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Enemy mine - geliebter Feind II

von

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Kapitel 13

Die Pflicht war die Pflicht, nicht umsonst, weshalb Saber sehr selten Schwierigkeiten hatte, ihr nachzukommen und sie zu erfüllen. Mochten einige Pflichten eintönig sein, so erkannte er den Sinn dahinter und die Notwendigkeit der Erfüllung. Diese Eigenschaft zeichnete ihn aus, machte ihn zu dem Captain, der er war. Nur sehr selten hatte dieser Umstand einen unangenehmen Beigeschmack dann aber wurde er den eine ganze Weile nicht mehr los.

Heute war so ein Tag.

Es war unerfreulich genug gewesen, einen Kollegen und Freund abmahnen zu müssen, aber ihn von einem Fall abzuziehen war noch unangenehmer. Wie er es auch drehte und wendete, er sah keine andere Möglichkeit. Eifersucht und Sorge um April machten Fireball gerade unberechenbar und störten die Allianz, die endlich Frieden bringen konnte. Die Geschwister hatten mit ihnen zusammen gearbeitet, keine Ansprüche gestellt oder in irgendeiner Form Schwierigkeiten gemacht, weder als es zu dem Übergriff durch Arasmus gekommen war, noch als sich der Rennfahrer gegenüber vermeintlichen Rivalen unprofessionell benommen hatte. Aber heute waren sie bereit gewesen die Zusammenarbeit aufzukündigen, nachdem der Hitzkopf ihrem Bruder die Schuld an dem Verschwinden des Outriders und der Navigatorin gegeben hatte und sich zunächst ungestüm seiner Sorge um seine Freundin hingegeben hatte. Einmal mehr hatte er aus den Augen verloren, worum es tatsächlich ging. So konnte Saber nicht mit ihm arbeiten, ganz gleich wie nachvollziehbar die Sorge des Rennfahrers für ihn auch war.

Deshalb wartete er nun, bis eben jener Wuschelkopf die Brücke verlassen, nach dem er Garrett McLeod einen Crashkurs zum Thema Ramrod-Steuerung gegeben hatte.

Als er aus dem Panoramafenster sah, sah er wie der Fury Racer vom Gelände des Oberkommandos fuhr. Dann brachte er den Kollegen auf den aktuellen Stand des Falles.

McLeod lehnte sich an die Satteleinheit des Piloten und verschränkte die Arme vor der Brust. Er hörte dem Schotten aufmerksam zu, nickte hin und wieder verstehend.

„Colt und Snow sind mit dem Bronco unterwegs und suchen nach verdächtigen Fahrzeugen, in denen man die beiden transportieren können. Sie scannen nicht nach dem Peilsender, das funktioniert von hier aus besser. Ramrods Sensoren sind empfindlicher, entdecken auch unterirdische Signale.“

„Es sei denn, die haben sie mit Nacro oder Delum ausgeschaltet. Dann dauert das noch“, meinte der ältere und hob die Brauen besorgt.

Saber nickte. „Sie sind nicht dumm. Gut möglich, dass sie das getan haben. Wenn, dann stellen sich zwei Fragen. Zum ersten: Wie sind sie an das Zeug gekommen? Es wird ausschließlich vom Militär verwendet. Zum zweiten: Warum brauchen sie die Zeit, die es ihnen verschaffen wird? Haben sie hier Spuren hinterlassen, die sie erst noch verwischen müssen? Oder können sie nicht schnell verschwinden? Wenn dem so ist, was für Fahrzeuge haben sie zur Verfügung?“

„Ich kann mit Ramrod über Yuma kreisen und versuchen den Sender zu orten“, schlug Garrett vor. „Gleichzeitig könnten wir sämtliche Fahrzeuge scannen und checken, abgleichen mit irgendwelchen Rastern.“

„Du meinst, eine Suche nach Transportern, die wie ein Konvoi fahren oder Trucks, die mehr Körperwärme ausstrahlen als ein oder zwei Personen? Schwebt dir so etwas vor?“

„Ja. Du kannst doch sicher ein passendes Raster erstellen, oder nicht?“ Garrett grinste leicht als Saber nickte.

Sie schwangen sich in die Module.

„Ich gebe Colt Bescheid. Wenn er schon etwas entdeckt hat, können wir uns mit ihm abgleichen“, überlegte der Schotte dabei.

Garrett gab keine Antwort. Er runzelte die Stirn und versuchte, den eben erhaltenen Crashkurs zu rekapitulieren. Fireball war damals nicht mal ausgebildeter Star Sheriff gewesen und hatte es dennoch das geschafft, das Riesenbaby zu fliegen. Da sollte es ihm doch auch gelingen.

Die Lichter vor ihm auf dem Modul blinkten viel versprechend.

McLeod warf einen Blick auf Saber, doch der bereitete einen Suchalgorithmus vor und koordinierte die Triebwerksteuerung. Der ältere wusste nicht, ob ihn das so bekundete Vertrauen in seine Fähigkeiten ehren oder seine Besorgnis erregen sollte.

Er presste die Lippen zusammen und drückte den nächsten Knopf.

Der Friedenswächter setzte sich in Bewegung.

Behutsam steuerte er ihn auf eine Startbahn.

Das Fahrwerk rollte beständig über den Asphalt.

Vielleicht vertraute Saber ihm nicht so sehr, wie er glaubte. Vielleicht war er auch einfach zu sehr mit der Situation beschäftigt, um sich über Vertrauen in seinen Ersatzpiloten Gedanken zu machen.

Der Friedenswächter gewann stetig an Tempo.

Es stand immerhin viel auf dem Spiel, überlegte Garrett. Eine Allianz, die womöglich endgültig Frieden brachte. Das Leben einer Kollegin und Freundin. Die Sicherheit und die Unversehrtheit eines Schützlings und seiner Schwestern. Die junge Frau, die nicht nur im Herzen Sabers einen Platz gefunden hatte, sondern auch in dessen Gedanken, welche er gerade auf die problematische Situation konzentrieren wollte. Den Freund, der als Kollege gerade nicht zuverlässig war.

Mit einem spürbaren Ruck hob der Friedenswächter in den Nachthimmel Yumas ab.

„Meine Kleine ist acht. Die große wird sechszehn“, sagte Garrett in die Stille, die auf der Brücke Ramrods eingekehrt war.

Saber hob den Kopf und sah ihn an.

„Nicht mehr lange, dann werde ich mich mit einem Schwiegersohn rumplagen, oder wenigstens mit einem Kandidaten für den Job. Ich hoffe, mein Waffenschrank ist dafür ausgerüstet. Aber man, ich hoffe ehrlich, sie bringt mal jemand wie dich heim. Jean-Claude hat jedenfalls kein Problem mit dir. Wenn jemand wie er so was verlauten lässt, kann man sich wohl was drauf einbilden. Mir als Vater jedenfalls gibt es Hoffnung, dass Männer wie du noch nicht ausgestorben sind.“

Er hätte nicht mal erklären könnte, warum er das erzählte. Er hoffte, es lindere vielleicht irgendwie eine der Sorgen, die der Schotte sich gerade machen dürfte.

Das schwache Lächeln um dessen Lippen verriet, dass der Blonde die Absicht erkannte.

„Beth jedenfalls ist mehr als ne tolle Frau. Die ist auch Ärger mit dem Schwager wert. Die ist stärker, als man denkt. Wie meine Große, weißt du. Sieht aus, als fällt sie gleich auseinander, als müsste man sie in Watte packen. Aber wenn’s drauf ankommt, oha, dann haut sie dich von den Socken. Verlass dich drauf.“

„Ist schon okay. Danke, Garrett.“

Tatsächlich schürten die Freundlichkeit und die bedachte Dienstbeflissenheit des Kollegen einmal mehr seinen Frust auf den Rennfahrer. Warum konnte er sich nicht auf seinen langjährigen Freund so gut verlassen, wie auf die Verstärkung? Es gab, das konnte man im KOK hin und wieder aufschnappen, durchaus Leute bei denen die Ramrod-Besatzung nicht nur hochgejubelt wurde. Neider, Kritiker und solche, die aus Prinzip oder eine Art Sport gegen alles waren, was die meisten hochlobten. Diese Leute warfen dem Rennfahrer vor, sich zu viel einzubilden – auf seinen Vater, der als Held des ersten Outriderkrieges gefallen war, und seine Freundin, die Tochter Commander Eagles und Oberbefehlshabers der Sektion West. Hatte Saber solche Aussagen bisher als Neid abgetan, gestand er ihnen nun eine gewisse Berechtigung zu. Dass der Rennfahrer erst wegen des abgebrochenen Urlaubs verstimmt war, verstand Saber. Keiner von ihnen war davon allzu begeistert gewesen. Doch sein Verhalten danach wies, wenn der Schotte nun so zurück dachte, eifersüchtige Motivation auf und blendete den Hitzkopf über die Tatsache hinweg, dass Jean-Claude ganz andere Interessen hatte, als dem Rennfahrer die Freundin auszuspannen.

Saber schüttelte den Kopf.

Er hoffte nur, dass Fireball selbst auf diesen Gedanken kam und sein Verhalten reflektierte. Blind war er ja gewesen, aber blöd nicht, wenn auch manchmal etwas schwer von Begriff. Aus diesem Grund hatte Saber das Protokoll von ihm verlangt. Er war sich in dem Moment wie ein Lehrer vorgekommen, der einem Schüler eine Strafarbeit aufbrummte. Es war das erste gewesen, was ihm eingefallen war, das ihm in diesem Augenblick einigermaßen sinnvoll erschien.

Broik und Beth würden morgen zum Oberkommando gehen. Dort würde Beth die Arbeit ihres Bruders fortsetzen. Fireball hatte also Gelegenheit, das Protokoll abzugeben, auch wenn der Schotte und Colt noch mit Garrett und Snow nach den Entführern suchten.

Beth …

Sein Herz schlug wärmer und schneller.

Einmal mehr war sie bedacht und einsichtig gewesen. Sie würde eine gute Vertretung für Jean-Claude sein. Kein Zweifel. Saber hoffte, er konnte ihr ihre Geschwister heil und unversehrt zurück bringen.

Um Jean-Claude machte er sich dabei weniger Gedanken. Der Outrider plante sicher schon mit April, strategisch und sachlich, wie sie sich in ihrer Lage am besten verhielten.

Snow machte dem Recken da schon etwas mehr Sorgen, war sie doch die Hitzigste der drei. Sie konnte unbedacht und rasend voranstürmen, wie sie ihm erst heute Abend veranschaulicht hatte.

Dagegen war Colt ein kühler Kopf geblieben. Saber konnte sich also im Zweifelsfall auf den Lockenkopf verlassen.

Ihm ging auf, was für ein Vorteil es war, dass Snow sie begleitete. Sie war ein Outrider, wusste, was sie motivierte, besser noch als die Ramrod-Crew, und ihre Hintergrundinformationen, wie die über Jesse und Lily, konnten helfen eine bewaffnete Konfrontation auf ein Minimum herunter zu fahren oder gar zu vermeiden. Das wäre das Sicherste, vor allem für April und Jean-Claude. Wenn ihnen das gelang, hatten sie ein gutes Argument gegen Kritiker, die an der Sinnhaftigkeit und der Effektivität eines erneuten Friedensabkommens Zweifel hegten – und das auch noch auf beiden Seiten, wenn man Diplomat genug war.

Er sah von seinem Computermodul auf, schaute auf den Nachthimmel, den die Lichter der Stadt erhellten. Der Algoritmus stand. Der Scan lief. Hoffentlich waren sie erfolgreich damit.
 

Snows weißes Haar schimmerte Grau im Innenraum des Bronco Busters, der nur von der blassblauen Beleuchtung der Steuerungstastatur erhellt wurde.

Die Augen der Outriderin richteten sich konzentriert auf die Umgebung. Es schien beinahe als hätte sie seine Anwesenheit vergessen.

Colt lenkte seinen Gleiter souverän durch die nächtliche Metropole, in einer Spirale vom Zentrum auf die Randbezirke zu.

Er hielt sich auf Höhe von Rettungsgleitern, Transportflugzeugen und Helikoptern der Verkehrsüberwachung, glitt teileweise über die Gebäude der Stadt teilweise zwischen ihren Wolkenkratzern hindurch. Er hatte gute Sicht auf die Straßen unter sich und scannte verdächtige Objekte an der Oberfläche zu denen er Baustellencontainer zählte oder geparkte Anhänger von Lastfahrzeugen. Ramrod würde sich bald erheben und ihn unterstützen, würde mit seinen präziseren Scannern den Untergrund erfassen und auswerten, oder ihn zu suspekten Komplexen lotsen, die er Vorort in Augenschein nehmen sollte.

Er hatte nicht gedacht, dass er mal so versessen darauf sein würde, Outridern zu helfen. Hätte ihm das jemand vor seinem Urlaub gesagt, hätte er ihn schlichtweg ausgelacht. Aber dann hatten sich die Dinge geändert. Als er Snow begegnet war, hatte sie ihn beeindruckt, als Frau, als taffes, umwerfendes weibliches Wesen, das sie für ihn eben war.

Die Erkenntnis, wer sie war – die Outriderin und Schwester seines Feindes Jean-Claude sowie der teuflischen Agentin Annabell – hatte ihn geschockt und tief erschüttert. Der Gedanke, dass diese beeindruckende Frau Snow zu ihnen gehörte, mit ihnen verwandt war, hatte Wut in ihm aufsteigen lassen und Misstrauen in ihm geschürt, erneut in eine Falle getappt zu sein. Er hatte sich bloßgestellt gefühlt, ausgenutzt und manipuliert.

Es war ihm schwer gefallen, dies abzulegen und so unvoreingenommen weiterhin Beth zu begegnen. Erst als Jean-Claude, ausgerechnet der, auf der Suche nach Snow zu ihnen gekommen war, waren diese Gefühle von ihm abgefallen. Die Sorge des Outriders, so überheblich der ihnen auch gegenüber getreten war, war einfach nur menschlich. Außerdem hatte sie Snow gegolten, was Sorge um sie in dem Scout geweckt hatte. Ab diesem Moment war mehr und mehr verblasst, was davor geschehen war. Die zweitjüngere Schwester seines Feindes hatte mit ihrer ganzen Art die schillernden früheren Erfahrungen überschattet, diese negiert, die ihre ältere Schwester betrafen.

Selbst Jean-Claude überzeichnete das alte Bild durch sein Verhalten während des Personenschutzes und der Zusammenarbeit. Dass April dem Outrider die Sache mit dem Eiszapfen nicht nachtrug, bereit war sie zu vergeben, half dem Scharfschützen seinen Blick noch mehr zu erweitern. Er war mittlerweile beinahe zu der gleichen Offenheit gelangt, die der Schotte an den Tag legte. Doch gänzlich warm war mit ihm bisher noch nicht geworden. Eine Distanz lag zwischen ihnen. Zwar schien sich Jean-Claude seiner Schwester gegenüber nicht gegen Colt zu äußern, dennoch war eine gewisse Gleichgültigkeit dem Scout gegenüber nicht zu leugnen. Ob der Outrider ihm noch nachtrug, dass Annabells Mission gescheitert und auch sein Rachefeldzug erfolglos geblieben war? Wäre eigentlich nicht ganz fair, war es doch die rotmähnige Schwester gewesen, die diese Mission ausgeführt hatte und damit für deren Gelingen verantwortlich war? Auch hatte er den Bruder nicht gerade dazu eingeladen ihnen den Skiurlaub zu vermasseln. Wessen Schuld war denn das Ganze bitte? Colt hatte doch nur …

Er stolperte über diesen Gedanken.

Wessen Schuld war es? Die desjenigen, der begonnen oder die desjenigen, der fortgeführt hatte?

Er schüttelte leicht den Kopf. Dafür hatte er jetzt keine Zeit. Er musste eine Spur finden, die sie zu April und Jean-Claude und damit auch zu ihren Kidnappern führte.

Er musste. Er hatte ein Versprechen gegeben, hatte es Snow gegeben und auch Beth.

Er lenkte seine Gedanken wieder auf die Suche.

Das konnte eine lange Nacht werden.
 

Die Nacht verstrich ohne das Ramrod ein Signal empfing. Die Suche blieb ergebnislos.

Im Morgengrauen kamen sie im Oberkommando zusammen, um neu zu planen.

Die Sonne begann sich langsam das Firmament zu erobern.



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