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Starlight Express-Die Abenteuer von Casey Jones & Rusty

Nach Motiven des Musicals
von

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Bange Stunden um Rusty

19. Bange Stunden um Rusty
 

Eine lange Steinrampe mit zwei Gleisen führte in das unterirdische Depot.

„Das waren früher mal alte Aufenthaltsräume der Gladiatoren. Heute nutzen wir sie als Werkstatt um bei solchen Zwischenfällen schnell Hilfe leisten zu können.“ erklärte Giovanni.

Die Torflügel zum unterirdischen Werkstatt wurden aufgestoßen und Dustin, der Rusty mit seinem Rücken stützte, rollte als erster ein, gefolgt von Casey, Dinah und den Hilfskräften. Tron bildete mit seinem Lokführer und zwei weiteren Mechanikern das Schlusslicht.

„Hier herein.“

Tron wurde in einem Nebenraum geführt während die andere Gruppe sich um Rusty kümmerte.

„Ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm.“ bemerkte die blaue E-Lok.

„Giovanni kennt sich am besten mit Verletzungen von hummanoiden Loks aus. Wenn Einer helfen kann, dann er. Wir werden derweil dich wieder in Ordung bringen.“ erklärte Luigi, einer der Gesellen. "Setz dich hier her. -Mr. Shine, sie können dort drüben warten."
 

„Legt ihn hier auf die Werkbank!“ rief Giovanni und begann mit zwei Helfern das Werkzeug und Kleinmaterial von der Tischplatte zu räumen. „Aber nehmt ihm erst den Tender ab. Und die Ellenbogenpuffern und den Gurt.“

Nachdem dies geschehen war, wurde Rusty mit vereinten Kräften auf die Tischplatte gehievt.

„Und jetzt gemeinsam...eins-zwei-drei!“

Durch die heftigen Bewegungen kam Rusty wieder zu sich.

"Giovanni, er ist wieder wach." sagte Cappuchina.

"Ja, aber noch nicht ganz da. Er reagiert nicht auf uns."

Die kleine Dampflok nahm die Stimmen um ihn herum nur undeutlich wahr. Zu groß war noch der Schock und die Schmerzen von dem Unfall.

„Okay. Lasst mich jetzt mal ran.“ erklärte Giovanni. Espresso und Capuccina wichen mit den anderen zurück um Platz zu schaffen. Nur Casey blieb und hielt Rustys rechte Hand.

„Keine Angst, Kumpel, ich bin hier. Ich lass dich nicht alleine.“ murmelte er. Rusty musste schreckliche Angst haben, da war er sich sicher. Jetzt hatte er zum zweiten Mal einen schweren Unfall gehabt.

Ein Werkzeugwagen wurde hereingerollt und die schwenkbare Lampe über der Werkbank wurde eingeschaltet. Giovanni drehte Rustys Kopf langsam in das Licht und untersuchte die Augen und das Gesicht.

„Verbrennungen...durch die elektrischen Entladungen...zuerst muß ich die äußeren Verletzungen behandeln.“

Der Meister zog eine Schublade seines Wagens auf und entnahm eine Tinktur und Gazepads. Es ging jetzt nicht anders zu als bei einem Notarzt.

„Das wird jetzt etwas wehtun, Kleiner...beiß die Zähne zusammen...“

Er tränkte das erste Pad mit der Tinktur und setzte es an.

Im selben Moment begann Rusty plötzlich angstvoll zu schreien und um sich zu schlagen!

„He! He! Ganz ruhig! So schlimm ist es doch nicht! Hör auf damit, Du tust Dir nur noch mehr weh, kleiner Neri*!“ rief Giovanni und sprang vor den schlagenden Gliedern in Sicherheit. „Schnell, haltet ihn fest!“

Casey wurde von Rustys hochschnellender Faust getroffen und ging zu Boden.

„Au!“

„Casey!“

„Schon gut, Dinah. Ist nicht schlimm....uh, der kann aber ganz schön zuhauen..-jetzt ist er auch noch in Panik geraten! Rusty!“

„Seine Beine! Maledetto! Wir müssen ihn ruhig halten!“ rief Giovanni, der zusah, wie sich seine Männer abmühten, die Beine und Arme zurück auf den Tisch zu drücken.

„Rusty! Die Leute wollen Dir doch nur helfen!“ rief Dinah, den Tränen nahe.

„Hilft nichts. Er hat furchtbare Angst und der Schock, schon der kleinste Schmerz und er ist in Panik; ich muss ihn ruhigstellen.“

„Was?“

Casey zuckte erschrocken zusammen, als Giovanni plötzlich eine Spritze zusammensetzte und aufzog.

„Gibt es denn auch so was-für Loks?“

„Das Zeug wirkt nicht nur bei uns Menschen, haben wir festgestellt.....allerdings brauchen wir eine stärkere Nadel und man kommt nur am Hals durch das Gewebe.“ erklärte einer der Männer.

„Ist das nicht schädlich für ihn?“

„Keine Angst, Casey. Ich hab das schon ein paar mal gemacht. Und der berühmte Dottore Sammer hat dieses Präparat entwickelt. Bisher gab es nie Komplikationen.“

„Dr. Sammer! Wir sind ihm schon begegnet. Er hat damals Rusty geholfen. Wenn er das Mittel entwickelt hat, habe ich keine Sorge. Es gibt keinen Besseren für hummanoide Loks als ihn!“

„Si.“ nickte Espresso.
 

„Was ist denn das für ein Tumult?“ wunderte sich Tron. Dann zuckte er zusammen, als einige Kabel neu verlötet wurden. „Hsss...“

Luigi hatte einen neuen Trafo besorgt und machte sich gerade an den Einbau. Der Alte war irreparabel beschädigt.

„Versuche still zu halten, Tron. Und beiß die Zähne zusammen.“ erklärte Mr. Shine. Lonzo hockte schweigend in einer Ecke. Er musste das Ganze erstmal verdauen. Er hatte noch niemals solche schweren Verletzungen gesehen.
 

„Okay, dreht jetzt seinen Kopf zur Seite. Langsam...“ ordente Giovanni an.

Rustys Kopf zuckte noch immer panisch hin und her, Tränen liefen aus seinen angstvoll aufgerissenen Augen. Vier Männer und Espresso waren nötig, um ihn festzuhalten.

„Jetzt..“ dachte Giovanni und stach die Nadel in eine bestimmte Stelle an Rustys Hals.

Die kleine Lok bäumte sich in den Griffen auf und schrie panisch auf. Casey kniff die Augen zusammen und wandte sich ab. Es war schrecklich Rusty so schreien zu hören.

Wenn er noch länger zusah, würde er zu heulen anfangen.

„Willst Du doch nicht lieber draußen warten?“

„Nein, Dinah! Ich bin sein Lokführer, wenn auch nur Lehrling. Ich bleibe an seiner Seite!“

„Der kleine Neri hat ja schreckliche Angst.“ meinte Espresso.

„Das kommt warscheinlich durch den Schock, den er erlitten hat. Und wenn er selbst von Natur aus ängstlich ist - jeder plötzliche Schmerz löst solche Anfälle aus... ..Du hattest noch nie solch einen Unfall.“

„Nein, Giovanni. Bis jetzt ging es immer glimpflich aus.“
 

Langsam erlahmte Rustys Gegenwehr.

„Es fängt an zu wirken. Ganz ruhig...es ist gleich vorbei. Dann schläfst Du und merkst nichts mehr...“sagte Giovanni mit sanfter Stimme und strich der kleinen Lok sachte durch das zerzauste Haar. Dabei beobachtete er untentwegt die starren angstgeweiteten Augen, einem Kollegen hatte er angeordnet, die Lebensflamme im Auge zu behalten.

„Ihr könnt jetzt loslassen.“

Vorsichtig drehte er Rustys Kopf wieder herum und fuhr mit der Behandlung fort.

„Unglaublich. Er ist wirklich betäubt.“ murmelte Casey.

„Das hat Dr. Sammer doch damals auch getan, als er Rusty behandelt hat.“ bemerkte Dinah.

„Ja, aber damals hatte er auch das Bewusstsein verloren. Es wäre besser gewesen, wenn er jetzt bewusstlos geblieben wäre.“

Nachdem Giovanni die Verletzungen desinfiziert und gereinigt hatte, strich er vorsichtig eine Salbe auf die Stellen und eine Andere auf die Augen. Dann schob er behutsam die Lider über die getrübten Augen.

„Wie ist der Zustand seiner Lebensflamme?“

„Brennt schwach, aber stabil.“

„Heb mal den Kopf etwas an, Tino.“ sprach der Betriebsmeister und streifte Rustys Stirnband ab. Zuerst legte er einen Streifen Gaze über die Augen und legte dann einen Verband an. „So. Dieser Verband muss jeden Tag erneuert werden. Ich komme nachher noch einmal vorbei und schau nach ihm.-Jetzt wollen wir noch sehen, ob er sich bei dem Sturz vorhin verletzt hat.“

Mit geübten Griffen tastete Giovanni Rustys Gliedmaßen ab, prüfte die Beweglichkeit der Gelenke.

„Scheint nichts gebrochen zu sein, keine größeren Schäden in der Hülle. Nur ein paar Schrammen.“

Auch die kleineren Blessuren wurden versorgt.

„Soll er hier liegenbleiben?“ fragte Espresso.

„Nein, wir bringen ihn hinunter in die Ruheräume. Dort ist er am Besten aufgehoben.“
 

Also wurde der Patient wieder von der Werkbank gehoben, Dustin erklärte sich wieder bereit, Rusty abzuschleppen. Seine Arme wurden über die Schultern des Tenders gelegt, der Kopf ruhte auf der rechten Seite. Espresso stützte von hinten, damit der Betäubte während des Transports nicht zu Boden sackte.

„Wohin jetzt?“ fragte Casey.

„Diese Rampe hinunter. Dort unten liegen Ruheräume für uns und die Verletzten.“erklärte Gionvanni.

„Ihr habt hier wirklich an alles gedacht.“

„Früher, als die Gladiatoren hier kämpften, gab es auch viele Verletzte.“ erklärte Espresso. „Und diese Räume waren damals das Lazarett für die Verwundeten. Früher wirkten hier die Medicusse, heute Giovanni und seine Männer. Und in den Räumen darüber, die heute die Werkstätten sind, machten sich die Gladiatoren für den Kampf in der Arena bereit.“

„Hab ich mir fast gedacht.“ murmelte Casey.

Hinter Espresso gingen Tino und Giovanni, ersterer trug eine Plastikkiste, in der sich Rustys abgenommene Komponenten befanden.
 

„So, da sind wir. Legt ihn auf der Matratze ab.“

Sie befanden sich in einem weiteren unterirdischen Raum, zwei Türen verbanden ihn mit weiteren Gängen und Kammern. Schräg von oben fiel Sonnenlicht durch einen Schacht herein. Aber es gab auch elektrisches Licht. Giovanni legte einen Schalter um und zwei Deckenlampen spendeten ein angenehmes Licht.

Im Raum befanden sich zwei große Lager, je eine Lokmatratze mit einem Kissen auf einem steinernen Podest. Daneben zwei kleinere Betten, offensichtlich für das menschliche Personal. Die Einrichtung war zwar spartanisch, bot aber das Wichtigste.

„Da geht es auf den Gang hinaus und zu den Waschräumen, Casey. Ein weiteres Zimmer befindet sich gegenüber.“ erklärte Espresso, während Rusty vorsichtig und mit vereinten Kräften auf die Matratzte des ersten Lagers bugsiert wurde.

„Das hätten wir.“ sagte Giovanni erleichtert.

Casey rückte das große Kissen zurecht und achtete darauf, das Rustys Kopf bequem lag.

„Wir lassen euch jetzt alleine. Nachher kommt noch Tron in eines der Nebenzimmer, dann seid ihr nicht ganz allein hier unten.“ erklärte Espresso.

„Sollen wir Dir etwas zu essen schicken lassen?“ fragte Cappuchina Casey.

„Ich habe keinen Hunger. Aber wir bräuchten etwas Kohle für Rusty.“

„Ich sorge dafür, kleiner Lehrling.“ nickte Tino. „Übrigends: Ein Telefon ist auch draußen im Gang. Daneben eine Liste mit den wichtigsten Rufnummern. Du kannst Dir sogar etwas zu essen bestellen, wenn Du willst.“

„Okay.“

„Was meinen Sie, Giovanni? Kommt das wieder in Ordnung mit seinen Augen?“

„Das kann ich Dir noch nicht sagen, Casey.“ seuftze er.“ Vielleicht wissen wir morgen mehr.“
 

Casey und seine Begleiter blieben alleine zurück, nachdem Tino dem Jungen noch Mut zugesprochen hatte. Erschöpft ließ er sich auf den Rand der Matraze sinken und barg sein Gesicht in seinen Händen. Dinah setzte sich zu Casey, legte einen Arm um ihn und zog den Jungen zu sich.

"Wir dürfen die Hoffung nicht aufgeben, kleiner Lehrling." sagte sie.

"Rusty wird doch wieder gesund, oder?" fragte Dustin leise, der sich auf der zweiten freien Matratze niedergelassen hatte. Dinah und Casey schwiegen. Zum jetzigen Zeitpunkt konnten und wollten sie ihm keine Antwort darauf geben.
 

Kurz darauf kam Tron mit seiner Begleitung herein.

"Stören wir?" fragte Mr. Shine.

Casey hob den Kopf.

"Neinnein. -Wie geht’s Dir, Tron?“ fragte Casey.

„Die haben mich wieder hingekriegt. Habe einen neuen Trafo bekommen. Und wie geht es Rusty?“

Casey seufzte.

„Nicht gerade bestens. Wir machen uns alle große Sorgen, ob er sein Augenlicht wiederkriegt.“

„Casey, wenn Du Hilfe brauchst, wir sind gleich nebenan. -Aber Du musst den Unfall nach Kommoran melden. Oder soll Giovanni das machen? Auf jeden Fall muss solch ein Fall innerhalb von achtundvierzig Stunden dem Heimatbahnhof telefonisch gemeldet werden.“ erklärte Mr. Shine.

„Ich weiß. Der alte Pop wird sich sicher furchtbar aufregen.“

„Ist das Rustys Lokführer?“

„Nein, eine andere, große Dampflok. Sein väterlicher Freund"

"Verstehe. - Und wir müssen abwarten, was die Rennleitung sagt. Es kann sein, das dieses Rennen nicht gewertet wird."

"Nach allem was Tron durchgemacht hat? Das wäre nicht fair!"

"Das Leben ist selten fair."

"Das stimmt." nickte Casey.

Mr. Shine zog sich mit seinem Zug nach nebenan zurück.
 

Plötzlich begann sich Rusty zu regen.

„Er kommt wieder zu sich!“ rief Dinah.

Casey sprang auf und lief an das Lager seines Freundes.

„Rusty? Kannst Du mich hören?“

„Casey? Wo...sind wir hier?“ krächzte die kleine Lok.

„Unterhalb der Arena. Bleib ruhig liegen. Wie geht es Dir?“

„Mir tut alles weh...vor allem mein Kopf...und meine Augen brennen...und mein Hals..“

„Kein Wunder, so wie Du vorhin geschrien hast. Du bist fast heiser.“

„Kann ich etwas Wasser haben?“

„Na klar. Sofort.“

Casey eilte zum Schrank und entnahm ihm eine Plastikflasche mit Wasser, schraubte sie auf und brachte sie Rusty, den Dustin mitlerweile geholfen hatte, etwas aufzusitzen.

„Warte, ich helfe Dir....hier. Langsam...ja gut.“

Rusty setzte die Flasche erst wieder ab, als sie leer war.

„Uff, danke. Sorry, das ich mich vorhin so angestellt habe, aber ich hatte solche Angst...“

„Das war der Schock. Mach Dir nichts draus.“

Rusty zupfte an dem Augenverband.

„Diese Dunkelheit ist so unheimlich...“

„Nicht, der muss dranbleiben. Leg dich wieder zurück, Du brauchst jetzt viel Ruhe.“

„Werde ich wieder sehen können, Casey?“

„Giovanni konnte noch nichts konkretes sagen. Wir müssen abwarten. Er kommt heut nachmittag wieder und will nach Dir sehen.“
 

Um die Mittagszeit erhielten Casey und seine Freunde Besuch.

Eine kleine, weiß lakierte Diesellok brachte einen großen Korb mit Früchten. In der anderen Hand hielt sie eine große Tasche, in der sich volle Wasserflaschen befanden.

"Das schickt euch die Köchin aus der Kantine. Ich heiße übrigends Gallo. Man hat mich so genannt, weil meine Haare so rot wie der Kamm eines Hahnes sind. Und auch so hoch stehen." lächelte die kleine Diesellok. Tatsächlich wirkte ihre feuerrote Punk-Haartracht wie ein Hahnenkamm.

"Danke Dir. Das ist sehr nett." lächelte Dinah.

Casey, der im Gedanken am Tisch saß, sah nur kurz auf und nickte der Lok einmal stumm zu.

"Der Unfall seiner Lok bedrückt den jungen Lehrling wohl sehr." meinte Gallo.

"Wir sind gerade alle so ziemlich am Boden." erklärte das Waggonmädchen.

"Wenn ich nur wüsste, wie ich euch aufheitern könnte."

"Das einzige, was wir gerade tun können, ist abwarten."
 

Selbst Dinahs Zureden half nicht. Casey brachte keinen Bissen herunter. Dazu fühlte er sich zu schlecht. Immer wieder saß er an Rustys Lager und zermarterte sich den Kopf, was er nun tun sollte. Auf jedenfall musste er Pop und Mr. Corell Bescheid geben, was passiert war.

Rusty lag die ganze Zeit reglos da, Casey konnte nicht sagen, ob er schlief oder wach war.
 

Der Werkstattmeister sah wie versprochen am späten Nachmittag vorbei. Espresso begleitete Ihn.

„Ich will einen Standtest mit ihm machen, um zu sehen, ob wirklich nichts gebrochen ist. Klagt er über Schmerzen?“

„Ja, aber nicht über Starke.“

„Gut. -Rusty?“

Die kleine Lok wandte ihren Kopf.

„Schön, Du bist wach. Willst Du veruschen, alleine aufzustehen oder soll Espresso Dir helfen?“

„Ich versuche es alleine.“ murmelte Rusty. Langsam setzte er sich auf, während Giovanni die Decke zurückschlug.

„Deine Beine über die Bettkante, gut so. Kannst Du bis jetzt alle Gliedmaßen richtig bewegen?“

Die kleine Dampflok nickte.

„Gut. Dann steh jetzt langsam auf. Hab keine Angst. Dustin und Espresso sind an deiner Seite, um dich sofort festzuhalten, falls Du fallen solltest.“

Rusty richtete sich langsam auf, bis er wieder auf seinen Rädern stand. Zuerst sah es so aus, als ob er das Gleichgewicht verlieren würde. Deshalb ergriffen ihn Espresso und Dustin sicherheitshalber an den Armen.

„Gehts, kleiner Neri?“ fragte Espresso.

„Ihr könnt mich wieder loslassen.“

„Gut, er kann schon wieder selbständig stehen. Und wo stehe ich, Rusty?“ fragte Giovanni.

„Vor mir.“

„Richtig. Du bist also nicht vollständig orientierungslos. Und nun komm ein paar Schritte auf mich zu...sehr schön...halt.“

„Also bis auf seine Augen hat er den Unfall glimpflich überstanden. Die Prellungen und Schrammen verheilen rasch wieder. Morgen komme ich wieder und wechsle den Verband.“ erklärte Giovanni Casey.
 

Wenig später schrieb der Meister in seinem kleinen Büro zwei Unfallberichte. Einen für Tron und einen für Rusty.
 

In der Nacht erwachte Casey aus seinem unruhigen Schlaf. Sein Blick wanderte durch die Dunkelheit hinüber zu Rustys Schlafstätte, von der ein leises Stöhnen kam. Casey stand auf, knipste das Licht an und trat an das Lager seines Freundes.

„Dinah! Dinah, wach auf!“ rief er in die Ecke, wo das Waggonmädchen schlief.

„Was ist, Casey?“

„Ich glaube mit Rusty stimmt etwas nicht!“ antwortete der Junge und befühlte die Stirn seines Partners.

„Sie ist ganz heiß! Zu heiß. Das sieht nicht gut aus. -Dinah, können Loks auch Fieber bekommen?“

„Ich habe es bis jetzt noch nicht erlebt.“

„Ich werde Hilfe rufen!“

Casey eilte zum Telefon und wählte die Notrufnummer. Eine männliche Stimme meldete sich kurz darauf.

„Notrufzentrale.“

„Hier spricht Casey Jones. Meiner verletzten Lok geht es nicht gut!“

„Ich melde es sofort Giovanni! Er wird so schnell er kann bei Dir sein. Was hat sie?“

„Sie scheint so etwas wie hohes Fieber bekommen zu haben! Jedenfalls verhält sich Rusty so.“

„Verstanden.“
 

Zur gleichen Zeit, in Espressos Stellbox...

„Was ist los?“ fragte Cappuchina, als die gelbe Lok sich langsam erhob.

„Ich weiß nicht, Cara Mia, aber irgendetwas sagt mir, das es dem kleinen Neri nicht gut geht.“

„Sehen wir einmal drüben in der Werkstatt nach.“ meinte sie, erhob sich ebenfalls und ergriff seine Kuppelringe.
 

Unten in den Krankenräumen wies das Licht ihnen den Weg. Dort fanden sie Casey und die beiden Waggons um Rustys Lager stehen.

„Casey, was ist los?“

„Ich weiß nicht, Espresso. Sein Körper ist ganz heiß. Viel zu heiß. Ich glaube, er hat Fieber.“

„Hast Du in der Notrufzentrale Bescheid gesagt?“

Der Junge nickte. „Giovanni ist bereits auf dem Weg.“

„Gut.“

„Der Werkstattmeister traf zehn Minuten später ein.

„So, da bin ich. Lasst mal sehen.“

Giovanni besah sich die kleine Dampflok und fühlte seine Stirne.

„Er ist tatsächlich zu heiß. Jetzt, im Ruhezustand, ist die Temperatur eindeutig zu hoch. Mal sehen...“

Der Meister holte ein kleines, in Leder gebundenes Buch hervor und schlug es auf. Casey erkannte handgeschriebene Texte und Notizen.

„Was ist das?“

„Das Tagebuch meines Vorgängers Vincenzo, der vor über 50 Jahren hier Meister war. Er hat hier alles über Verletzungen bei Loks und Waggons notiert und wie er sie behandelt hat. Er hatte hauptsächlich noch mit Dampfloks wie Rusty zu tun. -Da haben wir es ja.“

Giovanni überflog kurz die Aufzeichnungen.

„Steht auch etwas über Augenverletzungen darin?“

„Leider nein, junger Lehrling.-Hm, der alte Vincenzo schreibt hier auch etwas von einem Fieber....er nennt es Rostfieber...es trat bei schweren Verletzungen auf.“

„Rostfieber? Heißt das, Rusty kann davon total...“

„Der Rost breitet sich von den Verletzungen aus und kann den ganzen Körper befallen, falls nichts dagegen getan wird. Ich muss auf jeden Fall noch mal den Verband wechseln. Doch zuerst müssen wir nach seiner Feuerbüchse sehen. -Casey, brennt nur seine Lebensflamme oder auch sein Kohlefeuer?“

Der Junge öffnette vorsichtig die Klappe der Feuerbüchse.

„Sein Kohlefeuer brennt auch.“

„Dann müssen wir das Feuer löschen. Aber sehr vorsichtig. Und dann die Kohle herausnehmen. Einfach mit dem Schürhaken das Feuer herausnehmen geht auf keinen Fall. Er könnte sonst einen Schock kriegen.-Cappuchina, ich brauche ein nasses Tuch.-Espresso, Dustin, ihr bringt Rusty in eine seitlich liegende Position an der Bettkante.
 

Durch das Rumoren in den Nachbarraum war Lonzo erwacht. Er stand auf,schlich den Gang entlang, schob den Vorhang des Eingangs ein klein wenig zur Seite und linste hindurch.

„Was machen die alle da? Dem kleinen Dampfer scheint es wohl nicht gerade gut zu gehen.-Oh! Heyy..“ Lonzos Lebensfunke strahlte stärker, als er die rassige Cappuchina hereinrollen sah.
 

„Hier Giovanni. Ist das geeignet?“

„Sehr gut. Ich muss mir das nasse Handtuch um die Hand wickeln, um das Feuer vorsichtig zu ersticken. Espresso, achte darauf, das der kleine Neri sich ruhig verhält. Wer weiß, wie er reagiert, wenn jemand in seine Feuerbüchse greift.“

Atemlos sahen Casey und Dinah zu, wie Giovanni langsam seine dick umwickelten Hand in die Feuerbüchse schob und vorsichtig die Flammen zu ersticken begann. Gleichzeitig behann er die kohlen in den bereitgestellten Eimer zu schieben. Plötzlich begann Rusty unruhig zu werden und erwachte.

„Ganz ruhig, kleiner Neri. Wir sind hier um Dir zu helfen.“ sagte Espresso der seine Hände festhielt.

„Wa-was macht ihr an meiner Feuerbüchse?!“

„Keine Angst, Rusty. Wir müssen das restliche Kohlefeuer entfernen, deine Ruhetemeratur ist zu hoch. Du hast Fieber.“ erklärte Casey, welcher zu ihm trat. „Wir haben es gleich.-Ho! Halt still!“

Rusty begann unruhig zu werden und stieß einen angstvollen Laut aus.

"Bleib ruhig liegen! Es passiert Dir nichts! Aber es muss sein, das wir dein Kohlefeuer herausnehmen!" sagte Espresso.

"Ich weiß, das habt ihr Dampfloks gar nicht gerne....Rusty, ganz ruhig! Deiner Lebensflamme wird nichts passieren, ich pass schon auf. Aber hör auf, so herumzuzucken, sonst verbrenne ich mir noch meinen Arm!" sagte Giovanni.

"Hey, Kumpel, hör auf zu treten!" bemerkte Dustin, der Rustys Beine festhielt.

"Wir habens gleich...."
 

Zwei nasse Handtücher benötgte Giovanni, bis er dieFlammen erstickt und die ganze, noch glühende Restkohle heraus hatte.

„Geschafft. Jetzt brennt nur noch seine Lebensflamme. -Wickelt jetzt die restlichen nassen Tücher um seine Arme und Beine und den Rumpf, damit wir ihn herunterkühlen. Dazu könnt ihr ihn wieder auf den Rücken legen. Aber der Oberkörper sollte etwas erhöht liegen, ich muss jetzt nach den Verletzungen sehen.“

Espresso nickte und drehte die kleine Dampflok langsam in die richtige Position.

„Wie voll ist sein Wassertank?“

„Fast leer.“

„Er muss sofort gefüllt werden. Das könnte auch ein Grund für das Fieber sein.“

Dinah übernahm das Befüllen. Mit drei Flaschen Wasser schaffte sie Abhilfe.

„Espresso, halte seinen Kopf.“

„Si.“

Vorsichtig wickelte Giovanni den Verband ab.

„Die Verwundung hat sich entzündet. Vincenzo beschreibt in seinen Aufzeichnungen so etwas ähliches. Seht ihr den grünlichen Belag? Warscheinlich habe ich nicht allen Sand oder Verunreinigungen beim ersten Mal entfernen können.“

„Igitt, das sieht ja aus wie Grünspan. Aber bei seiner metallischen Hülle ist das nicht abnormal.“ meinte Casey.

Rusty versuchte, seine Lider zu öffnen, doch es ging nicht.

„Lass deine Lider ruhig! Und halt jetzt still, kleiner Neri. Ich muss die Verletzungen wieder desinfizieren. Solche Wunden müssen richtig behandelt werden und abheilen, sonst rostet das Gewebe an dieser Stelle und kann sich ausbreiten.“

„Wirklich? Das hab ich noch nie gehört.“ bemerkte Casey.

„Es stimmt aber. Besonders geschwächte Loks und Waggons kann es treffen. Das weiß sogar ich. Aber es kommt sehr selten vor. Doch der alte Vincenzo hatte wohl mehrere solcher Fälle erlebt, seinen Beschreibungen zufolge.“
 

Espresso und Dustin hielten je ein Handgelenk fest, während Cappuchina ihm sanft durch die Haare strich und dabei leise summte.

„Oh mann! Ich würde da jetzt am liebsten liegen!“ brummte Lonzo eifersüchtig. Natürlich ohne diese schlimme Verletzung!“

Plötzlich wurde er am Kragen ergriffen, eine Hand legte sich um seinen Mund.

„Was tust Du hier?“ zischte Tron.

„Ich bin aufgewacht und habe nachgesehen. Rusty scheint es nicht gut zu gehen.“flüsterte Lonzo.

„Ph, vor allem, weil dein rassiges Objekt der Begierde wieder da ist, was?“

„Das hab ich-“

„Ssshhht!“ zischte Tron und presste Lonzo abermals die Hand auf den Mund.
 

„Rusty, hörst Du mich?“ fragte Giovanni.

Die kleine Dampflok nickte matt.

„Es wird jetzt leider wieder wehtun. Ich muss die Wunde nochmals reinigen und ich will dich nicht wieder betäuben. Zu viel davon ist auch nicht gut.“

„Hier, beiß darauf, kleiner Neri, das hilft ein wenig.“ bemerkte Espresso und klemmte Rusty ein zusammengerolltes stück Tuch zwischen die Zähne.

„Gute Idee, mein Freund. -Cappuchina, Dustin, Ihr haltet seine Hände fest. Espresso, Du den Kopf. Er soll ihn möglichst nicht bewegen. Außerdem brauche ich noch zusätzlich Licht. Schalte einen deiner Scheinwerfer ein.“ ordnete Giovanni an. Die gelbe Lok nickte und trat an das Kopfende des Lagers. Vorsichtig ergriff sie Rustys Kopf und drehte ihn in die richtige Position. Dinah und Casey standen etwas abseits, das Waggonmädchen hatte ihre Arme um den Jungen gelegt.

„Casey, Du behältst die Lebensflamme im Auge.“

„Mach ich.“

Bei der Desinfizierungsprozedur versuchte Rusty, sich die Schmerzensschreie zu verbeißen. Er wollte nicht, das die anderen ihn für wehleidig hielten. Und das Tuch zwischen seine Zähnen erstickte sowieso die lauten Schreie.

„So, das müsste reichen. Ihr könnt ihn wieder loslassen.“ sagte Giovanni schließlich. „Jetzt säubere ich noch deine Lider, damit Du sie wenigstens öffnen kannst.“

„Ich hoffe, das brennt nicht wieder wie die Hölle!“ murmelte der Verletzte leise.

„Nein, wird es nicht. Es wirkt sogar etwas kühlend.“

Als der Meister die andere Tinktur anwandte, fühlte er, wie Rusty sich wieder etwas entspannte.

„Casey, wie ist der Zustand seiner Lebensflamme?“

„Brennt stabil, Meister.“

„Gut.-Na, das ist angenehmer, nicht wahr?“

Rusty nickte. Als er wieder versuchte, die Lider zu öffnen, klappte es.

„Ich ..ich kann immer noch nichts sehen...“ klagte er.

„So schnell geht das nicht, kleiner Neri. Du musst Geduld haben. So, und jetzt mache ich wieder etwas von der Salbe darauf und dann wird das Ganze wieder verbunden.“
 

Nachdem die Verletzungen frisch verbunden worden waren, konnten auch die feuchten Tücher wieder abgenommen werden.

„Sehr gut. Seine Temperatur ist wieder im normalen Bereich.“ stellte Giovanni fest. „Ich danke euch allen für eure Hilfe.“

„Dank auch euch, Espresso und Cappuchina.“ sagte Casey.

„Das ist das mindeste, was wir tun konnten.“ antwortete die gelbe Lok.

„Du solltest wieder schlafen gehen, kleiner Lehrling. Wir alle sollten uns wieder zur Ruhe begeben.Rusty ist versorgt, wir brauchen uns vorerst keine Sorgen zu machen. Schließlich wartet morgen wieder eine Menge Arbeit auf uns.“ erklärte Giovanni. „Rusty, vor allem Du brauchst jetzt viel Schlaf.“

„Würden sie mir das Buch hierlassen, Meister? Ich möchte mir einige Notizen machen.“

„Aber natürlich.“ nickte Giovanni und reichte es Casey.
 

Und draußen, im Gang...

„Komm, Lonzo, hier gibt’s nichts mehr zu sehen.“

Der Viehtransportwaggon warf Cappuchina immer noch schmachtende Blicke zu.

„Jetzt komm schon! Du weißt, das Du bei ihr nicht landen kannst! Also schlag sie Dir endlich aus dem Kopf! Du und deine Baggergeschichten!“ schnaubte Tron verächtlich und zog seinen Waggonpartner am Arm mit sich.
 

Als Dustin am nächsten Morgen erwachte und nach seinem Kumpel sehen wollte, erlebte er eine Überraschung. Casey lag an Rustys Seite, sein Kopf ruhte auf seinem Bauch. Dustin lächelte und weckte Dinah.

„Schau mal. Ist das nicht süß?“

„Oh ja. Ein Herz und eine Seele.“

Als die Sonnenstrahlen durch den Lichtschacht auf das Krankenlager Rustys fielen, erwachte Casey. Er rieb sich die Augen und sah nach seinem Partner. Reglos lag die kleine Dampflok auf ihrem Lager, ihr Atem ging ruhig und gleichmäßíg. Casey rutschte vorsichtig von der Matratze, um seinen Freund ja nicht aufzuwecken.

Während der Morgentolliette überlegte der Junge fieberhaft, was er tun sollte. Sollte er selbst in Kommoran anrufen und den Unfall melden? Sollte er es direkt Mr. Corell melden oder lieber vorher mit Digger oder Francis sprechen? Oder sollte Giovanni die ganze Sache erledigen? Er wusste es nicht. Ehrlich gesagt, fürchtete er sich davor. Sicher, niemand würde mit ihm schimpfen, aber es war so verdammt schwer, eine schlechte Nachricht zu überbringen.
 

Am Vormittag konnte Casey sich endlich dazu durchringen, ans Telefon zu gehen und zu Hause in Kommoran anzurufen. Er hatte sich entschlossen, es selbst zu melden. Der dunkelhäutige Lokführer meldete sich am anderen Ende der Leitung.

„Hallo, Digger...“

„Hallo, Casey! Schön, wieder von Dir zu hören! Wie geht es Dir?“

„Nicht gut.“

Digger zuckte zusammen. Da schien wirklich etwas nicht in Ordnung zu sein. Er hörte es an der Stimme des Jungen.

„Was ist los? Wo seid ihr gerade?“

„In Via Coronna. Gestern ist Rusty gegen den Favoriten Espresso gelaufen...dabei gab es einen Unfall..“

„Gütiger Starlight! Wurde Rusty verletzt?“

Stockend berichtetete Casey was sich zugetragen hatte.

„Jetzt wissen wir nicht, ob er jemals wieder sehen kann! Oh Digger, ich hab solche Angst! Was soll ich nur machen, wenn Rusty erblindet?-Mist, jetzt fang ich auch noch an zu heulen!“

Bis jetzt hatte Casey tapfer seine Tränen zurückgehalten. Aber jetzt konnte er nicht mehr.

„Beruhige dich erst einmal, Junge. Hör zu. Ich werde sehen, das ich oder Francis zu euch nach Via Coronna kommen! Das ist eindeutig ein Notfall. Die Leute hier werden sich um euch kümmern, aber es ist natürlich besser, wenn jemand von uns euch Halt in dieser Sitouation gibt. Ich werde gleich mit Mr. Corell sprechen.“

„Danke, Digger.“ schniefte Casey und wischte sich über die Augen.
 

Und wenig später, im Büro des Staionsvorstehers...

„Was? Rusty ist verletzt? Die Augen? Oh nein!“ schluckte Francis, als er von Digger die schlechte Neuigkeit erfuhr.

„Wenn ich das dem alten Pop erzähle, will er sofort nach Via Coronna! Selbst wenn er Gefähr läuft, auseinanderzufallen!“ seufzte Digger.

„Ich werde fahren! Casey braucht dringend Beistand! Er klang so verzweifelt und hat sogar geweint, hast Du gesagt.“

„Stimmt.“

„Mr. Corell, Bobetta kann mich vertreten. Und Digger. Wir können Casey jetzt nicht alleine lassen!“

„In Ordnung. Sie können fahren, Loghead.“ nickte der Stationsvorsteher.

„Danke, Boss. Ich nehme die nächste Reisemöglichkeit nach Torrone!“

„Silvia kann Dir bestimmt Auskunft geben, wie Du am schnellsten nach Via Coronna kommst.“ erklärte Digger.

„Alles klar. Bis bald, Leute. So bald ich angekommen bin, melde ich mich.“

„Gute Reise, Francis.“ wünschte Digger.

Silvia die an einem der Fahrkartenschalter arbeitete, hatte per Computer die schnellste Direkt- Verbindung heruausgesucht. Francis bekam den Spezialfahrschein für Bahnbedienstete, welche jederzeit umsonst mit der Bahn reisen durften und eilte nach Hause, um in aller Eile das Wichtigste zusammenzupacken. Sein Zug fuhr in vier Stunden und er würde zwei Tage und zwei Nächte unterwegs sein.
 

Nun stand Digger vor der schweren Aufgabe, Pop zu beichten, das seinem Schützling etwas passiert war. Natürlich reagierte die alte Dampflok dementsprechend.

„Jetzt beruhige dich wieder, Pop! Francis reist in drei Stunden nach Torrone ab.“

„Oh, ich wünschte, ich könnte mit! Mein armer Kleiner! Er hat sicher schreckliche Angst! Und erst der Junge! Er gibt sich sicher die alleinige Schuld an dem Unfall!“

„Ich weiß. Deshalb habe ich Casey auch versucht, zu beruhigen, das es nicht seine Schuld war. Aber per Telefon bringt das nicht viel...“
 

„Also Bobetta. Ich weiß nicht, wie lange ich wegbleibe, aber es ist ein familiärer Notfall! Mr. Corell wird Dir alles weitere erklären.“ erklärte Francis. Er trug jetzt normale Kleidung, vom Anfang des Zuges sahen Greaseball und Iron intressiert herüber.

„Doch nicht etwa dein Mündel? Ist ihm etwas passiert?“ rief die Lokführerin erschrocken.

„Neinnein, Bobetta. Es ist..-“ Loghead sah auf die große Uhr über dem Bahnsteig.“Tut mir leid, ich muss los! Mein Zug fährt gleich!“

Und schon hastete er über den Bahnsteig davon, seine Reisetasche unter dem Arm.

„Hey, Big „G“! Hast Du das gerade mitgekriegt?“ fragte Iron, der auf dem Gleis neben Greaseball stand.

„Ja, da muss etwas passiert sein, Bruderherz. Entweder mit dem kleinen Lehrling oder mit dem Rosteimer!-Aber warte nur, gleich wissen wir mehr. Mit meinem Charme bringe ich Bobetta immer zum Reden.“ lächelte der Diesel scheinheilig und winkte die Lokführerin zu sich.

„Was ist los, Bobetta? Wo will Francis auf einmal hin?“

„Nach Torrone. Irgendetwas muss mit Casey oder seinem Zug passiert sein. Mehr hat er auch nicht gesagt.“

„Aha. Danke, Baby.“

„Kein Problem, Großer.“ lächelte sie. „Oh, da kommt schon unser Schaffner. Wir fahren gleich los, Grease.“

Also transformierte der große Diesel und Bobetta stieg in den Führerstand.

„Hast Du gehört, Iron? Bestimmt hat dieser Espresso den Rosteimer plattgemacht und nun heult sich der Bengel die Augen aus. Dieser Torroner war wohl ne Nummer zu groß für unseren kleinen Rusty.“ raunte er Iron zu.

„Ich hab gehört, er soll ein ziemlicher Rabauke sein.“ antwortete Iron, während auch er transformierte, damit sein Lokführer einsteigen konnte.

„Falls was passiert ist, werden wie es bald in der Eisenbahnerzeitung lesen.“

Der Schaffner bließ in seine Pfeife und gab das Zeichen zur Abfahrt. Dann stieg er ein und schloss die Tür. Greaseball setzte sich langsam in Bewegung, kurz darauf verließ auch Iron mit seinem Gespann den Bahnhof.
 

Dinah begann sich langsam auch um den Jungen Sorgen zu machen.

„Casey, hast Du immer noch keinen Hunger?“

Er schüttelte den Kopf.

"Du solltest langsam aber wirklich etwas essen. Wenigstens von den Früchten."

Schritte ließen die Beiden aufhorchen. Ein Mädchen in einer Lokführeruniform betrat die Unterkunft. Sie hatte einen großen Henkelkorb dabei, den sie auf dem Tisch abstellte.

„Hallo, ich bin Rosa. Cappuchina schickt mich. Sie und ich haben etwas zu essen für dich geschickt.“

„Du bist im dritten Lehrjahr.“ bemerkte Casey, als er die grünen Streifen auf der Uniform bemerkte.

„Stimmt, ich mache in drei Monaten meine Abschlussprüfung.“

„Ich bin Casey. Erstes Lehrjahr.“

„Du hast bestimmt Hunger.“ sagte der weibliche Lehrling und begann mehrere eingepackte Schüsseln aus dem Korb zu holen.

„Eigentlich nicht so. Ich mache mir große Sorgen um Rusty.“

„Dein kleiner Neri, ich weiß. Wie geht es ihm?“

„Er fühlt sich schrecklich. Genau wie ich.“

„Aber Du solltest trotzdem versuchen, etwas zu essen. Cappuchina kocht nicht nur den besten Espresso, sie versteht sich auch excellent im Zubereiten von Speisen.“

„Danke, Rosa.“
 

„Casey..“

Beide Lehrlinge fuhren herum.

„Rusty, ist alles in Ordnung?“

„Wer ist gerade bei Dir?“

„Ein Lehrling aus Via Coronna. Ihr Name ist Rosa. Sie steht kurz vor ihrer Abschlussprüfung.“ antwortete Casey.

Rosa trat an das Lager des Verletzten und strich sanft durch das zerzauste Haar der kleinen Lok. Casey hatte bemerkt, das viele Menschen scheinbar nicht drumherum kamen, seinem Kumpel durch den Schopf zu kraulen. Warscheinlich verlockte sein liebenswertes Aussehen dazu. Aber er merkte auch, das es eine beruhigende Wirkung auf ihn hatte. So wie jetzt. Der Junge bemerkte, das Rusty sich entspannte.

„Hab keine Angst, kleiner Neri. Du darfst jetzt die Hoffnung nicht aufgeben.“ sprach sie sanft.

"Casey..."

"Ja, Rusty?"

"Du solltest wirklich etwas essen...auch wenn es Dir schwer fällt. Ein Kranker reicht schließlich."

"Na gut, Rusty. Wenn sogar Du es sagst.."

"Dein Neri hat recht. Cappuchina hat sich solche Mühe gegeben."

"Ich brauche auch wieder etwas von meiner Kohle. Sonst werde ich immer schwächer." murmelte die kleine Dampflok und tastete nach der Kiste mit der Kohle, die neben seinem Lager in Reichweite gestellt worden war.

"Hast Du noch genug Wasser, Rusty?"fragte Casey.

"Mein Tank ist noch halbvoll."

Das Essen schmeckte tatsächlich vorzüglich. Der Junge beobachtete seine Lok, wie sie langsam einen Kohlebrocken nach dem anderen zu sich nahm. Ihre Hand fand dabei sicher ihren Weg. Dies beruhigte Casey etwas. Rusty war also nicht völlig hilflos.
 

Nach dem guten Essen und als Rosa wieder gegangen war, legte sich Casey ein wenig hin.

Er versuchte, einen Teil der endlosen Wartezeit zu verschlafen. Doch es klappte nicht. Unruhig wälzte er sich von der einen Seite auf die Andere, zu viele Gedanken hinderten ihn daran, zur Ruhe zu kommen.

„So geht das nicht weiter! Ich brauch einen klaren Kopf!“ knurrte er und sprang aus seinem Bett. Ein kurzer Blick zu Rustys Lager zeigte ihm, das die kleine Damplflok wieder eingeschlafen war. Er holte seine Inliner, schlüpfte hinein, zog sich die Ellenbogen und Knieschützer über und setzte seinen Helm auf, den er von Francis geschenkt bekommen hatte. Entschlossen stapfte er nach draußen und begann zwischen den Gleisen eine Runde nach der anderen zu drehen. In einer Ecke stand noch die Traningshalfpipe von Espresso. Casey fuhr darauf zu und fuhr immer wieder schräg an der Rampe auf und ab. Die Arbeiter und Rangierer sahen ihm verwundert zu.

„Ich glaube, er will auf andere Gedanken kommen. Deshalb fordert er sich.“

„Schau mal, Espresso!“

Gerade kamen er und Cappuchina von ihrem Dienst zurück und sahen Caseys Fahrübungen zu.

„Der Kleine ist gut! Fast wie einer von uns! Und sieh mal, wie er die Rampe nimmt! Er ist sehr sicher auf seinen Räderschuhen. Wo er die wohl herhat? Solche habe ich noch nie gesehen!“

„Sicher aus Elektanis.“ meinte einer der Arbeiter.

Espresso nickte.

Schließlich rollte Casey aus und ließ sich erschöpft am Rand der Rampe nieder. Er nahm seinen Helm ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Espresso rollte langsam näher.

„Ist alles in Ordnung mit Dir, Casey?“

„Wie manns nimmt. Das hab ich jetzt gebraucht.“

„Ich verstehe dich gut. Wann wird dein Vormund hier sein?“

„Nicht vor zwei Tagen. Via Corrona liegt nicht gerade um die Ecke.“ seufzte Casey.
 

„Wie geht es ihm?“ fragte Giovanni, als er anderntags wieder vorbeisah.

„Nicht gut. Er hat Angst.“ sagte Casey leise.

„Das verstehe ich. Leidet er immer noch unter Schmerzen?"

"Nicht mehr so sehr. Er sagt, sie haben etwas nachgelassen."

"Dann wollen wir einmal zuerst den Verband wechseln.

Zuerst wickelte Giovanni langsam den Verband ab, nachdem Rusty in eine bequeme, sitzende Lage gebracht worden war.

„Das sieht ja schon sehr gut aus. Keine entzündeten Stellen mehr, die Wunden beginnen abzuheilen. Kannst Du deine Augen öffnen?“

Rusty versuchte es, verzog schmerzhaft das Gesicht und schüttelte den Kopf.

„Das dachte ich mir. Die Lider sind wieder verklebt. Aber das haben wir gleich.“

Mit der speziellen Lösung schaffte Giovanni schnell Abhilfe und schließlich konnte Rusty die Lider wieder öffnen. Besorgt stellten die Freunde fest, das die Pupillen immer noch trüb waren.

„Ich kann immer noch nichts sehen!“ klagte die kleine Lok, Tränen sammelten sich in ihren Augen.

"Wirklich gar nichts? Kannst Du auch kein Hell und Dunkel unterscheiden?"

Rusty reckte etwas den Kopf und blinzelte einige Male.

"Mmh....jetzt wo sie es sagen....doch...aber der Unterschied ist nicht sehr groß. Eher schwarz und grau...aber das ist so gut wie gar nichts."

„Hab Geduld, kleiner Neri. Solch eine Verletzung braucht Zeit zum Heilen. -Die Tränenkanäle sind anscheinend in Ordnung. Das ist schon mal gut. Dann besteht keine Gefahr einer Austrocknung."

Der Salbenverband wurde erneuert und der Verletzte wurde wieder zurückgelegt.

"Wir warten bis morgen. Falls keine Besserung eintritt, werde ich eine Augenarzt rufen, er soll sich unseren kleinen Neri dann genau ansehen. Ich bin kein Spezialist für solche Verletzungen."
 

Später beschäftigte sich Casey wieder mit dem alten Notizbuch.

„Rostfieber...Kesselfieber...Überhitzung...echt toll! Das Buch sollte gedruckt werden als Handbuch für alle Lokführer.“ sagte er und klappte sein Heft auf. Dann begann er sich Notizen zu machen.

„Oh mann...Rusty, hör mal zu:„Heute wurde Ricardo von seinem Lokführer zu mir gebracht. Die Schlepptenderlok hatte sich mit einer Anderen aus dem Ostbahnhof angelegt. Wie ich erfuhr, ging es dabei um die Gunst eines Waggonmädchens. Wenn es um die Partnerwahl geht, können männliche Loks gegenüber Konkurrenten ihrer Art sehr angriffslustig werden, was bis zu einem Kampf ausarten kann. Meist genügt eine kurze Demonstration der Stärke, doch nicht immer. Das liegt wohl an unserem toronischen Temperament, das sie wohl von uns haben. Ricardo sagte, da seien richtig die Fetzen geflogen. Ein Eingreifen von menschlicher Seite wäre zu gefährlich gewesen. Und dementsprechend sah der Arme auch aus. Nicht nur das, er hatte auch gegen seinen Rivalen verloren. Etliche Schäden durch Feuerattacken und physische Krafteinwirkung. Die Verletzungen behandelte ich mit-arch, was heißt das hier....die Schrift ist kaum lesbar von dem Rußfleck...“

„Na toll! Rangkämpfe! Da hab ich sowiso nichts mitzureden! Und jetzt erst recht nicht mehr... Außerdem bist Du mein einziger Partner, Casey.“ schnaubte Rusty verächtlich.

„Na wer weiß? Irgendwann vielleicht...“

„Ach ja? Welches Waggonmädchen interessiert sich für eine blinde, schwache Dampflok!“ brach es wütend aus ihm heraus.

„Rusty...“ seufzte Casey traurig.“Bitte reg dich nicht auf, ich wollte dich nicht aufziehen.“

„Tut mir leid.“ gab Rusty zurück.

„Schon gut.“

Schweigend las Casey weiter und machte sich Notizen.
 

Vier Tage waren vergangen. Francis sollte heute ankommen. Da er jedoch einen Anschlusszug verpasst hatte, hatte sich seine Ankunft um einen halben Tag verzögert.

Giovanni war immer wieder vorbeigekommen und hatte den Verband gewechselt. Heute hatte er einen Augenarzt aus der Stadt zu Rate gezogen. Es war zwar ein Arzt für Menschen, aber die Augen einer humanoiden Lok waren nicht viel anders aufgebaut.

"Und? Was sagt der Arzt?" fragte Casey, als der Doktor wieder gegangen war.

Giovanni winkte den Jungen und Dinah aus dem Zimmer in den Vorraum, der in das obere Geschoss führte.

„Ich will euch nichts vormachen. Es sieht nicht gut aus.“

„Was?“ schluckte der Junge.

„Der Dottore hat ihn sich genau angesehen. Weder er noch ich können ihm helfen. Der Schaden, den seine Augen davongetragen haben, ist zu schwer. Der Helm hat ihn zwar vor Kopfverletzungen bewahrt, aber die elektrischen Entladungen haben seine Augen nachhaltig geschädigt. Die Salbe lindert die Schmerzen und hilft bei der Heilung seiner Gesichtsverletzungen, aber seine Augen kann sie nicht wieder sehend machen.“

„Sie meinen er wird blind bleiben?“

„Ich fürchte....ja. Er kann zwar hell und dunkel erkennen, aber das ist auch alles. Es tut mir leid, kleiner Lehrling...“

„Oh nein!“ schluckte Dinah, ihre Augen füllten sich mit Tränen.

"Nein...bitte nicht.." schluckte Casey. Rusty sollte nie wieder sehen können? Was sollte nun aus ihm werden? Was würden die Anderen in Kommoran sagen? Würden sie ihm die Schuld geben? Dinah legte ihre Hand auf die Schulter des Lehrlings doch dieser riss sich plötzlich los und stürmte aus dem Raum.

"Casey!"

Doch der Junge war schon die Rampe nach oben gerannt. Er hetzte durch die jetzt stille Werkstatt und nach draußen in die nächtliche, beleuchtete Arena. Über sich konnte er den klaren Sternenhimmel erkennen. Eine ganze Weile stand Casey schweigend da, die Hände zu Fäusten geballt, Tränen liefen über seine Wangen.

„Starlight Express, warum lässt Du Rusty so leiden? Hat er es denn schon schwer genug?“ rief er den Sternen entgegen. Dann seuftze er und ließ seine Arme und seinen Kopf hängen.“ Ich weiß, Du kannst nicht überall gleichzeitig sein und ein Rennen ist nun mal immer mit einem Risiko verbunden. Ich weiß auch, das eine solche Reise immer Prüfungen mit sich bringt, aber diese ist wirklich hart...und was soll ich nur Pop und den anderen sagen?“

Doch er erhielt keine Antwort. Die Sterne hingen schweigsam am Himmel und leuchteten auf den kleinen Lehrling und seine Sorgen. Doch plötzlich ging eine helle Sternschnuppe nieder. „Bitte Starlight Express, mach, das Rusty wieder sein Augenlicht zurückbekommt. Was für einen Sinn hätte sein Leben noch als blinde Lok? Er könnte keinen Dienst mehr verrichten.“wünschte sich Casey.
 

Auch über Emmenthal war die Sternschnuppe zu sehen.

„Sehen sie Dr. Sammer. Der Starlight Express schickt wieder einen Gruß.“

„Oder es ist ein Zeichen...“

Die beiden Männer standen auf der Dachterrasse eines großen Gebäudes und sahen in den nächtlichen Himmel. Unter ihnen pulsierte der Stadtverkehr, Leute strömten durch das Eingangsportal in das Innere.
 

Später, am Abend, in Emmenthal...

„Dr. Sammer, das war ein gelungener Vortrag über ihre medizinische Arbeit. Keiner weiß so gut über unsere „Hummanoid-Loks“ bescheid wie sie.“ sagte ein Kollege zu Ihm. Beide Männer waren auf dem diesjährigen Ärztekongress als Vortragende eingeladen worden. Gerade war Pause und sie hatten die Bar aufgesucht.

„Dann wird sie das sicher interessieren, Doktor.“ meinte ein anderer und reichte ihm die Eisenbahner- Zeitung.

„Schwerer Zwischenfall beim Wettrennen in Via Coronna?“ las Dr. Sammer. Er schlug die Zeitung auf, bis er den Artikel fand und überflog den Bericht. „Bei einem Ligawettrennen um die Plakette von Torrone ereignten sich vor drei Tagen zwei schwere Unfälle........die E-Lok aus Arrosia wurde mit mittelschweren Schäden im Betriebswerk der Arena wiederhergestellt. Weitaus schwieriger gestaltet sich die Regeneration für eine Dampflok aus Kommoran, die ebenfalls am Rennen teilgenommen hatte. Die elektrischen Entladungen eines Trümmerstücks aus der E-lok haben schwere Verbrennungen an beiden Augen hinterlassen...es ist unwarscheinlich, das diese Lok jemals wieder ihr Augenlicht....“

Dr. Sammer las nicht weiter.

„Rusty!“ sagte er."Oh nein, der arme Kleine!"

„Sie kennen eine der beschädigten Loks?“

„Ja, sie war einmal bei mir in Behandlung. –Sie gehört zu einem Lehrling. Die beiden sind wirklich ein sympatisches Paar und nun das. -Dr. Humbold, ich muss sofort nach Via Coronna!“

„Alligator ist die schnellste Lok von Rätina. Vielleicht kann er sie hinbringen. Aber meinen sie, sie könnten helfen?“

„Ich vielleicht nicht direkt. Aber Dr. Franco. Sagen sie ihm, er soll sich nach der Veranstaltung mit mir in meinem Hotel treffen!“

„Dr. Franco, der Augenspeziallist?“

„Genau! Ich hörte, er hat einige bahnbrechende Fortschritte bei der chriugischen Behandlung von Augenkrankheiten und -verletzungen gemacht.“

„Ich verstehe.“

"Wo ist das nächste Telefon?"
 

In dieser Nacht wich Casey nicht vom Lager seines Verletzten Freundes. Zusammen mit Dustin und Dinah wachte er über jeden Atemzug seines Partners. Er durfte ihn jetzt auf keinen Fall alleine lassen. Nicht in dieser schwehren Stunde. Dinah hatte die schwere Aufgabe übernommen, es Rusty zu sagen.

"Ich weiß es schon, Dinah. Ich habe es am Tonfall des Doktors gehört, als er mit Giovanni leise in einer ecke des Raumes gesprochen hat. "

"Du hast ein gutes Gehör, Rusty."

"Das werd ich wohl jetzt auch brauchen, Dinah..."

Casey musste immer wieder dagegen ankämpfen, nicht wieder loszuheulen.

„Jetzt bist Du sicher sauer auf mich. Denn ich habe dich immer gedrängt, bei den Wettrennen mitzumachen. Und nicht auf die Warnungen der Anderen gehört! Es tut mir leid, Rusty. Ich bin schuld, das Du jetzt blind bist!“ schluchzte er.

Trotz seiner Lage lächelte Rusty plötzlich.

„Casey...ich bin Dir nicht böse. Und Du bist nicht schuld. Durch dich habe ich so viel schönes gesehen und erlebt. Ich durfte den Kontinent bereisen und habe neue Freunde gefunden. In Kommoran wäre ich sicher langsam versauert und verrostet. Und Du hast mir geholfen, mutiger zu werden. Ich bin glücklich darüber, das wir uns begegnet sind. Es ist, als hätte mein Leben neu begonnen.-Verletzungen wie diese kommen bei den Rennen manchmal vor, das habe ich von Anfang an gewusst. Auch das es mich mal erwischen könnte. Ich bin das Risiko eingegangen. Aber nicht, weil Du mich überredet hast. Ich hab es von mir aus getan. Mach Dir also keine Vorwürfe. Du bist mein Lehrling und mein allerbester Freund.“

„Oh Rusty...“

Mit Tränen in den Augen umarmte der Junge seinen Lokpartner. Dinah fiel ihm gerührt von der anderen Seite her um den Hals. Und Dustin umarmte alle von hinten.

„Und ich gebe nicht auf. So lange es noch Hoffnung gibt, dein Augenlicht zurückzubekommen.“sagte Casey mit fester Stimme.
 

Und die Hoffnung kam.

„Casey! Telefon!“

Espresso steckte seinen Kopf durch den Vorhang.

„Telefon? Wer ist es?“

„Gespräch aus Emmenthal. Weißt Du wer? Es ist Dottore Sammer.“

„Dr. Sammer! Natürlich! Wenn einer Rusty helfen kann, dann er!“ rief Casey und sprang auf.

"Si! Er hat von Rustys Unfall gelesen. Komm, er ist oben im Depot am Telefon!"

Casey sprang von Rustys Matratze und eilte hinter der gelben Lok her.
 

"Und?" fragte Dinah, als der Lehrling wieder zurückkehrte.

„Rusty! Dr. Sammer kommt hierher! Und er bringt einen Kollegen mit! Er ist ein Speziallist auf dem Gebiet der Augenheilkunde! Die Sternschnuppe hat meinen Wunsch erhört!"

„Oh Casey! Hoffentlich können sie Rusty helfen! Das wäre wunderbar.“
 

„Casey...“ Espresso betrat den Raum.

„Ja?“

„Scusi, das ich noch einmal störe. Da ist jemand für dich.“

Hinter der Lok trat Francis in das Zimmer. Müde stellte er seine Reisetasche ab und breitete seine Arme aus um sein Mündel aufzufangen, das auf ihn zurannte.

„Oh Francis! Mann bin ich froh dich zu sehen!“

"Casey! Wie geht es Dir?"

"Besser. Stell Dir vor: Gerade eben hat Dr. Sammer angerufen! Er kommt mit einem Augenspezialisten hierher um Rusty zu helfen!"

"Wirklich? Das ist toll! Dann gibt es noch Hoffung."

Casey nickte und wischte sich über die Augen.

"Aber sag mal..Du wolltest doch erst morgen ankommen? Hast Du einen früheren Zug erwischt?"

"Nein, aber ich habe auf dem Hauptbahnhof von Oledin einen Kurierflieger kennengelernt. Als er gehört hat, was los ist, hat er mich mitgenommen, da er auch nach Via Coronna musste. So bin ich einige Stunden früher hier."

"Klasse! Jetzt gehts mir schon viel besser!" seufzte Casey.

"Mir auch." bemerkte Rusty.

Francis beugte sich über den Verletzten.

"Armer Freund. Wie geht es Dir?"

"Abgesehen davon, das ich nichts sehen kann, ganz gut. Die positiven Neuigkeiten und deine Ankunft haben mich etwas aufgebaut. Die Schmerzen meiner Verletzungen sind auch kaum noch zu spüren."

"Du bist sehr tapfer, Rusty. Lass den Kopf nicht hängen. Wir machen das schon. Der alte Pop wäre am liebsten auch mitgekommen, aber die große Entfernung würde er nicht schaffen."

"Ich weiß. Aber Pop würde alles für mich tun." murmelte Rusty.

"Das ist wahr."
 

Francis bezog das noch freie Bett, aber er und Casey hatten sich noch so viel zu erzählen, das sie erst nach Mitternacht einschliefen. Caseys Hoffnungen, das Rusty wieder sein Augenlicht zurückerhielt, waren gestiegen. Er hatte großes Vertrauen in Dr. Sammer und seinen Kollegen, wenn jemand es schaffen konnte, dann diese beiden Spezialisten.
 

Fortsetzung folgt....



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