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Primeval: New World Season II

von

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[Folge 05] Verlorene Welt

Vancouver – Greater Zoo
 

Roger Saunders liebte es am meisten die Pinguine zu füttern. Sie machten am wenigsten Arbeit und reinigten sich sogar selbst, indem sie fast immer ein Bad nahmen, wenn ihr Gehege betrat. Die Fische verschlangen sie ohne auch nur einen Krümel übrig zu lassen.

Dazu war es eine Wonne ihnen beim Spielen zuzusehen. Wie wild plärren sie herum und zogen viele Zuschauer an.

Roger verspürte Wehmut als er das Gehege verlief und seine nächste Station ansteuerte.

Die Löwen.

Er hatte eine zusätzliche Ausbildung durchlaufen müssen um sich auch um diese Tiere kümmern zu dürfen. Es war wichtig ihnen ihren Raum und ihr Territorium zu überlassen. Nichts durfte darauf hinweisen, dass der menschliche Eindringlich auch nur die kleinste Gefahr darstellte. Erst hatte er sich geängstigt als er die Stelle antrat, sich dann aber nur unnötig Sorgen gemacht.

Die Löwen im Zoo waren bereits gezähmt und sowieso viel zu faul. Sie stritten sich untereinander ja nicht einmal um das Fressen. Da sie nicht in freier Wildbahn aufwuchsen hatte sich Roger immer gefragt, ob sie überhaupt wussten wie man kämpfte.

Vermutlich spielte es ohnehin keine Rolle, da sie diese Erfahrung nie machen würden.

Roger betrat das Gehege durch die Hintertür und schloss ab. Sollte eines der Tiere entkommen wäre das eine Katastrophe, sollte es einen Menschen angreifen oder nicht.

In seiner rechten Hand schleppte er den schweren Eimer mit dem Fleisch, der mit einer geruchsabdeckenden Folie überzogen war. Er wollte die Tiere nicht unnötig auf sich aufmerksam machen. Er schloss das letzte Gitter auf und inspizierte den Innenraum. Es war leer, scheinbar waren die Löwen heute nicht so faul wie sonst. Zugegeben, das Wetter war traumhaft, Roger wäre selbst gerne schwimmen gegangen, hätte er nicht arbeiten müssen.

Er holte tief Luft als er den Außenbereich des Löwengeheges erreichte und sah sich um.

Seltsam.

Er konnte auf den ersten Blick keinen der Löwen entdecken. Oder… Moment!

Er erkannte eines der Tiere hinter einem dicken Baumstamm. Es lag zusammengekauert da und funkelte Roger mit einem Ausdruck in den Augen an, den er noch nie gesehen hatte.

Ein weiterer hatte sich hinter einem Autoreifen versteckt, der nur zur Dekoration diente.

Und der dritte? Was war nur mit den Tieren los? Sie kamen Roger verängstigt vor, aber das konnte eigentlich nicht sein.

Der Tierpfleger bog um die Ecke um den restlichen Bereich des Geheges einzusehen.

Schockiert ließ er den Eimer fallen und das Futter verteilte sich auf den Boden. Er stand in einer Blutspur, zu deren Ende ein ausgehöhlter Kadaver gehörte. Es war der dritte Löwe, doch er wurde gerissen. Aber von wem?

Seinen Artgenossen? Dieses Verhalten wäre neu und eigentlich absurd gewesen. Ein Streit aufgrund einer Krankheit wäre plausibel gewesen, aber nicht das hier. Es gab keinen Grund bei der täglichen Fütterung einen Artgenossen so zu zerfleischen und von ihm zu fressen.

Außerdem waren die Mäuler der Tiere nicht blutig gewesen. Nein sie… hatten eher Furcht davor selbst so zu enden.

Dann das Knurren.

Roger blickte sich nach allen Seiten um, doch nichts. Es gehörte auch nicht den Löwen, sondern war wolfsartig. Es gab zwar welche im Zoo, doch von denen würde sich niemals einer an einen Löwen heranwagen.

Dann erkannte Roger die Quelle. Das Knurren kam von oben.

Der Tierpfleger stand vor einem Schubben, der lediglich einige Meter hoch war.

Er richtete seinen Blick nach oben und erkannte das Tier, das scheinbar hinauf gesprungen war.

Auf den ersten Blick wirkte es wie ein Löwe, auf den zweiten aber wie ein Wolf.

Einen dritten Blick gab es nicht mehr.

Die Kreatur sprang Roger an und überzeugte sich, ob Menschenfleisch vielleicht etwas besser als tierisches schmeckte.
 

Cross-Photonics
 

Da war sie also. Stunde 0.

Colonel Henderson Hall hatte ihm bis heute Zeit gegeben sich zu entscheiden. Evan schritt den weiten Gang entlang, bis er endlich vor dem Fahrstuhl stand.

Was sollte er seinen Mitarbeitern sagen? Er hatte schon einmal miterlebt wie seine Firma vom Militär geschlossen wurde und zwar in seiner Realität. Sich mit der Zeit wieder seiner Zeitlinie anzunähern hatte er sich anders vorgestellt.

Würde alles so verlaufen wie das letzte Mal? Die Fahrstuhltür öffnete sich und Evan wollte eintreten. Bis er bemerkte, dass er nicht allein war.

Angelika sah zu ihm auf, in ihren Armen einige Papiere tragend.

Autsch.

Die letzten Tage waren sich die beiden aus dem Weg gegangen und das aus einem guten Grund.

Er und Ange waren in der alternativen Zeitlinie in Paar, nur dass sich Evan nicht daran erinnerte. Er wusste weder was sie für ihn empfand, noch andersrum.

„Ange, wir müssen reden.“, ließ er die Lufttüren zugehen, ohne einen Knopf für das Stockwerk zu drücken.

Seine Partnerin nickte.

„Ja, ich habe vorhin mit Harold gesprochen. Er kennt einige hervorragende Anwälte, die uns bei dem Problem helfen können. Sie meinen wenn das Militär uns wirklich dicht machen will, muss dieses die Gründe dafür vor einem Gericht offen legen. Und da der Grund mit Zeitreisen und Dinosauriern zu tun hat, denkt Harold, dass wir gute Chancen haben, da Hall sicher nicht die Öffentlichkeit auf unsere Arbeit aufmerksam machen will.“, berichtete sie.

Doch sie erntete nur einen teils erbosten Blick seitens Evans.

„Ange, du weißt genau wovon ich spreche. Wir müssen endlich darüber reden.“, forderte er.

Doch seine Partnerin schüttelte den Kopf.

„Dafür gibt es keinen Grund. Ich war mit einem anderen Evan als dir zusammen. Es gab ein kleines Missverständnis, aber das hat für eine klare Linie gesorgt.“, erwiderte sie und drückte endlich den Knopf für das dritte Untergeschoss.

Evan seufzte und schüttelte den Kopf.

„Wenn wir nicht ordentlich miteinander arbeiten können haben wir die Sache eindeutig noch nicht geklärt.“, entgegnete er, auch wenn er nicht wusste, wie lange sie wirklich noch ein Team waren.

Ange musterte ihn zweifelnd und setzte an etwas zu sagen.

Im selben Moment in dem die Lifttür ansprang, tat es auch der Alarm.

„Ich melde eine Anomalie!“, verkündete Toby Nance und Evan fluchte.

„Du musst wieder an die Arbeit.“, sagte Ange und verließ den Fahrstuhl.

Evan hasste es, aber er hatte im Moment keine Wahl. Er sprang aus dem Fahrstuhl und eilte zu Toby.

„Wie sieht es aus?“, fragte er und beugte sich über den Monitor.

„Die Anomalie scheint sich im Greater Zoo zu befinden.“, gab sie an.

Evan biss sich auf die Zähne. Das war nicht gut.

Pro Tag besuchten sicher tausende Menschen den Zoo. Noch dazu könnte ein mögliches Tier von Exemplaren dieser Zeit durch Rufe oder anderer Rituale verstört oder aggressiv gemacht werden.

„Wo sind Dylan und Luke?“, hakte er nach.

„Die beiden müssen noch zu Hause, es ist noch recht früh.“, erwiderte Toby und Evan nickte.

Er schnappte sich seine Sachen und rannte zur Treppe, welche in die Tiefgarage führte. Unterwegs rief er Dylan an und bat sie Luke abzuholen und mit ihm zum Greater Zoo zu fahren. Zwar besaß er die Nummer des Studenten, doch dieser hatte keinen fahrbaren Untersatz soweit er unterrichtet war.

Kaum war Evan in der Garage angekommen, beobachtete er bereits Donovan und seine Leute, wie sie sich fertig machten.

„Wir haben eine Anomalie im Greater Zoo!“, informierte er sie und die Sicherheitskräfte bereiteten sich vor. Evan schwang sich auf den Beifahrersitz und checkte seine Ausrüstung.

„Wir müssen uns beeilen.“, sagte er zu Donovan gewand, der nun den Zündschlüssel drehte.

Der ehemalige Major wusste worauf sein Chef hinaus wollte.

Project Magnet hatte inzwischen bestimmt ebenfalls von der Anomalie erfahren.
 

Vancouver – Kurton-Street
 

Verschlafen tastete Luke Hingle nach seinem Handy um diese schreckliche Melodie, die er erst selbst vor kurzem gewählt hatte auszuschalten. Obwohl seine Augen noch träge waren, änderte er seine Meinung schlagartig als er Dylan Weirs Namen auf dem Display erkannte.

Sofort war er hellwach und richtete sich seine Haare, auch wenn Dylan das natürlich nicht sehen konnte.

„Ja?“, meldete er sich dann.

„Ich bin in 5 Minuten bei dir, wir haben einige Anomalie im Greater Zoo. Evan und die anderen sind bereits auf dem Weg dort hin. Mach dich bereit.“, schärfte sie ihm ein und Luke schluckte.

5 Minuten? Er trug noch Unterwäsche und in seinem Zimmer herrschte Chaos.

Rechercheblätter, Notizen und Bücher lagen überall verstreut herum. Er roch an sich und hatte keine Ahnung wie er Dylan gegenübertreten sollte.

Als erstes anziehen, dachte er sich. Er entschied sich für die saubersten Klamotten die er besaß und beschloss nichts gegen das Chaos ausrichten zu können. Also zog er die Tür zu seinem Reich zu, in das Dylan ohnehin nicht treten würde. Immerhin sagte sie, es wäre eilig. Er stolperte ins Bad und steckte seinen Kopf unter den Duschkopf.

Danach kramte er im Schrank und begann damit sich wie wild einparfümieren.

Eine Minute später klingelte es bereits an der Tür. Luke schnappte sich sein Handy und lief in den Flur. Vorher strich er sich noch einmal die Kleidung glatt, bevor er die Tür öffnete.

„Bist du bereit? Wir müssen schnell…“, sagte Dylan, bevor sie inne hielt. Sie rümpfte ihre Nase und hielt sie in die Luft.

„Was riecht hier so? Betreibst du irgendwelche chemischen Experimente, oder war das ein Küchenunfall?“

Luke räusperte sich, trat ins Treppenhaus und schloss die Tür ab.

„Du sagtest wir müssen uns beeilen? Ich bin so weit.“, erwiderte er und Dylan gab ihm ein Zeichen ihr zu folgen.

Beide verließen wenig später das Wohnhaus und traten auf die Straße. Dylans Wagen war geräumig, scheinbar konnte man viel einladen. Luke erinnerte sich, dass sie zuvor im Wildtier-Kontrollteam war.

Er schwang sich auf den Beifahrersitz und legte den Gurt an.

„Hat Evan etwas Genaueres gesagt?“, hakte er nach als sich Dylan neben ihn setzte.

Diese schüttelte den Kopf und warf dann einen Blick in den Rückspiegel. Bei der Gelegenheit strich sie sich ihre Haare zurecht und Luke war überrascht, dass sie dazu Zeit fand.

„Du siehst gut aus.“, rutschte es ihm heraus und Dylan musterte ihn.

„Ähh… also ich meine es stimmt alles mit dir, wir können ruhig losfahren.“, erklärte er.

Dylan nickte und startete den Wagen. Die Fahrt dauerte 15 Minuten und Luke spürte seine Nervosität. Sollte er mit Dylan über etwas sprechen? Die Arbeit vielleicht? Sie waren Kollegen, also wäre das nur natürlich.

„Weißt du bereits etwas von Evan bezüglich seiner Entscheidung? Ich meine ich habe gerade erst bei euch angefangen, und wenn der Laden jetzt dicht gemacht wird…“

Scheinbar hatte Luke einen schweren Fehler begangen, denn Dylan bedachte ihn eines strafenden Blickes.

„Von sowas lässt sich Evan nicht abhalten, das kannst du mir glauben. Er wird eine Lösung finden, du kannst ihm ohne Schwierigkeiten Vertrauen.“

Luke nickte und beschloss die Klappe zu halten, bis sie ihr Ziel erreicht hatten.
 

Greater Zoo
 

Als der Hälfte von Team Alpha panische Menschen aus dem Zoo stürmen sahen, war ihnen bewusst, dass diese Operation schwieriger werden würde. Der Parkplatz war überfüllt, die Menschen versuchten zu fliehen, verursachten so aber nur Sachschäden. Autos prallten gegeneinander und ein wildes Hupkonzert folgte.

„Bravo, das dürfte die Tiere nur noch mehr aufwühlen.“, murmelte Evan.

Donovan dachte daran nachzuhacken welche er meinte, konnte es sich aber denken.

Auch ohne Saurier würde es heute jede Menge Verletzte geben, da einfach keine Ordnung herrschte. Am liebsten hätte er sich den Leuten angenommen, doch dafür war keine Zeit. Er musste es der Polizei überlassen, die vermutlich bereits schon auf dem Weg war.

„Evan!“, hörten as Team Rufe und drehte sich um.

Dylan Weir und Luke Hingle kamen bereits mit Betäubungswaffen angerannt. Damit war das Team komplett, auch wenn das kein Garant dafür war, dass alles gut ausgehen würde.

Alle nickten sich zu und bewegte sich dann geschlossen in Richtung Zooeingang. Ein paar letzte, schreiende Menschen stürmten nach draußen und Chambers und Crowe sondierten die Lage.

„Oh mein Gott, sind Sie von der Polizei?“, wurde Dylan plötzlich angesprochen und wand sich der Person zu.

Es war ein älterer Mann in Uniform, auf seinem Namensschild stand „Todd“.

„Wildtier-Kontrollteam, und wer sind Sie?“, hakte sie nach.

Der Mann keuchte und schien etwas zu brauchen.

„Ich bin vom Sicherheitsdienst, Sie müssen mir unbedingt helfen! Diese Kreatur hat bereits meinen Kollegen erwischt! Er wollte es mit einem Teaser betäuben, doch es war einfach zu groß. Er hatte keine Chance!“, war er sichtlich am Ende seiner Nerven.

Evan legte ihm eine Hand auf die Schulter um ihn zu beruhigen.

„Ganz ruhig! Können Sie das Tier beschreiben?“, bat er höflich.

Todd fuchtelte nur wie wild mit den Armen.

„Ja… es war wirklich riesig. Sicher zwei Meter groß. Es hatte etwas von einem Löwen, besaß aber keine Mähne. Dafür hat es geheult wie ein wilder Wolf! Und sein Fell war gefleckt. Und es war verdammt schnell, das kann ich Ihnen sagen!“, berichtete er stockend.

Evan nickte ihm zu und riet ihm sich in Sicherheit zu bringen. Dann blickte er zu Luke.

„Nun, das ist keine exakte Beschreibung, aber es könnte sich um ein Smilodon oder ein ausgewachsenes Hyänodon handelt.“, spekulierte er.

„Seid äußerst vorsichtig!“, warnte Evan und wies dann in die Richtung aus der Todd gekommen war. Donovan folgte ihm auf Schritt und Tritt, während Chambers und Crowe für die Rückendeckung sorgten.

Nach wenigen Metern fanden Sie das erste Opfer des Tieres vor. Scheinbar Todds Kollege, der ohne Gnade gerissen wurde. Blutüberströmt lag er da und Dylan hätte sich gewünscht irgendeine Decke zu haben um ihn zu verhüllen.

„Hier ist eine Spur!“, gab Crowe, der Fährtenleser im Team Bescheid.

Er behielt recht, eine kleine aber doch sichtbar Spur aus Abdrücken war auf dem steinernen Boden zu sehen. Donovan gab ein paar Handzeichen und die Gruppe setzte ihren Weg fort. Zwei weitere Leiche pflasterten die Strecke und Evan fluchte hörbar.

Dann ein Huschen zwischen den Büschen.

Donovan richtete seine Waffe nach links, doch da war nichts.

„Seid alle ganz leise.“, wies sie Dylan an und das Team folgte.

Doch alles was sie hörten war ihr eigener Atem. Und… rascheln. Das Treten auf Äste. Etwas schlich um sie herum, sie konnten es nur nicht sehen.

„Donovan, wenn ich jetzt sage, drehen Sie sich um 45 Grad und schießen.“, befahl Dylan und der Ex-Soldat nickte leicht.

Das Rascheln war verstummt, die Gefahr aber nicht. Dann war es soweit. Etwas Schwarzes, unheimlich schnell sprang aus dem Dickicht hervor und Dylan reagierte.

„Jetzt!“

Donovan drehte sich und schoss den Pfeil ab. Das Tier wurde unterhalb des Halses getroffen und stürzte im Fall. Ein müdes Murren war noch zu hören, bis das Mittel wirkte.

„Was ist das?“, fragte er überrascht.

„Ein… Panther.“, sagte Luke.

Alle starrten ihn ab, doch für ihn bestand kein Zweifel.

Evan stieß ein Schimpfwort aus.

„Das ist es nicht! Das was wir wirklich suchen muss einen Zaun oder so zerstört haben, wodurch der Panther frei kam.“, kombinierte er.

Sie waren wieder am Anfang.

Sie beschlossen den Panther liegen zu lassen und den Profis die Möglichkeit zu geben die Anerkennung dafür zu kassieren. Leider verlor sich die Spur nach einer Weile und das Team setzte seinen Weg blind fort. Und dann… ein Geräusch mit dem sie überhaupt nicht gerechnet hatten.

Das Trompeten eines Elefanten.

„Es kommt aus dieser Richtung!“, sagte Donovan und setzte einen Fuß vor den anderen. Als sie um die Ecke bogen erkannten sie bereits as Elefantengehege. Ein großer Dickhäuter bäumte sich auf und trampelte wie wild auf den Boden. In Panik geraten zog er sich immer weiter zurück und glaubte sein Rüssel würde ausreichen um den Feind zu verscheuchen.

Das Team konnte im ersten Augenblick nicht erkennen um was es sich bei diesem handelte. Das Tier war extrem schnell und blieb nie an einer Stelle. Es sprang und rannte mehrmals um den Elefanten herum.

Dann gab es auf, denn der Dickhäuter war wohl zu groß für seinen Geschmack.

„Benjamin wäre damit gerettet.“, glaubte Donovan sagen zu müssen und hielt die Waffe auf das Tier gerichtet. Doch dieses machte einen Satz zur Seite, auf die Mauer des Geheges und heulte, dass es in den Ohren schmerzte. Die Augen lagen weit hinten im Gesicht und Beine und Pfoten erinnerten wahrlich an einen Wolf. Seine Reißzähne waren lang und spitz wie nichts, was dem Soldaten schon einmal untergekommen war.

Das Tier sprang nun von der Mauer und sowohl Donovan als auch Evan schossen.

Ins Leere.

Das Tier landete auf einer Parkbank, doch dort blieb es nicht lange. Ein weiterer Hechtsprung hinter ein paar Bäume.

Chambers schoss, doch der Pfeil blieb im Holz stecken. Vom Tier war nichts mehr zu sehen.

„Es ist noch da!“, warnte Dylan und niemand wagte es der erfahrenen Frau zu widersprechen.

Luke räusperte sich leise.

„Ich lag übrigens falsch. Wir haben es mit absoluter Sicherheit mit einem Andrewsarchus aus dem späten Eozän zu tun. Dieses Tier hat den am stärksten entwickelten Kiefer, mit dem es sogar dicke Knochen mühelos zerbeißen kann.“, berichtete er.

„Ich mache mir mehr Sorgen um mein Fleisch als meine Knochen.“, kommentierte Evan nervös.

„Andrewsarchus sind trotz ihrer 1000 Kilo und ihren 4 Meter Länge eines der schnellsten Raubtiere.“, setzte er den Vortrag fort.

„Und wie man sie erledigen?“, interessierte Donovan diese Frage brennender.

Luke dachte über diese Frage nach, fand aber keine Antwort.

„Verschwendet keine Munition, das könnte ein tödlicher Fehler sein.“, wies sie Dylan an.

Der Andrewsarchus sprang nun auf eine weitere Mauer und das Team richtete die Waffen auf ihn. So schnell wie er erschienen war, war er bereits wieder verschwunden. Luke schoss einen Pfeil ab, der aber nur die Mauer traf.

Er erntete einen boshaften Blick, wollte sich für seine Angst aber nicht rechtfertigen.

„Schießt nicht auf die Stelle wo er hinspringt, sondern dort hin, wo ihr vermutet dass er als nächstes hin will.“, wies sie Donovan an.

Doch keiner im Team fand es einfach die Schritte des Andrewsarchus vorauszusagen. Fakt war, dass er sie als seine Beute auserkoren hatte.

Zwar hatte er bereits einige Menschen sowieso wahrscheinlich Tiere gerissen, aber bei ihm handelte es sich um einen Jäger. Der Gedanke war gleich töten und dann vielleicht irgendwann später fressen.

Der Andrewsarchus heulte wieder los, ohne dass die Gruppe seinen Aufenthaltsort bestimmen konnte. Dann wieder das trompeten des Elefanten.

Dylan reagierte prompt, das Raubtier konnte nur in seiner Nähe. Wie aus dem nichts tauchte es in einer Seitengasse auf, doch Dylan ignorierte es. Stattdessen richtete sie ihre Waffe direkt auf die Spitze der Mauer, wo es sich das erste Mal gezeigt hatte.

Mit Erfolg.

Der Andrewsarchus hatte tatsächlich geplant sie einzukreisen. Zu diesem Zweck suchte es erneut den Ursprungsort auf, wurde dort aber von Dylans Pfeil getroffen.

Es heulte auf und sprang auf den Boden. Donovan ging auf Nummer sicher und schoss einen weiteren Pfeil in das Feld der Kreatur.

Der Andrewsarchus ging noch ein paar Schritte, dann sank er in sich zusammen.

Alle atmeten erleichtert aus. Ihre Pfeile waren zwar so gut wie verbraucht, doch sie hatten diesen schnellen Räuber zur Strecke gebracht.

Luke bewunderte Dylan einfach nur und wünschte sich ihr das auch sagen zu können. Diese drehte sich nun zu ihm um riss entsetzt die Augen auf.

„Luke! Egal was du machst, dreh dich ja nicht um!“, schärfte sie ihm ein.

Zu spät.

Natürlich reagierte Luke darauf und seine Neugier siegte wie üblich. Er wand seinen Kopf und starrte den weiteren Andrewsarchus an, der nur wenige Meter von ihm entfernt stand und scheinbar in seine Richtung roch.

Angewidert rümpfte er seine Nase und griff nicht an.

„Was zum…“, stotterte er.

Evan schoss seinen letzten Pfeil ab, doch der Andrewsarchus war geistesgegenwärtig genug um auszuweichen. Er sprang nun auf einen Müllcontainer und heulte seine Beute an.

Er machte sich zum Angriff bereit und… nichts.

Ein Schuss durchdrang das Heulen und eine Kugel schlug in den mit Reißzähnen besetzten Kopf des Räubers ein.

Getroffen sank es zusammen und fiel wie ein nasser Stein zu Boden. Was war geschehen?

Evan sah zu Donovan, doch dieser schien seine Clock nicht gezogen zu haben. Auch Dylan oder die anderen hatten nicht reagiert.

„Gesichert!“, hörten sie eine Stimme und erkannten drei Männer in Militäruniformen.

Vier weitere näherten sich aus westlicher Richtung und trugen Maschinenpistolen.

„Mister Cross! Es freut mich, dass Sie wohl auf sind.“, drang eine bekannte Stimme an sie heran.

Evan seufzte ermattet.

„Project Magnet kommt zur Rettung wie es scheint.“, sagte er verächtlich und wartete darauf, bis er Trupp aus Sicherheitskräften die Sicht auf ihren Anführer freigab.

„Umgebung gesichert, keine weiteren Tiere.“, sagte einer der Soldaten und Colonel Henderson Hall betrat den steinernen Platz.

„Verzeihen Sie unsere Verspätung, aber scheinbar kamen wir ja noch rechtzeitig.“

„Wir hätten es auch ohne Sie geschafft.“, erwiderte Evan, auch wenn der Ausgang ihrer Auseinandersetzung sehr fragwürdig gewesen wäre.

„Sicher, aber es kann ja nicht schaden Freunde zu haben, oder?“, meinte Hall süffisant und Evan wich seinem Blick aus.

„Hören Sie!“, mischte sich Luke ein.

Hall musterte ihn, schien sich aber nicht großartig für ihn zu interessieren.

„Andrewsarchus sind Rudeltiere. Also wenn ein oder zwei von ihnen durch die Anomalie gekommen sind, sind ihnen bestimmt noch mehr gefolgt. Und selbst wenn nicht, müssen wir schnellstens die Anomalie finden und sie absichern.“

Dylan war überrascht wie mutig der Student dem Colonel gegenübertrat. Woher kam der Schneid? Oder lag es einfach daran, dass er fast von diesem Räuber gefressen worden war und Hall kaum viel schlimmer sein konnte?

Dieser legte dem Jungen nun eine Hand auf die Schulter.

„Ihr Experte, nehme ich an? Keine Sorge, wir haben hier alles im Griff. Meine Leute suchen bereits nach der Anomalie.“, versicherte er.

Evan bekam mit wie sich sein und Donovans Blick traf. Unausgesprochene Worte hingen zwischen den beiden in der Luft.

Dann wand er sich wieder an den Anführer des Teams.

„Mister Cross, begeben wir uns doch an ein Plätzchen, wo wir ungestört reden können. Ihre Freunde dürfen uns natürlich gern begleiten.“, schlug er vor.

Evan wusste, dass er kaum eine Wahl hatte und begann Hall zu folgen.

„Sir!“, wurde dieser von einem seiner Leute aufgehalten.

„Uns ist es gelungen ein weiteres dieser Monster zu erlegen.“, sagte er erfreut.

Evan und Dylan tauschten Blicke aus.

Erlegen…

Monster…

„Außerdem haben wir die Anomalie entdeckt. Sie befindet sich im Löwenhaus. Aber unsere Wissenschaftler sagen sie wird bereits schwächer.“, berichtete er.

Hall nickte und veranlasste, dass ein Soldat das Lichtgebilde bewachen sollte, bis es sich auflöste.

Er wand sich erneut zu Evan und den anderen und entschuldigte sich für die Unterbrechung.

„Hier entlang.“, vollzog eine einladende Handbewegung.

Evan hatte keine Ahnung wo das hinführen sollte.
 

Greater Zoo – Löwenhaus
 

Corporal Givens fühlte sich unwohl. Zwar waren alle Andrewsarchus erlegt worden und auch die Löwen wieder in ihre Käfige gesperrt, aber die Situation war absurd. Risse in der Zeit, das hatte definitiv nicht in seiner Job-Beschreibung gestanden. Erst ein Plesiosaurus und dann wilde tigerartige Bestien. Er beschloss ab jetzt auf alles zu zielen was sich bewegte.

Ihm war nicht klar, dass er diesen Vorsatz schneller umsetzen musste als erwartet.

Etwas raschelte im Gebüsch vor ihm und er richtete seine Pistole darauf.

War doch noch eines der Kreaturen durchgekommen? Givens war allein und betete deshalb, dass dem nicht so war.

Ungläubig starrte er das kleine Wesen, das er beinahe erschossen hätte. Es handelte es sich um einen Bieber, zumindest glaubte er das.

Die Andrewsarchus hatte auf ihrer Party im Zoo eine Menge Gehege beschädigt, so musste er in das Löwenhaus gekommen sein. Givens lachte los und wagte sich ein paar Schritte näher heran. Der Bieber neigte seinen Kopf und ergriff dann rasch die Flucht.

„Hey, du musst nicht vor mir weglaufen!“, rief ihm der Corporal amüsiert nach.

„Ich denke er ist nicht vor dir weggelaufen.“, sagte eine Stimme hinter ihm.

Givens wollte sich umdrehen, doch da war es bereits zu spät. Ein harter Gegenstand traf seinen Hinterkopf und er kippte um. Er wurde zwar nicht bewusstlos, doch seine Sicht verschwamm. Er erkannte den Mann nicht, der ihn niedergeschlagen hatte.

Nur, dass dieser eine Militäruniform trug und etwas in der Hand hielt. Es war eine tragbare Maschine, aber kein Funkgerät. Givens beobachtete die Anomalie, wie sie immer schwächer wurde und an Größe verlor. Zumindest konnte nichts mehr hindurch gelangen.

Der Angreifer tippte nun etwas in das Gerät ein und Givens sah ungläubig zu, wie die Anomalie wieder ihre normale Größe und Dichte erreichte.

„Sagen Sie Hall… ich kündige.“, sagte der Angreifer und schritt ohne zu zögern durch die Anomalie.

Givens Schädel schmerzte, doch seine Sicht klärte sich. Und er hatte den Mann nun erkannt, der ihm das angetan hatte.

Es war Ken Leeds.
 

Greater Zoo – Zentrales Café
 

Als sich das Team auf die Stühle setzte, ließ es sich der Colonel des kanadischen Militärs nicht nehmen, seine Leute anzuweisen ein paar Getränke zu organisieren. Bedienungen gab es nach dem Trubel verständlicherweise keine mehr in der näheren Umgebung.

Hall nahm dankbar eines der Getränke entgegen und versah ihn mit einem der Strohhalme, die in einer Box auf dem Tisch lagen.

„Bitte keine falsche Scheu, trinken Sie nur.“, verwies er auf Evans Glas, doch dieser dachte nicht daran den Augenkontakt zu unterbrechen. Mit am Tisch saßen Dylan und Luke, die Ex-Soldaten hatten einen Tisch weiter hinten platz genommen. Sie wurden am schärfsten von den uniformierten Ex-Kollegen kontrolliert.

„Sie hatten inzwischen ausreichend Zeit um über meine Entscheidung nachzudenken, finden Sie nicht?“, fragte der Colonel provokant.

Evan wurde flau im Magen. Was er jetzt sagte, konnte über die weitere Existent über Cross-Photonics und ihrer Operation entscheiden.

Er beugte sich nach vorne und ergriff das Glas mit der rechten Hand. Langsam lehnte er sich wieder zurück und führte es zum Mund. Langsam und genussreich trank er daraus, während Hall noch auf seine Frage wartete. Als er fertig war, schmatzte er und stellte es wieder hin.

Wenn sein Gegenüber Spielchen spielen wollte, konnte er das haben.

„Ja… was das angeht… nein. Ihr Angebot ist ja sehr nett gemeint, aber eher… nein.“, formulierte Evan seine Antwort.

In Halls Gesicht spiegelte sich nicht die geringste Form von Überraschung wider. Vermutlich hatte er ein Profil von Evan anfertigen lassen und seine Reaktion vorausgesehen.

Der Colonel schnalzte mit der Zunge und spielte den Beleidigten.

„Dabei hätten wir gemeinsam so viel erreichen können!“, insistierte er.

Evan drehte abfällig das Gesicht zur Seite.

„Ja, das habe ich gesehen. Sie haben die Tiere ohne zu zögern erschossen, egal welchen Verlauf dies für unsere Zeitlinie gehabt hätte.“, warf er dem Soldaten vor.

Hall schien wenig beeindruckt zu sein.

„Ach richtig, Sie waren ja der Ansicht, dass das Fehlen einiger weniger Tiere katastrophale Folgen haben könnte. Aber ich verrate Ihnen mal etwas. Unsere Wissenschaftler haben in den letzten Tagen sämtliche Szenarien durchgespielt und sind zu einem völlig anderen Schluss gekommen. Durch das Verschwinden eines solchen Tiers, wird vermutlich ein anderes nicht gefressen und unsere Archäologen finden die Knochen an einer anderen Stelle als bisher. Einen großen Schaden auf unsere Zivilisation konnten diese Szenarien aber nicht belegen. Und Sie können kaum leugnen, dass Sie Project Magnet Ihr Leben zu verdanken haben. Das Raubtier hätte Sie angefallen und dadurch hätten wir unseren netten Plausch nicht halten können. Sie leben mit Ihrem kleinen Projekt von einem Tag auf den anderen, bis Sie vor einer Wand ankommen werden. Vielleicht sind Sie heute noch einmal davon gekommen, vielleicht schaffen Sie auch noch morgen gerade noch so die Kurve. Aber wie viele Menschen werden bis dahin gestorben sein? So wie vielen Gräbern werden Sie stehen und sich im Nachhinein fragen, was Sie falsch gemacht haben? Ich hingegen kann Ihnen diese Frage gleich beantworten. Sie mögen nicht mit unseren Methoden übereinstimmen, doch Sie brauchen uns.“

Evan hatte Hall die ganze Zeit an den Lippen gehangen und versuchte sich nun etwas Schlagfertiges einfallen zu lassen.

„Ich brauche Sie.“, klang es weniger nach einer Frage, als einer Bemerkung.

Hall leerte das Glas, vermutlich weil er diesmal wirklich durst hatte.

„Ihnen fehlen eindeutig die Mittel. Übernehmen Sie doch einfach die wissenschaftliche Leitung von Project Magnet und das jagen der Tiere übernehmen wir.“, schlug er vor.

Evan schluckte.

Das hätte in der Tat zur Folge, dass er niemanden mehr verlieren würde der ihm ans Herz gewachsen war. Es würde keinen zweiten Mac Rendell geben, Dylan würde nicht erneut ihr Leben riskieren müssen und wenn es Verluste gab, dann auf Seiten des Militärs.

Doch Hall sagte die Wahrheit, sie würden nicht so vorgehen wie Evans Team.

Das Militär würde keine Risiken eingehen und die Tiere zurück nach Hause schicken. Sie würden sie abschlachten und auf Metalltischen sezieren.

Alles nur um der Forschung Willen.

Und nicht auszudenken, was sie in der Vergangenheit anrichten würden. Proben zu sammeln war eines, aber Gerätschaften aufzubauen, welche in die ökologische Entwicklung des Planeten eingriff, war schlicht weg Wahnsinn.

Evan begann unkontrolliert zu lachen.

Hall verengte die Augen und wartete darauf zu erfahren was so witzig war.

„Wissen Sie was? Fast genau dieselbe Unterhaltung haben wir erst vor zwei Monaten geführt. Ich saß Ihnen wie heute gegenüber und Sie haben mir von Ihren fantastischen Plänen zur Verbesserung der Welt erzählt. Die Eindämmung der globalen Erwärmung, frischere Luft, vielleicht zusätzlicher Nahrungsanbau und so weiter.“, berichtete er.

Hall verschränkte die Arme und dachte über das Gesagte nach. Die Geschichte mit der alternativen Zeitlinie glaubte er zwar, doch sie war kein Mittel ihn von seinem Plan abzubringen.

„Wie lautete Ihre Antwort?“, fragte er Evan und dieser plante eigentlich ohne Verzögerung zu antworten.

Er hatte bereits seine Lippen geöffnet, bis jemand etwas rief. Ein Soldat, es war Sergeant Macready kam angerannt, in seiner linken Hand ein Funkgerät.

Hall starrte ihn an. Scheinbar akzeptierte er die Unterbrechung nur, wenn es sich wirklich um etwas Wichtiges handelte. Der Sergeant keuchte und brauchte etwas, bevor er Bericht erstatten konnte.

„Sir, wir haben ein Problem! Corporal Givens wurde an der Anomalie angegriffen.“

Damit erlangte er nicht nur Halls, sondern auch Evans Aufmerksamkeit.

„Eines dieser Raubtiere? Ich dachte die Anomalie wäre bereits dabei sich zu schließen.“, sagte er aufgebracht.

Der Sergeant schüttelte hastig den Kopf.

„Nein, es war ein Mensch. Der Corporal hat eine Kopfverletzung davongetragen, aber er war sich sicher, dass es sich bei der Person die ihn niederschlug um Lieutenant Leeds gehandelt hat.“

Der Colonel sprang augenblicklich auf und fragte ob das wirklich der Wahrheit entsprach.

„Ken Leeds? Warum sollte er so etwas tun?“, meldete sich auch Dylan zu Wort.

Sergeant Macready zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß nicht, Givens wurde zur Sicherheit zu einem Arzt gebracht, doch er sagte aus, dass sich die Anomalie bereits schloss, doch dann kam der Lieutenant.

Er hatte irgendeine Fernsteuerung dabei, mit der er die Anomalie irgendwie stabilisierte. Danach hat er sie betreten.“, erzählte er.

Hall packte ihn nun an den Schultern und rüttelte ihn leicht.

„Er hat was? Er ist durch gegangen?“, fragte er ungläubig.

„Das… das ist Selbstmord! Auf der anderen Seite lauern bestimmt Dutzende Andrewsarchus!“, wand Luke nun ein.

Evan biss sich auf die Lippen und dachte kurz nach.

„Er würde dieses Risiko nicht einfach so eingehen. Leeds hat einen Plan und scheinbar nicht nur das. Er scheint ein Gerät zu benutzen mit denen er den magnetischen Puls der Anomalien kontrollieren kann.“, überlegte er laut.

Hall drehte sich zu ihm um und musterte ihn.

„Was wollen Sie damit sagen?“

Nun sprang auch Evan auch und war mit dem Colonel wieder auf Augenhöhe.

„Das hört sich jetzt etwas vage an, aber wir sollten Leeds verfolgen.“, schlug er vor.

Halls Gesichtsausdruck ließ verlauten, dass er nicht einmal im Traum daran dachte. Ihm war es sicher gleich, ob Leeds in einer anderen Ära den Tod fand.

„Hören Sie, ich weiß nicht woher Leeds so eine Technologie hat. Zumindest in meiner Zeitlinie hat er selbst einige der Anomalien betreten, womöglich stammt das Gerät aus der Zukunft. Aber wichtiger ist das, was er damit anrichten kann. Ich weiß Sie glauben mir nicht wenn ich sage, dass Veränderungen in der Vergangenheit Konsequenzen für uns haben, aber da liegen Sie falsch! Leeds hat mir in meiner Realität vertraut und zwar weil ich recht hatte. Wenn er sich also extra in Gefahr begibt und in die Vergangenheit reist, bedeutet das, er hat vor sie zu verändern. Und selbst wenn weiterhin alles für Humbug halten, sollten wir ihn zumindest aufgrund der Fernsteuerung verfolgen. Wenn sie dazu verwendet werden kann, Anomalien zu destabilisieren und zu schließen, könnte diese Technologie extrem wichtig für uns sein.“, beharrte Evan darauf.

Hall war ein Mann schneller Entscheidungen, doch diesmal schien er etwas damit zu brauchen. Dann schlug er mit der bloßen Hand auf den Tisch und wand sich an seinen Adjutanten.

„Stellen Sie ein Drei-Mann Team zusammen und schicken Sie es ins Löwenhaus. Mister Cross und seine Leute, die drei Herrschaften in schwarz ausgenommen.“, gab er Anweisungen und der Seargent salutierte.

Dann stapfte Hall weg, scheinbar um mit seinem Vorgesetzten zu sprechen.

Dylan starrte Evan ungläubig an.

„Sag mir bitte nicht, dass du…“

Luke verstand die unausgesprochenen Worte zwischen den beiden nicht.

Was führte Evan Cross im Schilde?
 

Greater Zoo – Löwenhaus
 

Dr. Darius Jardine kaute auf den Nägeln, während er wahllos irgendwelche Tasten auf dem Gerät drückte. Die Bedienung wirkte einfach, doch egal was er anstellte, es gelang ihm nicht ins Menü zu kommen.

„Wie lange ist die Anomalie noch geöffnet?“, hakte Hall nach, der nun ins Freie trat.

Jardine räusperte sich lautstark und suchte nach einer Antwort.

„Sir, ich habe einige Probleme die Programmierung der Maschine zu verstehen.“, gestand er kleinlaut.

Hinter dem Colonel trat ein Mann mit schwarzen Haaren und einem Dreitagebart hervor.

„Geben Sie her.“, blaffte er den Wissenschaftler an und das Gerät wurde aus Darius’ Händen gerissen. Zu dessen Überraschung unternahm Hall nichts dagegen.

„Sie klauen mir mein Zeug, können es aber nicht in Gang setzen.“, meinte Evan amüsiert, ohne Darius eines Blickes zu würdigen.

Er gab einige Befehle ein und richtete den Timer auf die Anomalie.

„Wir haben etwas über drei Stunden bevor sie sich wieder schließt.“, verriet er und Hall nickte.

„Dann wird das unser Zeitfenster sein, in dem wir nach Leeds suchen können. Corporal Turner, Green und Granger, überprüfen Sie Ihre Ausrüstung, wir marschieren in 5 Minuten.“, gab er seinen Anweisungen.

„Dr. Darius, Sie begleiten uns. Vielleicht werden wir Leeds mysteriöse Fernsteuerung benutzen müssen und brauchen einen Experten.“, wies er den Wissenschaftler an.

Evan lachte erneut süffisant.

„Dieser Amateur weiß doch nicht einmal wie man den Timer in Gang bringt und da wollen Sie ihm ein Gerät aus der Zukunft anvertrauen?“, sagte er mit erhobenen Augenbrauen, die Skepsis ausdrücken sollten.

Hall schien es ganz und gar nicht zu gefallen, dass Evan plötzlich die Kontrolle an sich nahm, doch er hatte keine Wahl. Evan Cross war ein Genie auf seinem Gebiet und weder der Colonel, noch seine Leute wollten in der Vergangenheit feststecken.

„Also gut, Sie begleiten uns. Aber der Doktor wird das auch, denn trotz allem vertraue ich Ihnen kein Stück, Cross.“, wählte er seine Worte so, als würden sie danach klingen, dass Evan ihm unterwegs ein Messer in den Rücken stieß.

Hall hatte inzwischen begriffen wie wichtig dem Leiter von Cross-Photonics seine Firma war.

„Dylan Weit wird uns ebenfalls begleiten. Wir bekommen es mit Raubtieren zu tun, das ist ihre Spezialität. Sie weiß wie sich diese Verhalten und wie ein eventuelles Angriffsmuster aussieht. Noch dazu ist sie recht gut im Fährten lesen. Wir haben nur drei Stunden und keinen Leeds Vorsprung nur ausgleichen, wenn wir seinen Spuren folgen.“, meinte Evan.

Hall kicherte gekünstelt.

„Warum nicht? Nehmen wir auch noch den Jungen mit auf unseren Schulausflug?“, bezog er sich eindeutig auf Luke.

Dieser räusperte sich.

„Ähhmm… das klingt zwar alles interessant, aber ich muss nicht unbedingt mit. Ich wäre heute schon beinahe von einem Andrewsarchus gefressen worden, mehr macht mein Herz nicht mit.“, versuchte er sich aus der Affäre zu ziehen.

Niemand machte ihm dafür Vorwürfe, am allerwenigsten Evan.

„Ist schon ok, Luke. Sag uns wenigstens womit wir es zu tun bekommen.“, bat er den Zoologien.

Luke sammelte kurz seine Gedanken und rief sich alle für die Operation nötigen Daten ins Gedächtnis.

„Andrewsarchus waren im Eozän zu Hause, mit anderen Worten, ihr werdet 35 – 40 Millionen Jahre in die Vergangenheit reisen. Die Temperatur wird warm sein, aber nicht so glühend heiß wie in der Kreide, dem Trias oder gar dem Jura. Die Kohlendioxid-Konzentration war damals sehr hoch, also solltet ihr versuchen flach zu atmen. Es war vor allem das Zeitalter der Säugetiere, deswegen werdet ihr auf dem Land auch noch anderen Wesen als den Andrewsarchus begegnen.“, warnte er sie vor.

Evan hakte lieber nicht genauer nach, welche Tiere das sein würden.

Zu seiner Überraschung erhielten er und Dylan Schusswaffen. Scheinbar vertraute Hall seiner Lidocain-Mischung nicht sonderlich. Evan scheute sich davor wilde Tiere zu erschießen, würde aber abdrücken wenn es unvermeidlich war.

Dr. Darius betrachtete seine Pistole von allen Seiten und Dylan fragte sich ob diese Mission wohl glimpflich verlaufen würde.

„Alle Mann antreten und geordnet durch die Anomalie treten!“, befahl Hall und machte den Anfang. Seine drei Corporals folgten ihm und der Wissenschaftler Darius zögerte ebenfalls nicht länger.

Evan und Dylan waren die Letzten und wanden ihren Blick noch einmal zu Luke um.

„Ihr… werdet doch zurückkommen, oder?“, fragte er sacht.

Das Lächeln mit dem ihm Dylan nun beschenkte, raubte ihm den Atem. Sollte er sie wirklich nie wieder sehen, wäre dies ein schwerer Schicksalsschlag für ihn.

„Natürlich. Immerhin muss ich dir noch ein richtiges Männerparfum kaufen.“, entgegnete sie und trat durch die Anomalie.

Evan grinste, scheinbar hatte er nichts sagen wollen.

„Luke?“

„Ja?“, reagierte dieser sofort.

Evans Blick wirkte ernst.

„Falls ich tatsächlich nicht mehr zurückkommen sollte…“, sagte er nun.

Luke schluckte und nickte seinem Boss zu. Er würde alles für ihn tun.

„Schubs Harold Kanan in das Maul des nächstens Sauriers den ihr trefft.“, bat er und sprang ins Licht.

Luke blieb mit seiner Verwirrtheit zurück und brauchte etwas, um letztere Bemerkung als Scherz abzutun.

Er fühlte sich unwohl nicht zu wissen wie es seinen neuen Freunden ergehen würde und zugleich war er nervös bei all den Soldaten zu bleiben, welche die Anomalie bewachten.

Er räusperte sich und versuchte Konversation zu betreiben.

„Also! Kennt einer von Ihnen Cage of Eden?“, begann er.

Einige der Wachen bedachten ihn eines Blickes, antworteten aber nicht. Der Rest ignorierte den Störenfried schlicht.

Luke gab sich damit zufrieden und dachte daran bei Cross-Photonics anzurufen und Angelika und Kanan über die Lage zu informieren.

Dann stoppte er sein Handeln aber, als er etwas ins Innere des Löwenhauses flitzen sah.

„Öhh… ich gehe dann mal auf die Toilette falls jemand etwas braucht.“, flötete Luke unschuldig und verließ die Wachen.

Er hatte nicht erkennen können was es war, doch bald würde er es herausfinden. Langsam schlich er sich an das Tier heran und musterte es. Es hockte in einem leeren Löwenkäfig und Luke reagierte schnell. Er sprang nach vorne und schloss die Käfigtür. Das Tier war gefangen und Luke verspürte ein Triumpfgefühl.

Er hockte sich auf den Boden um das kleine Tier genauer sehen zu können. Es wirkte bieberartig und sprang von einer Seite zur anderen. Der lange Schwanz wies es eindeutig als für diese Zeit fremdes Wesen aus.

„Du bist ein… Ptilodus! Und zwar eines der Sorte der Multituberculata.“, kombinierte er.

Das kleine Nagetier beschwerte sich lautstark und versuchte aus dem Käfig zu entkommen. Es war vermutlich zusammen mit den Andrewsarchus in einem günstigen Moment durch die Anomalie gekommen und hatte sich hier umgesehen. Luke beschloss dem Militär nichts von seinem Fund zu erzählen und es später zu Cross-Photonics zu bringen. Er konnte nicht daran denken, dass Project Magnet den süßen Nager tötete und aufschnitt.

Als sich Luke wieder erhob wurde er ganz blass.

Schnell tastete er nach seinem Handy und versuchte ins Internet zu gelangen. Das durfte nicht sein! Er muss sich getäuscht oder damals zumindest verlesen haben.

Nachdem ihm Wikipedia weitergeholfen hatte, schluckte er schwer.

„Sie starben zu den Anfängen des Eozäns aus, aber das würde ja bedeuten…“

Luke wurde bleich bei dem Gedanken, dass die Anomalie doch noch ein Stück weiter in der Zeit zurückführte. Andrewsarchus waren schlimme Räuber, entwickelten sich aber erst zu Beginn des Eozäns.

Luke stützte sich an der Wand ab. Wenn er wirklich richtig lag, dann waren die Andrewsarchus noch das kleinste Problem auf das Evans Gruppe stoßen sollte…
 

Eozän – 56 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung
 

Luke schien eine Kleinigkeit untertrieben zu haben. Die Luft war enorm stickig, auch wenn man dem Studenten nichts vorwerfen konnte. Immerhin war er wohl noch nie in der Gegend hier gewesen. Andererseits dürfte die Luftveränderung sicher nur auf Menschen so wirken, denn Tiere hatten hier ohne große Schwierigkeiten gedeihen können.

„Also gut, hören Sie zu! Sämtliches Nicht-Militär wird auf jeden meiner Befehle achten. Auch wenn Sie gegen meine Ansichten sind, Mister Cross, dies hier stellt eine Ausnahme dar. Wenn wir alle unverletzt zurückwollen, müssen wir das Protokoll befolgen.“, erklärte Colonel Hall stoisch.

„Es gibt ein Protokoll für Zeitreisen ins Eozän?“, hakte Evan nach.

Er wusste, dass dies nicht die Zeit für Sarkasmus war, doch Hall war selbst an dem angespannten Verhältnis schuld.

Hall ignorierte ihn und begutachtete seine Armbanduhr.

„Uns bleiben knapp 3 Stunden, wir sollten keine Zeit verlieren. Miss Weir, können Sie uns verraten in welche Richtung unser gemeinsamer Freund gegangen ist?“, bat Hall die Frau.

Dylan nickte und begann ihren Blick schweifen zu lassen.

„Können wir in dieser Wüste wirklich Spuren finden?“, fragte Darius skeptisch.

„Steppe. Diese Umgebung wird Steppe genannt.“, korrigierte ihn Dylan.

Darius zuckte nur mit den Schultern.

„Ich sehe nur Sand.“, verteidigte er sich.

Auch wenn das nicht ganz den Fakten entsprach. Die Schritte der Gruppe auf dem sandigen Erdboden waren deutlich zu erkennen, jedoch existierten wenige Meter weiter bereits grüne Stellen. Überall um die herum ragten Felsen und kleine Hügel hervor, ihre Farbe war rötlicher als sie es wohnt hatten. Vielleicht wurde ihre Konsistenz von der Schwüle dieser Periode beeinflusst.

„Das ist zu leicht.“, murmelte Dylan nun.

Evan und Hall schritten zu ihr und erkannten was sie meinte. Vor ihnen war eindeutig bereits jemand hier gewesen. Ken Leeds Schritte waren deutlich im weichen Boden eingelassen und führten Richtung Norden.

„Leeds scheint es uns leicht zu machen, aber das kommt uns nur zu Gute. Wir brechen Richtung Norden auf Männer!“, befahl er und die Soldaten folgten.

Evan beschlich jedoch ein seltsames Gefühl. Leeds war professioneller Soldat, warum machte er so einen Fehler? Er hätte sie hinter sich verwischen, oder die die Abstände vergrößern können. War es ihm egal, dass man ihm folgte? Rechnete er überhaupt damit?

Um den Anschluss nicht zu verlieren, beschloss er später darüber nachzudenken und folgte den Soldaten gemeinsam mit Dylan.

Keiner der Mitglieder, egal ob Militär oder zivil, wagte es seine Aufmerksamkeit schweifen zu lassen. Besonders Andrewsarchus waren Meister darin sich an ihre Beute heran zu pirschen und sie blitzschnell zu reißen und ihrem Speiseplan hinzuzufügen.

Ein lautes Geräusch durchdrang die bis jetzt so friedliche Stimmung. Dr. Darius blieb erstarrt stehen, so dass Dylan gegen seinen Rücken prallte.

„Was war das?“, frage er nervös.

Die Soldaten und Evan sahen sich um und konnten im Westen Bewegungen ausmachen.

„Klang wie das Wiehern eines Pferdes.“, glaubte Dylan es richtig erkannt zu haben.

„Colonel, Gefahr auf 9 Uhr!“, meldete Corporal Green und die Gruppe hob ihre Waffen.

Evan schob sich nach vorne um besser sehen zu können. Ein Fernglas wäre jedoch nicht nötig gewesen. Das Tier, dass in etwa 500 Meter Entfernung herumspazierte war alles andere als eine Gefahr. Zumindest im Moment nicht.

„Wie groß ist das Vieh?“, flüsterte Darius.

Evan schärfte seine Augen und schätzte es auf 12 bis 13 Meter. Und das allein in der Höhe. Seine Länger überstieg diesen Wert noch um einiges.

„Ist das ein Pferd?“, fragte Dylan unsicher.

Evan verzog die Lippen. Er konnte es seiner Freundin nicht verdenken. Das Wesen besaß tatsächlich den Kopf eines Pferdes, der geradezu absurd auf seinem gigantischen Körper prangte.

Dieser wirkte nämlich mehr wie der eines Elefanten.

„Ein Paraceratherium schätze ich. Allerdings haben wir unseren Experten im Jahr 2013 vergessen, ich bin mir also nicht zu 100 % sicher. Also keine Sorge, es ist ein Pflanzenfresser, also sofern keiner von uns sich einen Slip aus zusammengeklebten Blättern anzieht, sind wir sicher.“, erklärte Evan.

Doch etwas schien ihren Partner noch zu beschäftigen und sie hakte nach.

„Paraceratherium haben hauptsächlich im Oligozän gelebt, ich schließe daraus, dass wir uns erst in den frühen Anfängen des Eozäns befinden.“, fügte er hinzu.

Colonel Hall wusste nicht gleich, worauf Evan Cross hinauswollte.

Dass es besonders gefährlich war an diesem Wendepunkt der Zeit etwas zu verändern? Diese Predigt hatte er sich nun wahrlich oft genug angehört.

Er bat Evan nicht noch mehr Zeit zu verschwenden und führte die Gruppe weiter Richtung Norden. Sie achteten auf jedes verdächtige Geräusch und blieben in der Nähe von Felsen und Hügeln, um so im Notfall in Deckung gehen zu können.

Dylan wünschte sich ihren Overall ausziehen zu dürfen, doch sie konnte ihn nicht einfach so liegen lassen. Die Schwüle verlangte ihr alles ab, auch ihre Konzentration.

„Oh verdammt!“, fluchte Darius und sah zu Boden.

„Eklige Insekten, die sind in jeder Zeit nervtötend.“, beschwerte er sich.

Evan dachte daran ihn zu belehren nicht extra auf welche zu treten, doch dann würde sicher wieder eine lange Diskussion mit Hall erfolgen, die er sich ersparen wollte.

Darius wischte seinen Schuh ab und die Reste der Käfer wurden sichtbar.

Evan wagte einen Blick auf seine Uhr und musste feststellen, dass sie beinahe eine Stunde unterwegs waren. Es war ihnen möglich maximal noch etwas über eine Stunde nach Leeds zu suchen, bevor sie den Rückweg antreten mussten um rechtzeitig zurück zur Anomalie zu kommen, bevor sich diese schloss.

„Bleibt alle mal stehen.“, kam es abrupt von Dylan und der Rest der Gruppe folgte.

Sie hob eine Hand um leise zu sein, doch dies war nicht nötig. Auch die Soldaten und Evan nahmen die leichte Erschütterung des Bodens wahr.

„Sir!“

Zwei der Soldaten gingen nun schlagartig in Position als etwas hinter zwei dicken Bäumen hervor gerannt kam. Es besaß gerade mal die Größe eines ausgewachsenen Mannes, musste aber enorm schwer sein. Der Boden bebete unter seinen Hufen und es steuerte genau auf die Gruppe zu.

„Ein Nashorn!“, rief einer der Soldaten und spannte sein Gewehr.

Doch es war Dylan, die ihm ihre Hand auf die Schulter legte.

„Nein, dabei handelt es sich um ein Brontotherium, vermutlich ein Vorfahre des Nashorns. Es ist nur an seinen zwei Hörnern, die eher wie zwei Knüppel wirken zu unterscheiden. Aber auch es ist ein Pflanzenfresser, also bleiben Sie ruhig.“, bat sie und sah zu Evan.

Dieser nickte ihr zu, auch sie hatte ihre Hausaufgaben gemacht.

Das Brontotherium rannte wie verrückt und die Gruppe postierte sich hinter einem dicken Felsen. Zu ihrem Unglück mussten sie mit ansehen, wie das prähistorische Brontotherium wenige Meter vor ihnen zum Stillstand kam.

Auch wenn Dylan recht hatte und es kein Karnivore war, so war sein Anblick sehr bedrohlich.

Evan begann zu blinzeln. Er verließ sein sicheres Versteck um sich näher heranzuschleichen.

„Cross, verdammt! Bleiben Sie hier!“, wies ihn Hall an.

Doch Evan musste sich seiner Sache sicher sein. Das heftige Schnaufen und Keuchen des Brontotherium musste einen Grund haben. In einem weiten Radius begann er den Dickhäuter zu umrunden und riss entsetzt die Augen auf.

„Mist, das ist absolut nicht gut!“, fluchte er.

Dylan und Hall hätten sich gerne selbst davon überzeugt was Evan meinte, wollten sich aber keine unnötigen Gefahren aussetzen. Vor allem, da Evan bereits wieder den Rückweg antrat.

„Cross, ignorieren Sie noch einmal meinen Befehl, kann ich nicht für Ihre Sicherheit garantieren.“, schärfte ihm der Colonel ein.

Evan nickte schnell, scheinbar hatte er ein weitaus wichtigeres Anliegen.

„Wir müssen hier weg! Auf der Stelle! Die linke Seite des Bauchs des Brontotherium weist starke Bissspuren auf und Blut tropft aus der Wunde.“, verriet er.

Henderson Hall konnte ihm aber nicht recht folgen.

„Also wurde er angegriffen?“, folgerte er daraus.

Dylan stand auf und blickte in die Richtung aus der das Brontotherium herangestürmt war.

„Ja und zwar von starken Räubern. Dem Brontotherium ist es vermutlich gelungen zu fliehen, doch mit so einer Verletzung bestimmt nicht weit. Die Raubtiere die es als ihr Futter auserkoren haben, verfolgen es bestimmt.“, berichtete sie.

Dr. Darius erhob sich und fuchtelte mit seiner Waffe herum.

„Dann… dann kommen sie doch direkt hierher, oder?“, reagierte er panisch.

„Bleiben Sie ruhig, wir müssen einfach nur von hier verschwinden. Im Prinzip konnte uns nichts Besseres passieren. Die Raubtiere werden sich auf das vermeintliche Nashorn stürzen und uns Zeit verschaffen.“, klang er recht selbstsicher.

Für Evans Geschmack, dachte Hall aber viel zu positiv. Klar war das Brontotherium bereits verwundet und die halbe Arbeit war für die Raubtiere vollbracht worden. Dennoch war ihm die Flucht gelungen und es würde sich bestimmt wehren.

Menschen hingegen waren eine wesentlich leichtere Beute. Ein Biss und das Problem hatte ein Ende.

„Sir, wir bekommen Besuch!“, rief Corporal Green und Hall folgte der Richtung, in die der Soldat zeigte.

„Verfluchter Mist, wir müssen uns sofort zurückziehen!“, befahl der Colonel und Evan und Dylan wussten auch kurz darauf deshalb.

Die Gefahr die sie befürchtet hatten holte sie schneller ein als erwartet. Und diesem Fall besaß sie einen schauderlichen Namen.

Andrewsarchus.

Dylan hatte keine Zeit zu zählen, aber sie schätzte, dass es sich etwa um ein halbes Dutzend handeln musste.

„Wir… wir müssen weglaufen!“, schrie Darius und sah sich nach allen Richtungen um.

Dylan schüttelte ernst den Kopf.

„Ich weiß nicht. Es dürften zu viele sein, als dass das Brontotherium für alle ausreicht. Andrewsarchus sind zwar Rudeltiere, wie Luke schon sagte, doch wenn es wenig zu fressen gibt, bricht schnell ein Streit unter Freunden aus.“, verriet sie.

„Und diese sehen sich nach einfacherer Beute um.“, kombinierte Evan.

Colonel Henderson Hall wusste worauf sein Begleiter hinauswollte.

Würden sie weglaufen, egal in welche Richtung, waren sie einfache Beute. Sie konnten nicht rückwärts laufen und schießen, die Andrewsarchus würden sie einkesseln und zerfleischen.

Die einzige Überlebenschance war, sich zu verbarrikadieren, doch bei dieser Position? Es war ein einziger Felsen, der ihnen Deckung verschaffte. Selbst wenn die Andrewsarchus schlechte Augen haben sollten, ihr Geruchssinn war überragend.

Evan erinnerte sich an das Ungetüm vor dem Elefanten-Gehege. Es war extrem schnell und berechnend gewesen. Eines dieser Raubtiere, deren Intelligenz sogar noch zunahm, wenn es um das Jagen ihrer Beute ging.

Die Versuchung wegzurennen war ungemein groß, doch selbst dafür wäre es zu spät gewesen. Drei der Andrewsarchus waren bereits am Ziel angelangt und stützten sich auf das kraftlose Brontotherium. Dieses hatte alle Energie bei der Flucht durch die Steppe verbraucht und ergab sich den Reißzähnen der Räuber, sie sogar Knochen durchschlagen konnten.

Drei weitere Andrewsarchus waren auf dem Areal zum Stillstand gekommen und beobachteten das Treiben. Es dauerte nicht sonderlich lange, bis ihre Aufmerksamkeit auf Evan, Dylan und die anderen gelenkt wurde.

Evan hätte schwören können, dass einer der Räuber den anderen beiden zunickte, welche sich nun in verschiedene Richtungen aufteilten.

„Sie… sie kommen!“, schrie Dr. Darius panisch und sprang hoch.

Er richtete seine Waffe auf den vermeintlichen Anführer und begann zu schießen.

Scheinbar war er ein miserabler Schütze, denn alle Kugeln prallten an den Felsen ab.

„Verdammt, Darius! Niemand schießt hier ohne meinen Befehl!“, brüllte ihn Hall harsch und sauer an.

Dylan hatte es bereits befürchtet, aber durch den laut, ließen auch die anderen drei Andrewsarchus von ihrer inzwischen toten Beute ab und erkundeten den Ursprung.

„Ich… ich kann das nicht mehr! Ich muss hier weg!“, schrie Darius und ergriff die Flucht.

Das hatte gerade noch gefehlt. Chaos.

Behielten sie jetzt nicht die Nerven, würde dies ihr Ende bedeuten.

„Scheisse! Green!“, wies er den Corporal an und dieser nickte.

Mit gezückter Waffe folgte er dem Wissenschaftler und holte ihn in wenigen Metern wieder ein.

„Runter mit Ihnen!“, schrie er und stieß Darius gegen dessen Willen zu Boden.

Damit hatte Corporal Green ihm vermutlich das Leben gerettet, die Situation aber nicht entschärft. Er hatte lediglich das Ziel des nun angepirschten Andrewsarchus geändert, der auf sein Opfer zusprang.

Sein Maul mit den Reißzähnen umschloss Greens Taille und biss zu. Als wäre er nur eine Nuss, krachte sie und Greens Unterleib trennte sich von dem Rest des Körpers.

Dylan wand angewidert die Augen weg.

„Turner, Granger!“, befahl Hall und diese reagierten sofort.

Ein Kugelhagel prasselte in den Schädel des Andrewsarchus, welcher gerade zu explodierte.

Dylan wollte ebenfalls helfen, doch Evan lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die andere Richtung.

Der Anführer der Andrewsarchus war von links aufgetaucht, als die Soldaten abgelenkt waren.

Dylan schoss, doch die Kugeln schlugen im Erdboden vor der Bestie ein. Heulend unternahm der Anführer einen Fluchtversuch.

Evan starrte Dylan geschockt an, bekam aber nicht die Gelegenheit etwas zu sagen.

„Wir verwenden zu viel Munition, deshalb muss Plan B her.“, meinte Hall und Evan wollte ihn fragen wie dieser wohl aussah. Es kam nicht dazu.

Hall griff in seine Weste und holte einen kleinen, metallenen Gegenstand heraus.

Eine Handgranate.

„Ich habe nur eine von Dingern dabei, aber die werde ich einsetzen.“, verkündete der Colonel, der ebenfalls stark unter Druck stand.

Er war bereits dabei sie nach einem der Andrewsarchus zu werfen, bis Evan seinen Ellbogen ergriff.

„Nein! Werfen Sie sie auf das Brontotherium!“, bat er, doch Hall schenkte ihm nur einen ungläubigen Blick.

„Ich werde sicher nicht meine einzige Granate verschwenden, Cross!“, blaffte er, doch Evan schien ein Ziel zu verfolgen.

„Werfen Sie sie auf ihre Beute! Das Fleisch und die Inneren werden meterweit verteilt, was wiederum den Geruchssinn der Andrewsarchus stören wird. Überall wird Essen herumliegen und sie werden verwirrt sein. Ihr Hunger wird ihre Jagtlust übersteigen, was uns die Gelegenheit zur Flucht verschaffen wird.“, klang Evan recht sicher.

Da war der Moment.

Der Moment, an dem Evan Colonel Henderson Hall bat ihm zu vertrauen. Die beiden Männer waren sich spinnefeind, doch gemeinsam in der Schlacht, wo es um ihr Leben ging, schweißte sie ihr Wille zusammen.

Hall zog den Stift aus der Granate und warf sie auf den Urgroßvater der Nashörner.

Die Gruppe ging hinter einem Felsen in Deckung wartete auf die Explosion. Diese erfolgte schneller als erwartet. Überall flog Staub, Geröll und vor allem Fleisch durch die Luft. Rotes Blut klatschte auf Dylans Mantel und ihr Shirt. Die anderen waren so weit geschützt, doch die Gefahr war noch nicht vorbei.

„Turner, holen Sie Darius und dann nichts wie weg.“, befahl Hall und die Gruppe setzte sich nach einigen Sekunden Zeitverlust wieder in Bewegung.

„Ahhhh!“

Es war gepeinigter Schrei, der alle noch einmal inne halten ließ.

„Hilfe!“, erklang nun eine Stimme und alle versuchten sich in dem vom Sand aufgeworfenen Staub zu orientieren.

Ein Andrewsarchus war blitzschnell auf sie zu gerannt und nach den Beinen von Corporal Granger geschnappt. Der Soldat wurde nach hinten gezogen und die Bestie sprang auf seinen Rücken. Lautes Knacken war zu hören, als der Andrewsarchus dessen Wirbelsäule bearbeitete. Sollte Granger zu diesem Zeitpunkt noch nicht tot gewesen sein, dann spätestens als ihm der Andrewsarchus in den Nacken biss.

Hall feuerte einige ungezielte Schüsse auf den Räuber, war sich aber nicht sicher, ob er getroffen hatte. Es war ohnehin klüger den Tieren etwas zu fressen zurückzulassen um nicht selbst verfolgt zu werden. Egal wie bestialisch und unmenschlich das auch klingen mochte. Sie mussten weiter, um die Verluste zu betrauern blieb keine Zeit.
 

Eozän – 56 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung
 

Henderson Hall holte weit aus und versenkte seine Faust in Darius' Gesicht.

„Scheisse! Das können Sie doch nicht machen!“, brüllte dieser erbost.

Und wie er das konnte, dachte Evan. Hall hatte zwei seiner Leute verloren, weil Darius ausgeflippt war. Zugegeben, dieser war Zivilist, doch ihr Leben hing davon ab, dass sie ruhig blieben.

Sie waren in ein Szenario geraten, das sie hatten vermeiden wollen. Sie hatten zwei Männer verloren und ein Rudel Andrewsarchus war ihnen auf den Fersen. Noch fraßen sie sich voll, doch das würde nicht ewig dauern.

Evan erinnerte sich an Lukes Worte. Andrewsarchus jagten für ihr Leben gern, ob sie ihre Beute heute oder morgen fraßen, spielte keine große Rolle.

„Wir müssen zurück! Zurück zur Anomalie!“, entkam es Darius, doch Hall strafte ihn mit einem hasserfüllten Blick.

„Das können wir nicht, die Andrewsarchus werden vorerst nicht aus diesem Gebiet verschwinden.“, meinte Dylan dazu.

Die anderen sahen sie skeptisch an, bis Evan insistierte.

„Sie hat recht. Unsere einzige Chance ist es, Leeds zu finden. Vielleicht hilft uns seine Versteuerung irgendwie die Anomalie zu uns zu verlagern.“, schlug er vor, obgleich er selbst keine Ahnung hatte, wie Leeds Wunderding eigentlich funktionierte.

Doch wenn die Gruppe jetzt eines nicht verlieren durfte, dann war es die Hoffnung.

„Du… musst deine Sachen ausziehen.“, sagte Evan dann abrupt zu Dylan.

Dieser verstand im ersten Moment nicht worauf sich dieser bezog. Erst als sie an sich herabblickte. Die Explosion hatte ihre Jacke und ihr Shirt mit dem Blut des Brontotherium besudelt. Trug sie es mit sich, würden die Andrewsarchus schneller die Witterung aufnehmen und ihre Position bestimmen können.

„Cross hat recht, wir müssen unser Widersehen mit den Kreaturen nicht noch beschleunigen.“, stimmte Hall zu.

Dylan sah von einem zum anderen und räusperte sich leicht. Evan verstand sie jedoch nicht ganz, weshalb ihm seine Freundin zuflüsterte.

„Die Jacke und das T-Shirt? Ich… also ich trage sonst nichts darunter.“, gab sie kleinlaut zu.

Evan verdrehte die Augen.

Sie wurden von gierigen Karnivoren verfolgt und Dylan genierte sich.

Brummend begann er sich sein eigenes T-Shirt ausziehen, doch Hall hielt ihn davon ab.

„Warten Sie, mir ist ohnehin schon ganz heiß.“, meinte er und entledigte sich seiner Jacke.

Er reichte es Dylan, welche es aber nur zaghaft annahm.

„Naja, wenn Sie der Schweiß eines alten Mannes nicht stört.“, fügte Hall einen Witz hinzu.

Dylan bedankte sich artig war über diese Seite des Colonels überrascht.

„Was für ein Gentleman, was?“, raunte ihr Evan zu und Dylan lächelte.

Evan und die anderen wanden ihren Blick ab, während sich Dylan ihrer Jacke und ihres T-Shirts entledigte. Sie schmiss das Zeug einfach auf den Boden und zog sich Halls Gewand an. Sie wollte sich gerade wieder den Männern zuwenden, als sie Evan zur Seite zog.

„Was war das vorhin?“, klang seine Stimme anklagend und forsch.

Dylan blickte ihn nur verdutzt an.

„Du hättest den Andrewsarchus treffen können, doch du hast ihn verfehlt um ihn zu verschrecken. Ich weiß, dass dir Tiere viel bedeuten, aber ich will hier nicht sterben. Nein, ich will, dass wir beide hier nicht sterben.“, flüsterte er ihr zu.

Dylan blickte ihren Freund schuldbewusst an und nickte.

„Kommt nicht wieder vor. Versprochen.“, raunte sie Evan zu und riss sich dann los.

Hall nickte ihr zu und wollte dann dazu ansetzen etwas zu sagen.

Er kam nicht mehr dazu.

Ein gurgelnder Schrei erklang von rechts und alle wanden sich um.

Dr. Darius hatte sich selbst an die Kehle gefasst, seine Pupillen waren stark geweitet. Er streckte eine Hand nach Hall aus, doch dieser konnte ihm nicht helfen.

„Verdammt, was hat er?“, fragte Turner.

Hall sah zu Evan und Dylan, doch diese verstanden selbst nicht was vor sich ging.

Darius torkelte noch einmal nach vorne, dann stürzte er und fiel zu Boden. Danach regte er sich nicht mehr.

Hall stürzte zu dem Wissenschaftler und fühlte den Puls. Keine Chance, der Mann war auf der Stelle tot gewesen.

Verwirrt und verängstigt sahen sich die Mitglieder der verbliebenen Gruppe an. Was war hier los?

Hall griff an Darius Hals, er war stark geschwollen.

„Er scheint erstickt zu sein. Und das innerhalb von Sekunden.“, kombinierte er.

Nur dass es nicht so war, als hätte diese Schlussfolgerung irgendetwas erklärt. Menschen erstickten nicht von einem Moment auf den anderen, denn dafür gab es eine sehr praktische Erfindung.

Luft.

Sogar von Mutter Natur bereitgestellt und selbst in dieser schwülen Umgebung existierte eine Menge davon.

„Hall!“, rief Evan aufgeregt und zeigte auf die Handfläche des Colonels.

Dieser wand seinen Blick und riss skeptisch die Augen auf.

Ein kleines Insekt krabbelte plötzlich aus Darius Kragen direkt auf die Hand.

„Keine hastigen Bewegungen!“, wies ihn Dylan an.

Hall hätte nicht einmal im Traum daran gedacht.

„Was.. was ist dieses Vieh?“, flüsterte er.

Dylan wagte sich einen Schritt näher, blieb aber vorsichtig.

„Das scheint eine Zecke zu sein. Eine sehr große sogar.“, erkannte sie das Tier.

Sie behielt recht. Die etwa 1 Zentimeter große Zecke krabbelte auf Halls Handfläche umher, als wüsste sie nicht genau, wohin sie wollte.

Evan erinnerte sich automatisch daran wie Darius absichtlich auf einige Insekten auf seinem Weg getreten war. Eines davon, diese Zecke schien überlebt und heimlich an ihm hoch gekrochen zu sein. Sie wollte an das Blut des Wissenschaftlers kommen und saugte sich voll. Dabei hinterließ sie ihr prägnantes Gift, das viel effektiver als das ihrer Nachfahren war. Darius’ Kehle schwoll an und seine Atmung versagte augenblicklich.

„Bleiben Sie ruhig! Wenn Sie sich zu hastig bewegen, beißt sie Sie.“, warnte Evan eindringlich.

Diesmal war Hall gerne bereit auf Evan zu hören, liebend gerne sogar.

Jedoch krabbelte die Zecke nun das Handgelenk des Colonels entlang, worauf dieser nervös wurde. Verschwand sie erst einmal unter seiner Kleidung, war alles zu spät.

„Schießen Sie!“, befahl er Turner.

Dieser blickte seinen vorgesetzten Offizier verwundert an.

„Sir?“

„Verdammt, schießen Sie das Biest von meinem Arm! Mir egal wenn eine Fleischwunde zurückbleibt!“, wiederholte er seinen Befehl.

Turnier verstand die Anweisung zwar, wagte es aber nicht sie aufzuführen.

Der Schuss musste präzise sein, andernfalls würde Hall seinen Arm verlieren.

In diesem Moment gab der Colonel zu, Leeds vielleicht etwas zu schroff behandelt zu haben, welche ebenfalls seinen Arm eingebüßt hatte. Dennoch verspürte keineswegs den Drang dem Lieutenant in naher Zukunft in einer Selbsthilfegruppe für Behinderte gegenüberzusitzen und über seine Gefühle zu sprechen.

Turner hob seine Waffe, doch seine Hand zitterte. Evan schritt zu ihm und entriss sie dem Soldaten. Er ging in die Hocke und Hall sah ihn warnend an. Die Zecke war bereits an Halls Ärmel angekommen und Evan spannte den Hahn und drückte ab.

Der Schuss löste sich und fegte die Zecke hinfort.

Hall keuchte auf und ließ sich nach hinten fallen. Verdammt! Hatte ihn die Zecke doch noch gebissen? Dylan eilte zu dem Colonel, doch dieser atmete flach, aber gleichmäßig.

Sie inspizierte seinen Arm, er blutete, doch die Wunde war nicht tief. Die Cross-Photonics-Mitarbeiterin riss sich ein Stück ihres Ärmels ab und verband damit die Wunde.

Evan stand nun über die beiden gebeugt und hob die Augenbrauen.

„Danke… Sie haben mir das Leben gerettet.“, keuchte Hall und kämpfte sich auf.

„Sie sind ein verdammt guter Schütze. Haben Sie schon mal über eine Karriere beim Militär nachgedacht?“, hakte er nach.

Evan schmunzelte und gab Turnier seine Pistole zurück.

„Das hatten wir doch schon.“, erwiderte er und begutachtete seine Armbanduhr.

„Unser Zeitfenster schließt sich in 15 Minuten, der Rückweg ist somit ausgeschlossen. Entweder wir finden Leeds und studieren sein Gerät, oder wir sitzen hier fest.“, informierte er die Gruppe.

Alle legten ernste Gesichter auf und Hall fragte Dylan, ob sie hier überhaupt noch richtig waren.

Nach wenigen Sekunden konnte sie entwarnen und hatte Leeds Abdrücke bald wieder aufgespürt. Sie mussten sich beeilen, verließ Leeds ohne diese Ära ohne sie. Project Magnet war schon unangenehm gewesen, aber sich tagtäglich mit Andrewsarchus auseinanderzusetzen war wirklich keine schöne Aussicht.

Sie besaßen nicht einmal Zeit Darius’ zu begraben und mussten den Leichnam zurücklassen. Sie wussten ja selbst nicht, ob es ihnen gelingen würde hier heil wieder herauszukommen.
 

Eozän – 56 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung
 

Das Zeitfenster zur Anomalie hatte sich längst geschlossen und Dylan fragte sich wie weit Leeds noch gehen wollte.

„Wie entgeht er eigentlich diesen Bestien?“, fragte Hall unsicher.

Niemand konnte ihm die Frage beantworten.

Evan riss einen Witz, dass Leeds selbst für die Andrewsarchus zu unangenehm war, welcher aber nicht einschlug.

Dann ein Schuss.

Alle versuchten sich zu orientieren und Evan erkannte als erstes woher er kam.

300 Meter entfernt erstreckte sich ein kleiner Berg und Leeds Fußspuren führten genau in dessen Richtung.

„Er muss dort oben sein. Vermutlich setzt er sich ebenfalls gerade gegen ein Raubtier zur Wehr.“, meinte er und die anderen stimmten ihm zu. Sie beschlossen sich zu beeilen und zum Fuß des Berges zu laufen. Alle spüren die Erschöpfung, doch wenn sie so kurz vor dem Ziel aufgaben war alles umsonst. Nur noch wenige Meter trennten sie vom Fuße des Berges als es geschah. Es rollte herunter, Evan und Dylan hielten es erst für einen großen Felsen.

Es landete nur 10 Meter vor ihnen und wirkte völlig anders.

Wie eine Kastanie rollte es sich auseinander und gab ein Lebewesen preis. Es war dick behaart, das Fell bedeckte beinahe alle Körperteile.

„Ein Bär!“, warnte Turner und die Gruppe bezog Stellung.

Dylan musste ihm recht geben, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Vor ihnen war ein Arctodus Simus erschienen, eine der damaligen Bärenarten, lediglich größer als die heutigen Abkömmlinge.

Evan betrachtete die Schulter des Bären und erkannte eine Schussverletzung.

Leeds, dachte er.

Der Arctodus Simus brüllte gequält und wurde wütend. Dass Evan und sein Team nichts mit seiner Verletzung zu tun hatten, interessierte ihn nicht. Er stürzte sich auf die Gruppe und schwang seine Pranken.

Diese erwischten Turners Gesicht, welcher getroffen zu Boden stürzte.

Evan, Hall und Dylan zogen ihre Waffen und richteten sie auf den Bären. Der Berg war zweifelsfrei sein Revier und Leeds und seine Verfolger hatten dieses gestört.

Sie versenkten einige Kugeln in den Rücken des Bären, doch dieser wurde nur noch erboster. Er drehte sich um und ließ von Turner an. Evan und die anderen nutzten diese Chance um den Arctodus Simus

Von dem Verletzten wegzulocken. Dieser setzte eine Pranke auf die andere und reagierte auf die gefakte Flucht der drei. Evan, Dylan und Hall spalteten sich nun auf und jeder kreiste den Bären aus einer anderen Himmelsrichtung ein.

Schüsse folgten direkt auf die Brust und der ohnehin schon verletzte Bär hauchte sein Leben aus.

Erleichtert senkten die drei wieder ihre Waffen und überprüften den Zustand des Tieres.

Nein, von diesem Urzeitbären ging keine Gefahr aus. Hall wischte sich über die Stirn. Obwohl er sich einiger Kleidung entledigt hatte, schwitzte er wie wild.

„Turner, alles in Ordnung?“, rief er dem Corporal zu.

Dieser hielt sich schmerzend das Gesicht und nickte.

„Ja, nur wird das eine unschöne Narbe geben.“, fluchte er und unternahm einen Versuch aufzustehen.

Dylan war die Erste, die entsetzt die Augen aufriss.

„Achtung! Weg da!“, brüllte sie mit angehaltenem Atem, doch es war bereits zu spät.

Wie aus dem Nichts tauchte ein Andrewsarchus auf und schlug seine Zähne in den verletzten Soldaten.

Evan und die anderen schossen auf ihn, was das Tier aber nur dazu veranlasste die Flucht zu ergreifen und nur einen Teil der Nahrung mitzunehmen.

Dylan drehte den Kopf weg und spürte wie es ihr hochkam.

Turners Kopf wurde abgetrennt und befand sich noch im Maul des Andrewsarchus. Es war illusorisch anzunehmen, die Gruppe hätte die Räuber abgehängt, im Gegenteil.

„Sie können uns jederzeit angreifen, wir müssen weiter!“, brüllte Hall und seine beiden Begleiter stimmten ihm zu.

Vorsichtig begannen sie damit den Berg zu erklimmen und wussten nicht, ob ihnen die Andrewsarchus folgen würden. Es war steil, aber das würde die Jäger sicher nicht dazu bringen aufzugeben.

Ein weiterer Schuss.

20 Meter über ihnen begann eine Anhöhe, von dort war der Laut gekommen.

Dylan rutschte kurz ab, doch Evan reichte ihr seine Hand und zog sie zu sich.

Die drei kletterten den Rand hoch und standen auf dem Plateau. Keine drei Meter neben ihn lag ein toter Arctodus Simus. In der Mitte der Anhöhe der Mann der ihn erlegt hatte.

„Nein… das hier reicht noch nicht. Ich muss ganz auf die Spitze.“, murmelte er gedankenverloren, ohne die drei hinter sich zu bemerken.

Henderson Hall zog seine Pistole und richtete sie in die Luft. Er schoss einmal kurz und Leeds zuckte zusammen.

Blitzschnell drehte er sich um und musterte die Eindringlinge.

Sein Blick wanderte von Dylan, die ihn wenig kümmerte zu Hall und blieb dann auf Evan ruhen.

„Evan Cross, was für eine unerwartete Überraschung.“, grüßte er die ihm am meisten gehasste Person.

Hall richtete seine Pistole auf den Lieutenant, doch das schien diesen wenig zu beeindrucken. Leeds eigene Pistole steckte in seinem Gürtel, doch er machte ohnehin keinen allzu feindseligen Eindruck.

„Leeds, egal warum Sie hier sind, oder was Sie in ihrem total kaputten Gehirn aushecken, wir sind hier um Sie zu stoppen! Geben Sie uns dieses Gerät und wir kehren alle in unsere Zeit zurück.“, rief ihm der Colonel zu.

Leeds schmunzelte und hob die Hände. Langsam schritt er der Gruppe entgegen, das Gerät hatte er zuvor eingesteckt.

„Sie haben alle bestimmt eine Menge Fragen.“, konnte sich Leeds denken.

Hall spuckte zu Boden und sah den Lieutenant erbost an.

„Ja und ich brenne darauf, sie Ihnen in einem Verhörraum zu stellen. Wegen Ihnen starben vier Männer, weshalb Sie sich der Verantwortung stellen müssen.“, erklärte er dem Einarmigen.

Leeds lachte unbeholfen los.

„Niemand hat Sie gezwungen mich zu verfolgen. Aber Leute wie Sie und Cross haben ja keine Ahnung von Verantwortung.“, blaffte er und sah Evan an.

Dieser musterte ihn nur fragend.

„Am liebsten würde ich Ihnen nun selbst den Arm abschneiden, damit Sie sehen wie das ist.“, sagte er hasserfüllt.

Evan konnte ihm jedoch nicht folgen.

„Warum? Was habe ich damit zu tun?“, hakte er nach.

Leeds Adamsapfel vergrößerte sich.

„Wenn Sie Ihr kleines Projekt nicht geheim gehalten hätten, wäre es nicht meine Aufgabe gewesen Sie zu observieren! So wäre ich auch nicht ohne Verstärkung zu dieser Anomalie gefahren und dieser verdammte Raptor wäre nicht mit meinem Arm auf und davon!“, brüllte er.

Evan begann langsam zu verstehen. Da sein anderes Ich eine Verbindung zwischen Mac ‚Nelson’ Rendell und dem kanadischen Militär sah, hatte er Ange noch rechtzeitig daran gehindert Project Magnet die ganze Wahrheit zu erwählen. Leeds wäre aber nicht Leeds wenn er der Sache nicht nachgegangen und Cross-Photonics ausspioniert hatte. Um Evan zuvor zu kommen fuhr er zur Anomalie in der Nähe der Waldhütte. Dort erwischte ihn dann der Ornitholestes, der schon beinahe Ange weggezerrt hätte. Auch wenn Evan nicht direkt schuld an der Tragödie war, so fühlte er sich schlecht.

Entscheidungen hatten Konsequenzen. Mac hatte sicher nicht die ganzen Auswirkungen bedacht, als er ins Jahr 2006 zurückreiste. Er wollte einzig und allein Evan retten, ohne dabei die Zeitlinie völlig auseinander zubringen.

Vielleicht wäre es wirklich das Beste gewesen, Evan hätte selbst ins Geschehen eingegriffen und hätte Brooke gerettet. Vermutlich hätte Project Magnet die Leitung übernommen, doch das würden sie in dieser Realität ohnehin wie es aussah. Er dachte, die Vergangenheit zu verändern würde alles verschlimmern, aber war das wirklich so? Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, wenn er Mac daran gehindert hätte, ihn vor dem Albertosaurus zu bewahren.

Evan wäre gestorben, aber viele andere Menschen nicht. Ohne seine Anomalienforschung, würden Leute wie Drake, Sam oder Max noch leben. Ganz zu schweigen von den tapferen Soldaten die ihr Leben gelassen hatten, weil Leeds sich verraten und verkauft fühlte. Ebenfalls Evans Schuld.

„Leeds, hören Sie!“, begann Evan nun.

„Bei einer unserer letzten Missionen haben wir unabsichtlich die Zeitlinie geändert! In Wirklichkeit haben wir Sie sofort miteinbezogen und Sie wurden Teil unseres Teams! Aber aufgrund einer Änderung in der Vergangenheit nahmen wir nie Kontakt zu Ihnen auf. Wir wussten damit nicht, was wir anrichten würden.“, versuchte er sich zu erklären.

Leeds musterte ihn eine Weile und lachte dann.

„Was für eine dämliche Geschichte! Aber egal, ich habe ohnehin genug. Ich bin nur froh Sie selbst töten zu dürfen.“, sprach er und zog die Pistole.

„Tun Sie das nicht, Leeds!“, warnte Hall, doch der Lieutenant ignorierte ihn.

Er entsicherte die Waffe und richtete sie auf Evan.

Dieser atmete angespannt und brach den Augenkontakt mit seinem Erzfeind nicht ab.

„Sie haben es nicht anders gewollt!“, schrie Hall und drückte zweimal ab.

Beide Kugeln trafen Leeds Brust und…

Die drei Zeitreisenten runzelten verwirrt die Stirn.

Die Kugeln trafen Leeds Brust und… prallten wie Kieselsteine ab.

Das ergab keinen Sinn.

Selbst mit einer schusssicheren Weste wäre er zumindest zurückgetaumelt.

Ein grünes, schimmerndes Licht hüllte nun seinen Körper ein.

Leeds zeigte auf eine grüne, smaragdförmige Brosche.

„Ein temporäres Schutzschild. Wird zwar erst in 100 Jahren erfunden, aber ich bin froh es schon jetzt zu besitzen. Anders hätten mir diese Bestien hier ziemlich zugesetzt. Ich habe sie wie diesen Opener einem engen Freund von mir zu verdanken.“, erklärte er die Vorkommnisse.

Ken Leeds war also unverwundbar. Nichts konnte ihm etwas anhaben, nicht einmal Kugeln.

„Tut mir ja leid für Sie, Colonel.“, sagte er schadenfreudig und zielte mit der Pistole auf Hall.

Er drückte ebenfalls zweimal ab und die Kugeln schlagen in die Brust des Colonels ein.

Da dieser verständlicher weise über kein Schutzschild verfügte, wurde er zu Boden geschleudert.

„Und jetzt Sie, Cross. Leben Sie wohl.“, presste Leeds heraus und zielte auf Evans Kopf.

Er drückte ab, doch nichts weiter geschah als ein leises Klicken.

Leeds fluchte und durchsuchte seine Taschen.

„Scheisse, keine Munition mehr! Du hast noch einmal Glück gehabt, Cross! Mein Zeitfenster schließt sich, aber das nächstes Mal bist du dran!“, brüllte er und ergriff seinen Opener.

Er machte kehrt und begann damit im Eiltempo den restlichen Berg zu erklimmen.

Evan und Dylan wussten, dass sie ihn verfolgen mussten, doch sie konnten Hall nicht einfach so liegen lassen.

Immer mehr Blut quoll aus seiner Brust und bald darauf auch aus seinem Mund.

Evan musste kein Arzt sein um zu erahnen, dass sich auch seine Lunge allmählich mit Blut füllte. Er rutschte zu ihm auf den Boden und presste seine Hand auf die Brust des Soldaten.

„Halten Sie durch! Wenn wir Sie den Berg hinauf schaffen und durch Leeds Anomalie bringen, gibt es dahinter sicher einen Arzt für Sie.“, ermutigte er ihn.

Hall lachte unwillkürlich los.

„Den Berg hinauf? Cross, Sie sind wirklich so naiv wie ich immer dachte.“, entgegnete er.

Dylan stand neben den beiden, fand aber keine Worte. Es war unmöglich Hall noch zu retten, nicht bei diesem massiven Blutverlust.

Der Colonel griff nun in seine Hosentasche und zog einen kleinen, silbernen Schlüssel hervor.

Er setzte dazu an etwas zu sagen, spuckte aber nur Blut. Evan brachte seinen Kopf in eine aufrechte Position, auch wenn dies nicht viel helfen konnte.

„Dieser… dieser Schlüssel. Er öffnet ein Fach in meinem Büro. Da drin…“, Hall spuckte noch mehr Blut und Evans Hand war ebenfalls voll damit.

„Da drin befindet sich ein Brief an meine Frau. Bitte… sorgen Sie dafür, dass sie ihn erholt.“, hustete er die letzten Worte heraus.

Evan schüttelte stoisch den Kopf.

„Nein, ich kann nicht zu ihr, ihr den Brief geben und sagen Sie wären tot! Wie stellen Sie sich das vor?“, griff ihn Evan an.

Doch Hall nutzte seine letzte, verbliebene Kraft um Evan den Schlüssel in die Hand zu drücken.

„Die… die Adre… ach scheiss egal, die Biester werden uns bald einholen. Ich halte sie… auf solange ich noch kann.“, wurde Halls Stimme immer leiser.

Evan fasste sich an den Mund, ohne zu beachten, dass er sich damit selbst mit Blut beschmierte.

„Evan, er hat recht! Wir müssen los!“, versuchte ihn Dylan nach oben zu ziehen.

Dieser stieß Flüche aus, doch seine Freundin hatte recht.

„Evan, du hast vorhin gesagt, ich müsste handeln, auch wenn es mir schwer fällt!“, spielte sie auf die Sache mit dem Warnschuss an.

Evan nickte und wollte aufstehen, bis Hall ihn noch einmal zu sich herabzog.

„Noch etwas.“, stieß er keuchend hervor.

Sein Griff war alles andere als fest, verständlich.

„Stoppen Sie Leeds. Egal was Sie dafür tun müssen.“, stieß er hervor und presste Evan dann weg. Der Colonel umklammerte seine Waffe und sah nach unten.

Dylan zog Evan nun ganz nach oben und bewegte ihn zum Mitkommen. Dieser lief ein paar Schritte und sah dann noch einmal zu dem Colonel.

Seine Meinung bezüglich Hall hatte sich geändert. Er handelte vermutlich fehlgeleitet und sah Feinde dort wo keine waren. Aber er war bestimmt kein schlechter Mensch. Evan und Dylan hasteten weiter den Berg hinauf und Hall beobachtete sie, wie sie um eine Ecke bogen.

Was würde wohl geschehen wenn er hier starb? Würden irgendwelche Archäologen sich wundern, weshalb hier plötzlich ein menschliches Skelett lag? Oder würden seine Knochen dann längst zu staub zerfallen sein?

Wie würde seine Familie reagieren? Seine Kinder Matthew und Eli würden weinen, seine Frau Tamara verabscheuen, dass er so eine Gefahr eingegangen war. Doch nun war es zu spät. Es gab kein Zurück mehr, die Vergangenheit war unveränderbar. Hall musste bei diesem ironischen Gedanken beinahe schmunzeln, hätten ihm die Schmerzen nicht bereits sämtliche Sinne betäubt.

Ein bedrohendes Knurren hinter seinem Kopf. Er neigte seine Augen leicht zur Seite und erkannte die Pranken eines Andrewsarchus. Er blickte mit aller Kraft hoch, direkt in die Augen des Ungetüms. Obwohl sich das Tier mit den anderen durch nichts unterschied, wusste Hall, dass es sich bei ihm um den Anführer, den Rädelsführer handelte.

„Du solltest längst ausgestorben sein, also fahr endlich zur Hölle!“, blaffte er dem Raubtier entgegen und richtete seine Pistole auf es. Er entlud alle restlichen Kugeln in das Gesicht des Andrewsarchus und schickte ihn ins Jenseits.

Hall verzog triumphierend die Lippen.

Dann weitere Schritte. Zwei Andrewsarchus dachten links von ihm auf, ein weiterer aus der anderen Richtung.

„Na los, worauf wartet ihr?“, wollte er sagen, doch seine Kraft verschwand. Er spürte wie er leichter wurde und plötzlich nichts mehr spürte. Die Augen des Colonels wurden blass und sein Kopf fiel zur Seite.

Henderson Halls letzte Gedanken waren bei seiner Familie, bevor sich die verbleibenden Andrewsarchus über die Leiche hermachten und in Stücke rissen.
 

Eozän – 56 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung
 

Das Seitenstechen plagte Evan und er wünschte sich mehr Sport zu betreiben. Mac hatte ihn immer wieder dazu angestachelt mit ihm zu laufen oder den Trainingsraum aufzusuchen. Evan hatte stets abgelehnt und den Beschäftigten gespielt. Dennoch durften er und Dylan jetzt nicht versagen. Colonel Hall und seine Leute wären völlig umsonst gestorben und sie würden hier festsitzen.

Ausgeschlossen.

Nur noch wenige Meter trennten die beiden von der Spitze und die beiden Freunde und Kollegen halfen sich gegenseitig auf dem Pfad zu bleiben.

Endlich hatten sie es geschafft und waren oben angekommen. Doch dort befand sich nicht viel. Ein paar Pflanzen, Pilze und direkt vor ihnen der weite Horizont. Die Sonne begann unter zu gehen und das Einzige das wirklich noch viel Licht spendete, war die Anomalie vor ihnen.

Ihr Anblick war eine reine Wohltat, endlich bestand die Möglichkeit nach Hause zu kommen.

„Entweder Leeds hat sie gefunden, oder das Gerät benutzt. Er hat es Opener genannt, womöglich lassen sie damit Anomalien auch öffnen.“, überlegte Evan.

Dylan plagte jedoch eine völlig andere Frage.

„Wichtiger ist… wohin führt sie? Also in welche Zeit?“

Evan wünschte sich sehnlichst ihr diese Frage beantworten zu können. Leeds war hindurch gegangen, Leben war auf der anderen Seite also möglich. Doch welche Zeit war es? Ihre eigene? Noch weiter zurück in die Vergangenheit? Was zum Teufel plante Leeds? Weshalb die Tortur ins Eozän zu reisen und ausgerechnet auf dieser Bergspitze eine Anomalie zu erreichten?

„Ich glaube sie wird schwächer.“, sagte Dylan als sie ein Flackern wahr nahm.

Evan übernahm nun die Initiative und ergriff Dylans Hand.

Sie verstand seine Absicht.

Egal was nun auch geschehen würde, sie würden es gemeinsam tun.

Sie rannten nach vorne, direkt auf die Anomalie zu.

Mit einem Sprung ließen sie das Eozän und die gefräßigen Raubtiere hinter sich und tauchten in ein neues Kapitel ein.
 

Die Luft änderte sich schlagartig. Es war weder schwül noch kühl, sondern hatte Raumtemperatur. Evan und Dylan standen auf festem Boden, Beton um genauer zu sein.

Links und Rechts taten sich Wände auf, sie waren eindeutig in einem Gebäude.

Dylan schob sich eine Hand vor die Augen als ein Licht um sie herum rot zu blinken begann. Ein schriller Ton erklang und Glasbalken an den Decken setzten sich in Bewegungen.

Es war eindeutig eine Art Alarm, vermutlich von den beiden ausgelöst.

Evan blickte zum Ende des Ganges und schluckte.

Ein Mann in Uniform lag auf dem Boden, in seiner Stirn klaffte ein Einschussloch.

„Wo sind wir hier?“, fragte Dylan irritiert, als ob Evan ihr die Antwort liefern könnte.

Dann rannten vier bewaffnete Männer, ebenfalls in Uniform um die Ecke und richteten Gewehre, unbekannter Bauart auf die beiden.

Sie trugen schwarze Helme und wirkten bedrohlich.

Sie riefen Evan und Dylan etwas in einer unbekannten Sprache zu.

„Wir sind keine Gefahr! Wir haben niemanden verletzt!“, sagte Dylan klar und deutlich.

Die Uniformierten sahen einander an und fuhren dann in Englisch fort.

„Sorry, schlechte… Sprache. Auf den Boden und Füße… Hände hinter dem Kopf verschränken!“, befahl einer der Männer.

Um nichts zu provozieren befolgten Evan und Dylan die Anordnung und knieten sich hin. Langsam legten sie ihre Hände auf den Hinterkopf und ließen sich von den Leuten gefangen nehmen.

Ihre Waffen wurden ihnen abgenommen und ihre Taschendurchwühlt.

Die Männer sprachen miteinander, doch die Zeitreisenden verstanden kein Wort.

Dann Schritte hinter den Uniformierten. Ein weiterer Mann, diesmal ohne Helm quetschte sich durch die Bewaffneten. Die Uniform war jedoch dieselbe. Evan fand endlich Zeit sie zu mustern. Sie waren blau und auf den Ärmel prangte ein Symbol. Ein dunkelblauer Kreis mit drei geschliffenen Buchstaben.

A.C.C.

Der Mann ohne Helm, scheinbar der Anführer der Truppe stellte sich vor Evan und Dylan und musterte beide skeptisch.

Die Anomalie hinter den beiden war inzwischen verschwunden und Dylan suchte Augenkontakt.

Der Mann war um die 30, besaß einen leichten Bart und kurze Haare.

„Wen haben wir da?“, sprach er in ausgezeichneten Englisch.

„Einer meiner Leute ist tot und zwei bewaffnete Personen kommen aus einer Anomalie, die laut dem Scan ins Eozän führt.“

Nun sah auch Evan auf und blickte ihn an.

„Wir haben eine Erklärung dafür. Und was mit Ihrem Mann waren wir nicht. Wir verfolgen einen gefährlichen Verbrecher und kamen deshalb hier her. Wir wissen nicht einmal wo wir sind.“, gestand er.

Der Anführer der Truppe befeuchtete sich die Lippen und dachte einen Moment nach.

„Eine abenteuerliche Geschichte.“, entkam es ihm.

Evan seufzte.

„Bitte! Sie müssen uns glauben, Mister…“, begann er und wartete auf eine Reaktion seitens des Mannes.

Dieser rang sich nun ein Schmunzeln ab.

„Anderson.“, half er ihm auf die Sprünge.

Er ging abwechselnd von Evan zu Dylan und dann wieder zurück. Dann beugte er sich zu den beiden hinunter und betrachtete sie eingehend.

„Mein Name lautet Matt Anderson.“



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