen bösen Blick für das Kommentar.

„Ich dachte, meine Haut sei nahezu unzerstörbar?“, blaffte der Wolfsjunge beleidigt zurück.

„Ja, aber deine Knochen und Muskeln sind es nicht. Ein stumpfes Trauma kann dich töten. Tu mir den Gefallen. Wenigstes bis deine Wolfskräfte zurück sind. Bis dahin bist du nicht sicher“, bat Isaak auf seine Ausführungen hin.

„Ja, jetzt weißt du, wie ich mich immer fühle, Jake“, stichelte Bella und grinste ihn breit an. Erbost vor sich hin brabbelnd, gab sich der Beta geschlagen und legte den Gurt an.

Die nächsten Stunden verliefen ohne weitere Probleme. Während Edward und Isaak stumm blieben, schwatzten Jake und Bella unaufhörlich miteinander. Mittlerweile war es weit nach Mitternacht. Alle, außer dem Vampir, dämmerten langsam weg und Jake begann zu schnarchen.

Schnell prüfte Edward ob es Bella gut ging und deckte sie leicht zu. Für sie hatte er immer eine Decke griffbereit. Sie brauchte immerhin Wärme, im Gegensatz zu ihm. Dann sah er zu den beiden auf der Rückbank. Sie hatten erneut die Hände verschränkt und schienen tief und fest zu schlafen. Zudem benutzte Jake die Schulter des anderen als Kissenersatz und sabberte ihn ein wenig an.

Edward seufzte und zwei wachsame blaue Augen sahen ihm kurz entgegen. Dann schlossen sich Isaak Lider erneut. Der Wächter war offenbar immer auf der Hut und schlief nicht so fest wie normale Menschen. Schnell sah er nach vorn und gab Vollgas. Da Bella schlief, würde sie nichts von seiner Raserei mitbekommen.

Kurz vor Sonnenaufgang erreichten sie den Flughafen in Seattle. Isaak war bereits wach und sah sich interessiert um. „Wir sollten uns beeilen - bevor die Sonne rauskommt“, flüsterte der Wächter leise und sah zu Edward. Dieser nickte und weckte Bella sanft, während sich Isaak um Jake kümmerte. Die beiden Menschen torkelten aus dem Wagen und streckten sich erstmal ausgiebig.

Einige Augenblicke später standen auch schon die anderen beiden bei ihnen, wobei Edward Bellas und sein Gepäck trug. Dann gingen sie gemeinsam über die menschenleere Straße und betraten den Flughafen. Edward kümmerte sich um alles. Die beiden restlichen Männer standen nur staunend da und sahen sich um. Jake war noch nie geflogen und Isaak war es nicht gewohnt, sich wie ein normaler Mensch durch das Gebäude zu bewegen. Alles war neu für sie.

Nachdem Edward ihre Tickets am Check-In-Schalter geholt hatte, gingen sie weiter zur Sicherheitskontrolle. Dort zog Jake Isaak beiseite. Mental fragte er: „Sag mal die Waffen in deinem Körper sind die aus Metall?“

„Kann man so sagen, wieso?“

Er deutete auf den Metalldetektor. Der Wächter schaute sich das piepende Gerät an und fragte: „Was soll mit dem Bogen sein?“

„Alter, das ist ein Metalldetektor. Der wird piepen, wegen der Waffen. Dann haben wir echt ein Problem.“

„Ach so. Keine Sorge, das bekomme ich hin“, sagte Isaak und beide setzten ihren Weg fort. Bella und Edward gingen, ohne zu zögern, durch den Scanner. Kurz hinter dem Bereich blieben sie stehen und warteten.

Als Nächstes kam Jake an die Reihe und das Gerät schlug Alarm. Sofort war ein Wachmann bei ihm und schnauzte ungehalten: „Ihre Kette, Sir. Bitte, legen Sie sämtlichen Schmuck ab, sowie alles Metall, das Sie am Körper tragen.“ Der Mann hielt ihm eine Box unter die Nase und schaute ihn gelangweilt an. Jake griff sich an die Brust. An den Anhänger hatte er gar nicht mehr gedacht. Schnell versuchte er den Verschluss der Kette zu lösen, schaffte es aber nicht.

Plötzlich war Isaak hinter ihm: „Warte, ich helfe dir.“ Jake ließ sich seine Verwunderung nicht anmerken und senkte die Hände. Der Wachmann hingegen sah den Wächter böse an und fauchte. „Sir, treten sie bitte zurück. Einer nach dem anderen.“

„Oh, verzeihen Sie. Ich wollte ihm nur helfen“, sagte Isaak entschuldigend und ging mit gesenktem Kopf an dem Mann vorbei und weg von dem Detektor. Zuvor hatte er jedoch den Verschluss geöffnet und Jake legte demonstrativ sein Schmuckstück in die Box. Der Wachmann sah dem Rotblonden hinterher und schüttelte den Kopf, dann ließ er Jake nochmal durch den Scanner laufen. Diesmal gab es kein Signal. Schnell schnappte sich der Beta seine Kette und ging zu den anderen.

In seinem Kopf sang er ein altes Lied seines Stammes. Nur zur Vorsicht, damit der dem Vampir nicht ausversehen Informationen zukommen ließ. Isaak grinste ihn schelmisch an, nahm ihm die Kette ab, und legte sie ihm wieder um.

„Danke, deine Ablenkung kam wie gerufen“, flüsterte er ihm ins Ohr.

„Verratet ihr uns, um was es gerade ging?“, fragte Edward scharfsinnig.

Isaak nickt zu dem Wachmann, der sie misstrauisch beäugte und sie gingen weiter. Als sie vor fremden Ohren sicher waren, sagte der Wächter: „Bisher wollte ich nicht das du davon weißt, aber die Dinge haben sich geändert. Erinnerst du dich an die Waffen, die die Vampire gegen mich eingesetzt haben?“

„Ach, du meinst die Waffen, die Vampire töten können? Nein, an die erinnere ich mich kein Stück“, gab Edward zerknirscht zurück.

„Sie wurden nicht zerstört. Sie sind nun ein Teil von mir. Daher kam Jakes Ablenkung wie gerufen. So konnte ich den Metalldetektor überlisten, indem ich ihn so schnell passiert habe, dass er nicht ausschlagen konnte.“

Entsetzt fauchte Edward: „Du hast die Waffen in dir? Alle? Und damit läufst du rum?“

„Deinem Gesichtsausdruck entnehme ich mal, dass du an seltsame Dinge denkst. Ja, sie sind in mir, sie sind ein Teil von mir, aber nicht so, wie du es dir offenbar vorstellst. Sie befinden sich in einer Art Raumfalte in meinem Körper. Es ist schwer das in Worte zu fassen. In eurer Sprache gibt es keine Begriffe, die diesen Zustand treffend beschreiben könnten.“

„Seid leiser“, zischte Jake und fragte flüsternd: „Und was, wenn ich nicht die Aufmerksamkeit auf mich gezogen hätte? Was hättest du dann gemacht?“

„Ach, da gibt es so viele Möglichkeiten. Ich könnte das Gerät manipulieren, oder den Wachmann, um nur zwei Beispiele zu nennen. Mach dir keine Sorgen. Ich lasse mich nicht erwischen. Denk doch mal daran, wie ich dem Rudel ein ums andere Mal entkommen bin. Hier haben wir es außerdem nur mit einem normalen Menschen zu tun.“

„Auch wieder wahr“, brabbelte Jake und alle fragten sich, was der Wächter noch für Überraschungen auf Lager hatte.

Ihre Maschine war bereits da und sie mussten nur knapp eine halbe Stunde warten. Carlisle hatte ihre Fahrzeit gut getroffen. Als sie dann im halb gefüllten Flugzeug Platz nahmen, wurde es Jake mulmig. Er war noch nie geflogen. Isaak hingegen sah sich entspannt um und wunderte sich über den Komfort. Dabei gab es auf diesem Inlandflug nur die Holzklassen. Dennoch war wohl alles komfortabler als ein Laderaum.

Der Wolfsjunge fühlte sich sehr unwohl. Er war die Freiheit in den Wäldern rund um La Push gewöhnt. Hier saß er mit eingezogenen Beinen da, eingesperrt wie ein Hering. An seinem Körper gab es zwar kein Gramm Fett zu viel, aber er war immerhin 2,01 Meter groß und benötigte dementsprechend Platz. Er wusste einfach nicht wohin mit seinen Gliedmaßen. Seine Knie stießen gegen den Vordersitz, egal wie er sich positionierte, seine Schultern passten auch kaum auf diesen winzigen Sitzplatz und die Armlehnen beanspruchte er beide vollständig für sich allein. Es war einfach schrecklich.

Sie saßen je zu zweit hintereinander. Isaak und Jake vorn. Der Wolfsjunge am Fenster, hinter ihm Edward. Der Vampir hatte sofort das Fenster neben sich zugezogen und eine Decke umgelegt, als ob er frieren würde. Diese Vorsichtsmaßnahmen waren nötig, damit keiner mitbekam, dass seine Haut in der Sonne glitzerte, wie unzählige Diamanten.

Bella war vorbereitet und zog Kaugummis aus ihrer Tasche, während Edward einem reflektierten Sonnenstrahl auswich. „Hier, Jake“, sie hielt ihm einen Silberstreifen unter die Nase. Irritiert nahm er ihn und sie bot auch Isaak einen an, dieser lehnte aber ab. Auf den fragenden Blick des Gestaltwandlers erklärte die junge Dame: „Kau den. Wegen dem Druckunterschied, du wirst es gleich merken.“

Er tat was sie sagte und das Flugzeug rollte langsam zur Startbahn. Dann kam die Sicherheitseinweisung. Bella und Edward kannten das bereits und hörten nicht wirklich hin. Jake hingegen verkrampfte sich und krallte sich an den Armlehnen fest. Sofort war Isaaks Hand auf seiner und löste den Klammergriff. Anstelle des Aluminiums, vergriff sich der Beta sofort an der Hand des anderen.

„Beruhige dich. Dir passiert nichts. Das verspreche ich dir“, flötete der Wächter ihm ins Ohr und zog den anderen in den Bann seiner blauen Augen. Jake verfiel diesem Anblick und bekam kaum noch etwas mit. Nur kurz, als sie abhoben, griff er nochmals fest zu. Isaak unterbrach keinen Moment lang den Blickkontakt, was den Wolfsjungen unheimlich beruhigte.

Dann spürte Jake, wie ihm seine Ohren zufielen, und er begann zu kauen. Das half, so wie Bella es gesagt hatte. Als sie dann endlich in der Luft waren und die Anschnallzeichen erloschen, entspannte Jake seine Muskeln und seufzte erleichtert auf. Den Start hatte er schonmal überlebt. Blieb nur noch die Landung, aber darüber wollte er lieber nicht nachdenken.

„Offenbar sind deine Kräfte zurück“, sagte Isaak so leise, dass ein normaler Mensch ihn nicht hätte hören können.

Dann deutete er auf Jakes andere Hand. Er sah dort hin und stellte fest, dass die Armlehne einen Abdruck in Form seiner Hand hatte. Schnell sah er zu seiner anderen Hand und ließ Isaaks los. „Habe ich dir weh getan?“, fragte er erschrocken und sah, wie der Wächter seine Hand kurz ausschüttelte.

„Nicht wirklich, aber du hast schon mehr Kraft als ein Mensch. Keine Sorge, das Gefühl in den Fingern kommt gleich zurück.“

„Tschuldigung“, nuschelte Jake schuldbewusst.

Isaak lächelte ihn an und sagte sanft: „Es gibt nichts zu entschuldigen. Krall dich besser an mir fest, bevor wir dem Bordpersonal erklären müssen, wie du das“, er deutete auf den Handabdruck, „angestellt hast.“

Edward, der alles mitbekommen hatte, beugte sich vor und legte schnell ein Magazin auf die Armlehne. Dann wandte er sich Bella zu und vertiefte sich mit ihr in ein Gespräch über ihre baldige Hochzeit.

Wenig später wuselte auch schon die Bordcrew umher und verteilte Getränke und kleine Snacks. Plötzlich zuckte Jacob zusammen, als er Sams Stimme in seinem Kopf hörte. Die Verbindung war wiederhergestellt. „Jake, wo zum Teufel bist du? Du kannst doch nicht so einen Auftritt hinlegen und dann einfach abhauen. Komm sofort zum Unterschlupf und bring Isaak mit.“

Der Beta sah zu dem Rotblonden und dieser nickte, um zu zeigen, dass er mithörte. „Sam, das geht nicht.“

„Keine Widerrede. Schwing deinen Arsch sofort hier her!“

„Das geht nicht, Sam. Wir sitzen in einem Flugzeug.“

„Wie bitte? Was hast du vor? Weglaufen ist keine Option.“

„Wir laufen nicht weg. Ich erkläre es dir, wenn du dich beruhigst.“

„Na, da bin ich aber mal gespannt.“

Jake seufzte und begann zu erzählen. Ungläubig hörte Sam zu.

„Eines ist sicher, mit euch beiden wird es nie langweilig. Die Ratsversammlung ist gerade mal einige Stunden her. Unglaublich. Seit Isaak aufgetaucht ist, steht die Welt Kopf. Kann er mich eigentlich auch hören?“

Sofort erklang Isaaks Stimme in der Verbindung des Rudels: „Ja, das kann ich. Seltsamerweise. Durch meine Verwandlung bin ich wohl irgendwie mit euch verknüpft worden. Keine Sorge, diese Verbindung ist schwach. Ich kann sie leicht blockieren und werde euch nicht belästigen. Ich habe schon einen Wolf, der mir im Kopf rumgeistert, auf weitere verzichte ich dankend.“

„Gut zu wissen. Dennoch müssen wir über euer inakzeptables Verhalten reden. Das könnt ihr nicht machen. Ihr werdet…“

„Ruhe!“, knurrte Isaak und Jake spürte die Kraft seiner Stimme. Sie war der Macht des Alphas ebenbürtig, wenn nicht sogar stärker. „Jetzt hörst du mir mal zu, Sam. Ich bin keiner von deinen Wölfen. Ich beuge mich deiner Autorität nicht. Wage es nicht noch einmal, so mit mir zu reden. Sprich gefälligst auf Augenhöhe mit mir, oder lass es bleiben.

Ich werde mich weder bevormunden noch beleidigen lassen. Richte das auch dem Ältestenrat aus. Ich habe das alles nur Jake zuliebe erduldet, aber jetzt reicht es allmählich. Ich bin ein Wächter und kein dahergelaufener Landstreicher, mit dem ihr machen könnt, was ihr wollt.“

Der Rotblonde schnaubte und ließ sich angefressen in den Sitz fallen. Jake sah in an und musste grinsen. Endlich zeigte Isaak mal die Zähne.

In der Verbindung herrschte Stille. Dann sagte Isaak versöhnlich: „Mein Verhalten war nicht inakzeptabel. Wenn meine Verwandlung als Drohgebärde aufgenommen wurde, dann entschuldige bitte. Das war nicht meine Absicht. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht einmal, wie man sich in einen Wolf verwandelt. Nun, da ich das weiß, wird es nicht mehr vorkommen. Sag ihnen das, vielleicht glättet das die Wogen ein wenig.“

Sam erwiderte möglichst ruhig. „Ich werde es ihnen ausrichten. Wir müssen dennoch darüber reden wie es weiter gehen soll.“

„Hast du vor Jake aus dem Rudel zu werfen?“

„Nein.“

„Behalte das erstmal für dich. Der Magier hat meine Chronik gelesen. Für euch ist es am Sichersten, wenn ihr euch von Jake distanziert, bis ich diese Bedrohung beseitigt habe. Unsere Wege haben sich getrennt. Ihr könnt uns nicht helfen. Glaube mir, es ist besser so, für den Moment zumindest.“

„Ich glaube dir. Ich wünsche euch viel Glück. Jake, du sollst wissen, dass wir zu dir halten. Solltet ihr Hilfe brauchen, dann wird das Rudel euch zur Seite stehen“, sagte Sam mit Überzeugung.

„Danke Sam. Das bedeutet mir viel“, sagte Jake und seine Augen wurde feucht vor Erleichterung.

Der Alpha druckste ein wenig herum und begann dann zögerlich: „Da ist noch was, aber das wird dir nicht gefallen.“

„Dad“, schlussfolgerte Jake und versteifte sich. „Wie wütend ist er?“

„Billy hat deine Verbannung beantragt. Ich konnte eine Abstimmung mit meinem Vetorecht verhindern, aber das wird kein zweites Mal funktionieren. Er ist völlig außer sich. Er hat all deinen Sachen vor die Tür geworfen und dabei geschrien, dass er keinen Sohn hat. Wir haben alles eingesammelt und zum Unterschlupf gebracht.

Es tut mir leid, Jake. Das ist die aktuelle Lage.“

„Danke Sam“, stammelte der Beta und war erneut den Tränen nahe.

„Sam, sprich bitte mit ihm. Es ist meine Schuld. Ich habe Jake den Kopf verdreht, versuche ihn zu überzeugen, dass es nicht Jakes Schuld ist“, mischte sich Isaak niedergeschlagen ein.

„Nein“, sagte der Beta bestimmt. „Ich habe mich für diesen Weg entschieden. Wenn Dad das nicht akzeptieren kann, dann soll es so sein.“

„Wie du willst. Es ist deine Entscheidung. Ich werde dich auf dem Laufenden halten.“

„Wenn alles gut geht, sind wir in ein bis zwei Wochen wieder da.“

„Gut, dann bis in spätestens zwei Wochen. Hals und Beinbruch euch beiden.“

„Euch auch alles Gute“, sagten Jake und Isaak gemeinsam und beide verschlossen die Verbindung zum Rudel.

Jacob sah aus dem Fenster und stumm liefen ihm Tränen über das Gesicht. Noch während der Rotblonde überlegte, wie er dem anderen helfen konnte, streckte dieser bittend die Hand aus. Isaak ergriff diese und sie verschränkten die Finger.

Dann gaben sich beide stumm ihren eigenen Gedanken hin.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tomasu
2020-12-27T17:18:24+00:00 27.12.2020 18:18
Das Billy seinen Sohn verstößt kann ich irgendwo verstehen. Alte Lebensweisen kann man nicht an einem Tag reviedieren. Das braucht mindestens ein paar Nächte um darüber nachzugrübeln. Ich denke er fängt sich, oder er muss selber damit leben.

Zu Issak: er hat doch geld. Ich meine er lässt an den Börse spekulieren und sammet artefakte. Also kann er das "ausgelegte" Geld doch zurück geben.

Oh man ich will weiter lesen

grüße TK
Antwort von:  Drachenlords
28.12.2020 09:27
Billy wird noch lange brauchen, bis er einlenkt. Da kommt noch so einiges auf Jake zu. Aber erstmal verlassen wir Folks und schieben die Probleme zu Hause mal in in den Hintergrund.
Als nächstes beschäftigen wir uns mal damit, die beiden zusammen zu bringen und gleichsam die Story voran zu treiben.

Ob Isaak Geld hat oder nicht, das wirst du im übernächsten Kapitel erfahren. Fakt ist aber er hat keine Ahnung was etwas kostet und wie viel etwas wert ist.

MFG Drachenlords


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