Zum Inhalt der Seite

Tantei Ken - Die Tote im Park

Lord Inu Yasha ermittelt
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Dämonenmord


 

I

nu Yasha, seines Zeichens seit fast einhundert Jahren stolzer Besitzer des Sicherheitsunternehmens Tantei Ken, sah auf, als sein menschlicher Büroleiter hereinkam und wortlos einen Zeitungsartikel auf den Tisch legte. Also stand etwas drin, das ihn anging? Hoffentlich nichts Negatives über die Firma. Er war sehr stolz darauf inzwischen japanweit über einhundertfünfzig Mitarbeiter zu haben, Menschen und Dämonen. Aber das beinhaltete in seinen Augen auch eine gewisse Verantwortung.

Da der Büroleiter aber nur wortlos verschwand, nahm er den ausgeschnittenen Artikel. Oha. Dämonenmord, schrie die Überschrift förmlich. In einem Naherholungsgebiet in der Bucht von Tokio war heute morgen eine Hundedämonin erstochen aufgefunden worden. Eine Hundedame, soso. Da kannte er jemanden, dem das gar nicht gefallen würde. Allerdings – er hatte bislang weder von dem lieben Herrn Halbbruder noch von der menschlichen Polizei etwas gehört. Und das, obwohl er doch eigentlich nicht nur als Sonderberater der Tokioter Polizei, sondern auch als Halbdämon geradezu prädestiniert wäre? Zu allem Überfluss war die Dame wohl... oh ja, das würde Ärger geben. Sie arbeitete in der Geschäftsleitung der NiKa.

NiKa war die allgemeine Abkürzung für Nishi no Kaisha, Firma des Westens. Zuerst hatte er ja, zugegeben, den Firmennamen, den Sesshoumaru da ausgesucht hatte, etwas einfallslos gefunden. Firma des Westens, aber es hatte sich in den letzten fünfzehn Jahren doch als gut erwiesen. Hinter dem Kürzel NiKa sahen die wenigsten Menschen noch einen Konzern, der Dämonen gehörte, ebenso, wie sie vergaßen, wer hinter dem riesigen Mangafirmengewirr der Füchse steckte.

Hm. Dann sollte doch der gute Fürst des Westens wissen, dass seine Mitarbeiterin abgängig war. Wieso informierte ihn der dumme Hund denn nicht?

Inu Yasha stand auf. Im Hinausgehen warf er dem Büroleiter nur zu: „Ich bin dann mal bei der NiKa. Wenn was sein sollte, nur schriftliche Nachrichten, ich habe mein Handy aus.“ Wenn Sesshoumaru wie üblich im Westen weilte, würde ihm doch zumindest Kouga irgendwelche Informationen geben können. Der Wolf war immerhin der Geschäftsleiter. Und nicht ungeschickt, das musste Inu Yasha trotz einer noch immer vorhandenen latenten Feindseligkeit zugeben.

 

Von Shinjuku aus war es mit der U-Bahn keine Hexerei nach Minamoto zu gelangen, wo sich am Pazifik ein anderes Geschäftsviertel ausdehnte. Und er hätte wetten können, dass sich Sesshoumaru vor fünfzehn Jahren hier eingekauft hatte, damit er von seinem Büro aus die Wolkenkratzer der menschlichen Weltfirmen wie Sony und Toshiba im Blick hatte. Drunter machte der das doch nicht.

Jede Menge Leute, aber entweder hatte niemand die Zeitung gelesen oder sie hatten Wichtigeres zu tun. Der Strom an vor allem Menschen, aber auch Dämonen, die in oder aus der NiKa gingen, war doch bemerkenswert. Nun ja, Unter diesem Namen ließ Bruderherz ja seine ganzen verschachtelten Firmen verwalten. Und manchmal fragte sich der jüngere Halbbruder wirklich, ob dem älteren noch bewusst war, was er da so alles überhaupt besaß.

 

Na, da war Kouga. Und auch der nicht ganz so liebe Halbbruder. Mit einem Satz stand der Halbdämon vor ihnen – schnell genug, dass die vier Hundedämonen in der rot-weißen Kleidung des Westheeres, die als Leibgarde fungierten, die Schwerter halb herausgerissen hatten, ehe sie das halblaute Wort „Daigoku“ des Fürsten vernahmen und sich entspannten.

Sesshoumaru im Anzug verursachte jedes Mal ein leichtes Grinsen bei dem Jüngeren, aber er warf noch einen Blick zur Sicherheit auf den Anführer der nur protokollarisch notwendigen Wachen, einen Hauptmann, ehe er sich an den Halbbruder wandte. „Guten Morgen. Da du in Tokio bist, hast du wohl die Presse mitbekommen?“

Ein eisiger Blick traf ihn. „Das geht dich nichts an.“

„Tatsächlich? Du kennst meinen Beruf.“ Inu Yasha war etwas beleidigt, allerdings auch neugierig.

„Geh.“

Da an dieser Front eindeutig nichts zu holen war, griff der Halbdämon auf dem Weg zur U-Bahn zum Handy, zu neugierig, was da lief. Denn so gut kannte er seinen Halbbruder. Der war angesäuert. Und das nicht wegen ihm. Er hatte es nur abbekommen. Kouga hatte vermutlich gut daran getan während des kurzen Gesprächs den Mund zu halten. Immerhin, daran war doch eine gewisse Verbesserung ihres brüderlichen Verhältnisses zu sehen, hatte Sesshoumaru seine Krieger zurückgepfiffen.

„Mordkommission, Frau Nakamura.“

Er ließ sich auf einer Bank nieder. „Guten Morgen, Frau Nakamura. Inu Yasha. - In der Zeitung stand heute etwas über eine ermordete Hundedämonin. Etwas, was Sie angeht?“

„Bislang nicht, Lord In Yasha,“ erwiderte die Polizeiassistentin höflich. „Aber ich kann ja einmal nachfragen.“

„Das wäre nett. Ich muss wissen, ob ich Zeit reservieren sollte.“ Keine fünf Minuten später kam der Rückruf. „Ah, Sie waren schnell.“

Namiko Nakamura lächelte ein wenig. „Danke, Lord Inu Yasha. Es finden in diesem Fall keine Ermittlungen der menschlichen Polizei statt. Der Herr Polizeipräsident sagte, das sei eine Dämonensache.“

„Danke.“ Tja, da konnte er sich ja denken, wer da selbst ermitteln wollte. So drückte er eine Kurzwahltaste. Zu seinem gewissen Erstaunen wurde sogar abgehoben. „Sag mal, großer Bruder, ich verstehe ja, dass du selbst ermitteln willst, aber könntest du mich nicht aus reiner Gefälligkeit mitspielen lassen?“

Sesshoumaru stellte fest, dass seine Idee die Neugier des Jüngeren irgendwie stillen zu müssen, gerechtfertigt gewesen war. Nur darum hatte er diesen Anruf angenommen. Aber ehe der mit Ermittlungen auf eigene Faust Unheil anrichtete.... „Komm her. Ich sage, du kannst zu mir. Und, Inu Yasha, da du töricht wie immer denkst – ich werde nicht ermitteln. Ich bin der Richter.“ Er legte auf.

„Keh!“ murmelte der Halbdämon, erhob sich jedoch, nicht unzufrieden mit dem Ergebnis des Gesprächs. Naja, das hatte er glatt übersehen. Als Fürst war Sesshoumaru der Richter, da konnte er kaum ermitteln und die Anklage vertreten. Aber doch interessant, dass der so an Recht glaubte. Auch wieder einmal ein neuer Aspekt.

 

Als er an den Empfangstresen der NiKa trat, kam sofort ein Mitarbeiter auf ihn zugeschossen. „Lord Inu Yasha, bitte, folgen Sie mir. Sie werden erwartet.“

So wurde er keine sechs Minuten später in das private Büro des Firmenchefs eingelassen. Sesshoumaru saß hinter dem Schreibtisch, hatte jedoch keinen Blick für ihn. Natürlich. Ohne zu zögern schnappte sich der Halbdämon einen Besucherstuhl und stellte den umgedreht vor den Schreibtisch, ehe er darauf Platz nahm, die Arme auf der Lehne verschränkt.

„Dein Benehmen lässt wie üblich zu wünschen übrig.“

„Sag mir was, das ich noch nicht weiß. - Jemand aus deiner Geschäftsleitung wird ermordet, noch dazu eine Hundedämonin. Erzähle mir nicht, dass dich das nichts angeht.“

„Mich ja. Dich nein.“

„Weil? Du kennst rein zufällig meinen Job?“

„Kenko arbeitete für mich.“ Der Hundefürst gab sich zu, dass er deutlicher werden musste, wollte er verhindern, dass der Narr auf eigene Faust handelte. „Es ist nicht nur ihr Tod, der mich betrifft. Sie trug Geld bei sich, das mir gehörte.“

„Oh. Eine nennenswerte Summe, will mir scheinen.“

„Fünf Millionen US-Dollar.“

Inu Yasha atmete tief ein. „Als Botin?“

„Nicht an diesem Abend.“

„Ich verstehe. Komm schon, jede Firma hat so etwas wie eine Feuerkasse. Sie sollte für dich jemanden bestechen, Informationen beschaffen, sonst etwas. Jetzt ist sie tot und dein Geld weg. Du willst das doch geklärt haben?“

„Der Leiter meiner Sicherheitsabteilung arbeitet daran.“

„Keh. Ist der besser als ich? Hast du ihm auch das Buch des Sato geliehen?“ fragte der jüngere Halbbruder durchaus beleidigt.

Ein Blick. „Nein.“

Sollte er sich jetzt aussuchen zu welcher Frage das passte? Inu Yasha holte schon mal Luft, als das Handy seines Halbbruders summte und der prompt hin griff.

Mit einem weiteren Blick auf den ungestümen Bruder vor ihm drückte der Hundedämon die Lauttaste, lauschte dem Bericht wortlos, ehe er ebenso schweigend auflegte und seinen Besucher ansah.

Inu Yasha war jetzt definitiv beleidigt. „War das der Chef deiner Sicherheitsabteilung? Und den lässt du ermitteln? Ich meine, der soll einen Mord und einen Diebstahl aufklären und liefert etwas ab, das einem Märchen ähnlicher ist?“

„Was stört dich an dem Bericht?“ Sesshoumaru schien entspannt, aber das wäre ein wartender Jäger auch.

„Bericht? Oh, bitte. Er soll den Mord an dieser Kenko aufklären. Und dann erzählt er dir, sie sei an dem Abend ihres Todes mit einem Mann gesehen worden. Er weiß weder, ob das ein Mensch oder ein Dämon war, wer das überhaupt war, noch wo der sich befindet. Eine Frau auch hier, Mensch oder Dämon, unbekannt, sei an den Tisch gekommen und irgendetwas sei vorgefallen. Er weiß weder, was noch wer diese Frau war noch wo sie jetzt ist. Du liebe Güte, der Flohopa könnte nützlicher sein und der ist fast hundert Jahre tot!“ Irrte er sich oder zuckte um den Mund seines Halbbruders etwas wie ein Lächeln? Gefahrenstufe eins in aller Regel. Naja, er hatte wohl übertrieben. „Schon gut. Ich bin weg, mich geht das nichts an.“ Er stand auf.

 
 

Privatermittlung


 

I

nu Yasha war definitiv beleidigt, dass ihm der hauseigene Ermittler seitens seines Halbbruders vorgezogen wurde, aber er wusste auch, dass der stur wie ein Muli war. Um den umzustimmen, müsste er sich ein Duell liefern und der Tessaiga an der Kehle haben. Und selbst dann wäre noch nicht gesagt, dass er zustimmen würde, dass der kleine Bastardbruder wirklich etwas konnte. Mist. Dabei hatte er doch wirklich geglaubt, sie seien sich ein wenig näher gekommen.

Waren sie wohl. Vor fünfhundert Jahren hätte der sicher nicht noch einmal abgehoben. Naja, was sollte es. Er hatte auch so genug zu tun. Immer wieder bewarben sich Leute bei Tantei Ken und er behielt sich doch immer das letzte Wort vor. Er sollte sich das mal ansehen, immerhin war die Hälfte des Monats schon um.

Überdies hatte seine Idee mit seiner Schwiegermutter geklappt und der Anbau im Higurashi-Schrein wurde demnächst von den Hasebes bezogen. Ein älteres Ehepaar, sicher ruhig und recht glücklich eine günstige Wohnung bekommen zu haben. Schwiegermutter wäre nicht mehr so allein und hätte Hilfe, dazu auch etwas mehr Geld. So gesehen hatte seine letzte Ermittlung durchaus auch etwas Gutes gehabt.

 

So war es schon fast nach Mitternacht, als sich der Halbdämon in den kleinen Anbau hinter dem Haupthaus zurückzog, in dem er selbst wohnte. Er bestand nur aus einem Zimmer und einem Bad, mehr war ihm schon im 19. Jahrhundert zu viel vorgekommen. Eine Küche benötigte er nicht. Falls er essen wollte, was ja doch immer wieder vorkam, ließ er es sich bringen oder holte es. Aber hier konnte er auch seine Abende in Ruhe verbringen, selbst die als Mensch. Er warf einen Blick zu Tessaiga, das so schmal und harmlos fast wie eine Dekoration an der Wand hing. Heutzutage benötigte er es ja nicht mehr. In gewisser Hinsicht ein Vorteil. Nur, als er nach der letzten Ermittlung das Buch des Sato Sesshoumaru zurückgegeben hatte, hatten sie sich einen langen, ausgiebigen, Trainingskampf geliefert, was zugegeben selbst dem Herrn Halbbruder Spaß gemacht hatte. Nicht, dass der das gezeigt hatte, aber diese Übung war bis zum Morgengrauen gegangen und das besagte doch viel.

Mehr aus Gewohnheit denn tatsächlicher Neugierde schaltete er den Fernseher mit dem Informationskanal ein. Und erstarrte als er die Breaking News Schlagzeile unten am Bildschirm durchlaufen sah. Na, das war ja mal was. Toter Hundedämon aus dem Hafenbecken gezogen? Bruderherz würde ziemlich sauer sein, wenn da irgend ein Vollidiot sich daran machte dessen Leute zu dezimieren. Aber, da ihm klar gesagt worden war, dass ihn das nichts anzugehen hatte, sparte er sich das nächste Hilfsangebot und ging duschen.

 

Noch unbekleidet und mit nassen Haaren hörte er sein Handy und war mit einem Sprung dran. Sieh einer an. „Was gibt es denn, großer Bruder?“ Oh, da knirschten Fangzähne. Ja, der war sauer. „Schon gut. Der nächste Tote. Geht mich das jetzt etwas an?“

„Dein Auftrag. Naohiro war der Leiter meiner Sicherheitsabteilung.“

Also derjenige, der gestern diese mangelnden Ermittlungsergebnisse gemeldet hatte. Offenbar war der näher an den Täter geraten als gesund für ihn war. „Tja, so nett ich es finde, dass du mir plötzlich etwas zutraust ...Ich liebe Fälle, in denen mein Vorgänger ermordet wurde. Zufällig ein neuer Trick um mich loszuwerden?“

„Kouga wird dir alles sagen. Komm morgen früh in die NiKa.“

Wenn der nicht auf kleine Provokationen einstieg war wirklich keine Zeit zum spaßen. „Ich bin um neun da.“ Und er würde mit dem Auto fahren, um Tessaiga mitnehmen zu können. Es konnte ja sein, dass dieser Auftrag ein wenig abenteuerlich wurde, das zeigte nicht zuletzt der tote Naohiro, denn Inu Yasha vermutete keine Sekunde, dass Sesshoumaru den so ganz ohne Grund zum Leiter der Sicherheit gemacht hatte.

 

Als er auf den Besucherparkplatz einbog, konnte er nicht umhin sich zu denken, dass er in den letzten zwei Tagen hier öfter gewesen war als in den vergangenen fünfzehn Jahren zusammen. Als er sich an der Rezeption zeigte, wurde er prompt erkannt und hoch in die Geschäftsleitung gebracht, wo Kouga ihn in seinem Büro erwartete.

Der Wolfsdämon atmete etwas aus. „Du bist immerhin pünktlich.“

Der Halbdämon setzte sich uneingeladen. „Ich habe einen offiziellen Auftrag. Was mich übrigens zu der Frage bringt, wem ich die Rechnung geben soll. Spesen und so. Dir oder soll ich das in den Westen schicken?“

„Gib es mir. - Du weißt, dass Kenko ermordet wurde.“

„Ja, und als nächstes der ermittelnde Leiter der Sicherheit.“

„Stimmt. Und, das solltest du dir merken, der war kein Anfänger. Vielleicht nicht so... fähig... im Ermitteln wie du, Berater der Polizei, das weiß ich nicht, aber er war kampferfahren.“

„Ich werde es mir merken. Also, was war mit Kenko? Sie arbeitete hier in der Geschäftsleitung?“

„Ja. Sie war Assistentin der Geschäftsleitung, genauer die Leiterin dieses Büros. Bis auf Sesshoumaru und mir konnte ihr keiner Anweisungen geben. Sie war extrem zuverlässig. Darum bekam sie auch manchmal besondere Aufträge.“

„Schon gut. Bruderherz ließ da was von fünf Millionen US-Dollar fallen.“

„Dann kann ich offen sein, Ja. Sie sollte damit … nun, du kennst Industriespionage. - Es ist uns allerdings schleierhaft, warum sie das Geld dorthin mitnahm, das Treffen hätte eigentlich übermorgen stattfinden sollen. Das wird jetzt ein wenig schwierig, aber gut. - Sie wurde von Takeshi, das ist der Heiler im Westen, abgeholt und untersucht. Vier Stiche, offenbar mit einem Katana in den Rücken.“

„Auf der Flucht erstochen?“ Katana, Schwert ….Mensch? Dämon? Er müsste mit dem Heiler sprechen.

„Das ist dein Auftrag, unter anderem.“

„Schon gut. Die Telefonnummer des Heilers?“

„Keine. Er ist im Schloss. Das wird wohl für dich eine Fahrt in den Westen.“

„Keh, das geht auf Spesen. - Apropos: ist dieser Naohiro jetzt auch im Westen?“

„Noch nicht. Die Hafenpolizei fischte ihn aus dem Wasser und brachte ihn erst einmal in die menschliche Gerichtsmedizin. Er soll aber überführt werden, wie es sich gehört.“

Ah, dann würde er wenigstens da Professor Mine anrufen können. Der würde ihm schon Auskunft geben. „Hat Naohiro schon mit den anderen Leuten in dieser Assistenz der Geschäftsleitung gesprochen? Schriftliche Berichte?“

„Nicht, das ich wüsste. Willst du mit ihnen reden?“

„Muss ich ja wohl, oder?“

„Ich lasse dir einen Besprechungsraum freihalten und die Leute einzeln zu dir schicken. Es sind fast alles Dämonen. Du kennst ja deinen Halbbruder.“

Ja, und eigentlich war erstaunlicher, dass es wohl auch Menschen darunter gab. Aber in dem Firmenkonglomerat, das die NiKa verwaltete, gab es auch doch so einige Firmen, die mit menschlichen zusammenarbeiteten oder gar von Menschen gegründet worden waren. „Wie viele Mitarbeiter?“

„Der gesamte Stab? Fünfundzwanzig. Minus Kenko.“

„Gut.“ Das war eine Menge. „Fällt dir noch was zu ihr ein? Privatleben?“

„Wie gesagt, sie war sehr sachlich, tüchtig und diskret. Privatleben einer Mitarbeiterin geht mich nichts an, da würde mir Ayame ganz schnell die Hölle heiß machen. Nach den Unterlagen war sie jedenfalls unverheiratet.“

 

Nach zwanzig Verhören hatte Inu Yasha noch immer nichts Neues gefunden. Alle Mitarbeiter schätzten Kenko als ruhige, sachliche Kraft, die auch den Stab auftragsgemäß führte. Keine Hobbies, anscheinend kein Privatleben, dafür stets zur Verfügung der Geschäftsleitung, auch Überstunden. Noch fünf. Er warf einen Blick auf den Zettel – und entdeckte einen bekannten Namen. Nicht, dass er Aoko Kagawa persönlich kannte, aber sie war die engste Mitarbeiterin der Toten gewesen, praktisch eine Art Sekretärin für sie. Und sie war ein Mensch. Vielleicht wusste sie etwas. Er musste weiterkommen, sonst lieferte er Bruderherz ja eine Steilvorlage zum Thema unfähiger Bastard.

 

Frau Kagawa verneigte sich höflich an der Tür. Sie war eine schlanke Frau um die Fünfzig, im dunkelblauen Kostüm wie es hier fast alle Frauen trugen.

„Bitte nehmen Sie Platz. Sie wissen, warum ich Sie sprechen möchte?“

„Ja, Lord Inu Yasha. Danke.“

„Mir wurde gesagt, Sie seien praktisch die engste Mitarbeiterin der verstorbenen Kenko. Können Sie das bestätigen?“

„Ich habe ihr zugearbeitet, ja. Aber, wenn Sie denken, dass wir Freundinnen waren, eher nein. Frau Kenko war auch in ihren Privatdingen überaus diskret.“

„So haben Sie auch keine Ahnung, warum sie an diesem Abend zu diesem doch etwas abseits gelegenen Aussichtsberg über den Pazifik ging?“

„Nein. Und ich gebe zu, dass mich das überraschte.“

„Warum?“

„Wir befinden uns hier in Minamoto,“ erklärte Frau Kagawa etwas erstaunt. „Und Frau Kenko wohnte drüben in Shinjuku. Das liegt … lag doch abseits des gewöhnlichen Heimwegs. Aber ich dachte, sie wäre vielleicht...“

„Nun? Frau Kagawa, Frau Kenko wurde ermordet. Und ich ermittle im Auftrag meines Halbbruders, Kenkos Fürsten und Chefs.“

Sie wurde rot. „Es ist ja nur eine Vermutung, Lord Inu Yasha. Aber ab und an schien es mir, wie erwähnt, sie war sehr diskret, als habe sie ein... Rendezvous des Abends.“

„Sie wissen aber nicht mit wem.“

„Nein. Aber an solchen Tagen achtete sie stets darauf sehr gut frisiert und geschminkt die Firma zu verlassen. Daher meine Vermutung. Und, es war stets Freitags.“

Sie starb an einem Donnerstag. Hatte das etwas zu bedeuten? Und da war auch noch die Erwähnung des toten Ermittlers Kenko habe mit einem Mann zusammen gegessen. „Sie können natürlich nicht sagen ob Dämon oder Mensch.“

„Ich dachte Dämon. Ich meine....“ Ihr Gesicht hellte sich auf. „Aber, warten Sie. Auf ihrem Schreibtisch liegt doch ihr Terminkalender. Nicht, dass sie da den Namen eintrug oder so, sicher nicht. Aber hinten stehen Telefonnummern. Vielleicht auch ein Lokal?“

„Eine ausgezeichnete Idee, Frau Kagawa. Bitte sehen Sie nach und bringen den Kalender her.“ Als sie kurz darauf zurückkehrte war ihr Gesicht ein einziges Fragezeichen. „Was ist? Nehmen Sie doch wieder Platz.“

„Der Terminkalender ist verschwunden. Ich habe gefragt, aber niemand nahm ihn, natürlich, ohne Anweisung der Geschäftsleitung...“

Ja, das war klar. Der Herr Hundefürst konnte ziemlich unangenehm werden,wenn wer was gegen seinen Willen tat. Das konnte wiederum nur bedeuten, dass entweder seit Neustem in Sesshoumarus direkter Umgebung geschlampt wurde – oder das der Mörder Zugang hier hatte. Das wurde ja immer besser.

„Aber ich fand in der Schublade das hier.“ Sie reichte ihm eine Visitenkarte.

Inu Yasha nahm sie. „Danke. Meiji-Palace?“ Er musste nachdenken Das war ein sehr gutes, teures Lokal mit Blick auf den Park, der den Meiji-Schrein umschloss. „Danke. Das ist immerhin ein Anhaltspunkt. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, sagen Sie es Kouga, der wird es mir weiterleiten, wo auch immer ich bin.“

Dieser Satz zeigte Frau Kagawa noch einmal sehr deutlich, an welchem Punkt der Hierarchie sich der Halbdämon sah – und wohl auch tatsächlich stand. Natürlich, dachte sie dann. Der Bruder des Fürsten. Und der besaß noch keinen Sohn und Erben. Also war der junge Mann hier sicher die Nummer Zwei im Westen. Ihre Verneigung fiel daher noch etwas tiefer aus, als sie ging.

Tja, dachte Inu Yasha. Eine sehr diskrete Mitarbeiterin. Das war schlecht bei Ermittlungen. Also sollte er erst einmal in den Westen fahren und den Heiler dort aufsuchen. Zu seinem zweiten Mord könnte er unterwegs ja Professor Mine befragen, dann hatte er beide medizinischen Gutachten auf einmal. Danach sollte er heute Abend mal in diesem Meiji-Palace aufschlagen. Vielleicht fand er heraus, mit wem der ermordete Sicherheitschef da gesprochen hatte. Und hoffentlich mehr als der.
 

Gerichtsmedizin


 

F

ast selbstverständlich erfuhr Inspektor Mori von den Morden im Dämonenbereich der Gesellschaft. Seine gewisse Genugtuung darüber, dass sich die Monster selbst abschlachteten, wurde allerdings sehr schnell durch zwei Dinge beendet: erstens erhielt nicht er als Leiter der Mordkommission die Ermittlungen übertragen. Der Polizeipräsident höchstselbst hatte das angewiesen, um diplomatischen Problemen mit den dämonischen Beratern der Regierung, oder auch Fürsten, wie man sie nannte, aus dem Weg zu gehen. Der zweite ärgerliche Punkt betraf die schlichte Tatsache, dass die Ermittlungen dieser so genannte Berater führen sollte, Inu Yasha, dieser Halbmensch!

Als er sich diesbezüglich grummelnd an seinem Schreibtisch niederließ, begegnete er den Augen der Polizeiassistentin.

Namiko Nakamura wusste, dass es sich nicht ziemte dem Vorgesetzten zu widersprechen, aber sie riet dennoch: „Ich darf Sie darauf hinweisen, dass Lord Inu Yasha der Halbbruder des Fürsten des Westens ist. Es ist nur zu natürlich, dass er lieber den beauftragt als menschliche Polizei.“

Ja, das mochte schon sein. Eine Krähe und so. Mori lehnte sich zurück. „Na, wir haben auch ohne Dämonen zu tun. Was haben Sie für einen Fall?“

Frau Nakamura nahm eine Akte und legte sie ihm hin. Sie würde nicht erwähnen, dass sie die Dämonenfürsten und zumal den Herrn der Hunde sehr interessant und attraktiv fand. Sie hatte sich sogar vor Jahren alle Hefte gekauft, in denen nach altmodischer Art der Starschnitte die vier Fürsten abgebildet worden waren. Das Bild Sesshoumarus hatte sie sogar laminiert und es über ihrem Bett aufgehängt. Dazu seit Neustem das von dem charmanten Halbbruder. Sie sammelte auch alle Presseausschnitte über diese beiden, die sie finden konnte. Aber, das sollte wirklich niemand wissen.

 

Auf seiner Fahrt in den weiten Westen drückte Inu Yasha derweil die Freisprechtaste und rief Professor Makoto Mine an, den Leiter der menschlichen Gerichtsmedizin. Der tote Sicherheitschef war ja zu diesem gebracht worden. Dank seiner Stellung als Polizeiberater bekam er den vielbeschäftigten Mann auch prompt ans Telefon.

„Sie haben die Leiche Naohiros untersucht?“

„Der Hundedämon? Ja. Aber der wird gerade eingepackt und soll in den Westen gebracht werden.“

„Aber Sie haben ihn doch untersucht.“

„Natürlich.“

Inu Yasha seufzte. Diskretion und Amtsgeheimnis in allen Ehren. „Sagen Sie mir auch etwas dazu? Ich muss immerhin Bruderherz Bericht erstatten, der hat mich beauftragt.“

Da in dem Fall mit „Bruderherz“ der Fürst des Westens, immerhin ein Regierungsmitglied, gemeint war, gab Mine nach. Der Halbdämon würde die Auskunft bekommen. Würde das über offizielle Stellen geleitet werden, würde es nur länger dauern. „Ja. Er wurde ermordet, das war klar. Todesursache war Verbluten und Ersticken, wie Sie es nennen wollen. Todesart war: jemand hat ihm die Kehle durchgeschnitten.“

„Das hat Sie nicht gewundert?“

„Schon. Ich dachte bisher, dass alle Hundedämonen kampferfahren sind.“

„Nicht alle, aber der bestimmt. Er war der Leiter der Sicherheit im Westen.“

„Oh. Darum ist Ihr … ich meine, der ehrenwerte Fürst so interessiert. Tja, Lord Inu Yasha. Ich kann Ihnen nur sagen, was ich sah. Jemand hat ihm die Kehle durchgeschnitten, mit einer überaus scharfen Klinge.“

„Ein Katana?“ erkundigte sich der Halbdämon sofort, in Erinnerung an Kougas Worte zu Kenkos Tod.

„Eher weniger. So ein Schwert hat doch eine gewisse Länge. Und selbst, wenn der Angreifer von hinten kommt, würde ein kampferfahrener oder sogar kampfgewohnter Mann doch Abwehrverletzungen zeigen. Eher ein sehr scharfer Dolch. Oder ein Tranchiermesser oder so. Suchen Sie etwas Kurzes, sehr Scharfes.“

„Absolut keine Abwehrverletzungen?“

„Keine. Ich weiß, bei Dämonen heilt das anders, aber der Tod kam schnell.“

„Danke. Keine anderen Verletzungen? Oh, und keine Papiere oder so etwas?“

„Er hatte einen Ausweis, ja, der ihn als Mitglied des fürstlichen Hofes auswies, deswegen wussten wir auch den Namen, allerdings nicht die Funktion und unterrichteten das Schloss. Und nein, keine anderen Verletzungen. Der Angriff muss schnell und kompromisslos abgelaufen sein.“

Und mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von keinem Menschen, ergänzte Inu Yasha, aber er nahm sich vor sehr vorsichtig mit Schlussfolgerungen zu sein. Schließlich wollte er sich nicht vor dem besten Ermittler Japans blamieren. „Danke, Professor. Das heißt, eine Frage habe ich noch. Es gab da ja die Hundedame ...hatten Sie sie auch auf dem Tisch?“

„Nein. Sie wurde gleich in den Westen gebracht, als die Beamten vor Ort feststellten, dass sie einen Ausweis der NiKa dabei hatte. Er wurde dagegen von der Wasserpolizei gefunden und erst hier weiter untersucht. Der Ausweis des fürstlichen Hofes musste erst getrocknet werden um ihn zu lesen. Warum fragen Sie? Ah, natürlich, zwei tote Hunde...ich meine, Hundedämonen in so kurzer Zeit könnten zusammengehören.“

„Ja, könnten sie.“ Inu Yasha war bislang davon ausgegangen. Er hielt zwei Mörder, die sich in einer Woche ausgerechnet auf Sesshoumarus Umgebung kaprizierten doch für des Zufalls zu viel. „Nur, was ich fragen wollte... Sie wurde offenbar von hinten erstochen, vier Mal. Ist das nicht ein bisschen eigenartig?“

„Sie werden hören müssen, was der dämonische Kollege dazu meint. Aber, wenn Sie wissen wollen, was wäre, wenn der Täter ein Mensch wäre – ich nenne das Overkill. Entweder der Täter wusste nicht, was er tat, stach nicht tödlich zu, so dass er nachsetzen musste. Oder er glaubte das nur, denn der Körper eines Sterbenden oder auch Toten kann durchaus unwillkürliche Muskelzuckungen machen. Oder, als dritte Möglichkeit, wie erwähnt, wenn es sich um einen Menschen handelte, könnte auch viel Emotion im Spiel sein. Zorn, Wut, Eifersucht....“

„Danke, Professor Mine.“ Immerhin fragte der Gerichtsmediziner nicht nach, ob er einen Menschen im Verdacht hatte. Hatte er nicht, aber eigentlich auch keinen Dämon. Wie lautete die erste Regel? Suche das Wie. Und die zweite: stelle nie eine Theorie auf, ehe du alle Fakten hast, da du sonst nur die Fakten sehen würdest, die in deine Theorie passen und alle anderen übersiehst. Er legte auf. Noch drei Stunden auf immer schmaler werdenden Straßen, ehe er das letzte Stück zu Fuß gehen musste. So oft wie in dieser Woche war er seit Jahrhunderten nicht hier gewesen. Zwei Mal.

 

Takeshi war der Oberste Heiler des Westens, ein Marderdämon, dessen markante schwarze Augenmaske die Art selbst in Menschenform verriet. Seine früher einst schwarzen Haare zeigten auch deutliche graue Strähnen. Ohne weiteres wurde Inu Yasha zu ihm gelassen, da den wachhabenden Kriegern durchaus nicht entgangen war, dass sich der Herr und sein Halbbruder erst am Wochenende einen stundenlangen Übungskampf geliefert hatten, sich also wohl deutlich verstanden. Dass der jüngere Halbbruder nun angab, er komme im Auftrag des Älteren, war in Anbetracht der Lage kaum verwunderlich.

Takeshi erhob sich auch höflich. „Lord Inu Yasha. Ich vermute, was Sie herführt. Die arme Kenko, nicht wahr?“

„Ja. Sie haben sie untersucht?“

„Ja, selbstverständlich. Und, wenn der Herr und Sie, natürlich, nichts dagegen haben, würde ich sie auch für die Zeremonie vorbereiten.“

„Auf sie wurde eingestochen?“

„Ja, vier Mal in den Rücken.“ Takeshi dachte zu Recht, dass diese Information nur über den Fürsten gelaufen sein konnte und gab sein Wissen ohne Weiteres preis. „Und, mit Verlaub, das hat mich doch gewundert.“

„Weil vier Mal eine Menge ist?“

„Auch dieses. Drei dieser Einstiche wären sofort tödlich gewesen, einer nur zu bald, da rutschte die Klinge wohl an einer Rippe ab. Es wäre durchaus nicht notwendig gewesen so oft zuzustechen. Und da komme ich zu dem nächsten Punkt. Lord Inu Yasha, Sie kämpfen selbst mit einem Schwert. Ein Katana ist eine gebogene Klinge – würden Sie damit zustechen?“

Der Halbdämon atmete durch. „Eigentlich handelt es sich eher um eine Hiebwaffe, ja.“

„Die Treffer waren genau, sie zeigen meines Erachtens, dass die Person, die sie führte, durchaus kein Anfänger – oder auch Anfängerin war. Warum also zustechen? Aber, das müssen wohl Sie herausfinden.“

„Dämon oder Mensch, das Mann oder Frau lassen wir erst mal beiseite.“

„Das vermag ich nicht zu sagen. Ich kann nur sagen, Lord Inu Yasha, die Hand, die dieses Katana führte, gehörte einem Schwertkämpfer. Sicher, ein Dämon wäre stärker und könnte Kenko leichter überwältigen, aber sie wurde von hinten erstochen, war also wohl arglos. In der Überraschung könnte es auch ein Mensch gewesen sein.“

Überraschung oder auch Leidenschaft, wie ja Professor Mine meinte. „Danke, Takeshi. Wenn du noch etwas findest, lass über das Büro bei Kouga anrufen. Der sagt es mir dann schon.“

 

Auf dem Rückweg nach Osten dachte er nach. Das war ja ein schöner Schlamassel. Zwei tote Hundedämonen, ein hübscher, verschwundener Geldbetrag – tja, er kannte jemanden, der sicher ungeduldig wurde. Da er sich wirklich nicht als dumm darstellen wollte, wäre es wohl am Besten er profitierte von der langen Autofahrt und würde mal rekapitulieren, was er bislang wusste.

Opfer Nummer eins war Kenko, eine sachliche, pflichtbewusste Assistentin der Geschäftsleitung, des Öfteren mit vertraulichen Sonderaufgaben betraut.

Sie wurde morgens, weit abseits ihrer gewöhnlichen Wege auf einer Aussichtsinsel im Pazifik gefunden, vier Mal in den Rücken gestochen. Das war schon eigenartig, hinzu kam noch, dass es sich bei der Tatwaffe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um ein Katana handelte. Takeshi hatte sicher in seinem Leben schon genug Schwertverletzungen gesehen um sich da nicht zu irren. Das bedeutete, der Mörder – der Einfachkeit halber sollte er von einem Mann ausgehen – war nicht nur ein erfahrener Schwertkämpfer, sondern schaffte es auch bewaffnet durch Tokio zu schlendern. Was von Menschen gar nicht gern gesehen wurde und allgemein die Polizei oder die Wachen eines der Fürsten rufen ließ.

Jetzt kam die im wahrsten Sinne Millionenfrage – hatte er die Tote dann überprüft und dabei zufällig das Geld gefunden und als Bonus eingesteckt? Warum sollte er sie überprüfen? Ob sie sicher tot war? Oder auch – wer sie war? War Kenko nur ein zufälliges Opfer gewesen, das sich einfach mal erholen wollte? Gegenüber der Aussichtsinsel lag immerhin ein Vergnügungsviertel. Aber, warum sollte sie dann so viel Geld mit sich herumschleppen? Geld, das ihr ja eindeutig nicht gehörte, sondern ihr im Auftrag ihres Fürsten übergeben worden war? Kurz, was hatte Kenko auf dieser Insel mit diesem Geld gewollt? Das wäre schon einmal hilfreich.

Dazu müsste er allerdings erst einmal herausfinden, wer der Mann gewesen war, mit dem sie an diesem Abend angeblich gegessen hatte. Also: nachfragen zuerst einmal im Meiji-Palace.

 

Opfer Nummer zwei war Naohiro, der Leiter der Sicherheit im Westen. Dessen Todesgrund war eher eindeutig. Er hatte in Sachen Kenko ermittelt und war dem Täter wohl näher gekommen, als der es gern sah. Auch hier wieder verriet die Todesart den ausgebildeten Kämpfer, denn laut Kouga war Naohiro ein kampferprobter Hundekrieger. Wieso ließ der sich dann widerstandslos abschlachten? Und, auch hier: offenkundig war der freiwillig zum Hafen gegangen um seinen Mörder zu treffen. Abgesehen davon, dass Drogen bei Dämonen nur sehr schlecht wirkten, die Gerichtsmedizin hatte sicher Drogentest gemacht und Mine ihn informiert, wenn da etwas gewesen wäre. Ein Informant, jemand, der ihm weiterhelfen sollte bei den Ermittlungen? Hatte der Sicherheitschef geglaubt und war ahnungslos dem Mörder begegnet?

 

Oh man, das konnte ja noch heiter werden. Aber da musste er jetzt durch, wenn er Brüderchen beweisen wollte, dass er nicht mehr der kleine, dumme Bruder war.

 

Das Telefon riss ihn aus den Gedanken und er erkannte erstaunt die Anruferin. „Frau Nakamura?“

„Ich bitte um Verzeihung, wenn ich störe, Lord Inu Yasha,“ meinte die Polizeiassistentin höflich, die gerade Inspektor Mori überzeugt hatte, dass er diese Information nicht zurückhalten durfte, sollte es nicht erhebliche diplomatische Verwicklungen geben. „Es hat sich bei uns, also, der Mordkommission, jemand gemeldet, der angab, er sei mit dem Mordopfer Kenko verlobt gewesen, ein gewisser Shige Kinosuke. Ich schicke Ihnen seine Nummer und seine Adresse schriftlich.“

„Sie sind ein Schatz,“ meinte Inu Yasha. Und das bezog sich nicht auf die Information, sondern die Tatsache, dass er vermutete, dass sie zumindest verbal Jiro Mori die Arme auf den Rücken gedreht haben musste, damit sie ihm diese Auskunft geben durfte. Ein Verlobter, sieh an. Davon hatte in der NiKa offenkundig niemand etwas gewusst.

 

 
 

Verlobungsgeheimnis


 

D

a Frau Nakamura Inu Yasha recht schnell die Adresse und Nummer des vermutlichen Verlobten der ermordeten Kenko geschickt hatte, entschloss sich der Halbdämon diesen noch gleich anzurufen.

Zum Glück hatte Shige Kinosuke durchaus von ihm gehört, zumindest als Berater der Polizei.

„Ja, natürlich werde ich mit Ihnen sprechen, Lord Inu Yasha. Sie können gern herkommen, ich bin noch in der Firma.“ Er nannte die Adresse.

„In dem Firmennamen heißt es Lab – Sie haben ein Labor?“

„Oh, nicht nur eines.“ Shige Kinosuke schien sehr erheitert. „Wenn so einige Ärzte Blutuntersuchungen machen lassen, landen sie bei mir. Ich besitze eine Kette an Labors. Ich werde unten Bescheid geben, dass Sie kommen. Wann sind Sie hier? Ungefähr?“

„Es wird wohl gegen achtzehn Uhr werden,“ gab Inu Yasha zu.

„Gut, das macht nichts. Ich habe heute spät angefangen. Nachdem ich im Internet gelesen hatte, dass eine Hundedämonin ….“ Er brach ab. „Natürlich habe ich gestern und auch heute morgen versucht Kenko zu erreichen, aber vergeblich. So rief ich in gewisser Verzweiflung die Polizei an und die Dame der Mordkommission sagte mir, dass Sie ermitteln. So … Sie haben doch nichts gegen eine Verbindung von Mensch und Dämonin?“

Inu Yasha stutzte doch, ehe er meinte: „Sie erinnern sich doch, dass ich ein Halbdämon bin?“

„Oh, Verzeihung. Ich scheine nicht ganz auf der Höhe zu sein. Gut, dann kommen Sie nur. Ich werde Ihnen alles erzählen.“

Das schien eine heißere Spur als das Meiji-Palace zu sein. Wobei, da konnte er sicher später noch vorbei gucken.

 

Es handelte sich um ein Bürohochhaus, in dem mehrere Firmen untergebracht waren. Inu Yasha schloss daraus, dass sich hier nur die Verwaltung, aber eher nicht die eigentlichen Labore befanden. Als er sich an der Rezeption meldete, wurde ihm ein Ausweis ausgehändigt.

„Herr Kinosuke rief an,“ erklärte die Mitarbeiterin, ehe sie einen Blick auf den Namen warf. „Lord Inu Yasha. Bitte tragen Sie diesen Besucherausweis immer. Im Lift halten Sie ihn bitte vor das Lesegerät, dann fahren Sie in den siebzehnten Stock.“

„Eine Sicherheitsmaßnahme.“

„Ja. Niemand kann so versehentlich in den falschen Stock fahren, geschweige denn mit Absicht. So hat eine Sicherheitsfirma das der Hausverwaltung geraten, Sie verstehen?“

Der Halbdämon hätte wetten mögen, welche Sicherheitsfirma das gewesen war – seine. Denn das war seine Grundidee. „Danke.“

 

Keine drei Minuten später stand er im Vorzimmer Shige Kinosukes. Die Sekretärin war nicht mehr da, aber da die Tür zum nächsten Zimmer offen war, trat Inu Yasha unbefangen ein.

Der Inhaber diverser Labore sah vom Computer auf. Sein erster Blick fiel auf die Hundeohren auf dem Kopf. „Oh, Lord Inu Yasha, denke ich. Bitte, setzen wir uns dort drüben.“

Während der Halbdämon sich auf die bequeme Couch niederließ, betrachtete er den Menschenmann – und er konnte verstehen, warum den eine Dämonin anziehend fand. Durchtrainiert, trotz der ungewohnten Lage erstaunlich nüchtern, vor allem für einen Menschen, Mitte Dreißig. So meinte er langsam: „Sie wissen ja inzwischen, dass Kenko verstorben ist.“

„Nach den Zeitungsberichten wurde sie ermordet.“ Shige Kinosuke nahm Platz. „Können Sie mir sagen, ob ...ob es schwer für sie war?“

Diesmal hatte echte Emotion in der Stimme gelegen. „Sie muss gleich tot gewesen sein,“ erklärte der Halbdämon. „Vielleicht können Sie mir erklären, was Kenko auf diesem Aussichtsberg wollte?“

„Nein. Und ich verstehe auch nicht … Nun, ich werde es Ihnen erzählen. Ich lernte Kenko auf einem geschäftlichen Empfang kennen. Fortbildungskonferenz. Wie Sie vermutlich, oder eher sicher, wissen, hat auch der Fürst eine Firma mit Biotechnik. Direkte Konkurrenz. Jedenfalls war es … nun, bei mir Liebe auf den ersten Blick. Kenko sagte mir später, dass es bei ihr so ähnlich gewesen sei, aber eben auf Art der Dämonen. Nun, wir trafen uns öfter, freitags, gingen zusammen essen. Aber wir... Kenko bat mich das erst einmal geheim zu lassen. Sie und ich redeten nie über unsere Arbeit, schon um sie nicht in Konflikte mit ihrem Arbeitgeber zu bringen, aber das hätte natürlich so aussehen können. Darum hielten wir unsere Beziehung geheim. Aber es wurde immer intensiver und ich bat sie mich zu heiraten. Kenko willigte ein, meinte allerdings, was ich verstand, dass in Anbetracht unserer doch sehr unterschiedlichen Lebenserwartung, sie nach meinem Tod wieder zu Diensten ihres Fürsten stehen wollte und deswegen alles ordentlich ablaufen sollte. Sie habe noch einen Auftrag, den sie abschließen wollte, danach wollte sie kündigen und zu mir kommen, für mich arbeiten, falls der Fürst einverstanden sei. So könnte sie später auch jederzeit in Ehren zurück. Ich denke, Sie kennen die dämonischen Regeln besser als ich. Aber das stimmte doch?“

„Ja.“ Und Kouga samt Sesshoumaru schienen sich nicht in der Dame geirrt zu haben. Korrekt bis zum Äußersten. Was natürlich den Spaziergang im Dunkel samt dem Geld ihres Fürsten umso rätselhafter machte. „Waren Sie diese Woche auch verabredet?“

„Ja, wir wollten am Freitag, also heute, uns wieder treffen. Sie meinte, dann könne sie mir auch sagen, wie lange sie noch für diesen letzten Auftrag brauche, wann sie kündigen könnte und so. Ich freute mich natürlich.“

„Natürlich. - Heute wollten Sie sich wieder treffen? Dann wissen Sie nicht, mit wem sie sich gestern traf.“

„Sie meinen, wer Ihr Mörder sein könnte? Nein. Und, glauben Sie mir, den Namen würde ich Ihnen sofort sagen. Kenko war einfach ein Schatz. Nüchtern, sicher, wie so ziemlich alle Dämonen, aber einfach intelligent, hübsch und ...sie passte unglaublich gut zu mir.“

„Sie haben auch keine Ahnung, wo sie essen gegangen sein könnte?“

Shige Kinosuke schüttelte den Kopf, aber er dachte sichtlich nach. „Ich bin sicher, nicht dort, wo wir gewöhnlich hingingen. Das wäre ein kleines Lokal in dem zumeist Menschen verkehren, in Shibuya.“ Eines der größten Vergnügungsviertel in Tokio, wo sich am Wochenende hunderttausende von Menschen und so einige Dämonen herumtrieben. „Wie erwähnt, bat Kenko, dass wir unauffällig bleiben sollten. Wenn Sie möchten gebe ich Ihnen Namen und Adresse.“

„Ja, bitte. - Wissen Sie etwas zum Thema Meiji-Palace?“

Während der Unternehmer Papier nahm und kurz schrieb, erklärte er: „Sie meinen das Lokal? Sehr chic, zugegeben. Ich war schon des Öfteren da. Sie haben zwei verschiedene Räumlichkeiten. Menschen können dort wunderbar speisen. Die dämonische Abteilung ist mehr für Geschäftsgespräche. Soweit ich weiß, gibt es hinten sogar zwei abgeschlossene Räume, die absolut schalldicht sind, für, ich denke, größere Gruppen. Das ist alles angeblich sogar für Dämonen schalldicht gebaut, sehr diskrete Atmosphäre in allen Teilen. Aber da wäre ich mit Kenko nie hingegangen.“

Viel zu groß die Gefahr, dass jemand aus der NiKa die zwei Turteltauben entdeckte, ja. „Natürlich nicht. Danke.“ Inu Yasha schob den Zettel ein. Das war schon mal ein guter Hinweis. Blieb nur noch eine Frage: „Das ist jetzt etwas persönlich, Herr Kinosuke, aber gibt es jemanden in Ihrer Vergangenheit, der eifersüchtig auf Kenko gewesen sein könnte?“

Der Menschenmann sah ihn zuerst irritiert an, ehe er verstand: „Sie meinen Ex-Frau oder Freundin? Ich war nie verheiratet. Und meine letzte Freundin – das war schon eine Weile her. Darum, und auch wegen der guten Möglichkeiten andere Unternehmer kennen zu lernen, hatte ich mich der Gruppe um Aimi angeschlossen. Aimi Tashima.“ Er sah das Stirnrunzeln. „Sie kennen den Namen nicht? Eine sehr bekannte Schauspielerin, vielleicht momentan die erfolgreichste Bühnendarstellerin. Sie hat eine Art Stammtisch gegründet, an dem nur wohlhabende junge Männer teilnehmen dürfen. Oh, alles in Ehren. Man geht zusammen essen, redet, manchmal auch über Geschäfte, und sie genießt die Aufmerksamkeit. Das ist vermutlich .. nun, ihr Beruf ist ihre Berufung. Als ich Kenko kennenlernte, zog ich mich natürlich aus dieser Gruppe zurück. Ich bin fast sicher, dass Aimi mein Fehlen nicht auffiel. Es kommen und gehen da ja immer einige. Sie meinte, das sei nach einem Modell in Frankreich im... oh, neunzehnten Jahrhundert, wo hübsche Frauen solche Treffen abhielten und Künstler oder Kennenlernen förderten.“

„Ungewöhnliches Hobby,“ kommentierte der Halbdämon. „Dem entnehme ich, dass Aimi nicht verheiratet ist?“

„Nein. Ich glaube auch nicht, dass sie etwas mit einem aus der Gruppe hätte. Wozu die Aufmerksamkeit vieler gegen die eines eintauschen? Das wäre nicht ihr Stil. Haben Sie noch weitere Fragen?“ Der Unternehmer fuhr den Computer runter. „Um ehrlich zu sein, mir geht es nicht sonderlich gut. Ich habe für die nächsten Tage auch alle Termin abgesagt. Falls noch etwas Wichtiges sein sollte, haben Sie ja meine Handynummer.“

„Wo wohnen Sie denn?“

„In Edogawa. Brauchen Sie noch meine Privatadresse?“

Inu Yasha sah ihn an. Seine Nase verriet ihm besser als die Augen, dass dieser Mann wirklich langsam am Zusammenbrechen war, seine Selbstbeherrschung splitterte. Bislang mochte er sich beherrscht haben, aber der Halbdämon war sehr sicher, dass der diese Nacht durchweinen würde. „Nein, danke.“ Edogawa lag im Nordosten der Präfektur Tokio, nicht nur weit von hier, sondern auch ein gutes Stück vom Fundort der Leiche entfernt. „Fahren Sie nur nach Hause.“ Und er hatte einige bestimmt wichtige neue Informationen erhalten. Jetzt war es an der Zeit sich dieses Meiji-Palace einmal anzusehen.
 

Halbdämonen


 

I

nu Yasha saß kaum wieder im Auto als sein Handy klingelte. Froh, noch nicht angefahren zu sein, zog er es heraus. Eine unbekannte Nummer.

„Ja?“

„Kouga hier. Der große Bruder will wissen, wie es um sein Geld steht.“

Ah, der Wolf war vorsichtig genug nicht am Telefon den Namen Sesshoumaru oder gar der Fürst zu erwähnen und wählte diese Sache, die ja immerhin nicht bei Kouga aber ihm stimmte. Die Nummer konnte der auch nur von dem haben. „Sage dem großen Bruder, es steht schlecht.“

„Ich werde ihm sagen, dass du nicht zu erreichen bist.“

„Das wäre ja eine Lüge,“ tat Inu Yasha erstaunt, der durchaus wusste wie unangenehm sein besagter großer Bruder werden konnte. „Dann kommst du nicht in den Himmel, hörte ich mal.“

„Beschaffe das Geld und den Mörder. Oder wir landen alle beide in der Unterwelt.“ Kouga legte auf.

Eiwei, die Stimmung in der NiKa hatte sich verschlechtert. Nun ja, zwei tote Gefolgsleute und fünf Millionen weniger – das würde vermutlich jeden Fürsten verärgern. Zum Glück hatte er noch das Meiji-Palace in der Hinterhand. Hoffentlich stimmte sein Verdacht, dass da das erste Mordopfer Kenko mit ihre Mörder gegessen hatte und dieser ebenfalls ermordete Ermittler auf der Spur gewesen war. Dann könnte sich vielleicht irgendwer von der Belegschaft daran erinnern.

Er musste sich einen Parkplatz suchen, hier gab es recht wenige. Zu seiner gewissen Überraschung lag das Meiji-Palace in einem Hochhaus. Er hatte unwillkürlich an ein einzelnes Haus gedacht, aber sein Blick fiel auf das Dachgeschoss, dessen Leuchtreklame dieses Lokal verriet. Es gab wohl sogar eine Dachterrasse, wenn er das so richtig abschätzen konnte.

Nobel.

Das konnte er auch daran feststellen, dass einige Wachen bereits im Erdgeschoss herumstanden. Dämonen, die ihn aber wohl erkannten, jedenfalls durchließen. Er fuhr hoch in den 26. Stock. Vor de Eingang zu dem eigentlichen Lokal befand sich nicht nur ein Tresen mit einem Menschenmann im schwarzen Anzug, sondern auch zwei Dämonen, die selbst Inu Yasha nicht sofort einschätzen konnte. Keine Hunde, aber sie kamen ihm bekannt vor. Er trat höflich an den Tresen.

„Sie haben reserviert?“ erkundigte sich der Mann und suchte sichtlich auf seinem Zettel.

„Nein.“

„In diesem Fall muss ich Sie bitten an einem anderen Abend wieder zu kommen.“

„Ich möchte die Geschäftsleitung sprechen.“

„Diese Anweisung stammt von der Geschäftsleitung.“

Inu Yasha bemerkte, dass sich die beiden Wachen ihm näherten. „Keh! Mein Name ist Inu Yasha, Lord Inu Yasha, Berater der Polizei von Tokio. Und ich möchte mit der Geschäftsleitung reden!“

„Sofern Sie nicht reserviert haben...“

Ach herrje. In den meisten Heeren, die der Halbdämon doch so zwischenzeitlich kennen gelernt hatte, würde der Kerl nie auch nur Unteroffizier werden. Dachte der nach? Manchmal? Eigentlich wollte er sich auf keine Prügelei einlassen, aber diese zwei Posten kamen ihm ziemlich nahe. Nun ja, die Stimmung, oder eher die dämonische Energie, stieg deutlich.

 

„Inu Yasha!“

Eine kleine, zierliche, weibliche Person sprang den perplexen Halbdämonen förmlich an.

Instinktiv legte er die Arme um sie, ehe er sie sich genauer betrachtete. Eine Dämonin, aber sie kam ihm so bekannt vor....Keine Dämonin. Eine Halbdämonin. „Shiori! Was machst du denn hier?“ Er gab die halbe Fledermaus frei.

„Oh, das ist mein Laden, Lord Inu Yasha, also, gemeinsam mit einem Partner. Ich freue mich dass Ihr hier her kommt.“ Dann stutzte sie und drehte sich um. „Was ist denn?“

„Dieser Idiot wollte mich nicht zu dir lassen, wenn ich keinen Tisch reserviert habe,“ gab Inu Yasha zu, doch erleichtert so unerwartet eine alte Bekanntschaft getroffen zu haben, Shiori war erwachsen geworden, ja, aber wie auch er alterte sie wohl eher nach der dämonischen Seite. Kaum wie zwanzig sah sie aus.

Sie sah mit den hochgezogenen Brauen zu den Wachen und dem Portier, die es alle erklärlich besser fanden sich eilig zu verneigen und zurück zu weichen. Der Blick einer auch nur halben Fledermaus konnte ziemlich kalt werden. Plötzlich konnten sie auch alle etwas mit Lord Inu Yasha anfangen. Ja, Polizeiberater war er, das war durch Presse und Fernsehen gegangen, aber er war auch und vor allem der Halbbruder und derzeitiger Erbe des Westfürsten. Für die zwei Dämonen war klar, dass sich dieser durchaus gekränkt fühlen könnte, dass man seinen Bruder und Erben nicht erkannt hatte – was gewöhnlich ein fatales Ende bedeutete. Falls es dieser die Sache nicht gleich in die eigenen Klauen nahm. Dämonisches Recht schlug menschliches, wenn sich auf beiden Seiten der Waagschale Dämonen oder zumindest dämonisches Blut befanden.

 

Inu Yasha folgte Shiori in das Lokal. Auf der linken Seite befand sich ein ungewöhnlich leiser Raum, in dem hauptsächlich Dämonen saßen. Nun, eigentlich fast nur, soweit er sehen konnte. Die Vierertische standen voneinander abgetrennt durch schwarze Wände und er erriet, dass diese mit schalldämpfendem Material versehen waren. Schwierig bis unmöglich, selbst für Dämonen, dem Gespräch an einem anderen Tisch zu lauschen. Geradeaus befand sich ein deutlich hellerer und lauterer Raum – vermutlich eher für Menschen gedacht. Die Halbdämonin bog allerdings nach rechts in ein Büro ab.

„Bitte, Lord Inu Yasha, setzt Euch.“

„Wir waren schon mal beim du, Shiori.“ Aber er nahm Platz und sie setzte sich hinter den Schreibtisch. „Gratulation. Du hast ein schickes Lokal.“

„Danke. Wir, also mein Partner und ich, haben es vor zehn Jahren übernommen und ein wenig auf die zwei Arten umgebaut. Es kommen viele reiche Geschäftsleute.“ Sie lächelte etwas. „Es war eine gute Idee meines Partners die Preise so hoch zu setzen. - Ich vermute allerdings, dass Ihr... dass du nicht zum Essen gekommen bist. Gestern war ein Dämon hier, der angab im Auftrag des Herrn des Westens zu ermitteln.“

„Stimmt, nur ist der auch tot.“

„Oh. Der Tote im Hafen?“

„Ja. Was wollte der hier und nach was hat er gefragt?“

„Er wollte die Belegschaft befragen und mein Partner, sein Name ist Akiyama Momiji, wies ihn an mich, da er sich in dämonischen Sachen nicht auskennt. Er ist ein Mensch,“ fügte sie fast entschuldigend hinzu. „Er zeigte mir also das Foto einer Frau und sagte, sie sei ermordet worden. Ich verlangte seinen Ausweis und er zeigte ihn mir. Eindeutig arbeitete er für den Fürsten, ich meine, Sesshoumaru. Wie du vermutlich weißt, ist mein Vater jetzt der Häuptling seines Stammes und hat sich dem Westen angeschlossen. Also gab ich Auskunft. Diese Frau, Kenko, war wohl ihr Name, war hier gewesen, am Donnerstag, zusammen mit einem anderen Dämon. Sie saßen dort im dämonischen Teil und unterhielten sich. Ich bin oft dort, als Gastgeberin, und so erkannte ich sie wieder.“

„Aber du weißt nicht, wer der Dämon war?“

„Wenn ich hätte tippen sollen, dann auch ein Hundedämon. Aber ich bin mir da nie sicher, sie sehen in Menschenform sich oft sehr ähnlich, zumal in dem Halbdunkel. Das sagte ich diesem Ermittler auch.“

„Und dann gab es einen Zwischenfall mit einer anderen Frau?“

Shiori lächelte strahlend. „Du weißt es natürlich. Naja, ohne Grund wird man auch kein polizeilicher Berater, oder? Oh, Akiyama.“

Inu Yasha wandte den Kopf. Der menschliche Partner Shioris war ein Mann um die Vierzig, sichtlich besorgt. Offenkundig hatte ihm der Portier von dem Gast erzählt.

Shiori stellte kurz vor und erzählte, was sie bislang wusste. „Zwischenfall würde ich es nicht nennen, aber eine menschliche Frau trat an den Tisch, eine Stammkundin. Mir fiel sie auf, weil sie eben praktisch jede Woche hier ist, immer in großer Begleitung. Sie ist wohl Schauspielerin.“

„Aimi Tashima,“ ergänzte Momiji.

„Ja, genau,“ bestätigte Shiori. „Sie redete kurz mit dem Mann, der sagte etwas von geschäftlich und dann ging sie wieder. Also, eigentlich kein Zwischenfall in dem Sinn.“

Inu Yasha dachte nach. Diese Schauspielerin tauchte jetzt schon zum zweiten Mal heute Abend auf. „War sie eifersüchtig?“

„Aimi?“ Akiyama Momiji schüttelte den Kopf. „Sie kennen sie nicht, Lord Inu Yasha. Sie ist jede Woche hier, meistens Donnerstags, weil sie Freitag und Samstag auf der Bühne steht, immer umgeben von einer Gruppe von so acht oder zehn Männern. Alle Geschäftsleute, manche auch so unsere Kunden. Ich denke kaum, dass sie mit denen allen ein Verhältnis hat, zumal es auch immer wieder andere sind. Es ist eher eine Gesprächsrunde oder so und sie führt den Vorsitz. - Shiori, war der Dämon vielleicht auch dabei?“

„Das kann ich nicht sagen,“ meinte die Halbdämonin. „Ich bin weniger oft im menschlichen Teil. Möglich, da sind auch einige, aber wenige, Dämonen dabei, oder?“

„Ja.“ Momiji dachte sichtlich nach. „Würde Ihnen vielleicht ein Foto helfen, Lord Inu Yasha? Wir haben welche im Flur hängen von prominenten Gästen. Da ist auch eines von dieser Gruppe dabei. Allerdings eben eine Zufallsaufnahme. Es kommen und gehen doch immer einige.“

„Das wäre sicher hilfreich.“ Und bislang stimmte das, was Momiji sagte, auch mit dem überein, was Shige Kinosuke erzählt hatte.

 

Momiji kehrte kurz darauf mit einem eingerahmten Foto zurück, das die Schauspielerin mit einem Autogramm versehen hatte.

„Danke.“ Inu Yasha betrachtete es. Eine hübsche, junge Frau, sicher Aimi, dann einige Männer, Menschen, zwei Dämonen waren auch dabei. Kinosuke fehlte. „Ich behalte es kurz, ihr bekommt es natürlich zurück. Shiori, ist hier der Typ drauf, mit dem Kenko am Donnerstag hier war?“

„Darf ich...?“ Sie streckte die Hand aus. „Der hier scheint ein Katzendämon zu sein, der war es sicher nicht. Der Andere...möglich. Wie gesagt, es ist dort Halbdunkel und auch, wenn ich im Finsteren ganz gut sehe, so interessiere ich mich in aller Regel nicht so intensiv für Gäste.“

„Schon klar.“ Er nahm das Bild. „Mal sehen, ob wer einen der Beiden erkennt.“ Und, ob einer der Beiden sogar für die NiKa arbeitete. Und er sollte morgen früh mal Schwiegermama besuchen. Frau Higurashi ging immerhin ab und an ins Theater.

 

 

 
 

Klatschreporter


 

A

m folgenden Morgen stand Inu Yasha bereits um acht Uhr morgens vor dem Higurashi-Schrein. Wie immer führte ihn sein erster Weg zu dem alten Baum unter dem Kagomes Gedenkstein stand. So lange war es her. Aber er sollte die Hoffnung auf ihre Wiedergeburt nicht aufgeben. Und dann würde sie ihn finden und er sie. Sie waren geboren füreinander.

„Inu Yasha!“

Er wandte sich um. Seine Schwiegermutter hatte ihn wohl durch das Fenster gesehen.

„Magst du mit frühstücken?“

„Ja, gern.“

„Frau Hasebe kommt auch gleich, wenn dich das nicht stört. - Wir frühstücken immer zusammen, ihr Mann muss ja noch einiges für die Firma O-Tea abwickeln, danach kann er in Rente gehen.“

„Das passt dann? Ich freue mich, wenn du Gesellschaft hast.“

„Es war eine gute Idee.“

„Und dann überlege doch mal, wer Aimi Tashima ist.“

Frau Higurashi sah ihn fast erstaunt an. „Du kennst sie nicht? Das ist momentan eine der berühmtesten Bühnenschauspielerinnen in Tokio. Sie ist wirklich brillant. Ich habe sie einmal in eine Shakespeare-Stück gesehen, aber sie spielt auch klassische, also, japanische, Sachen.“

„Ich habe ein Foto dabei. Vielleicht kannst du dir das nachher mal ansehen, ob da noch jemand bekanntes dabei ist, ein anderer Schauspieler, oder so.“

 

Kurz darauf kam auch Frau Hasebe und setzte sich, nachdem sie sich auch bei Inu Yasha bedankt hatte, dass er ihnen diese Wohnung vermittelt hatte. Er verbat sich das „Lord“, das sie höflich verwendete. Wenn die Hasebes, wie er es erhofft hatte, seiner Schwiegermutter die Einsamkeit linderten, war es doch nur gut.

Erst nach dem warmen Essen zog er das Foto hervor. „Das hier wäre Aimi Tashima und ihre ...naja, ihre Gefolgschaft, oder wie man das nennen will.“

Frau Higurashi nahm das Bild. „Ja, das ist sie. Oh, sogar mit Autogramm. Aber die Männer kenne ich alle nicht. Sie, Frau Hasebe?“

„Nein,“ meinte diese nachdenklich. „Darf ich fragen, worum es geht, Lord... Verzeihung, Inu Yasha?“

„Ich ermittle in einem Mordfall. Und offenkundig kannte Frau Tashima zumindest den Mann, der mit dem Mordopfer zuletzt gesehen wurde.“

„Nun ja.“ Frau Hasebe dachte nach. „Sie könnten natürlich meinen Schwiegersohn fragen. Fudo Tanaka.“ Sie bemerkte, dass er mit dem Namen nichts anfangen konnte. „Oh, verzeihen Sie. Er ist ein Journalist … nun, manche sagen Klatschreporter. Wenn Zeitungen etwas über die Reichen oder Berühmten wissen wollen, ist er der Ansprechpartner. Er arbeitet allerdings nur im Hintergrund, darum steht sein Name nie in der Zeitung.“

Ein Klatschreporter. Na, wunderbar. Seine eigenen Erfahrungen mit dieser Berufsgruppe waren nicht sonderlich toll. Aber, er hatte einen Auftrag und der große Bruder wurde ungeduldig. Guter Grund die Zähne zusammen zu beißen und sich ja nicht vor dem angeblich besten Ermittler blamieren. „Können Sie mir seine Nummer geben?“

„Natürlich. Oder, warten Sie, ich rufe ihn selbst an.“ Sie zog ihr Handy hervor. „Er war, wie auch meine Tochter, recht froh, dass wir hier im Schrein unterkommen durften und dass Sie uns das vermittelt haben. Sonst hätten wir zu ihnen ziehen müssen und ihre Reihenhaus hat nur zwei Zimmer.“

Das nannte man dann wohl den Segen einer guten Tat. Eine bessere Empfehlung konnte er kaum anbringen.

Frau Hasebe wählte, dann erklärte sie kurz, wer Fudo Tanaka sprechen wollte und reichte ihr Handy weiter.

„Lord Inu Yasha,“ sagte der Journalist mit einem hörbaren Lächeln. „Ich kenne Sie natürlich von Berufs wegen, aber meine Schwiegereltern schwärmen geradezu von Ihnen. Was kann ich für Sie tun?“

„Ich würde gerne mit Ihnen reden über Aimi Tashima und die Gruppe, die sich regelmäßig mit ihr im Meiji Palace trifft. Ich hätte ein Foto, wenn Sie mir die Männer identifizieren könnten?“

„Mord, nehme ich an?“

„Mord, ja.“

„Sie sind im Higurashi-Schrein, vermute ich mal. Ich bin momentan in meinem … nun, Frühstücksbüro.“ Er nannte die Adresse. „Das ist die gleiche U-Bahn. Ich denke, Sie brauchen vielleicht zwanzig Minuten, falls Sie gleich kommen wollen. Bis dahin habe ich meine Unterlagen über Frau Tashima rausgesucht.“

„Wunderbar. Vielen Dank.“ Inu Yasha gab das Telefon zurück, sicher, dass er ohne die Empfehlung der Schwiegermutter – und die Tatsache, dass der Kelch mit den Schwiegereltern unter einem Dach leben zu müssen an Herrn Tanaka vorbei gegangen war – keine Informationen erhalten hätte. „Tja, dann mache ich mich mal auf den Weg.“

 

Auf dem Weg zur U-Bahn drückte er allerdings eine Sofortwahl. Da prompt abgehoben wurde, meinte er: „Weißt du, ich hasse es wenn meine Mandanten lügen.“

„Mein Geld? Der Mörder?“ fragte Sesshoumaru nur.

„Ich bin auf dem Weg. Aber erkläre mir bitte, warum du diesen … nun ja, den Leiter der Sicherheit im Westen auf die Ermittlungen angesetzt hast. Dass der diesbezüglich wenig drauf hatte, sollte dir bekannt sein, denn erzähle mir nicht, dass du kein Auge auf deine Mitarbeiter hast.“

„Er war der Leiter der Sicherheit. Jede andere Lösung hätte ihn beleidigt.“

„Seit wann kümmert dich das?“

„Seit ich der Herr des Westens bin. - Inu Yasha, sogar dir sollte klar sein, dass man als Fürst nicht weit kommt, wenn man Vasallen vor den Kopf stößt. Anders sieht es mit Angestellten aus. Wenn du dein Geld willst, tue etwas.“

„Keine Sorge, deine Spesenabrechnung wird ausführlich sein.“ Aber Inu Yasha bemerkte, dass er nur mehr mit sich redete. Fürst hin oder her – Leute nicht zu beleidigen galt anscheinend nur und ausschließlich für Vasallen, nicht für die kleine Familienschande. Ein Wort vor Jahrhunderten gesprochen, aber es ärgerte ihn immer noch. Umso wichtiger war es die geforderte Ermittlung auch erfolgreich abzuschließen. Hoffentlich hatte Herr Tanaka eine Ahnung, wer die Leute auf dem Foto waren, oder sogar noch andere Informationen.

 

Der Ermittler fand sich unter der angegebenen Adresse in einem kleinen Teehaus wieder. Da er etwas irritiert nach Herrn Tanaka fragte wurde ihm der Weg zu einer Art Hinterzimmer gewiesen, das sich eindeutig als kleines Büro entpuppte. Fudo Tanaka war relativ klein, schmal gebaut, aber seine dunklen Augen verrieten, dass er alles an seinem Besucher mit einem Blick erfasste. Nicht zu unterschätzen, gab ihm Inu Yasha als Prädikat – und hätte sich gefreut, dass der Journalist das umgekehrt auch von ihm dachte.

„Bitte, nehmen Sie Platz.“

„Danke. Ihr Frühstücksbüro, sagten Sie. Ich dachte nicht, dass das so wörtlich gemeint ist.“

„Es ist bequem und nahe an zuhause. Abends bin ich meist unterwegs, Neuigkeiten aufschnappen. Übrigens, Sie können mir nicht erzählen, ob der Fürst des Westens eine Ehe beabsichtigt?“

Der Halbdämon musste grinsen. „Nicht, dass ich wüsste. Wobei das vermutlich gute Schlagzeilen geben würde.“

„Und Sie vermutlich auch nicht.“ Herr Tanaka erkannte einen Schatten in den goldenen Augen. „Entschuldigen Sie, Lord Inu Yasha. Ich wollte da an nichts rühren. Aber solche Schlagzeilen verkaufen sich gut. - Sie erwähnten ein Foto.“

„Hier.“

„Das ist Aimi Tashima, ja. Das andere, also, die Menschen sind alle Topleute aus der Geschäftswelt, Manager, Unternehmer. Sie sind bei diesen Treffen weil man doch leichter in Kontakt kommt, auch abseits.“

„Es waren auch schon andere Leute dabei, aber stets wenige Dämonen.“

„Ja, fast natürlich. Dämonen neigen nicht dazu menschliche Frauen anzuhimmeln, und genau das wünscht sich die gute Aimi. Aber natürlich ist sie elegant und sehr geschickt, wenn es um einflussreiche Beziehungen geht. Nur geschäftliche Beziehungen. Nichts sonst.“

Vermutlich wusste Herr Tanaka da nichts – und der hätte sonst sicher etwas veröffentlicht. „Hm. Und die Dämonen?“

„Das eine ...oh, der Name fällt mir nicht ein, aber ich bin sicher, dass Sie ihn kennen sollten. Er arbeitet in der NiKa.“

„Die NiKa gehört meinem Halbbruder, nicht mir,“ erwiderte Inu Yasha automatisch. Arbeitete der andere Dämon dann auch da? Hatte das etwas zu bedeuten? Immerhin gab es ja diesen verschwundenen Kalender. Dann sollte sich Kouga mal das Bild ansehen und durch die Personalabteilung überprüfen lassen.

„Natürlich. - Sonst wüsste ich von keinem Dämon in der Runde. Aber selbstverständlich weiß ich nicht alles. Oh, es gab mal einen Halbdämon, vor einigen Monaten, aber da weiß ich weder den Namen noch die Art. Es war nur auffällig, denn, mit Verlaub, es gibt nicht sehr viele Halbdämonen, Lord Inu Yasha. Die Besitzerin des Meiji Palace, ja, Sie ...dann fallen mir schon kaum mehr welche ein. Sie kennen sicher die Gründe besser als ich.“ Herr Tanaka griff nach einer Akte, die er neben sich liegen hatte. „Was Sie sonst wissen sollten über Aimi ...oder wollen?“

„Sie tritt immer auf?“

„Freitags und Samstags, ja, außer in den Theaterferien.“

„Können Sie sich einen Grund vorstellen, warum sie einen Dämon ansprechen sollte, der mit einer Dämonin am Tisch sitzt?“

„Ehrlich gesagt nein. Aimi mag eine sehr schöne Frau sein, erfolgreich, ja. Aber sie zeichnet sich eigentlich vor allem auch durch, nun, nennen wir es ein gewisses Bild von sich selbst aus. Wissen Sie da etwas näheres?“

„Nein, nur, dass der Dämon zu ihr sagte, das sei geschäftlich. Und ich vermute darum, dass er eigentlich zu ihrer Gruppe gehörte und sie, nennen wir es eifersüchtig, war.“

„Eifersüchtig? Aimi? Die Gruppe, gerade die Menschenmänner wechseln häufig. Sie duldet nur nie mehr als zehn. Vielleicht ein vollkommen anderer Zusammenhang.“

Inu Yasha schob das Foto wieder ein. „Danke, Herr Tanaka. Falls Ihnen noch etwas einfällt....“

„Nur eine Frage. Sie ermitteln im Mord an einem Hundedämon? Oder beiden Morden?“ Er sah, wie sein Besucher unwillkürlich abwehrend wurde. „Schon gut, Sie dürfen noch nichts sagen. Aber vielleicht denken Sie an mich, wenn Sie alles aufgeklärt haben.“

„Ich denke an Sie.“ Das war kein Versprechen, aber das würde so oder so an die Presse gehen. Und jetzt sollte er das Bild fotografieren und an Kouga schicken, damit der Wolf auch mal was zu dieser Sache beitrug. Und, sich auch einmal um seine eigene Firma kümmern. Da war sicher schon etwas aufgelaufen.

 
 

Gedankenspiele


 

K

ouga rief prompt zurück, als er das Foto per Mail bekommen hatte. „Was glaubst du eigentlich, was ich so untertags mache?“

„Na, ich hoffe mal für meinen Bruder zu arbeiten. Die Personalabteilung wird doch wohl feststellen können, ob sie diese zwei Dämonen führt oder nicht.“

„Keine Ahnung, das mit der EDV machen Menschen. Schon gut.“

„Und, arbeitet eigentlich auch ein Halbdämon für die NiKa?“

„Wie kommst du denn darauf? Keine Ahnung, aber ich werde mich erkundigen.“

Diese Bereitwilligkeit weckte in Inu Yasha den Verdacht, dass sein Halbbruder noch immer in Tokio, korrekter, der NiKa weilte, und einer Gewitterwolke mit Taifunwarnung immer ähnlicher wurde. Er sollte wirklich bald etwas herausfinden. Nun ja. Bis Kouga diese Informationen beschafft hatte, konnte er sich ebenso gut mal um seine eigene Firma kümmern.

 

Nach knapp zwei Stunden hatte er noch immer nichts von Kouga gehört und zog sich doch in seinen privaten Anbau zurück. Nachdenken war wohl angesagt.

Irgendetwas lief da mit dem Kreis um die Schauspielerin. Sie kannte sowohl den Verlobten von Kenko, immerhin eines Mordopfers, als auch deren Begleiter. Vermutlich ganz harmlos, beide Männer aus ihrer netten Plauderrunde, aber trotzdem. Hm. Ein Halbdämon, hatte der Klatschreporter erwähnt, aber offenkundig nicht dessen Namen gewusst. Er griff zum Telefon.

Zweimal musste er nachfragen, ehe er Shiori am Hörer hatte. „Guten Morgen. Sag mal, weißt du zufällig etwas über einen Halbdämonen in der Gruppe um Frau Tashima?“

„Ich nicht“, gab die halbe Fledermausdämonin zu. „Aber ich kann ja mal meinen Partner fragen, wenn er kommt. Menschen müssen schlafen,“ ergänzte sie etwas entschuldigend. „Er ist ja meist in dem menschlichen Teil und kennt die Gäste. Ich denke allerdings mir wäre doch aufgefallen, wenn einer meiner, unserer, Art, da wäre, Inu Yasha. So häufig kommen erwachsene Halbdämonen nun auch nicht vor. Und du weißt warum.“

„Ja, leider. Immerhin scheint es besser zu werden. Ja, frag ihn, und ruf mich dann zurück, danke.“

Shiori lächelte. „Für dich immer.“

 

„Interessante Leute, die da um die Schauspielerin schwirren.“ Kouga klang nicht so als habe er seinen Zuhörer gerade vier Stunden warten lassen.

„Arbeiten die zwei Dämonen für die NiKa?“

„Zuerst einmal muss ich feststellen, dass die NiKa offenkundig zu gut bezahlt. Alles andere sind Manager, Geschäftsleute der Menschen, die ich zum Teil persönlich kenne. Und die Zwei ..“ Der Wolfsdämon schnalzte mit der Zunge. „Fangen wir mit dem da oben links an. Katzendämon namens Kuri. Er arbeitet offiziell für den Sicherheitsdienst, klingt wichtig, aber er ist Pförtner. Wie der in diesen Umkreis kommt ist mir rätselhaft. Der andere, ein Hundedämon, heißt Suzume.“

„Kouga, du bist unkorrekter als sonst. Du solltest sagen der Kerl nennt sich Suzume. die hundedämonischen Eltern will ich sehen, die ihr Kind Spatz nennen.“

„Du hast sein Foto. Er ist wirklich klein geraten. Jedenfalls arbeitet er in der Personalabteilung. Beide sind soweit unauffällig, unwichtige Mitarbeiter. Und was die in dieser Gruppe zu suchen hatten ist dann wohl dein Problem. Können die sich die Preise überhaupt leisten? Ich meine, Meiji- Palace?“

Für einen Moment war Inu Yasha erstaunt, aber dann fiel ihm ein, dass das Autogramm der Schauspielerin natürlich auch erwähnte für wen es war. „Und hat die NiKa auch einen halbdämonischen Angestellten?“

„Außer dir, nein.“

Was für ein dezenter Hinweis sich an die Arbeit zu machen. Inu Yasha legte wortlos auf. Zwei Dämonen, aber nur einfache Mitarbeiter? Alles andere, Menschen, waren dagegen eindeutig reich? Absicht, Irrtum? Was war da los? Und, wer war der Halbdämon, den Herr Tanaka erwähnt hatte? Es half nichts, er würde sich wohl mal mit der Schauspielerin unterhalten müssen. Problem war, dass die kaum ihre Nummer einfach so herausgegeben hatte. Vielleicht mal im Theater nachfragen, wer da ihr Manager oder wie man das nannte, war? Irgendjemand musste doch ihre Auftritte organisieren, Verträge und so. Und, wozu hatte er eine Firma? Er rief hinüber in sein Büro und ihm wurde versprochen, dass man sich darum kümmern wollte. Na schön. Da gleichzeitig Shiori anrief, wechselte er hinüber. „Ja?“

„Akiyama erinnert sich an keinen Halbdämon, also, an niemanden, der wie du die Ohren auf dem Kopf hätte, aber er meint, es sei ein Katzendämon und zwei Hundedämonen da gewesen, der eine habe die beiden anderen mitgebracht.“

„Auf dem Foto ist ein Hundedämon und ein Katzendämon.“

„Ja, aber er sagt, der zweite Hundedämon sei nicht im Anzug gekommen, sondern in der alten Tracht, du weißt schon. Anscheinend arbeitet er direkt für einen Fürsten.“

Die bestanden ja allesamt darauf. Und, wenn das ein Hundedämon war, bestand auch eine große Chance, dass der Unbekannte für Sesshoumaru arbeitete. Moment. „Shiori, Kenko saß doch mit eine Hundedämon am Tisch und Aimi Tashima ging zu ihm. War der das?“

Sie redete offenkundig mit ihre Partner, ehe sie sich wieder meldete. „Das können wir so schlecht sagen. Aber jedenfalls trugen beide die alte Kleidung und zwar in rot und weiß. Und beide waren Hundedämonen.“

„Danke,“ kam automatisch, als er auflegte. Das wurde ja immer besser. Zwei einfache Leute aus der NiKa, die von einem anderen in diesen exklusiven Kreis gebracht wurden? Von einem Hundedämon, der offensichtlich dem Heer des Westens angehörte? Warum? Und, wer war der Halbdämon, den der Journalist erwähnt hatte? Hatte die Schauspielerin genug von Menschen und wollte sich ein Umfeld aus Dämonen zusammenstellen? Um anzugeben?

 

Erneut klingelte sein Telefon. Sein Büro. „Ja?“

„Lord Inu Yasha, Frau Tashima wird von einer RPManagement vertreten. Ich rief an und meinte, Sie wollten sie sprechen. Ich hoffe, ich habe Ihnen nicht vorgegriffen.“

„Haben Sie. Weiter.“

„Frau Tashima ist seit gestern spontan verreist, das Management und das Theater sind alles andere als glücklich, aber anscheinend willens es ihr nachzusehen, da sie erklärte, sie wolle mit ihrem Ehemann verreisen. Niemand hatte wohl etwas von einer Heirat gewusst.“

„Und wohin ist sie?“

„Das wusste das Management nicht, versprach jedoch es ihr anzurichten, dass Sie mit ihr reden wollen. Zum Glück wussten sie, dass Sie Berater der Polizei sind. Sie hatte jedenfalls gesagt, sie sei auch telefonisch nicht zu erreichen.“

„Die dritte Leiche?“ murrte Inu Yasha. Das gab es doch fast nicht. Das war schon kein Netz mehr, eher ein Wollknäuel! „Noch etwas?“

„Nichts von Bedeutung, denke ich, aber der Manager meinte, naja, sie wollte sich wohl richtig verwöhnen lassen und vielleicht diesen Zirkus aufgeben.“

Womit der vermutlich diese Gesprächsrunden meinte. Hatte sich einer der Männer daraus doch mehr für sie interessiert als es den Anschein hatte? Aber – wer war der Dämon, der mit Kenko an einem Tisch gesessen hatte? Was spielte dieser Zwischenfall für eine Rolle? Er musste eine spielen, denn das war so ziemlich das letzte, was Haohiro, der tote Ermittler, ja berichten konnte. Danach war er seinem Mörder begegnet. Einem Profi, laut den Gerichtsmedizinern, sowohl bei Kenko als auch bei ihm. Ein Hundedämon, ja, aber die waren alle irgendwie trainiert. Nun gut, Kenko vielleicht nicht. Da sei es mehr Leidenschaft gewesen, hatte doch Professor Mine gesagt, zumindest, wenn man von einem menschlichen Mörder ausging.

Nein.

Nochmal in aller Ruhe nur die Fakten betrachten. Und das Rätsel um den Halbdämon lösen. Das konnte nur dieser Herr Tanaka, der das Thema überhaupt aufgebracht hatte. So rief er den an. Der Anruf ging ins Leere, aber immerhin rief der Journalist nach zwanzig Minuten zurück.

„Sie wollten mit mir reden?“

„Ja, eine Frage. Sie erwähnten doch etwas von einem Halbdämon in der Gruppe um Frau Tashima. Außer Ihnen weiß keiner etwas davon.“

„Wie soll ich das nennen, ich möchte Sie ja nicht beleidigen.....“

„Reden Sie schon.“

„Soweit ich hörte, es ist natürlich nur Gerede, war eben ein Halbdämon dabei. Aber, warten Sie bitte kurz....“ Herr Tanaka schien in Papier zu suchen. „Ich habe hier nur den Vermerk, dass mir von einem Halbdämon erzählt wurde, der offenbar direkt im Schloss des Westens arbeitet, jedenfalls immer in diesen Farben auftaucht. Hilft Ihnen das weiter?“

„Danke. Und das muss ich mir jetzt erst einmal überlegen.“ Hatte sich Shiori so getäuscht und einen Halbdämon für einen vollblütigen gehalten? Nun, warum nicht. Er selbst war der einzige Halbdämon mit Hundeblut, den sie kannte – und wenn der andere nicht seine spitzen Ohren auf dem Kopf trug, sondern äußerlich eher wie ein … wie ein Hundedämon aussah.

Ein Hundedämon, der im Schloss des Westens arbeitet. Den Kenko kennt, da sie dort auch schon lebte und erst nach Gründung der NiKa nach Tokio kam, dem sie folglich vertraute, arbeiteten sie doch beide für den Fürsten. Und, den natürlich auch der Sicherheitschef des Westens kannte, aus eben diesen Gründen, dem er vertraute und, wenn der ihm etwas erzählen wollte, auch nachts zu dem Hafenbecken folgte. Und auch Kenko würde ihm wohl, je nach Rang, genug vertrauen, um sich mit dem Geld des Fürsten auf Abwege zu begeben – wenn der andere angab auf Sesshoumarus Befehl zu handeln.

Oh man.

Und ein ranghoher Hundedämon aus dem Westen hatte natürlich auch Zutritt zur Geschäftsleitung und damit die Gelegenheit Kenkos Kalender zu nehmen.

Er drückte eine Kurzwahltaste. „Spar dir den Atem, beantworte mir eine Frage und ich komme zu dir um den Fall aufzulösen. Beschäftigst du in deinem Heer zufällig einen Halbdämon?“

Sein älterer Halbbruder musste nicht überlegen. „Du verdächtigst deinesgleichen? Ein Hauptmann. Daigoku.“

„So viele Hauptleute hast du nun auch wieder nicht. Ich komme zu dir. Und es wäre für dein Geld nützlich herauszufinden, wohin sich der gute Daigoku gerade in die Flitterwochen aufgemacht hat.“

Die Brüder legten gleichzeitig auf.

 

 
 

Berichterstattung

 <br>
 

Inu Yasha wollte auch unverzüglich in die NiKa fahren, mit der U-Bahn, als ihn ein Anruf zum Stehen brachte. Herr Tanaka? War dem Journalisten doch noch etwas eingefallen? Etwas, das etwa die Lösung änderte? Schließlich wollte er sich nicht vor Bruderherz blamieren.

„Inu Yasha, Tantei Ken?“

„Ich bitte um Verzeihung, wenn ich Sie nochmals störe, Lord Inu Yasha. Mir ist zuvor gerade mein peinlicher Fehler von gestern zu Bewusstsein gekommen. Ich bitte vielmals um Entschuldigung.“

Der klang ja fast aufgeregt. Was für einen Fehler denn? „Betrifft er meine Ermittlungen?“

„Nein, nein, da habe ich Ihnen ja alles gesagt, was es zu sagen gibt. Ich meinte, dass ich nach einer Heirat Ihrerseits gefragt habe. Wie ungeschickt von meiner Wenigkeit. Natürlich ist Ihre ehrenwerte Frau Gemahlin erst vor kurzem verstorben. Frau Higurashi ist ja Ihre Schwiegermutter. Wirklich, so ungeschickt und…. ich kann mich nur erneut entschuldigen und Ihnen anbieten auch in zukünftigen Fällen sich gern an mich wenden zu können.“

Na, das war doch immerhin etwas. „Ich habe es schon vergessen, Herr Tanaka.“ Das entsprach der Wahrheit, schließlich hatte er ja nicht ahnen können, dass der Schwiegersohn Frau Hasebes eigentlich logischerweise weniger an eine Zeitreisende dachte als eben an Kagome Higurashi als Kind eben der Frau Higurashi und daraus auf eine frische Verwitwung schloss. Aber immerhin brachte ihm das eine durchaus wertvolle Quelle ein, neben Shiori, wenn er mal wieder solche Aufträge zugeschanzt bekam. „Bitte entschuldigen Sie mich. Ich muss meinem Bruder Bericht erstatten.“

Seinem Bruder und Fürsten, ergänzte Fudo Tanaka in Gedanken, der die doch etwas problematische Geschwisterbeziehung aus früheren Zeiten ebenso wenig kannte wie alle Menschen. Aber den Halbbruder – und Erben – eines dämonischen Fürsten schräg anzureden konnte eben auch zu diplomatischen Verwicklungen führen. Zum Glück schien Inu Yasha wirklich so freundlich und umgänglich zu sein, wie es seine Schwiegereltern versichert hatten. Herr Tanaka hatte einmal das seltene Glück besessen ein Interview mit Sesshoumaru führen zu können und fühlte sich allein bei dessen Blick trotz aller Berufserfahrung doch deutlich verunsichert.

 

In der NiKa wurde Inu Yasha unverzüglich in das Büro des Firmenleiters gebracht. Sesshoumaru saß mit dem Rücken zu ihm und musterte durch die bodentiefe Glasscheibe andere Hochhäuser, dahinter das Meer.

„Bericht.“

 

Dem Unterton nach hatte der noch keine Ahnung wohin Daigoku abgehauen war – nur, dass er es war. Der Halbdämon setzte sich uneingeladen, war allerdings keinen der Beiden verwunderte.

„Ich habe mich, das wird dich kaum überraschen, eng an das Buch des Sato und der Sakura gehalten. Erst alle Fakten, dann eine Theorie. - Fakt eins war, dass Kenko deiner Meinung nach und all derer, die hier arbeiten eine mehr als pflichtbewusste Büroleiterin war. Als sich eine Beziehung anbahnte, ja, eine Verlobung mit einem Menschenmann....“ Aha, jetzt drehte der sich doch um, schwieg jedoch: „Anbahnte, der zu allem Überfluss in gewissen Bereichen wohl direkte Konkurrenz war, kam sie mit ihm überein nicht über die Arbeit zu sprechen. In Anbetracht der unterschiedlichen Lebenszeiten wollte sie noch den letzten Auftrag durchführen, dann ordnungsgemäß dir Bericht erstatten und kündigen. Sie rief ihren Verlobten an und sagte ihm, dass sie sich am Freitag treffen würden, da könnte sie ihm sagen, wie lange der Auftrag noch dauere und so weiter. Es steht schwer zu vermuten, dass es um die fünf Millionen ging. Das Pärchen ging übrigens immer am Freitag in einem Lokal in Shibuya essen, günstig und im Gewirr waren sie nicht so leicht zu entdecken. - Besagter Verlobter gab auf die Frage, ob eine Ex eifersüchtig gewesen sein könnte, ein Nein an, da er sich zwar in der Gruppe um die Schauspielerin Aimi Tashima aufgehalten habe, das aber eher um Geschäfte ginge und niemand ein Verhältnis mit ihr habe oder auch nur anstrebe. Merk dir das vor. - Laut Auskunft Takeshis, des Heilers im Westen, wurde Kenko vier Mal von hinten erstochen, jeder Treffer bis auf einen tödlich. Ihn wunderte dabei, dass es sich um ein Katana gehandelt haben müsste, das bekanntlich ja eine gebogene Klinge hat. Ideal als Hiebwaffe aber schlecht zum Zustechen. Er schloss daraus, dass es sich mit Sicherheit um einen erfahrenen Schwertkämpfer handeln müsste. Das bestätigte auch Professor Mine, der Leiter der menschlichen Gerichtsmedizin, der Naohiro untersucht hatte. Der hatte keinerlei Abwehrverletzungen – und ich erlaubte mir die Frage, was er von vier Verletzungen halten würde, falls es sich um einen menschlichen Täter handelte. Er meinte, viel Leidenschaft, Hass oder Eifersucht.

Soweit. Es stellte sich natürlich die Frage, wie der Täter zwei Hundedämonen dazu bringen konnte an derart einsame Orte zu gehen, Kenko noch dazu mit deinem Geld. Aber ich befragte hier noch einmal die Mitarbeiter der Geschäftsleitung. Dabei stellte die engste Mitarbeiterin Kenkos fest, dass deren Terminkalender verschwunden war. Da sich das kaum jemand getraut hätte, war natürlich klar, dass der Täter auch hier Zugang haben müsste. - Sie gab mir dann auch noch den Hinweis, dass sie auf der Suche nach dem Terminkalender auch eine Visitenkarte des Meiji-Palace gefunden hätte. Ich beschloss daher dort mal nachzufragen, schließlich hatte Naohiro in seinem, äh, Bericht an dich ja erwähnt, dass Kenko und ein unbekannter Mann zusammen irgendwo gegessen hatten und eine Frau an den Tisch gekommen sei.

Auf Nachfrage bestätigten mir Shiori, die dortige Chefin und ihr Partner, dass es diesen Zwischenfall gegeben hat und Shiori das auch Naohiro erzählt hatte. Der unbekannte Mann sei ein Hundedämon gewesen und die Frau, die an den Tisch kam, ein Stammgast, Aimi Tashima. Der Partner bestätigte das und gab mir ein Foto, auf dem zwei Dämonen bei der Gruppe sitzen.

Später ergänzte er, es sei noch ein dritter Dämon dabei, aber nicht auf dem Foto. Eben der Hundedämon in der Kleidung des Westheeres, der auch bei Kenko saß. Und der hatte die anderen Beiden zu dem Stammtisch gebracht.

Deine Personalabteilung konnte die Namen der Beiden auf dem Foto herausfinden, beide arbeiten für die NiKa, wenn auch als Pförtner und irgendwas in der Personalabteilung. Kouga meinte, untergeordnet. Dann stellte sich natürlich die Frage, was der Unbekannte sich davon versprochen hatte solche... einfachen Dämonen in die doch elitäre Gruppe um Aimi zu schleusen. Noch interessierter wurde ich, als ich von einem Journalisten, den ich befragte, hörte, dass in der Gruppe ein Halbdämon existierte, der immer in rot weiß gekleidet sei.

Es gab also einen Hundedämon in rot-weiß, der mit Kenko gegessen hatte und gegenüber Aimi angab, das Essen sei geschäftlich, einen Hundedämon in rot-weiß, der einen anderen Hundedämon und einen Kater in die Gruppe brachte und einen Halbdämon in genau dieser Kleidung. Ergo, Westheer.

Da bei dir ja nicht gerade Anfänger arbeiten, war davon auszugehen, dass ein Angehöriger auch mit einem Schwert umgehen kann. Und, das lag nahe. dass es sich nicht um drei Personen, sondern um ein und denselben Mann handelte.

Der Versuch mit Aimi zu reden, scheiterte, da sie plötzlich und unerwartet nach der Heirat abgereist sei. Du hast mir bestätigt, dass du einen Halbdämon namens Daigoku als Hauptmann hast. Mir fiel dann auch ein, dass du diesen Namen erwähntest, als ich dich wegen den Zeitungsüberschriften überraschend auf der Straße traf und deine Wachen reagierten. - Tja. Und damit haben wir auch eine Erklärung für die beiden Morde.

Ich fange bei Kenko an. Ihr Verlobter war in der Gruppe gewesen und hatte sich ihr zuliebe daraus zurückgezogen. Aimi war es vermutlich gleich, aber Daigoku, der sie offenkundig anbetet, suchte wohl nach Ersatz – und schleppte die beiden Dämonen an. Ich nehme schwer an, dass er sich von einem Pförtner und einem Mann der Personalabteilung auch Auskünfte über Kenko und ihr Kommen und Gehen erhoffte. Und die lieferten.

Als Hauptmann deiner Wachen war er Kenko bekannt und warum sollte sie Verdacht schöpfen, wenn er sagt, du habest wegen der Geheimhaltung oder Spionen den Plan geändert und er solle mit ihr in den Park gehen? Er war unbewaffnet, sie vertraute ihm. Und folgte ihm zu dem Ort, wo er zuvor schon sein Katana verborgen hatte. Er stach sie nieder, vermutlich durchaus in gewissem Zorn über die Tatsache, dass sie Aimi zumindest in seinen Augen bei Kinosuke ausgestochen hatte. Eifersucht, Wut, meinte Professor Mine, bei Menschen, und ich bin der Letzte, der nicht weiß, wie menschlich Halbdämonen reagieren können. Das Geld nahm er, vielleicht schon in Planung seiner Flitterwochen.

Er fühlte sich wohl relativ sicher, bis er feststellte, dass der Leiter der Sicherheit ermittelte. Auch hier für den bekannten Hauptmann kaum ein Problem Naohiro zu erzählen, er habe Informationen zum Tode Kenkos, er würde mit dem Informanten zum Hafen kommen. Warum hätte Naohiro ihm nicht glauben sollen? Im Zweifel kannten sie sich seit Jahrhunderten. Auch hier, einfache Sache, sich zu bücken und das versteckte Katana aufnehmen, sich mit Schwung aufrichten und dem ahnungslosen Opfer die Kehle durchschneiden. - Deiner Miene nach ist Daigoku nicht zum Dienst erschienen.“ Er atmete tief durch. „Und als kleiner, brüderlicher, Rat: schick nicht nur deine Leute auf die Suche, sondern auch die menschliche Polizei. Wenn Aimi mitbekommt, dass er nicht der reiche Multimillionär ist, der ihr die Welt zu Füßen legt, immerhin erwähnte ihr Manager, sie wolle sich so richtig verwöhnen lassen, wird sie die Ehe annullieren wollen. Und das wird der fanatische Liebhaber kaum zulassen.“ Ebenso, wenn sie erwähnte, dass sie ihren Stammtisch weiter führen wolle. Das gäbe Leiche Nummer Drei. Und das Geld des Fürsten wäre natürlich bis dahin weg.

 

„Es wird nach beiden gefahndet. Und ich werde wohl zwei Leute nach einem intensiven Personalgespräch mit mir versetzen lassen.“ Sesshoumaru erhob sich. „Du musst das Buch auswendig gelernt haben in den letzten Jahrhunderten.“

Er ging, wohl wissend, dass der Jüngere breit grinsen würde. Auf ein Lob wartete der schon mehr als fünfhundert Jahre. Und diesmal hatte er es auch verdient.

 
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Mal sehen, wie lange alle noch dieser Meinung sind. Das nächste Kapitel heisst: Privatermittlung.


hotep Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das kann ja noch nett werden.... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Überraschung am Abend. Das nächste Kapitel heisst denn auch: Verlobungsgeheimnis.


hotep Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel er geschriebenen acht wird voraussichtlich erst in vierzehn Tagen erscheinen.


hotep Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste und letzte Kapüitel bietet dann Inu Yashas Lösungsvorschlag... Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu dieser Fanfic (11)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Mitsuki-chan
2023-12-26T17:17:54+00:00 26.12.2023 18:17
Oh ein Lob, wie schön :)
Antwort von:  Hotepneith
26.12.2023 19:15
Danke für deine Aufholjagd.

Ich hatte Spaß daran auch Shiori einzubauen und natürlich das ...nun ja, etwas bessere Brüderverhältnis. 500 Jahre gehen doch nciht spurlos vorbei....

hotep
Von:  Mitsuki-chan
2023-12-26T16:21:44+00:00 26.12.2023 17:21
Es ist schön das Inuyasha und seine Schwiegermutter noch Kontakt haben und sich gut zu verstehen scheinen. Und wie Inuyasha und Sesshomaru miteinander umgehen ist auch immer wieder witzig zu lesen :D
Von:  Mitsuki-chan
2023-12-26T16:13:19+00:00 26.12.2023 17:13
Wie cool das du Shiori eingebaut hast :) ist immer schön wenn "alte" Charaktere sich in den FFs treffen.
Von:  Mitsuki-chan
2023-12-26T16:04:50+00:00 26.12.2023 17:04
Das mit dem Ausweis und dem Fahrstuhl ist gut eingebaut. Habe ich auch schon in Laboren und anderen Büroräumen erlebt. Der Kreis der Verdächtigen wird nochmal größer. Bin gespannt was für Infos im nächsten Kapitel warten :)
Von:  Mitsuki-chan
2023-12-26T15:53:43+00:00 26.12.2023 16:53
Auf Kenkos Verlobten bin ich gespannt! Echt lustig wie man sich als Leser immer mehr Gedanken macht und Theorien aufstellt und am Ende kommt unter Umständen etwas ganz anderes bei raus :D
Von:  Mitsuki-chan
2023-12-26T15:33:33+00:00 26.12.2023 16:33
Auch ein schönes Kapitel. Bin schon auf das Dritte gespannt. Ob Inuyasha seine Sache gut machen wird? Bin gespannt. P.s. ich mag dein Nachwort zum Kapitel. Hat mich um schmunzeln gebracht.
Von:  Mitsuki-chan
2023-12-26T14:26:18+00:00 26.12.2023 15:26
Juhu ein neuer Krimi :D ich bin gespannt wie sich Inuyasha diesmal anstellt. Schönes erstes Kapitel. Man/Frau ist sofort dabei und im Geschehen drin. Ich mag deinen Schreibstil :) liebe Grüße
Von:  Sanguisdeci
2023-12-25T08:41:22+00:00 25.12.2023 09:41
Das Grinsen kann ich mir richtig gut vorstellen *-* Sehr schön geworden!
Von:  Sanguisdeci
2023-12-18T06:51:25+00:00 18.12.2023 07:51
Sehr spannend! Ich bin auf den Vorschlag gespannt.
Von:  Sanguisdeci
2023-11-21T07:54:44+00:00 21.11.2023 08:54
Kenko war offenbar mehr als diskret! :D

Es ist erneut eine Freude, deiner Geschichte zu folgen! Ich bin sehr gespannt, wie es weitergehen wird. Vielen Dank!


Zurück