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Enemy mine - geliebter Feind II

von

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Kapitel 1

Gleich am nächsten Morgen packten die Geschwister ihre Sachen zusammen, um die Wohnungen zu beziehen.

Garrett McLeod und Ian Broik transportierten die wenigen Möbel vom Gelände des KOK ab, parkten die beiden Transporter vor den Wohnblöcken und verschwanden dann im Umland, um Ausschau zu halten, ob sich Verdächtige im Umkreis der Schwestern bewegten.

Die Ramrod-Crew half den Geschwistern beim Aufbauen der Möbel, prüfte während sie diese hochtrugen noch einmal die Korridore und auch die Wohnungen.

Colt und Saber hatten den Schwestern nicht gestattet etwas anderes zu tragen, als ihre Koffer und selbst die bugsierten sie für die beiden noch in den Fahrstuhl, ehe sie die Regalbretter über die Treppen hinauf trugen.

Die Mädchen betraten die Wohnung und sahen sich darin um. Die Einbauküche, so schmal sie auch war, befanden sie als praktisch. Sie befüllten den Kühlschrank mit ihrem kleinen Einkauf, den sie erledigt hatten, während ihre Möbel geholt worden waren.

Dann schauten sie sich weiter in der Wohnung um, besprachen die Zuteilung der beiden Zimmer und traten auf den Balkon.

Sie schauten sich suchend um und entdeckten im gegenüberliegenden Wohnblick den Balkon ihres Bruders.

Dann wurde ihre Aufmerksamkeit auf die Wohnungstür gelenkt.

„Ein wenig tiefer, Superschwert. Ich will nicht gleich zum Renovieren ausrücken müssen, weil du den Türstock mitreißt“, keuchte Colt.

„Noch tiefer und ich rutsch auf Knien herum.“ Der Schrank zwischen ihnen bewegte sich abrupt. „Gut so?“ tönte es dahinter hervor.

Gespannt beobachteten die beiden Schwestern das Treiben.

„Warte …“ Colt umfasste noch einmal den Schrank. „Ja, gut so.“

Colt, der Schrank und Saber wankten in die Wohnung.

„In welches Zimmer kommt der Schrank? Ich will ihn nach Möglichkeit nur einmal anheben müssen“, ächzte Saber.

Beth wies auf die erste Tür. „Gleich da, in Snows Zimmer.“

Anziehend sahen sie aus, die beiden. Die Muskulatur ihrer Arme trat unter den kurzen Ärmeln ihrer T-Shirts deutlich hervor, wurde von dem Stoff nicht wirklich verborgen.

An ihren Hälsen spannten sich die Sehnen sichtlich, offenbarten die Anstrengung das schwere Möbelstück zu tragen.

Ihre Gesichter waren von der Mühe verzehrt. Feine Rinnsale Schweiß liefen an ihrem Haaransatz entlang, hinterließen glänzende Spuren, die der Stoff ihrer Shirts aufsog.

Kraft strahlten sie aus, und Stärke, zogen die Blicke der Mädchen auf sich und hielten sie gebannt auf diesen Einzelheiten. Sie zauberten den Schwestern ein verträumtes zartes Lächeln auf die Lippen.

„Sie sind ganz schön wehleidig, findest du nicht?“, meinte Snow, als die Saber und Colt den Schrank in ihr Zimmer wuchteten.

Beth hob die Schultern, unschlüssig, ob sie es auch so betrachten sollte.

„Okay. Das ‚Wehleidig‘ hab ich überhört“, keuchte Saber, während er mit Colt den Schrank abstellte und an die Wand schob.

„Kommt erst mal in unser Alter“, lachte der Scharfschütze angestrengt und klopfte sich schließlich den Staub von der Hose, nachdem das Möbelstück endlich stand.

Beide betraten die Wohnküche und bedienten sich am Kühlschrank, in dem die Mädchen zuvor einige Getränke kühl gestellt hatten.

„Es ist tatsächlich ungewöhnlich. Bei uns wird in der Regel angewiesen. Hoch, runter, rechts, links, abstellen, fertig“, erklärte Beth sachlich.

„Auf körperliche Befindlichkeiten wird erst hingewiesen, wenn ein Schaden entstanden ist. Bevor das Rückgrat nicht gebrochen ist, sagt keiner einen Ton“, ergänzte ihre Schwester.

Beide beobachteten die Schluckbewegungen der Trinkenden. Die Spannung der Sehnen ihrer Hälse hatte nach gelassen, war aber noch nicht gänzlich gewichen. Es fesselte ihre Blicke erneut.

„Wir brauchen das. So ein wenig Mitleid hilft uns über den Tag“, erklärte der Lockenkopf, nachdem er die Flasche in großen Schlucken zur Hälfte gelehrt hatte. Nicht weniger durstig war der Schotte.

„Da sind wir bei euch eindeutig an der falschen Adresse“, schmunzelte er nun erfrischt.

Erstaunt hob die jüngere die Brauen. Ihre Schwester brachte ihren Koffer ins Zimmer und begann den Schrank einzuräumen.

„Wie das? Wieso bei uns an der falschen Adresse?“

„Ihr hattet mit uns ja gerade kein Mitleid, deswegen. Aber das macht nichts. Auch April hätte uns gerade nicht bemitleidet, obwohl sie ein sehr mitfühlender Mensch ist“, erwiderte Saber und folgte den Beth nach, die sich anschickte ihrer Schwester zu helfen.

„Ja, genau! Deswegen ist sie ja unser Dampfhammer“, lachte Colt unverändert munter und schloss sich ihnen an.

Beth reichte ihrer Schwester Shirts, die sie ordentlich in den Schrank legte. Nur einen Moment lang hielten sie bei diesen Worten inne.

„Also, ihr meint, weil wir auf einen Unterschied hingewiesen haben, fehle es uns an Mitgefühl?“, hakte die jüngere nach, aber auch die ältere hatte ihre Schwierigkeiten zu folgen. Was hatte denn bitte April damit zu tun? Die blonde Navigatorin war zum Glück nicht mal anwesend. Abgesehen davon kam sie Snow hin und wieder etwas mädchenhaft vor. Warum sonst sprach Colt hin und wieder von ihr als der Prinzessin und damit so, als wäre sie jemand besonders für ihn?

„Warum soll für uns interessant sein, was April tun würde?“

Der Schotte hob die Brauen und verstand.

„Wir haben das offenbar in eure Worte hineininterpretiert, ja. Wenn wir uns gegenseitig als wehleidig bezeichnen, hat das nahezu immer eine negative Wertung“, erklärte er Beth. Der Scharfschütze unterstützte ihn ergänzend. „Wir neigen dazu, auch Feststellungen eine emotionale Bedeutung zu geben. Ein Mensch ist so gut wie nie sachlich. Hat was mit Sender und Empfänger zu tun und den Kommunikationsebenen.“

Mit der Erklärung konnte Beth etwas anfangen. Davon hatte sie in ihren Vorbereitungskursen schon gehört.

„Aha, wir hören also verstärkt auf dem analytischen Ohr und ihr auf der Beziehungsebene. Ich hätte gedacht, es wäre das Appellohr.“

„Oh, und nicht zu vergessen, eine Beziehungsebene haben wir wohl nicht“, stichelte die weißhaarige und hängte eine Hose in den Schrank.

„Für eine Beziehungsebene muss man erst mal ne Beziehung haben, was als Single eher schwierig ist“, gab der Cowboy leichthin zurück.

„Das kommt auch immer auf das Gegenüber an. Bei Commander Eagle ist es ganz klar das Appellohr. Wenn ich mit Colt oder Fireball rede, tja dann... auch schon mal das taube Ohr“, lächelte der Blonde.

„Ah, gut das zu wissen. Dann erweitere ich mal meinen Suchkreis“, versetzte Snow energisch auf die Worte des Scharfschützen und nahm schwungvoll die Röcke an sich, die ihr ihre Schwester reichte.

„Das wäre wohl weniger problematisch, hättet ihr ein anderes Verhältnis zu Hierarchien und wahrscheinlich betrachtet ihr das auch weniger als problematisch“, erwiderte die junge Frau mit den blass lila Haaren und überlegte einen Augenblick. „Lass uns den zweiten Schrank holen.“

„Du kannst deinen Radar besser einstellen, dann musst du den Suchkreis nicht erweitern“, meinte der Lockenkopf munter auf die temperamentvolle Äußerung Snows ehe er sich an deren Schwester wandte. „Ist der auch so schwer?“

„Es ist manchmal problematisch, eben weil die Beziehung zueinander manchmal nicht klar ist. Aber in der Regel erkennt man den Unterschied, ob ich zum Beispiel als Vorgesetzter einen Befehl gebe, oder ob ich als Freund einen Vorschlag mache. Das lernt man mit der Zeit“, wandte sich auch Saber zum Gehen um den nächsten Schrank zu holen. Weit kamen die drei allerdings nicht.

Snow brauste auf.

„Was denkst du eigentlich?“ fuhr sie den Lockenkopf an.

„Snow, Belastung“, mahnte Beth sanft.

„Sorry, hab das Stoppschild übersehen“, entfuhr es dem perplex. Wie es zu diesem Ausbruch gekommen war, konnte er sich nicht sofort erklären.

Ebenso hob der Recke erstaunt die Brauen.

Was hatte es mit der „Belastung“ auf sich? Sie hatte schon einmal davon gesprochen, als wäre es ihr unangenehm. Als wäre es irgendein Fehler, ein Makel, den sie und ihre Familie nicht los wurde. Jean-Claude selbst hatte von einem ‚genetischen Defekt‘ gesprochen, ebenso davon, dass er und seine Familie nicht in der Phantomzone leben konnten. Hing das irgendwie zusammen? Hatte es was mit den Hormonen zu tun, die für den Bruder der jungen Frau so massiv ein Problem darzustellen schienen? Es kam dem Schotten seltsam vor, warf immer wieder Fragen in ihm auf. Jetzt sprach er diese auch aus. „Okay, ich muss jetzt nachfragen, weil ich es zum dritten Mal höre und immer noch nicht verstanden hab. Welche Belastung, Beth? Du hast schon einmal erzählt, eure Familie wäre belastet? Womit?“

Die Schwestern tauschten Blicke, als schiene ihnen etwas nicht recht zu behagen. Dann trat die jüngere auf den Recken zu und führte ihn aus dem Raum.

Die ältere wandte sich an den Cowboy, der geblieben war.

„Weißt du, ich gehe davon aus, dass mir jemand zu hört, wenn ich ihm was erkläre. Ich habe dir das mit der Symbiose erklärt. Ich dachte, das wäre deutlich gewesen.“ Sie klang energisch.

„Ich habe dir auch zugehört und du warst deutlich“, versicherte der. „Ich bin mit meinem Übermut über das Ziel hinaus geschossen. Das war keine absichtliche Absicht. Du weißt, ich liebe es, mir mit jemand Wortgefechte zu liefern. Manchmal vergesse ich, dass mein Gegenüber meinen Spaß nicht versteht.“ Er rechtfertigte sich. Er rechtfertigte sich nicht mal vor Saber, nicht, wenn es nicht dienstlich war und auch nur dann ausgesprochen ungern und eher patzig.

„Darum geht es nicht. Du bist kein Single. Ich bin kein Single. Oder muss ich Paarungsbereitschaft signalisieren, damit du das verstehst?“

Paarungsbereitschaft signalisieren – für einen Moment legte die Formulierung seine Gedanken lahm und entfachte seine Phantasie. Ihm fielen tausend Dinge ein, die er bei einem solchen Signal mit ihr machen würde. Egal wie sie es dann sagte, es reichte der ganz platte Ansatz mit „Fi …“, und sie würde in den folgenden drei Tage seine Wohnung nicht mehr durchqueren. Er würde sie an Bett ketten und jede Idee umsetzen, ehe sie wusste, wie ihr geschah.

Er atmete aus und schob diese Phantasien von sich.

„Ja, nein …“ Er versuchte es. „Du musst nicht. Du musst gar nichts. Ich“, Das tat weh, was er ihr nun zugestehen würde. Aber sie war es ganz einfach wert. „Ich muss mich erst daran gewöhnen, dass du es eben nicht sofort signalisierst und es trotzdem nichts an deiner Zuneigung ändert.“ Die Erinnerung an ihre Küsse streifte ihn. Zuneigung darin war nicht zu leugnen.

„Kein Outrider würde in der Phase des Kennenlernens physisch werden“, erwiderte sie nüchtern. Das gehörte für die Mehrheit in die zweite Phase. Sie war die Ausnahme.

Colt trat auf sie zu. Sie stand noch immer vor dem Schrank, ließ die Hand von dem Bügel gleiten, den sie eben hatte entnehmen wollen. Ihr Blick senkte sich zu Boden.

„Verstehe“ erklang es tonlos von ihm. „Ich werde versuchen mich zu zügeln.“ Seine Wasserrechnung würde jede Skala sprengen.

„Zügeln? In wie weit?“ Sie sah ihn aufmerksam an.

Colt atmete tief aus. Direkt und ehrlich, entschied er. Nichts anderes half ihm jetzt. Auf den charmanten Bengel sprang sie nicht an und anders als bei anderen, zog Witz bei ihr in Momenten wie diesem überhaupt nicht.

„Ich werde mich in Geduld und Rücksicht üben. Ich will, dass das mit uns beiden klappt, Snow. Aber ehrlich? Wenn ich dich ansehe, mit deinem hübschen Lächeln, deinen süßen Lippen, dann möchte ich dich einfach packen, mit dir verschwinden und dich küssen und...“ Das dürfte deutlich genug gewesen sein. Den Rest konnte sie sich denken.

„Gut, beim Küssen sind wir uns einig.“ Sie klang sachlich, doch sie trat endlich von dem Schrank weg und schloss dessen Türen.

„Darf ich dann?“ Wenigstens eine Umarmung. Wenigstens einen Kuss, oder zwei, ganz gleich wonach er sich sonst noch sehnte.

„Ich kann's dir auch schriftlich geben“, grinste sie und schlang ihre Arme um seinen Hals. Er legte seine um ihre Taille, flehte gedanklich.

„Na, schriftlich muss nicht sein. Aber du darfst es mir jederzeit zeigen.“ Am liebsten wäre ihm jetzt.

Sie kam ihm entgegen und presste, gelobt sei wer auch immer, ihre wundervollen Lippen auf seine. Er zog sie näher, genoss die Weichheit ihres Mundes und ihre neugierige, abenteuerlustige Zunge. Er schloss die Augen und umfasste sie fester. Sie schob sich näher an ihn und drohte seine sieben Sinne lahm zu legen. Aber wer brauchte die schon, bei diesen Küssen.

Sein Hut glitt in seinen Nacken.

Er seufzte leicht und fuhr mit der Hand in ihr Haar.
 

Beth führte Saber in die Wohnküche und gab so ihrer Schwester Zeit zu klären, was sie mit dem Lockenkopf zu klären hatte. Sie nahm sich selbst ein Wasser aus dem Kühlschrank, lehnte sich leicht gegen die Anrichte und nahm einen Schluck. Sie spielte auf Zeit, suchte nach den passenden Worten.

Geduldig wartete der Schotte, beobachtete wie sie eine weiche Strähne hinter ihr Ohr strich und ihre Brauen nachdenklich auf und ab zuckten, kaum merklich aber lebhaft.

„Ich sagte bereits, die Symbiose unserer Eltern war sehr liebevoll, beinahe übermäßig. Unsere Belastung könnte daher kommen“, begann sie dann als fiele es ihr schwer, darüber zu sprechen. „Du weißt auch, dass ein ... Übermaß an ... Emotionalität bei uns nicht zwingend geschätzt wird. Es belastet die Effektivität.“

Er nickte langsam. „Ich verstehe, was du mir damit sagen willst, Beth. Aber ich tue mir schwer damit, zu begreifen, dass ein Mehr an Emotion und Gefühlen negativ behaftet sein kann. Ich meine, wenn du von einem Übermaß sprichst, dann ist das für einen Menschen immer noch nahe an einem sehr beherrschten Menschen.“

„Damit ist es sehr menschlich und, wie gesagt, ausgesprochen störend.“ Sie fuhr sich hastig durchs Haar, zerzauste ihre Wellen, ehe sie in ihrer eher sachlichen Art fortfuhr. „Annabell war von dieser Belastung am wenigsten betroffen. Das machte sie zu einer guten Agentin, die ihren Auftrag ausführen konnte, da sie klar zwischen dieser Mission und ihrem Leben in Symbiose unterschieden hat. Jean ist stärker belastet als sie, entspricht dem, was ihr einen beherrschten Menschen nennt. Snow und ich am stärksten belastet, wie du ja merkst.“

„Mir ist aufgefallen, dass ihr emotionaler seid, als andere Outrider, aber ich habe bislang nicht gedacht, dass ihr deswegen stigmatisiert werdet. Wie du auch schon bemerkt hast, hatten wir bislang nur beruflich mit Outridern zu tun.“

Nun nickte sie. „So ist es aber. Deshalb flohen wir. Es ist ein Stigma.“ Sie schaute mit ihren großen Augen zu ihm auf, eindringlich, wollte ihm begreiflich machen. „Saber, wir beide sind uns einig, dass wir uns eine Symbiose wünschen, vielleicht haben wir auch schon eine, nach eurem Ermessen. Nach unserem befinden wir uns noch in der Phase des Kennenlernens. Kein Outrider würde da physisch werden, schon gar nicht in dem Ausmaß, wie wir.“

Er wusste sofort wovon sie sprach, die Erinnerung an ihre Hände fuhr ihm heiß durch den Körper, machte seine Stimme rauer, als er antwortete: „Ja, wir sind uns einig. Nach unserem Ermessen sind wir einen Schritt über das Kennenlernen hinaus, also über das mentale Kennenlernen. Körperlich wird es auch bei uns nur, wenn die erste Phase gut verläuft, aber eben schneller als bei euch.“ Ihre Augen flackerten leicht, darum beeilte er sich zu ergänzen. „Wir gehen diese Schritte nur, wenn du dich dazu bereit fühlst. Ich will nicht, dass du irgendwas tun musst, weil du meinst, es entspräche unserer Definition einer Symbiose.“

„Ich weiß“, nickte sie überzeugt. „Wäre ich nicht belastet, wüsste ich das nicht. Aber ich weiß es.“ Woher sie ihre Gewissheit nahm, woran sie sie festmachen und beweisen konnte, wusste sie nicht. Doch hatte sie auch keinen Zweifel daran. Leicht streckte sie die Hand nach ihm aus. Scheu, fragend, vielleicht unsicher, berührte sie seine Taille.

„Gut. Ich bin froh.“ Er nahm ihre Hand und führte sie um seine Gürtellinie auf seinen Rücken. So zog der sie näher zu sich, machte selbst einen kleinen Schritt auf sie zu.

Sie schlang ihre Arme um ihn und lehnte ihren Kopf an seine Brust. Mandelblütenduft drang in seine Nase.

„Ich bin sehr belastet.“ Sie klang, als entschuldige sie sich.

„Belastet ist kein gutes Wort dafür, Beth.“ Er runzelte die Stirn. „Für mich bist du nicht belastet. Du hast ein seltenes Talent, eine Gabe, die den anderen fehlt.“ Er presste sie an sich, strich über ihren Rücken, ihre Taille hinab und umfasste sanft ihre Hüften.

„Das kommt wohl sehr auf den Betrachter an“, murmelte sie. Sie hob ihren Kopf und schaute zu ihm auf. Ihr Blick verfing sich in seinen blauen Augen, versank darin für einen Moment. „Es ist wie ich bin. Ich habe keinen Einfluss darauf.“ Ihre Finger glitten hinauf zu seinen Nacken, fuhren zart in sein Haar, fühlten die leichte Feuchtigkeit des Schweißes von der Anstrengung des Schranktransportes. Die Fransen seines Ponys, jetzt da es ihr gelang den Blick von seinen Augen zu lösen, waren leicht zerzaust, glänzten zart im Tageslicht im Raum. „Ich glaube, ich will es auch nicht.“ Sie flüsterte ohne es zu bemerken.

Er schluckte leicht und schob sie an der Hüfte auf die Arbeitsplatte.

„Ich will nicht, dass du irgendetwas an dir änderst.“ Sein Mund suchte ihren. Er legte eine Hand in ihren Nacken und zog sie näher zu sich. Sie schloss die Augen und kam ihm entgegen.

Sie schmiegten sich an einander.

Der Umzug geriet in Vergessenheit.
 

Die Stimmung war angespannt und bedrückend, als April Fireball und Jean-Claude dessen neue Bleibe betraten. Der Rennfahrer war unausgeschlafen, wortkarg und mürrisch. Der Outrider konzentrierte sich sachlich auf die Aufgabe des heutigen Tages und trug einige Bretter für ein Regal zum Fahrstuhl. Er wartete, bis April hinzustieg und drückte dann den Knopf, der sie zum obersten Stockwerk fahren würde. Sie selbst hatte schlecht geschlafen, war noch aufgewühlt, wenn sie an den Streit vom Vortag mit ihrem Freund dachte. Sie konnte sich nur schwer einen Reim darauf machen, wie es dazu gekommen war. Ja, es war nicht schwer zu zugeben, dass sie die Angelegenheit mit dem Schichtdienst nicht gerade richtig gelöst hatte. Sie hatte die Schicht einfach begonnen, zum einen, weil sie einen Befehl erhalten hatte, zum anderen, weil sie tatsächlich etwas Abstand zu seinem mürrischen schweigsamen Verhalten gebraucht hatte. Sie war davon ausgegangen, dass es keine allzu große Sache war, immerhin hätten sie die Möglichkeit am Abend gehabt, sich ein gutes Schichtsystem auszumachen. Dass er ihr vorgeworfen hatte, ihn diesbezüglich völlig zu ignorieren, empfand sie als unfair. Obwohl, sie musste einräumen, von seinem Standpunkt aus wirkte es wohl auch so. Am Abend waren sie nicht zu diesem Gespräch gekommen. Fireball war einkaufen gewesen und hatte sich danach nur ihre Übergabe angehört, war ihrem Blick ausgewichen. Er schmollte noch immer.

Es war schwer mit ihm zu reden, wenn er erstmal in dieser Stimmung war. Meist gab sie sich nach einem Tag, aber davon war gegenwärtig noch nichts zu spüren. Das belastete April.

Jean-Claude war ruhig, ließ sich von Fireballs Launen nicht beeinflussen oder erschüttern. Sie prallte an ihm ab. Das gab April selbst etwas Ruhe und Sachlichkeit.

Fireball stampfte seinen Frust in die Stufen, während er die zehn Stockwerke hinauf stieg und die vier schmalen Latten für den Regalrahmen, die nicht in den Aufzug gepasst hatten, mit sich schleifte.

Er hatte sich die Nacht um die Ohren geschlagen, nachdem April ihm ungefragt diese Schicht aufgedrückt hatte und nicht mal, als er sie darauf aufmerksam gemacht hatte, von dieser Regelung zurück gewichen war. Immerhin, so gab er zu, war es ihm so rum doch lieber. Er würde ohnehin nicht schlafen können, hätte sie die Nachtschicht übernommen. Wer wusste schon, was er dann verpasste und irgendetwas war ihm ganz bestimmt entgangen. Warum wollte sie auf einmal Abstand zu ihm? Sie hatten bis vor kurzem eine gute Beziehung geführt. Bis Jean-Claude aufgetaucht war.

Seit dem hatte er das Gefühl, April kümmerte sich nur noch um ihn, wenn der Outrider nicht anwesend war. War er es, half sie ihm bei der Vorbereitung auf seine nächsten Gespräche beim Oberkommando, was viel Zeit in Anspruch nahm. Fireball stand dann hinten an, wie es ihm vorkam.

Es störte ihn gewaltig, war von einer normalen Beziehung für ihn nichts mehr übrig geblieben und wuchs der Eindruck in ihm, sie würde sich von ihm distanzieren, ohne es offen anzusprechen, wie sie es sonst tat. Das sollte er doch nicht etwa verstehen.

Die Fahrstuhltüren öffneten sich, als er die Etage endlich erreichte. Er sah April und Jean-Claude aussteigen.



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