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Diplomatie im Auftrag seiner Majestät

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"Kardinal, Wir sind nicht angezogen." Er war ein Mann, er trug ein bodenlanges Nachthemd aus reinster Seide, als nackt konnte man höchstens seine Füße bezeichnen und er hatte drei Kammerdiener um sich, aber seine Entrüstung war echt. Vielleicht litt Ludwig seit seiner Entführung im Nachthemd, durch den Eisenmann unter paranoiden Zwangsvorstellungen, oder aber Richelieu in den ersten Morgenstunden zu begegnen war einfach mehr, als ein Mann verkraften konnte.

"Verzeiht, aber ich musste Euch aufsuchen."

Entrüstet brüllte Ludwig nach seinem Sekretär. Die Wasseroberfläche in der Waschschale des königlichen Oberkämmerers kräuselte sich. Richelieu ohne Perücke und Amtsrobe zu begegnen, war für Ludwig, als wäre er nackt.

"Ist denn Unser Sekretär zu gar nichts zu gebrauchen?" Wütend in Flagranti erwischt worden zu sein, zog er die Schnüre seines Morgenmantels mit aller Zorngewalt stramm

"Er hat versucht mich aufzuhalten, Sire", erklärte Richelieu kategorisch, ohne dass der Umstand für ihn je von Bedeutung gewesen wäre. Er beobachtete desinteressiert, wie der dritte Kammerdiener sich vergebens bemühte, dem hektischen König die königlich-flauschigen Pantoffeln überzustreifen.

Der Sekretär erschien. Ludwigs Zeigefinger fuhr nieder und richtete sich auf den ängstlichen Mann. "D'Jeunet dies ist Unser Schlafgemach und Wir wünschen zu dieser Stunde nicht gestört zu werden.

Habt Ihr sowenig Ehrfurcht vor Uns, dass Ihr nicht einmal die königliche Würde in Unserem Schlafgemach beachtet?", fragte er den Kardinal und vergaß vorübergehend seinen Sekretär, dem die Knie zitterten. Hoheitsvoll rauschte Ludwig zu seinem Frisierstuhl und ließ sich erhaben darauf nieder. Er schlug die Beine übereinander und ein Stück behaarte Wade wippte vor und zurück. Sein zweiter Kammerdiener stülpte ihm die weißhaarige Perücke über.

"Nein, Sire, Ihr verkennt meine Achtung vor Eurer Majestät. Es ist lediglich die Sorge um Frankreich und Euch, die mich Eure Anweisungen missachten ließ."

Der König schickte einen verzweifelten Blick gen Himmel und macht mit seinen königlichen Lippen missbilligende und überaus sehr irdische Schmatzgeräusche. "Ihr seht Frankreich dauernd in Gefahr." Ludwig wollte gar nicht wissen, wie viel "Gefahren" in Richelieus besonderer Werkstatt verhört, gefoltert, eliminiert wurden.

Er seufzte resigniert und winkte ärgerlich seine Kammerdiener hinaus. "Monsieurs, lasst uns allein!" Die Herren verließen das königliche Schlafgemach und König und Kardinal blieben alleine zurück.

"Was ist denn nun, Kardinal?"

"Wir haben ein Problem, Eure Majestät."

"In wie fern?"

"Als Aramis als Abgesandter in London war, trat mehrmals im Zusammenhang mit seinem Namen, der Name Corday auf. Lord Corday ist ein enger Freund des englischen Königs, gehört zum Hochadel und hat einen Sitz im Oberhaus."

"Und? Aramis ist wieder zurück."

"Und, Majestät, der neue Abgesandte an Eurem Hof, ist Lord Corday. Ihr werdet dies noch nicht zur Kenntnis genommen haben." Die Damenwelt des Louvre allerdings schon und so erfuhr Richelieu auf Umwegen, von dem unliebsamen Gast. La Rochelle beanspruchte zu sehr die Zeit des Kardinals.

Die behaarte Wade kam zum Stillstand. Fassungslos sah der König seinen Minister an.

"Es heißt, dass er sich um die angebliche Comtesse bemühte, als dieser ... er noch in England war", fügte Richelieu hinzu.

"Das ist doch hoffentlich nicht der Grund, weshalb der Lord hier ist?"

"Wenn doch?"

"Welch paradoxe Vorstellung", meinte Ludwig.

"In der Tat, Eure Majestät", pflichtete der Kardinal ihm bei. "Und prekär." Der König merkte sich vor, seinen Musketier das nächste Mal näher in Augenschein zu nehmen.

"Was wenn er nun Aramis erkannt hat?"

"Das glaube ich nicht, Eure Majestät. Es war eine unbedeutende Zeremonie und Aramis trat als Mann auf. Außerdem sind seine Haare jetzt kurz. Selbst ich musste zweimal hinsehen. Lord Corday stand hinter mehreren Würdenträgern und vergnügte sich mit den anwesenden Damen, wie mir berichtet wurde."

"Die Ehrung muss ein herber Schlag, in das Gesicht des Engländers gewesen sein. Nicht auszudenken, was passiert, wenn er erfährt, dass Aramis ein Mann ist."

Der Kardinal strich sich nachdenklich über seinen Ziegenbart. "Um dem Vorzubeugen müssen wir uns allerdings etwas für Aramis überlegen. Am Besten ist, er verlässt den Musketierdienst, ja gleich Paris."

Ludwig war ernsthaft entrüstet. "Ich kann ihn doch nicht einfach entlassen und aus der Stadt schicken."

"Warum denn nicht?"

"Weil er uns treue Dienste geleistet hat, deswegen Kardinal", sagte er sichtlich empört. "D'Treville würde einen Aufstand machen, der einer Revolution gleichkäme. Aber was wenn nun Corday nach England schreibt, er hätte die vermeintliche Comtesse hier in Männerkleidung, in Unserer Garde gesehen?" Ludwig sprang auf und wanderte durch das Zimmer. "Nein, nein, Kardinal. Wir müssen ihn dazu bringen, dass er fortan als Frau lebt.

"Und wie wollt Ihr einen Mann mit gesundem Menschenverstand dazu bringen, Majestät?"

Ludwig ließ die Schultern hängen. "Das weiß ich nicht." Zweifelnd und hilfesuchend sah er seinen ersten Minister an. "Wir werden es ihm befehlen?"

"Und?"

"Wie und? Befehl ist Befehl. Seht ihn Euch doch an! Ihr selbst habt Ihn ja zur Frau auserkoren. Ich halte nicht viel von dem Verstand der Engländer und es spricht doch gegen sie, dass wir sie täuschen könnten. Gott hat nun einmal beschloss, dass dieser Mann aussieht wie ein Weib. Sollte man einem Musketier erlauben, wie eine Frau auszusehen? Ich denke nicht. Das bringt nur Unruhe unter den Männern."

"Ganz meine Meinung, Eure Majestät, aber Ihr wollt ihn ja nicht entlassen."

Der König winkte ab. "Entlassen ist ein hartes Wort. Wir haben auch nicht vergessen, was er für Uns bei dieser unsäglichen Eisenmannaffäre getan hat. Darum werden Wir ihm, durch eine angemessene Geste, Unsere Großzügigkeit zeigen. Es kann also von Entlassung gar keine Rede sein. Wir mögen unsere Musketiere."

Der Kardinal seufzte schwer und verdrehte die Augen. "In der Tat. Sie genießen eine gewisse Narrenfreiheit." Er kam zum Thema zurück. "Wie wäre es ... wir haben noch immer diesen ausgestorbenen Adelszweig. Das Landgut liegt weit ab und soll auch kaum Pachtzahlungen abwerfen. Der Boden ist so gut wie Nährstoffarm. Es bereitet Eurer Majestät in seinem jetzigen Zustand nur Ärger und Sorgen."

Ludwigs Züge erhellten sich. "Ah, sehr schön. Wer kann schon einem Grafentitel wiederstehen, wenn er nur ein einfacher Musketier ist. Lord Corday werden wir derweil die schönsten Hofdamen Frankreichs vorführen. Ihr werdet sehen, wie schnell ein Mann bei diesen Schönheiten Vergessen findet und neue Interessen."

Der Kardinal bog seinen hageren Körper verschwörerisch näher "Und Ihr, Majestät?" Ludwig geriet vor Verblüffung ins Schleudern. "Und ich?"

"Frankreich braucht einen Thronerben und die Königin ist noch immer nicht ..." Der Kardinal ließ den Satz unausgesprochen. Ludwigs linke Braue schnellte nach oben.

"Wir sind im besten Alter, Kardinal und ein Sohn wird gewiss bald kommen." Richelieu enthielt sich einer Antwort. Andere Herrscher in Ludwigs "bestem" Alter hatten schon eine wahre Kompanie ehelicher und unehelicher Kinder gezeugt, aber Ludwig interessierte nur die Jagt. Hirschpark und steuernschluckende Mätressen, überließ er seinen Nachfolgern.

Ludwig ließ den Spiegel sinken. "Habt Ihr gesehen, ob die Königin diesem Corday schöne Augen gemacht hat?"
 

Aramis zitterte vor Wut und Empörung. Sie zog augenblicklich ihr Hemd wieder über. "Habt Ihr noch nie etwas von Anklopfen gehört?", brauste sie auf. "Wie könnt Ihr es wagen, hier einfach so hereinzuplatzen?" Ihre Unterlippe bebte vor Zorn. Obwohl sie ihr Hemd wieder anhatte, fühlte sie sich unter seinen Blicken keineswegs angezogener oder gar umgänglicher. Das änderte auch nicht die Tatsache, dass sich Corday, statt ihr zu antworten, auf die Knie warf und vor ihre Füße rutschte. Er sah glücklich zu ihr auf und seine Augen ruhten begehrlich auf ihrem Körper.

"Ich wusste, dass Ihr eine Frau seid. Mein Gefühl hat mich nicht betrogen."

"Habt Ihr denn gar keinen Stolz, auf den Knien vor mir herumzurutschen?", fragte sie ärgerlich und trat zurück. "Steht gefälligst auf! Das ist ja erniedrigend." Der spöttisch lächelnde Corday war ihr lieber gewesen.

"Ich bin nach Paris gekommen, weil ich an nichts anderes mehr denken kann, als an Euch."

"Ihr habt wirklich keinen Stolz!"

Endlich stand er auf und starrte sie glasig an. "Warum habt Ihr mich belogen?"

"Ich musste. Ihr seht auch, dass ich es noch immer muss und Ihr macht die Situation keineswegs leichter für mich."

Er fuhr sich mit der Hand durch das Haar und sah sie ratlos an. "Der Alkohol macht das Denken schwer. Weiß Olivier davon? Natürlich weiß er es und ..."

"Er wollte Euch schützen", unterbrach Aramis ihn. "Jemand wie mich, heiratet man nicht, Lord."

"Das entscheide noch immer ich", erwiderte er stur.

"Nein, das tut es nicht. Die Braut müsst Ihr auch fragen."

Er sah sie hoffnungsvoll an. "Will sie?"

Sie sah pikiert zurück. "Nein, natürlich nicht."

"Warum liebst du mich nicht!"

Aramis Finger zeigte resolut zur Tür. "Geht jetzt! Schlaft erst einmal Euren Rausch aus!"

"Warum liebst du mich nicht", brüllte er. "Warum nicht?"

Genauso stur wie er, drehte Aramis ihm den Rücken zu und starrte mit verschränkten Armen vor der Brust die Wand an. Corday lief um Aramis herum, bis sie ihn ansehen musste.

"Ich weiß, was du denkst. Das ich oberflächlich und sprunghaft bin. Das ich mich hier verrenne und bald meine Liebe zu dir erloschen ist, aber sei gewiss, dass ich mir noch nie einer Sache sicherer war."

"Das ist der größte Unsinn, den ich je gehört habe. Ich denke überhaupt nicht über Euch nach."

"Das ist doch kein Leben, dass du führst. Du kannst endlich als Frau leben, mit Kleidern, Schmuck, soviel du haben willst. Ich gebe dir Sicherheit, eine Familie, einen ..."

"Ihr seid ein verzogener Bengel, der bisher alles bekommen hat", brüllte sie ihn an. "Ich will keine Kleider und Schmuck, ich will mein Leben, so wie es ist Leben."

"Ich gebe dir meine Liebe", brüllte er zurück.

"Auch die will ich nicht", schrie sie wiederum und stapfte wütend mit dem Fuß auf. "Geh!"

"Ich kann nicht!"

"Raus hier", kreischte Aramis und fuchtelte mit dem Finger in Richtung Tür.
 

Es war ein trüber Oktobermorgen. Der Himmel war wolkenverhangen und wenn eine dunkelgraue Wolkenwand sich vor das Firmament schob, fiel ein leichter Nieselregen, wie ein Grauschleier vom Himmel. Das Wetter war passend zu der Stimmung, die Aramis mit sich herumtrug. Sie stand an der Mauer gelehnt und wartete reglos, wie die Zeit verging. Die Arme vor der Brust verschränkt, das Gesicht eine unversöhnliche Maske, die finster das Treiben auf der Straße beobachtete. Wieso konnte jeder Tag soviel Veränderungen bringen? Die lärmenden Pariser, die ständig gegen Steuern, Abgaben und Erlasse murrten, gegen König, Staat und Kirche aufbegehrten, waren ihr eigentlich Veränderungen genug. Manch einer wünschte sich ein abenteuerlicheres Leben, Aufregung und Spannung. Sie wäre gerne zur Ruhe gekommen, um dafür etwas weniger die Angst im Nacken zu spüren. Die Tür öffnete sich und Athos trat hinaus. Viele Menschen waren an diesem Morgen unterwegs und so sah er sie nicht, als er vorüberging. Aramis stieß sich von der Hauswand ab und folgte ihm.

"Salut, Athos?"

Überrascht drehte er sich herum. "Salut, Aramis", grüßte er und schob sich an zwei schwatzenden Mädchen vorbei.

"Hast du schlecht geschlafen? Du siehst müde aus."

"Ich habe gar nicht geschlafen, Athos." Endlich hielt er und drehte sich zu ihr um. "Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen? Bei deinem Gesichtsausdruck laufen ja kleine Kinder davon."

"Du hast gut geschlafen?"

Er zuckte die Achseln. "Ich kann nicht klagen."

"Sag mir eins", wollte Aramis wissen und zog die Augenbraue noch finsterer zusammen. "Hast du deinen Cousin nach Paris geholt?"

Athos lächelte feinsinnig. "Ach das ist es, was dir Sorgen bereitet. Nein, dass habe ich nicht." Er schaute zum Himmel und streckte die Hand aus.

"Du hast mit ihm gestern geredet."

"Ich war genauso überrascht wie du, Aramis", sagte er und setzte seinen Weg fort, in dem einen Bauern mit seinem Gemüsekarren und zwei Passanten auswich. "Weshalb knirschst du mit den Zähnen, Aramis? Charles denkt, dass du ein Musketier bist."

Sie lachte bitte auf. "Oh ja, dank dir."

"Du willst es doch so."

Aramis blieb stehen. "Tu nicht so edelmütig! Du hast es für die verfluchte Ehre deiner verdammten Familie gemacht", stieß sie böse hervor und kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Athos drehte sich um und baute sich vor ihr auf. "Fluch nicht! Kannst du es mir verdenken?"

"Er ist gestern bei mir aufgekreuzt."

"Ach so, was wollte er denn?", fragte er überrascht.

"Er war betrunken und hat völligen Unsinn dahergeredet."

Athos lachte leise. "Das hörte sich nicht nach Charles an. Normalerweise ist er sehr gut bei Verstand."

Sie hielt ihn am Arm fest und zischte leise.

"Er weiß jetzt, dass ich eine Frau bin."

Er sah sie ratlos an. "Woher? Ich habe ihm nichts gesagt."

"Dann würdest du ja auch dein Gesicht verlieren, nicht wahr?"

Athos Lippen verengten sich zu einem harten Strich. "Mach mich nicht wütend, Aramis!" Damit schüttelte er sie ab und ging. Sie war genötigt ihm zu folgen, wenn sie den Streit fortsetzten wollte.

"Charles wird nichts verraten", sagte er schließlich.

"Ich will, dass er nach Hause zurückkehrt!"

Athos schüttelte den Kopf. "Er wird kaum auf mich hören. Was wollte er?"

"Das ich seine Frau werde."

Sie konnte sein Gesicht nicht sehen. Seine Stimme verriet nichts.

"Na dann heirate ihn doch!"

Aramis blieb wieder stehen. Was kümmerte sie der Regen. "Ich habe eine Stunde gebraucht, bevor ich den Tölpel hinausgeworfen hatte. Er bringt mich nur in Gefahr. Mit soviel Leidenschaft, kann ich nichts anfangen." Hilflos ließ sie die Schultern hängen. Athos kam zurück. Sein Blick blieb unergründlich. Der leichte Regen benetzte sein Gesicht. Seine Züge trugen die zu oft benutzte Maske der Unnahbarkeit.

"Ich habe ihm vielleicht glauben lassen, du wärst ein Mann, obwohl ich wusste, dass dem nicht so ist, aber für Charles Handeln bin ich nicht verantwortlich", sagte er "Er hat seinen eigenen Willen und du bist seine Leidenschaft, nicht meine."

Aramis hatte nichts anderes erwartet, aber seine Worte verletzten sie dennoch tief.
 

Im Musketierquartier wurden beide zu ihrer Verwunderung zu einer Audienz vor dem König gerufen. Mit dem Kapitän begaben sie sich in den Louvre. Schneller als ihnen lieb war, fanden sie sich vor Kardinal und König im Thronsaal ein. Aramis schluckte bitter, als sie die Augen der beiden Staatsmänner auf sich ruhen sah. Ohne seine Höflinge wirkte der Thronsaal riesig. Neben ihr stand Athos. Ein Fels in der Brandung. Er begegnete seinem König, wie seiner Umwelt mit einem eher zurückhaltenden Auftreten, geprägt jedoch von Würde und Stolz, ohne übertrieben zu wirken. Eine Art geburtenrechtliche Autorität, verfeinert durch Erziehung und charakterlichen Anlagen zum Edelmut. Vom Schicksal dazu auserkoren, Aramis Seelenheil zu gefährden. Wie immer verblassten neben seiner Präsenz alle anderen Anwesenden. Sie bedachte ihn noch immer mit unversöhnlichen Blicken. Warum musste er ihr schon wieder das Gefühl geben, klein und unbedeutend zu sein, wo dass was sie geschafft hatte, für ihr Geschlecht außergewöhnlich war?

Aramis zwang sich, ihre Aufmerksamkeit auf den König zu richten. Kirche und Königshaus starrten zurück. Unter dem Blick der beiden Männer fühlte sie Klumpen in ihrem Hals anschwellen. Sie schob die Schultern zurück und zog den Bauch ein.

Kardinal und König hoben gleichzeitig eine Augenbraue. Bei Gott, ja, der Mann sah ja wirklich aus wie eine Frau.

Ludwig räusperte sich und hob die Stimme. "Frankreich will Euch seinen Dank aussprechen", intonierte er gewichtig. "Wir begrüßen es sehr, dass die Mission mit Erfolg beschieden war und für ein gutes Verhältnis zweier Länder untereinander, Graf de Meyé's Aktivitäten aufdecken und vereiteln werden konnten. Wir wissen, wie problematisch und feinfüllig die Außenpolitik ist und wenn es gerade hier zu Differenzen kommt, durch Verräter. Frankreich muss England gegenüber sein Gesicht wahren. Es ist sehr wichtig, dass die Glaubwürdigkeit des Königs gewahrt wird." Er holte tief Luft und ging zum problematischen Teil seiner Rede über.

"Um dem Musketier Aramis unseren Dank auszusprechen, geben wir ihm die Adelsprivilegien des alten Grafenzweigs der de la Fere, ..." Hier sog Athos die im Thronsaal zur Verfügung stehende Luft hart und scharf ein, dass sich das Silberemblem auf seinem blauen Waffenrock straffte. "... mit allen Privilegien und Pflichten, die dem Titel auferlegt sind." Der König sah in zwei schreckensbleiche Angesichter, aus dessen Adern jedes Blut entwichen zu sein schien. Todesurteile waren mit mehr Gleichmut aufgenommen worden, als die letzten Worte des Königs. Dabei war der Höhepunkt seiner Rede noch gar nicht verkündet. Das Sahnehäubchen für die männliche Eitelkeit kam noch.

Der König räusperte sich erneut und zog die restlich verbliebene Luft ein. "Wir können ihm den Titel jedoch nur überreichen, wenn er sein Amt als Musketier niederlegt. Ferner muss er als Frau leben und auftreten."

"Wie meinen, Majestät?", quiekte Aramis.

"Er ist für Frankreich in England als Frau aufgetreten, nun muss er diese Rolle weiterspielen. Zu diesem Zweck legen wir dem Musketier Aramis nahe, sich zu den genannten Bedingungen auf das, ihm großzügig zur Verfügung gestellten Landgut zurück zu ziehen."

Aramis drehte sich um und sah mit fassungslosem Gesichtsausdruck zu ihrem Kapitän. Sie wollte etwas erwidern, aber D'Treville schüttelte mit strengem, unnachgiebigem Gesichtsausdruck den Kopf.

"Nimmt er an?", fragte der König.

"Er tut es!" antwortete der Kapitän, an ihrer statt und seine Augen sahen mit Absicht durch sie hindurch.

"Er kniet nieder!"

Weil keiner sich bewegte, Aramis war während der Worte des Königs zu einer Salzsäule erstarrt, gab D'Treville seinem Musketier einen gutgemeinten, aber kräftigen Stoß in den Rücken, worauf dieser zwei Schritte vorwärts taumelte und mit rudernden Armen zum Stillstand kam. Der Strudel der Ereignisse rauschte in Aramis Kopf, ohne das sie recht begriff. Sie wurde von ihrem Sog erfasst und hilflos fortgetrieben.

Die schwieligen Finger des Kapitäns drückten ihre Schultern nieder und zwangen sie in die Hocke zu gehen. Dort blieb sie, während das Schwert des Königs auf ihre linken Schulter niederging und sie, aufgrund anonymen Geburtsrechts, ein zweites Mal adelte. Sie wollte etwas sagen, aber kein Laut verließ ihre Lippen.

Zufrieden kehrte der König auf seinen Thron zurück. Ein Blick stummer Verständigung ging zwischen dem Kardinal und den König einher.

D'Treville zog Aramis hoch und stellte sie auf die Beine. Wie eine Marionette drehte sie sich, an unsichtbaren Leinen gezogen und hob das Gesicht. Ängstlich sah sie Athos an und das Blut in ihren Gliedern gefror. Athos Züge waren versteinert. Wo seine Fassade bröckelte, trat blanker Zorn hervor. Der Ausdruck auf Athos Gesicht, würde sie bis in ihre Träume verfolgen. Das Schlimme war nicht der Ausdruck seines Gesichtes an sich, sondern das er ihr galt. Mit zitternden Knien und rasendem Herzschlag nahm sie ihren Platz neben ihm ein.

"Dem Musketier Athos bieten wir die Stellung des Stellvertretenen Kapitäns unserer Musketiergarde an." Der König zeigte sich bei dieser Audienz äußerst großzügig. Athos stand nur nicht der Sinn nach dem Posten des Stellvertretenen Kapitäns. Sein Geburtsrecht, das Erbe seiner Kinder wurde gerade verschenkt.

"Der Dienst des Musketiers Aramis endet mit diesem Tag."

"... das ist mein Land, mein Erbe!", zischte er Aramis bitter zu.

"Unser Sekretär wird ihm die entsprechenden Dokumente, mit einem genauen Verzeichnis seiner neuen Länderein aushändigen."

"... ich will es gar nicht! Behalte dein Land, dein Erbe!", zischelte sie zurück.

"Als Bedingung wird im genannt, auch in der Öffentlichkeit unter Frauenkleider aufzutreten und einen Frauenname aufzunehmen"

"... ich kann es nicht nehmen, weil es DIR ja überschrieben wird."

"Auf seinem Landgut, mag es ihm freigestellt sein, sich zu geben, wie ihm beliebt."

"... soll ich dir sagen, wo du dir dein Land hinschieben kannst?"

"Für Frankreich gilt er ab den heutigen Tag als Frau."

"... wage es nicht!"

"Dies ist bindend, für Euren neuen Besitzanspruch und Titel, über Euren Tot hinaus und vererbbar an Eure Nachkommen ..."

"... da hörst du es und das haben wir nur deinen Intrigen zu verdanken."

Der König räusperte sich betreten. "Eine Adoption ist Euch freigestellt. Als Zeugen sind seine Eminenz, Kardinal Richelieu, erster Minister Frankreichs und der Kapitän der Musketiere Monsieur D'Treville, sowie der Musketier Athos genannt."

"Ich und Intrige. Weißt du was, für diese Worte behalte ich es!"

Der König holte Luft. Verdutzt bemerkte er, dass man ihm nicht zuhörte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  blubbie
2011-06-26T22:04:55+00:00 27.06.2011 00:04
Der Kindergarten hat aufgehört herum zu hüpfen. Eigentlich habe ich ja Mitleid mit Charlie, aber er hat tatsächlich alles kaputt gemacht. Armer verliebter Tropf!
Und Athos ist doof. Ich möchte ihn schon wieder grün und blau schlagen. ich weiß, warum er so reagiert, aber er ist selber schuld...und wenn er richitg zuhören würde, hätte er mitbekommen, dass es überhaupt kein Problem ist auf sein Land zurückzukehgren inklusive Titel und es seinen Nachkommen zu vermachen. Da geht die Intelligenz dahin.
Jetzt ist Aramis gezwungen als Frau zu leben. Eigentlich witzig.^^
Aber ich bin noch so sauer auf Athis...er verdient sie gar nicht....soll Charles sie doch haben. Schottland ist auch nach wie vor schön.... Anne das ist das erste Mal, dass ich eggen ein Happy End zwischen Athos und Aramis bin. Was hast du getan?????????
Der letzte Satz: "Der König holte Luft. Verdutzt bemerkte er, dass man ihm nicht zuhörte." ist herrlich :D
Von:  Tach
2005-05-21T18:54:36+00:00 21.05.2005 20:54
Endlich kann ich mich wieder entspannen...das Kapitel hat mich doch tatsächlich Kraft gekostet =]. Bis zum Zerreissen gespannt jeden Satz auf der Zunge zergehen lassen, so mag ich das. Über die Dialoge war ich diesmal hocherfreut (besonders über den zwischen Aramis und Corday. Aramis is grausam und Corday macht sich zum Idioten. Klasse! Aber auch die Gespräche mit Athos waren ziemlich feurig.) Alles in allem, supi! x]
Von: abgemeldet
2005-05-20T08:02:36+00:00 20.05.2005 10:02
Mir hat diesmal am besten der Enddialog zwischen Aramis und Athos gefallen... Du schreibst lediglich, was die beiden zueinander sagen und schon das allein ist mehr als ausdruckshaft... Ich finde, dass sich dein Ausdruck weiterhin enorm gesteigert hat, wir alle können uns daran nur ein Beispiel nehmen XD
Ehrlich, eine brilliante Story, die sich immer wieder selbst übertrifft :o)
Liebe Grüße
Krisi
Von: abgemeldet
2005-05-19T17:27:57+00:00 19.05.2005 19:27
Genial!!!
Von den tollen Ideen mal abgesehen, muss ich sagen, dass dein Talent Szenen und Situationen wiederzugeben ausgesprochen gut ist.
Immer weiter so!
Von: abgemeldet
2005-05-19T17:18:27+00:00 19.05.2005 19:18
Nur ein Wort: GENIAL!!! Mir gefiel ja am besten die Passage "...Wir mögen unsere Musketiere."
Der Kardinal seufzte schwer und verdrehte die Augen. "In der Tat. Sie genießen eine gewisse Narrenfreiheit." Wie geht's weiter? Wie geht's weiter? Meeeehr!!!! *vorlauterAufregungandenFingernäglnknapper*
Von:  Kanoe
2005-05-19T09:20:13+00:00 19.05.2005 11:20
ich lach mich scheckig.. vor allem wenn ich mir die letzte Situation so vorstelle.
Der arme Corday.... ich bin gespannt was dem noch so alles einfallen wird ... aber mit schmuck und Kleidern bei ihr anzukommen war nicht wirklich geschickt.
Und Athos, das der sich im Moment schwarz ärgert geschieht ihm ganz recht.
Arme Aramis ich möchte wissen wie sich das am ende noch entwickeln soll.. denn einfach so heiraten wird ja schwierig sein denn sie ist ja dann angeblich nur eine frau die sich als mann aus gibt der sich als frau ausgeben muss .. ich hoffe es geht bald weiter ich sitz hier immer so auf glühenden kohlen.. *G*
Von: abgemeldet
2005-05-18T15:37:09+00:00 18.05.2005 17:37
Das ist der Hammer!!! Erst kommt ein liebestoller Lord und hält um Aramis Hand an und dann wird sie zum "Grafen de la Fere" ernannt. Der arme Athos!!! Das muss wohl sehr schlimm für ihn sein.
Der letzte Abschnitt war einfach hervorragend.Das geschieht Athos eigentlich recht, dass Armais seinen Titel dennoch behalten will. *ggg*
Bin so was von gespannt auf das nächste Kapitel. Hoffentlich kommt Corday wieder vor, ich liebe diesen Charakter, da er alles noch schwieriger werden lässt.
Nun kommt eine sehr gewagte Theorie zum Schluss. Athos könnte doch seinen Titel und sein Erbe nur zurückerhalten, wenn er Aramis am Ende heiratet.Oder der ganze Schwindel würde auffliegen, was nicht nicht hoffe, da die erste Variante sehr viel unterhaltsamer ist.

Also, dann schreib mal schnell weiter.

Salut, Ayumi Kishu
Von: abgemeldet
2005-05-18T15:10:02+00:00 18.05.2005 17:10
Ich bin schon länger ein Anhänger deiner FF und werde jedes Mal neu überrascht was die Handlung betrifft. Mach weiter so^^
Von:  Kajuschka
2005-05-18T11:16:10+00:00 18.05.2005 13:16
Woher hast du nur immer diese tollen Ideen? Aramis mal so einfach Athos' ursprüngliche Herkunft zu geben. ;-) Ich bin wie jedes mal gefesselt. Jetzt bin ich auch mal sehr gespannt, wie du das weiter führst. :-) Bitte fein weiter schreiben. *ganz lieb bettel*


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